Nur noch Namensaktien im Freiverkehr? - VEM Aktienbank AG
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Tax & Legal<br />
<strong>Nur</strong> <strong>noch</strong> <strong>Namensaktien</strong> <strong>im</strong><br />
<strong>Freiverkehr</strong>?<br />
Aktienrechtsnovelle sieht Änderungen vor<br />
Von Annett Hüttinger, Equity Capital Markets, <strong>VEM</strong> <strong>Aktienbank</strong> <strong>AG</strong>,<br />
und Götz Dickert, Director Investor, Services Registry, Computershare<br />
Deutschland GmbH & Co. KG<br />
Das Bundesministerium der Justiz hat <strong>im</strong> November 2010<br />
einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Änderung des<br />
Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2011) vorgestellt.<br />
Die für die Praxis gravierendste Änderung stellt bei der<br />
Reform wohl die Festlegung von nicht börsennotierten<br />
Aktiengesellschaften auf <strong>Namensaktien</strong> dar. Gesellschaften,<br />
deren Aktien nicht zum Handel an einem regulierten<br />
Markt zugelassen sind und auf den Inhaber lauten, sind<br />
demnach verpflichtet, bis spätestens 31.12.2014 auf<br />
<strong>Namensaktien</strong> umzustellen, um eine Registersperre zu<br />
verhindern. Rund 550 <strong>im</strong> <strong>Freiverkehr</strong> notierte Unternehmen<br />
werden von der Umstellungspflicht betroffen sein.<br />
Verbesserung der Transparenz<br />
Ziel dieser Gesetzesänderung ist, der Kritik der Finan -<br />
cial Action Task Force zu entsprechen und die Transparenz<br />
hinsichtlich der Beteiligungsverhältnisse an nicht<br />
börsennotierten Gesellschaften zu verbessern. Im Er -<br />
gebnis sollen somit Geldwäsche und Terrorfinanzierung<br />
erschwert werden. Österreich hat vor diesem Hintergrund<br />
das sog. <strong>Namensaktien</strong>-Umstellungsgesetz bereits<br />
beschlossen, dessen Umsetzung zum 01.05.2011 erfolgen<br />
wird. In Deutschland ist die Verabschiedung des Gesetzes<br />
für Ende 2011 vorgesehen.<br />
Nach der bisherigen Rechtslage ist es einer Gesellschaft –<br />
unabhängig vom Bestehen einer Börsenzulassung – frei -<br />
ge stellt, ob ihre Aktien auf den Inhaber oder auf den<br />
Namen lauten (§§ 10 Abs. 1, 23 Abs. 3 Nr. 5 AktG). Nach<br />
dem Reformvorschlag werden nicht börsenzugelassene,<br />
d.h. nicht <strong>im</strong> (EU-)regulierten Markt zugelassene Aktiengesellschaften<br />
dieses Wahlrecht verlieren. Künftig sind<br />
Inhaberaktien nur dann auszustellen, wenn die Aktien -<br />
gesellschaft börsennotiert ist und die Satzung dies best<strong>im</strong>mt<br />
(§ 24 Abs. 1 S. 1, S. 2 AktG-E); Gesellschaften,<br />
deren Aktien in den <strong>Freiverkehr</strong> einbezogen sind, gelten<br />
nicht als börsennotiert und können daher keine Inha -<br />
beraktien haben. Eine zwingende satzungsmäßige Regelung<br />
der Aktiengattung ist damit nicht mehr erforderlich.<br />
Da bei börsennotierten Gesellschaften Inhaberaktien<br />
auszustellen sind, soweit deren Satzung dies best<strong>im</strong>mt,<br />
ist auch ein Nebeneinander von <strong>Namensaktien</strong> und Inhaberaktien<br />
zulässig.<br />
54 GoingPublic 4/11<br />
Annett Hüttinger<br />
Götz Dickert<br />
Ein Börsengang mit Inhaberaktien bleibt auch weiterhin<br />
möglich. Dieser setzt zwar voraus, dass die entspre -<br />
chenden Anteile bereits entstanden und verbrieft sind<br />
(§ 48 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 und 7 BörsZulVO). Nach § 24<br />
Abs. 2 AktG-E kann jedoch in einer Namensaktie bereits<br />
best<strong>im</strong>mt werden, dass diese dem Inhaber zusteht,<br />
sobald die Gesellschaft <strong>im</strong> regulierten Markt börsen -<br />
notiert ist. Der Referentenentwurf spricht hier von ei -<br />
ner „Kombinationsaktie“, die voraussichtlich eine neue<br />
