Der Bürgermeister - Tutzing

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Der Bürgermeister Tel.: 0 81 58 / 25 02 – 0 Fax: 0 81 58 / 25 02 – 48 Gemeinde Tutzing, Kirchenstraße 9, 82327 Tutzing Internet: www.tutzing.de Per Telefax: 08151 / 360-580 Süddeutsche Zeitung GmbH z. Hd. Herrn Gerhard Summer Gautinger Str. 9 82319 Starnberg Betreff: Elly Ney Hier: Meine Stellungnahme Sehr geehrter Herr Summer, Sachbearbeiter: Frau Heiß E-Mail-Adresse: brigitte.heiss@tutzing.de Tel. Durchwahl: -42 Zimmernummer: 24 Unsere Zeichen: 1. Bgm. / Fl Ihr Schreiben vom: Ihre Zeichen: Datum: 21. November 2008 es ist festzustellen, dass die Angelegenheit betreffend Frau Elly Ney in Tutzing kontrovers und bisweilen doch sehr emotional geführt wird. Ich habe einige Stimmen wahrgenommen, die sich dafür aussprechen, die Angelegenheit sei doch besser erst gar nicht aufgegriffen worden, dies vor allem deshalb, weil Frau Ney eine doch so überragende Künstlerin gewesen sei, die Tutzing weit über die Landesgrenzen hinaus und auch international bekannt gemacht habe. Ihre überragende musikalische Virtuosität sollte nicht durch „Geschichten“ aus der doch nun schon lange zurückliegenden Nazi-Zeit beschädigt werden. Wiederum andere begrüßen die Diskussion mit der Begründung, dass nun auch endlich in Tutzing eine offene Diskussion über die Verstrickungen von Frau Ney während der NS- Zeit möglich sei und endlich ein „frischer Wind“ wehe. Ich vertrete dazu die Auffassung, dass dieses Thema mit der größtmöglichen Toleranz zu behandeln ist. Jeder sollte das Recht des anderen respektieren, sich seine eigene Meinung zu bilden und diese auch nach außen zu äußern, selbst wenn sie der eigenen Auffassung gerade nicht entspricht. Die Voraussetzung hierfür ist aber, dass die gesamte Angelegenheit möglichst ohne jegliche Emotion geführt wird. Man sollte die entsprechenden Tatsachen zur Kenntnis nehmen und dann eine Bewertung vornehmen. Kreissparkasse Postbank HypoVereinsbank Münchner Bank eG VR Bank VR Bank München-Starnberg München Tutzing Tutzing Traubing Tutzing BLZ 702 501 50 BLZ 700 100 80 BLZ 700 202 70 BLZ 701 900 00 BLZ 700 932 00 BLZ 700 932 00 Konto 430 570 044 Konto 9831-800 Konto 1600 113 204 Konto 7658303 Konto 000 2540 304 Konto 4350 600

<strong>Der</strong> <strong>Bürgermeister</strong><br />

Tel.: 0 81 58 / 25 02 – 0<br />

Fax: 0 81 58 / 25 02 – 48<br />

Gemeinde <strong>Tutzing</strong>, Kirchenstraße 9, 82327 <strong>Tutzing</strong> Internet: www.tutzing.de<br />

Per Telefax: 08151 / 360-580<br />

Süddeutsche Zeitung GmbH<br />

z. Hd. Herrn Gerhard Summer<br />

Gautinger Str. 9<br />

82319 Starnberg<br />

Betreff: Elly Ney<br />

Hier: Meine Stellungnahme<br />

Sehr geehrter Herr Summer,<br />

Sachbearbeiter: Frau Heiß<br />

E-Mail-Adresse: brigitte.heiss@tutzing.de<br />

Tel. Durchwahl: -42<br />

Zimmernummer: 24<br />

Unsere Zeichen: 1. Bgm. / Fl<br />

Ihr Schreiben vom:<br />

Ihre Zeichen:<br />

Datum: 21. November 2008<br />

es ist festzustellen, dass die Angelegenheit betreffend Frau Elly Ney in <strong>Tutzing</strong> kontrovers<br />

und bisweilen doch sehr emotional geführt wird. Ich habe einige Stimmen wahrgenommen,<br />

die sich dafür aussprechen, die Angelegenheit sei doch besser erst gar nicht aufgegriffen<br />

worden, dies vor allem deshalb, weil Frau Ney eine doch so überragende Künstlerin gewesen<br />

sei, die <strong>Tutzing</strong> weit über die Landesgrenzen hinaus und auch international bekannt<br />

gemacht habe. Ihre überragende musikalische Virtuosität sollte nicht durch „Geschichten“<br />

aus der doch nun schon lange zurückliegenden Nazi-Zeit beschädigt werden.<br />

Wiederum andere begrüßen die Diskussion mit der Begründung, dass nun auch endlich in<br />

