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Trainingssteuerung mit dem Blutparameter Harnstoff

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K. Fabian<br />

<strong>Trainingssteuerung</strong> <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>Blutparameter</strong> <strong>Harnstoff</strong><br />

<strong>Harnstoff</strong> ist das Endprodukt des Eiweiß-<br />

Stoffwechsels. Eiweiße bestehen aus einer<br />

Vielzahl unterschiedlicher Aminosäuren und<br />

unterliegen einem ständigen Umbau und Neuaufbau.<br />

Sie haben in den Zellen des Organismus<br />

ganz spezifische Funktionen. Die Hauptmasse<br />

der Muskulatur bilden Eiweiße. Für die Vergrößerung<br />

der Muskelmasse, die Ziel des Trainings<br />

sein kann, werden deshalb auch hochwertige<br />

Eiweißpräparate der Nahrung der Sportler<br />

zugefügt (ganz besonders im Krafttraining !).<br />

Ein günstiges Aminosäureangebot fördert die<br />

angestrebten anabolen (aufbauenden) Prozesse.<br />

Eiweiße sind aber auch Energieträger. Ihre<br />

Bausteine, die Aminosäuren, werden dabei<br />

zunächst und die entstehenden organischen<br />

Säuren werden in gleicher Weise wie die Fettsäuren<br />

verbrannt. Die Aminogruppe ergibt<br />

Ammoniak, der ein starkes Zellgift darstellt.<br />

Der Ammoniak wird in der Leber rasch abgebunden<br />

und in <strong>Harnstoff</strong> umgewandelt.<br />

Eiweißreiche Ernährung hat deshalb stets eine<br />

verstärkte <strong>Harnstoff</strong>bildung zur Folge. <strong>Harnstoff</strong><br />

wird in der Regel aus <strong>dem</strong> Blutkreislauf<br />

über die Niere entfernt und im Harn ausgeschieden.<br />

Neben Nahrungsproteinen kann der Körper aber<br />

auch körpereigene Proteine zur Deckung seines<br />

Energiedefizits nutzen. Das passiert im Leistungssport<br />

immer dann, wenn durch sehr hohe<br />

Trainingsumfänge der Vorrat an Kohlehydraten<br />

als Energieträger erschöpft wurde. In der Erholungsphase<br />

werden zur Gluconeogenese<br />

(Wiederauffüllen der Glycogendepots) körpereigene<br />

wichtige Eiweiße abgebaut. Solche<br />

katabolen Prozesse sind natürlich im Training<br />

unerwünscht. Man begegnet ihnen, und das ist<br />

in allen Ausdauersportarten usus, durch erhöhte<br />

Gaben von Kohlehydraten in unterschiedlichster<br />

Form.<br />

Die Interpretation der Veränderung der <strong>Harnstoff</strong>konzentration<br />

im Blut im Sinne einer<br />

<strong>Trainingssteuerung</strong> unterliegt also vielen unterschiedlichen<br />

Fremdeinflüssen. Beabsichtigt ist<br />

die Erfassung des Grades der Ausschöpfung<br />

der energetischen Reserven im Training und<br />

eine rechtzeitige Warnung vor unerwünschtem<br />

Proteinkatabolismus, der <strong>mit</strong> Überforderung<br />

(„Übertrainingszuständen“) einhergeht. Es gilt<br />

einerseits die Belastungsverträglichkeit und<br />

andererseits den Grad der Ermüdung abzuschätzen.<br />

Die <strong>Harnstoff</strong>konzentration im Blut ist eine<br />

Resultante aus seiner Bildung in der Leber und<br />

die Ausscheidung durch die Niere. Die Normalwerte<br />

differieren interindividuell erheblich.<br />

Sie liegen bei 4,0 – 7,0 mmol/l. Für die <strong>Trainingssteuerung</strong><br />

ist die Er<strong>mit</strong>tlung des<br />

individuellen Normbereichs notwendig. Da die<br />

zu interpretierenden Anstiege bei 1,0 – 5,0<br />

mmol/l liegen, ist es wichtig zu wissen, ob ein<br />

Sportler in Phasen reduzierten Trainings bei 4 –<br />

5 oder bei 6 – 7 mmol/l liegt. Die Blutabnahmen<br />

sollten stets vor der Mahlzeit erfolgen, um<br />

den Einfluß von Nahrungsproteinen auszuschließen.<br />

Interpretation von Morgenwerten :<br />

Eiweißkatabolismus ist angezeigt, wenn der<br />

Anstieg 2,0 mmol/l übersteigt. Fehlen individuelle<br />

Normwerte, so sollte man bereits<br />

Konzentrationen > 7mmol/l besondere Beachtung<br />

schenken. Haralambi gibt > 8,3 mmol/l<br />

als kritische Grenze an. In Phasen intensiven<br />

Trainings (Trainingslehrgänge zur Wettkampfvorbereitung)<br />

gibt es Anstiege über mehrere<br />

Tage. Spätestens beim Übersteigen von 10,0<br />

mmol/l sollte das Training reduziert werden (1<br />

Tag Trainingspause, Kompensationstraining,<br />

keine Ausdauer).<br />

Störfaktoren:<br />

1. gestörte Diurese. Ist die Ausscheidung<br />

über die Niere z.B. durch eine chronische Nierenerkrankung<br />

eingeschränkt, steigt der<br />

Serumharnstoffgehalt ebenfalls an. Aber auch


eim Gewichtmachen ist die Diurese reduziert.<br />

Bei Reduktion der Harnausscheidung um 1<br />

Liter pro Tag erhöht sich der Serum-<strong>Harnstoff</strong><br />

um etwa 3 mmol/l !<br />

2. Proteinzusatzkost. Wird die durch hohen<br />

Fleischanteil der Nahrung oder Proteintrünke<br />

<strong>mit</strong> <strong>dem</strong> Ziel der Stützung anaboler Prozesse<br />