eigene Aktiengattung darstellen wird. Gesellschaften,<br />
die einen Börsengang mit Inhaberaktien anstreben,<br />
werden daher künftig sowohl über eine entsprechend<br />
bedingte Satzungsbest<strong>im</strong>mung als auch über Kombina -<br />
tionsaktien verfügen müssen.<br />
Kleine und mittelgroße <strong>AG</strong>s betroffen<br />
Die Umstellungsverpflichtung wird in erster Linie klei -<br />
nere und mittlere Aktiengesellschaften betreffen, da<br />
bei diesen typischerweise der Zugang zum Kapitalmarkt<br />
über eine Notierung <strong>im</strong> <strong>Freiverkehr</strong> erfolgt. Der Geset -<br />
zesentwurf enthält auch keine Einschränkung der Anwendbarkeit<br />
der Regelung für Unternehmen bis zu einer<br />
best<strong>im</strong>mten Größe. Den<strong>noch</strong> müssen sich aufgrund<br />
der Festlegung auf <strong>Namensaktien</strong> nicht zwingend Nachteile<br />
ergeben:
Zum einen eröffnet die Namensaktie<br />
einen breiteren Spielraum bei der Satzungsgestaltung;<br />
beispielsweise können<br />
nur <strong>Namensaktien</strong> mit einer Vinkulierung<br />
ver sehen werden, so dass die<br />
Aktie nur mit Zust<strong>im</strong>mung der Gesellschaft<br />
übereignet werden kann (§ 68<br />
Abs. 2 AktG), oder ein Entsendungsrecht<br />
des Aktionärs in den Aufsichtsrat<br />
gewähren (§ 101 Abs. 2 S. 2 AktG).<br />
Führen eines Aktienregisters<br />
In das für <strong>Namensaktien</strong> obligatorische<br />
Aktienre gister sind sowohl Name, Geburtsdatum,<br />
Adresse als auch die Anzahl<br />
der Aktien des jeweiligen Aktionärs<br />
bzw. die Aktiennummer oder die Höhe<br />
des Betrages bei Nennbetragsaktien zu<br />
vermerken (§ 67 Abs. 1 AktG). Die Gesellschaft<br />
selbst kann somit Veränderungen<br />
in der Aktionärsstruktur leicht<br />
nachvollziehen, kostenintensive Analysen<br />
der Aktio närsstruktur können unter<br />
Umständen vermieden werden. <strong>Nur</strong><br />
mit der Namensaktie haben Gesellschaften<br />
das Recht, mit Hilfe der Offenlegung<br />
zu erfahren, wer der „wahre<br />
Aktionär“ hinter einer Bank oder<br />
einem Nominee ist, auch über die Grenzen<br />
des deutschen Marktes hinaus (§ 67<br />
Abs. 4 AktG). Das Register ermöglicht<br />
außerdem, den einzelnen Aktionär<br />
konkret anzusprechen. Zum einen lässt<br />
sich anhand dieser Informa tio nen die<br />
Abb. 1: Umstellung von Inhaber- auf <strong>Namensaktien</strong> – ein überschaubarer Prozess<br />
4 Wochen<br />
Quelle: Computershare<br />
◆ Satzungsänderung durch Beschluss HV oder AR<br />
(§ 26 f I 3 AktG-E)<br />
◆ Auswahl Registerführer<br />
◆ Terminabst<strong>im</strong>mung mit Clearstream<br />
◆ Eintragung in das Handelsregister<br />
◆ Beantragung neue Gattung,<br />
Beantragung Notierungsumstellung<br />
◆ Informieren der Aktionäre via Depotbanken<br />
◆ Registerführer erhält Aktionärsdaten via Depotbanken<br />
◆ Am Stichtag: Ausbuchung der alten Gattung,<br />
Einbuchung der <strong>Namensaktien</strong> und Aufnahme<br />
der Registerführung<br />
GoingPublic 4/11 55<br />
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GP 4/2011
Tax & Legal<br />
Für kleine und mittlere Aktiengesellschaften müssen sich aus den verschiedenen<br />
Möglichkeiten der Neuregelung nicht zwingend Nachteile ergeben.<br />
Investor-Relations-Arbeit der Gesellschaft erheb lich effizienter<br />
gestalten. Darüber hinaus können Aktio näre damit<br />
direkt von der Gesellschaft zu einer Haupt versammlung<br />
eingeladen werden, ohne dass die Depotbank des Aktio -<br />
närs zwischengeschaltet werden muss. Hierdurch können<br />
Versandkosten eingespart werden. Im Rahmen von<br />
Kapitalerhöhungen können Inves toren gezielt kontaktiert<br />
werden, was insbesondere für kleinere Gesellschaften<br />