<strong>Tutzing</strong> eine offene Diskussion über die Verstrickungen von Frau Ney während der NS-<br />

Zeit möglich sei und endlich ein „frischer Wind“ wehe.<br />

Ich vertrete dazu die Auffassung, dass dieses Thema mit der größtmöglichen Toleranz zu<br />

behandeln ist. Jeder sollte das Recht des anderen respektieren, sich seine eigene Meinung<br />

zu bilden und diese auch nach außen zu äußern, selbst wenn sie der eigenen Auffassung<br />

gerade nicht entspricht. Die Voraussetzung hierfür ist aber, dass die gesamte Angelegenheit<br />

möglichst ohne jegliche Emotion geführt wird. Man sollte die entsprechenden<br />

Tatsachen zur Kenntnis nehmen und dann eine Bewertung vornehmen.<br />

Kreissparkasse Postbank HypoVereinsbank Münchner Bank eG VR Bank VR Bank<br />

München-Starnberg München <strong>Tutzing</strong> <strong>Tutzing</strong> Traubing <strong>Tutzing</strong><br />

BLZ 702 501 50 BLZ 700 100 80 BLZ 700 202 70 BLZ 701 900 00 BLZ 700 932 00 BLZ 700 932 00<br />

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Ich selbst habe mich nach gründlicher Abwägung aller maßgeblichen Umstände dafür entschieden,<br />

die Bildnisse der Frau Elly Ney aus dem repräsentativen Teil des Rathauses zu<br />

entfernen. Ich halte es für geboten, zu diesen Vorgängen wie folgt Stellung zu nehmen:<br />

Es sollte vorab klargestellt werden, aus welchen Gründen ich mich dieses Themas angenommen<br />

habe.<br />

Ich war als Richter der Bayerischen Landesjustiz an das Bundesministerium der Justiz in<br />

Bonn abgeordnet. Dort war ich unter anderem im Arbeitsbereich des Beauftragten für<br />

Menschenrechtsfragen tätig und habe bei der Bearbeitung von Individualbeschwerden aufgrund<br />

der Europäischen Menschenrechtskonvention an die Europäische Kommission und<br />

an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg mitgearbeitet. Ich<br />

habe in Sitzungen von Expertenkomitees des Europarates, die auf dem Gebiete des Menschenrechtschutzes<br />

arbeiten, die Bundesrepublik Deutschland vertreten. Bei der Vorbereitung<br />

der Ratifizierung von völkerrechtlichen Verträgen habe ich mitgewirkt, die Abstimmung<br />

mit Referaten im BMJ und mit anderen Bundes- und Landesressorts habe ich weitgehend<br />

selbständig durchgeführt. Hieraus ersehen Sie, dass ich mich schon beruflich intensiv<br />

mit der schwierigen und sehr bedeutsamen Materie des Schutzes der Menschenrechte<br />

beschäftigt habe.<br />

Anschließend habe ich mich – ebenfalls als Mitarbeiter und damals Pressereferent und<br />

stellvertretender Pressesprecher im BMJ - mit der Frage befasst, welche Rolle die Justiz<br />

im Dritten Reich gespielt hat. Es sind hier gründliche Recherchen durchgeführt worden,<br />

wer mit welchen Mitteln dazu beigetragen hat, vor allem jüdische Mitbürger, aber auch andere<br />

Gruppierungen aus dem gesellschaftlichen Leben auszugrenzen mit dem Ziel, ihre zivile<br />

Existenz zunächst zu diskriminieren und dem weiteren Ziel, sie zu vernichten. In vielen<br />

Expertenrunden ist natürlich auch ermittelt und diskutiert worden, welche Rolle z. B. Wissenschaftler<br />

und Künstler in der NS-Zeit gespielt haben. So war mir aufgrund der Befassung<br />

mit dieser Materie bereits im Jahre 1989 / 1990 bewusst, dass Frau Elly Ney eine<br />

glühende Verehrerin Hitlers war und sich als besonders artikulierte Antisemitin erwiesen<br />

hat.<br />

Sie verstehen, dass mich diese menschenverachtende Grundhaltung als Verfassungsrechtler<br />

mit dem Schwerpunkt des Menschenrechtschutzes abgestoßen hat.<br />

Als ich dann an der Wand auf der Rathaustenne kurz vor der dort stattfindenden konstituierenden<br />