stark erhöht, steigt auch der <strong>Harnstoff</strong>gehalt im<br />

Blut. Ganz besonders gilt das bei hohem Anteil<br />

ketoplastischer Aminosäuren, bzw. bei der<br />

Gabe weniger hochwertiger Proteine.<br />

Interpretation von Morgen- u. Abendwerten:<br />

Im Sinne einer guten Dynamisierung der Trainingsbelastung,<br />

der Erfassung der Restitutionsprozesse,<br />

der Erholung, der Belastungsverträglichkeit<br />

und des summatorischen Effektes<br />

der Trainingsbelastung erwies es sich in einigen<br />

Sportarten als günstig, den <strong>Harnstoff</strong> im<br />

Abstand von ca. 12 Stunden, d.h. vor <strong>dem</strong><br />

Frühstück und vor <strong>dem</strong> Abendbrot zu bestimmen.<br />

Eine Erhöhung der Konzentration am<br />

Abend um ca. 2,0 mmol/l wird als positiv im<br />

Sinne eines Trainingsreizes gewertet. Ein<br />

Rückgang über Nacht wird erwartet.<br />

Störfaktoren:<br />

1. Glukosegaben. Sie haben das Ziel, die<br />

Auffüllung der Glycogendepots ohne Eiweisskatabolismus<br />

zu fördern und wirken so der<br />

<strong>Harnstoff</strong>produktion entgegen. Ein guter Trainingsreiz<br />

kann da<strong>mit</strong> auch ohne deutliche<br />

<strong>Harnstoff</strong>anstiege gesetzt worden sein.<br />

2. Flüssigkeitsmangel. Wird zu wenig<br />

getrunken, ist die Diurese beeinträchtigt und<br />

<strong>Harnstoff</strong>anstiege sind die Folge.<br />

Analytik :<br />

Die Messung des Serum-<strong>Harnstoff</strong>s erfolgt aus<br />

32 µl Kapillarblut, das <strong>dem</strong> Ohrläppchen entnommen<br />

wird. Die Analyse erfolgt trockenchemisch<br />

<strong>mit</strong>tels Teststreifen an einem speziellen<br />

Gerät (Reflometer).<br />

Blut- bzw. Serumproben können auch gesammelt<br />

und bei kühler Lagerung zu einem späteren<br />

Zeitpunkt gemessen werden. Die <strong>Trainingssteuerung</strong><br />

<strong>mit</strong> <strong>Harnstoff</strong> wurde in unserem OSP-<br />

Bereich bisher vorrangig von den Sportarten<br />

Rudern, Biathlon und Skilanglauf (Abbildung)<br />

genutzt. Ein Reflometer steht in Dresden und in<br />

Chemnitz zur Verfügung. Blutabnahme und<br />

Messung müssen aber von medizinischem<br />

Personal durchgeführt werden. Eine Bestimmung<br />

kostet ca. 2,- DM.<br />

Zur Steuerung <strong>mit</strong> CK und/oder <strong>Harnstoff</strong> :<br />

Die beiden biochemischen <strong>Blutparameter</strong> werden als<br />

langschwingende Parameter in ähnlicher Weise für<br />

die <strong>Trainingssteuerung</strong> eingesetzt. Es werden Blutabnahmen<br />

entweder morgens oder morgens und<br />

abends empfohlen um einerseits eine Überforderung<br />

und andererseits einen Trainingsreiz zu diagnostizieren.<br />

Blutentnahme und Meßtechnik sind gleich, zu<br />

beachten ist lediglich, daß <strong>Harnstoff</strong>abnahmen<br />

nüchtern, das heißt vor der Mahlzeit erfolgen müssen.<br />

Die Einsatzempfehlungen sind jedoch sehr<br />

unterschiedlich:<br />

<strong>Harnstoff</strong> kann nur Aussagen zur energetischen<br />

Gesamtbilanz eines Trainingstages machen. Es wird<br />

vorrangig die Erschöpfung der Energievorräte<br />

(Glycogendepots) und ihre Wiederherstellung<br />

erfaßt. Der Parameter spricht nur auf erhöhte Trainingsumfänge<br />

an und ist daher für den<br />

Ausdauerbereich einzusetzen. Für reine Ausdauersportarten<br />

(Skilanglauf, Marathon, Triathlon) genügt<br />

im allgemeinen die <strong>Trainingssteuerung</strong> <strong>mit</strong> <strong>Harnstoff</strong>.<br />

Für Sprinter und für andere<br />

Schnellkraftsportarten aber auch im Kraftsport hat<br />

die <strong>Harnstoff</strong>analytik jedoch keine Bedeutung.<br />

Kreatinkinase charakterisiert eine energetische<br />

Überforderung (temporärer ATP-Mangel) der Muskelzellen<br />

unabhängig davon ob dieses Defizit durch<br />

Substratmangel oder durch zu hohe Anforderung an<br />

die Geschwindigkeit der Energiebereitstellung<br />

verursacht wurde und unabhängig davon, auf welchem<br />

Stoffwechselweg (aerob oder anaerob) ATP<br />

resynthetisiert werden sollte. Der Parameter spricht<br />

auf alle muskulären Reize an, d.h. sowohl auf<br />

Schnelligkeitstraining als auch auf Ausdauertraining.<br />

Das Training muß lediglich<br />

hochspezifisch sein, da bereits geringfügigere Belastungen<br />

ungeübter Muskelgruppen enorme CK-<br />

Anstiege bewirken.

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