von wachsender Bedeutung ist und die Basis für eine<br />
erfolgreiche Kapitalerhöhung legen kann.<br />
Sowohl die Kosten, die die Umstellungsverpflichtung<br />
selbst generieren würde, als auch die fortlaufenden<br />
Kosten der Führung des Aktienregisters werden für<br />
kleine und mittelständische Unternehmen überschaubar<br />
bleiben. Im Rahmen der Umstellung werden beispiels -<br />
weise die Eintragungskosten der entsprechenden satzungsändernden<br />
Beschlüsse in das Handelsregister als<br />
auch Kosten für die Aufsetzung eines Aktienregisters<br />
anfallen. Natürlich wird auch die fortlaufende Führung<br />
des Aktienregisters durch den Registerführer bepreist<br />
werden. Im Gegenzug werden dafür jedoch Kosten für<br />
die Anmeldestelle, Kosten für die Einladung zur Hauptversammlung<br />
und gegebenenfalls Kosten für eine Ana -<br />
lyse der Aktionärsstruktur wegfallen bzw. erheblich<br />
vermindert werden. Bei entsprechender Aktionärszahl<br />
kann die Umstellung auf <strong>Namensaktien</strong> damit <strong>im</strong> Ergebnis<br />
sogar zu Kosteneinsparungen für die Gesellschaft füh -<br />
ren und die einmaligen Umstellungskosten amortisieren.<br />
56 GoingPublic 4/11<br />
Voraussetzung für internationalen<br />
Kapitalmarktzugang<br />
Für mittelständische Unternehmen bietet die Namensaktie<br />
darüber hinaus Vorteile <strong>im</strong> Hinblick auf einen späteren<br />
globalen Kapitalmarktzugang. Inhaberaktien sind nur<br />
<strong>noch</strong> in wenigen Ländern Standard, wie etwa in Deutschland<br />
und in den Niederlanden. Außerhalb Deutschlands<br />
ist die Namensaktie die mit Abstand am häufigs ten vertretene<br />
Aktiengattung. In den USA gibt es beispielsweise<br />
ausschließlich auf den Namen ausgestellte Anteilscheine.<br />
In angelsächsischen Ländern können an manchen Börsen<br />
Inhaberaktien außerdem nicht unmittelbar zum Handel<br />
zugelassen werden.<br />
Fazit<br />
Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Umstellungspflicht<br />
auf <strong>Namensaktien</strong> von nicht börsennotierten Gesellschaften<br />
diesen nicht per se zum Nachteil gereichen<br />
wird. Um mehr Transparenz bei den Beteiligungsver -<br />
hältnissen zu schaffen, käme als Alternative nur die<br />
Einführung weitere St<strong>im</strong>mrechtsmitteilungen, wie dies<br />
bereits in § 20 AktG geregelt ist, in Betracht. Die Schwellenwerte<br />
könnten beispielsweise auf 3% oder 5% herabgesenkt<br />
werden. Aus der praktischen Erfahrung mit<br />
den St<strong>im</strong>mrechtsmitteilungen nach den §§ 21 ff. WpHG<br />
ist jedoch bekannt, dass diese fehleranfällig und auf -<br />
wändig für den meldepflichtigen Anteilinhaber und die<br />
Gesellschaft sind. Die Namensaktie bietet verglichen<br />
mit der Einführung weiterer Schwellen für St<strong>im</strong>mrechtsmitteilungen<br />
nicht börsennotierter Aktiengesellschaften<br />
den Vorteil für die Gesellschaft, nicht nur punktuell<br />
über den einzelnen Aktionär, sondern kontinuierlich<br />
einen Überblick über die gesamte Eigentümerstruktur<br />
zu erhalten. Wir schließen uns daher der Meinung des<br />
Deutsches Aktieninstituts dahingehend an, dass die<br />
Umstellungsverpflichtung von nicht börsennotierten<br />
Unternehmen auf <strong>Namensaktien</strong> in diesem Fall vorzu -<br />
ziehen ist 1 .<br />
1) Vgl. Deutsches Aktieninstitut, Stellungnahme des Deutschen Aktieninstituts zum<br />
Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) zum Gesetz zur Änderung<br />
des Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle), Seite 6, http://www.dai.de/internet/<br />
dai/dai-2-0.nsf/0/96AB434688A26EC7C125782C0049AE60/$FILE/0AF5C47A7A50B7A<br />
4C125782C0049AD5E.pdf?openelement&cb_content_name_utf=DAI-Stellungnahme_<br />
Aktienrechtsnovelle.pdf.