Sitzung nach Amtsübernahme am 06. Mai 2008 Bildnisse der Frau Elly Ney gesehen<br />

habe, war ich entsetzt. Deshalb habe ich die beiden fraglichen Bildnisse unverzüglich<br />

abhängen lassen.<br />

2


Um es klar zu sagen: Besonders wegen des mittlerweile eingetretenen Zeitablaufs seit<br />

dem 08. Mai 1945 und dem Tode der Frau Ney am 31. März 1968 ging es mir von Anfang<br />

an in keiner Weise darum, mir über die persönliche und moralische Vorwerfbarkeit und<br />

Schuld der Frau Elly Ney Gedanken zu machen. Insbesondere verstand ich mich zu keinem<br />

Zeitpunkt als Staatsanwalt, Richter, Revisionist oder Besserwisser, der Frau Ney<br />

posthum persönliche Schuldvorwürfe machen sollte. <strong>Der</strong>artige Ansätze hielt ich von vorneherein<br />

für völlig verfehlt und sie waren deshalb für meine Entscheidungen abwegig.<br />

Allein maßgeblich und bestimmend für mich war die Überzeugung, dass das Bildnis von<br />

Frau Elly Ney im politischen Zentrum der Gemeinde <strong>Tutzing</strong>, nämlich im Rathaus, nichts<br />

zu suchen hat. Frau Elly Ney war ohne jeden Zweifel eine bedeutende Künstlerin. Bei dem<br />

Rathaus handelt es sich aber nicht um eine kunst- oder musikhistorische Einrichtung oder<br />

gar um ein Heimatmuseum, sondern eben um das politische Zentrum unserer Gemeinde<br />

im Jahre 2008. Maßgeblich ist für unser Gemeinwesen unsere freiheitlich demokratische<br />

Grundordnung mit ihrem Grundrechts- und Menschenrechtsschutz, zu der eine Person wie<br />

Frau Elly Ney wegen ihres offen ausgetragenen Antisemitismus schlechterdings in diametralem<br />

Widerspruch steht. Im repräsentativen Bereich des Rathauses sind Bildnisse von<br />

ihr daher nicht angebracht.<br />

Um erst ja nicht in den Verdacht eines Revisionisten zu geraten, der sich zu einem persönlichen<br />

Richter über Frau Elly Ney aufschwingt, habe ich mich dafür entschieden, das<br />

Bildnis der Frau Elly Ney geräuschlos zu entfernen und auf etwaige öffentliche Begründungen<br />

hierfür zu verzichten. Mit der Abwesenheit des Bildnisses der Frau Elly Ney im Rathaus<br />

wäre die Sache erledigt gewesen. Kein glühender Antisemit hat eine Vorbildfunktion<br />

im Rathaus <strong>Tutzing</strong>s des Jahres 2008.<br />

Erst nachdem mich in der konstituierenden Sitzung des Gemeinderats Herr Kollege Dr.<br />

Lindl zur Rede gestellt hat, warum ich das Bildnis der Frau Elly Ney entfernt hätte, ist diese<br />

causa in die Öffentlichkeit gezogen worden.<br />

Folgender Sachverhalt ist erwiesen: Am 20. April 1937 richtete Frau Elly Ney an das Propagandaministerium<br />

Berlin folgendes Telegramm: „Mit tiefer Freude höre ich von Ihren<br />

wundervollen Worten, die Sie so gütig waren mir bei Gelegenheit der hohen Auszeichnung<br />

durch den Führer zu widmen. Es wird weiterhin mein heißes Bestreben sein, unserer Jugend<br />

die Einheit des gewaltigen Geschehens durch unseren Führer mit den erhabenen<br />

Schöpfungen unserer großen Meister nahe zu bringen. Ihr Verstehen ist mir dabei eine<br />

große Hilfe. Wärmsten Dank und Heil Hitler, Ihre Elly Ney“.<br />

Am 17. Dezember 1938 richtete Frau Elly Ney an den Führer des Deutschen Reiches,<br />

Adolf Hitler, Berlin folgendes Telegramm: „Mein Führer, nach meinem Berliner Schubert-<br />

Abend in der Philharmonie lebte aufs Neue mein sehnlichster Wunsch auf, Ihnen, mein<br />

Führer, einmal Schubert vorspielen zu dürfen. Seit Jahren war es mein größter Wunsch,<br />

meinen innig -verehrten Führer an dieser ergreifenden Sprache der Ostmark teilnehmen<br />

zu lassen. Die Erfüllung dieses Wunsches würde mir neue Kraft verleihen, mit meinem Le-<br />

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en und meiner Kunst, Ihnen und der Deutschen Jugend zu dienen. Von Herzen, Ihre Elly<br />

Ney, <strong>Tutzing</strong>, Oberbayern“.<br />

Diese beiden Vorgänge liegen mir als Kopien aus dem Bundesarchiv vor.<br />

Gemäß Auszug aus „Wikipedia“, der freien Enzyklopädie ergeben sich folgende Zitate:<br />

- 1938 in einem Arbeitslager der Reichsjugendführung: „Die Jugend vertraut ihren<br />

Führern bedingungslos, weil diese sich die idealistischen, von Adolf Hitler vorgeschriebenen<br />

Ziele zu eigen gemacht haben“.<br />

- In einem Brief an das Reichspropagandaministerium über eine Reise in die besetzten<br />

Niederlande: „Es ist mir nicht sehr angenehm, dass ich dort im Hotel Central<br />

wohnen muss. Jedoch hoffe ich, dass sich dort keine Juden mehr aufhalten, so wie<br />

es früher war“.<br />

Auszugehen ist davon, dass Frau Elly Ney, geboren am 27. September 1882 zu der Zeit,<br />

als sie diese Handlungen vorgenommen hat, 55 Jahre alt war. Schon aus diesem Grunde<br />

ist es abwegig, zu behaupten, Frau Elly Ney sei etwa wegen ihres jugendlichen Alters oder<br />

sonstiger mildernder Umstände für ihre Äußerungen und Handlungen nicht verantwortlich<br />

zu machen. Weiter ist davon auszugehen, dass bereits am 10. Mai 1933 die sogenannte<br />

Bücherverbrennung von den damaligen Machthabern angeordnet worden war und allen<br />

Menschen in Deutschland war damals klar, dass damit vor allem jüdische Autoren und<br />

Schriftsteller, die nicht in das Weltbild der Nationalsozialisten passten, ausgegrenzt und<br />

entrechtet werden sollten. Mithin war dies auch der Künstlerin Ney bekannt.<br />

Wenig später waren 1935 die sogenannten Nürnberger Rassegesetze in Kraft gesetzt<br />

worden. Es ist überflüssig, den Inhalt hier zu schildern. Auch dieser Umstand war Frau<br />

Ney bekannt.<br />

Am 09. November 1938 fand die sogenannte Pogromnacht statt. Die nationalsozialistischen<br />

Machthaber hatten veranlasst, in Deutschland cirka 1.400 Synagogen durch Brandstiftung<br />

zu vernichten. Jüdische Mitbürger sind von Schergen der SS und der SA misshandelt<br />

und getötet worden, jüdische Geschäfte wurden geplündert, gebrandschatzt, vernichtet<br />

und arisiert. Dies war in Deutschland allgemein bekannt, mithin auch Frau Ney.<br />

Es wird verschiedentlich in der Öffentlichkeit die Auffassung vertreten, die „Nazigeschichten“<br />

doch jetzt endlich in Ruhe zu lassen, dies interessiere niemand mehr, man solle nicht<br />

in alten Geschichten „herumwühlen“, es gebe doch viel wichtigere Dinge der aktuellen Tagespolitik<br />

und man solle sich den Aufgaben der Kommune zuwenden.<br />

Alleine diese Auffassung ist irrig und ich verstehe meine Aufgabe als <strong>Bürgermeister</strong> der<br />

Gemeinde <strong>Tutzing</strong> so, niemandem im Rathaus durch ein Bildnis oder eine Skulptur einen<br />

Platz einzuräumen, der ihm eben wegen seiner Verstrickungen nicht gebührt. Hier fehlt es<br />

an jeder Vorbildfunktion und die Millionen Opfer des NS-Regimes haben uns ein Legat<br />

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hinterlassen, aus jenen Fehlern zu lernen. Wir sind es den Opfern schuldig, nicht einfach<br />

zur Tagesordnung überzugehen und über alles das Mäntelchen des Vergessens zu decken.<br />

Daneben habe ich Expertenrat eingeholt. Es handelt sich dabei um Herrn Prof. Dr. Hans<br />

Mommsen, Herrn Prof. Joachim Kaiser sowie Herrn Prof. Michael H. Kater. Diese Herren<br />

sind allesamt national und international anerkannte Experten auf ihren jeweiligen Spezialgebieten<br />

der deutschen Geschichte und Musik.<br />

Von dort ist die Aussage getroffen worden, dass sich Frau Ney in sehr starkem Maße für<br />

das NS-Regime engagiert hat, des Weiteren, dass sie jedenfalls eine überzeugte Nationalsozialistin<br />

gewesen ist und sich offenbar wiederholt auch öffentlich für die Ausschaltung<br />

der Juden ausgesprochen hat, offensichtlich auch gegen moderne Musik, so nachweislich<br />

gegen eine Aufführung der Carmina Burana von Carl Orff in Zwickau.<br />

Es wurde die Empfehlung ausgesprochen, dass sich die politische Gemeinde <strong>Tutzing</strong>s<br />

nicht mit ihr identifizieren sollte. Im repräsentativen Bereich des Rathauses sollte aufgrund<br />

ihrer vorhandenen politischen Belastung kein Bild oder Ähnliches hängen, bzw. aufgestellt<br />

werden.<br />

Diese Einschätzungen von Herrn Professor Mommsen und Herrn Professor Kaiser befinden<br />

sich bei den Akten.<br />

Herr Professor Michael Kater führt in seinem Buch, „Die missbrauchte Muse“, Europa-Verlag<br />

1998, Seite 66 / 67 wie folgt aus:<br />

Doch Neys Ehrgeiz ging über die Musik, die ihr Leben war, hinaus. Sie war bestrebt, möglichst<br />

viele NS-Führer als Freunde zu gewinnen, denn sie betrachtete sie als Deutschlands<br />

wahre Retter vor allem Übel, insbesondere dem Judentum. Neys unverbrüchlicher Antisemitismus<br />

ist unter den herausragenden deutschen Musikern der Zeit wohl einmalig. Sie<br />

war von der Judenfeindschaft so besessen wie vom Glauben an die heilenden Kräfte von<br />

Kräutern.<br />

In den Anfängen des Regimes behauptete sie, es sei ihr klar geworden, wie heimtückisch<br />

die Juden, ohne äußeren Druck anzuwenden, die Nicht-Juden geknechtet hätten.<br />

……….Allmählich übernahm sie alle bösartigen Vorurteile, die im Nazi-Deutschland<br />

schnell um sich griffen: Dass die unerfreuliche Interpretation einer Bruckner-Symphonie<br />

des Ergebnis jüdischer Manipulation gewesen sei; dass die Werke von Stefan Zweig,<br />

Strauß-Liberetist, „hässlich, jüdisch-dämonisch“ seien; usw.. …….. Schon als sie im Frühjahr<br />

1933 gebeten wurde, in Hamburg an Stelle des jungen jüdischen Pianisten Rudolf<br />

Serkin aufzutreten …….., betrachtete sie das als Beleidigung. In einem Brief nahm sie für<br />

sich in Anspruch, dass ihr der Gedanke, für einen Juden einzuspringen, zuwider sei und<br />

dass sie das nur ertragen könne, indem sie an „das Werk allein“ denke. ……. Als sie<br />

Schuberts Forellenquintett für die Elektrola aufnahm, äußerte sie sich mit großer Genugtuung<br />

über das Fehlen von „Judenplatten“. Gleichermaßen war sie befriedigt, dass ausländi-<br />

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sche jüdische Solisten vom Format eines Carl Flesch, Jascha Heifetz und Vladimir Horowitz<br />

„alle ausgespielt“ hätten“.<br />

Diese Erkenntnisse veranlassen mich dazu, daran festzuhalten, dass im repräsentativen<br />

Teil des Rathauses keine Bildnisse der Frau Ney angebracht werden. Aus meinen Darlegungen<br />

ist ersichtlich, dass ich mich mit den Verstrickungen der Frau Elly Ney gründlich<br />

beschäftigt und auseinander gesetzt habe. Ich habe nicht nur die allgemein zugänglichen<br />

Informationsquellen verwendet, sondern darüber hinaus das Archivmaterial des Bundesamtes<br />

beigezogen und ausgewertet. Daneben habe ich drei Professoren aus den einschlägigen<br />

Fachrichtungen konsultiert. Erst danach habe ich meine Erklärungen so abgegeben,<br />

wie sie zutreffender Weise im Starnberger Merkur vom 25. / 26. Oktober 2008 und<br />

in der Süddeutschen Zeitung vom ebenfalls 25. / 26. Oktober 2008 abgedruckt sind.<br />

Zu der Rolle des Herrn Dieter Ulrich ist anzumerken, dass er weder PR-Referent der Gemeinde<br />

<strong>Tutzing</strong> noch mein „persönlicher“ PR-Referent ist. Ich habe immer wieder in der<br />

Öffentlichkeit darauf hingewiesen, dass Herrn Dieter Ulrich diese Funktionen gerade nicht<br />

zukommen und ich ihn lediglich projektbezogen und von Fall zu Fall in Fragen der Presse-<br />

und Öffentlichkeitsarbeit als Berater hinzuziehe.<br />

Diese Entscheidung ist einzig und allein dem Umstand zuzuschreiben, dass kein Mitarbeiter<br />

im Rathaus für den Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung steht<br />

und ich deshalb diese wichtige Materie in eigener Zuständigkeit ausübe. Aus Kapazitätsgründen<br />

bin ich aber gehalten, projektbezogen externe Hilfe in Anspruch zu nehmen. In<br />

der causa Ney habe ich Herrn Ulrich gebeten, das immerhin zirka 200 Blatt umfassende<br />

Archivmaterial über Frau Elly Ney und Herrn Ludwig Hoelscher zu sichten und auszuwerten.<br />

Soweit sich Herr Dieter Ulrich – etwa in Gestalt von Leserbriefen – in der Öffentlichkeit äußert,<br />

geschieht dies nicht namens und in meinem Auftrag. Allein dadurch, dass mich Herr<br />

Dieter Ulrich – wie in der Öffentlichkeit bekannt – partiell berät, verliert er natürlich nicht<br />

seine Möglichkeit, seine eigenen Auffassungen über ihn interessierende Themen zu verbreiten.<br />

Das Recht, seine eigene Meinung zu äußern, ist ein so hohes, grundrechtlich geschütztes<br />

Gut, dass selbst Mitarbeiter in Ministerien, die in einem Beamten- oder Angestelltenverhältnis<br />

zur Behörde stehen, nicht daran gehindert sind, ihre eigenen Auffassungen<br />

in ihrem eigenen Namen in der Öffentlichkeit zu vertreten. Jede andere Auffassung<br />

verstößt gegen die grundrechtlich verbürgten Rechte eines Jeden, seine Meinung frei zu<br />

äußern. Selbstverständlich steht dieses Recht auch Herrn Ulrich zu.<br />

Zu der Frage, wie weiter zu verfahren ist, ist auszuführen, dass die Entfernung der Bildnisse<br />

von Frau Elly Ney im Rathaus allein von der Kompetenzzuweisung an mich als dem<br />

Ersten <strong>Bürgermeister</strong> erfasst ist. Es handelt sich hier um eine Frage der innergemeindlichen<br />

Zuständigkeit. <strong>Der</strong> Gemeinderat ist mit diesem Komplex a priori nicht befasst.<br />

Ganz anders stellt sich die Rechtslage dar für die Frage, ob die Büste der Frau Elly Ney in<br />

der Brahms-Promenade verbleibt; ebenso, wie mit der nach ihr benannten Straße zu ver-<br />

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fahren ist. Hierfür ausschließlich zuständig ist der Gemeinderat und gerade nicht der Erste<br />

<strong>Bürgermeister</strong>.<br />

Hierauf hatte ich bereits mehrfach – auch in der Öffentlichkeit – hingewiesen. Es entspricht<br />

meinem Verständnis von einem „sauberen“ Umgang mit den kommunalverfassungsrechtlichen<br />

Organen und deshalb habe ich gegenüber dem Gemeinderat keine Verhaltensmaßregeln<br />

zu erteilen.<br />

Ich habe die Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats über meine Erkenntnisse informiert<br />

und ausgeführt, dass ich in der Angelegenheit „Büste und Elly-Ney-Straße“ entsprechenden<br />

Anträgen aus dem Gremium entgegen sehe.<br />

Ich bitte Sie, meine Stellungnahme in geeigneter Form zu veröffentlichen.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Dr. jur. Stephan Wanner<br />

Erster <strong>Bürgermeister</strong><br />

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