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<strong>explore</strong>:<br />

Kundenmagazin der <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> <strong>Gruppe</strong><br />

01 März 2006<br />

Das<br />

Frühling<br />

Fitness und Ernährung<br />

So fühlen wir uns wohl!


04<br />

06<br />

07<br />

09<br />

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17<br />

<strong>explore</strong>: ENTDECKUNG<br />

<strong>explore</strong>: MENSCH<br />

<strong>explore</strong>: MENSCH<br />

<strong>explore</strong>: MENSCH<br />

<strong>explore</strong>: MENSCH<br />

<strong>explore</strong>: WISSEN<br />

<strong>explore</strong>: GLOBAL<br />

02 - <strong>explore</strong>: 1/2006<br />

EDITORIAL<br />

Sehr geehrte Kunden und Freunde,<br />

INHALT<br />

war es Robert Koch Ende des 19. Jahrhunderts als Begründer der experimentellen<br />

Bakteriologie oder waren es Watson & Crick mit ihrem Modell<br />

des „Erbmoleküls“ DNA in den 50ern, die den Startschuss gaben für das,<br />

was wir heute „life sciences“ – Lebenswissenschaften – nennen? Fest<br />

steht: Die moderne Biologie hat der Gesundheitsforschung zu neuen Erkenntnissen<br />

verholfen und neue Möglichkeiten eröffnet – Ersatzorgane aus<br />

dem Labor oder gesundheitsfördernde Lebensmittel, so genannte „functional<br />

foods“. Die neuen Möglichkeiten werden im vor uns liegenden Jahrhundert<br />

alle Lebensbereiche durchdringen. Dieses Heft vermittelt Ihnen<br />

einen Eindruck von dem, was da auf uns zukommt. Viel Spaß beim Lesen!<br />

Ihr Dr. Matthias Pohl, Leiter Biotechnologie bei <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> EnSys Hannover<br />

04 06<br />

07 09<br />

14<br />

Überleben in der Wildnis<br />

Verirrt: Wie überleben und was essen, wenn man – rein theoretisch – abseits<br />

der Zivilisation wäre?<br />

Nahrungstabus – Regeln aus der Weisheit alter Kulturen<br />

Tabus entstehen nicht einfach so. Sie haben oft uralte Hintergründe, die zu<br />

erforschen spannend sein kann.<br />

Schnecken schmecken und Schrecken schlecken<br />

Woher kommt es, dass wir manche Nahrungsmittel – wenn auch zum Teil<br />

bekanntermaßen gesund – grundsätzlich abstoßend finden?<br />

Die Lust an Fett und Fleisch<br />

Von der reinen Lust zum ernsten Problem: Hintergründe zum Appetit auf alles,<br />

was dick macht.<br />

Ersetzt der Kühlschrank die eigene Fürsorge?<br />

Functional Food: Was steckt hinter den vielversprechenden Vokabeln „Probiotisch“<br />

& Co.?<br />

Biochemie des Kochens und der Gewürze<br />

Geruch, Geschmack, Gewürz – die richtigen Zutaten fürs Kochen zu finden,<br />

erfordert ein ganz spezifisches Wissen.<br />

Zwischen 70-Stunden-Woche,<br />

Freizeitstress und Langeweile<br />

Jonglierkunst: Freizeit und Job zu koordinieren fällt vielen schwer. Dabei wird<br />

heute durchschnittlich weniger gearbeitet als früher.


INHALT<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Wir leben nicht, um zu essen; wir essen, um zu leben.<br />

Netzwerk<br />

Verbindungen, Kommunikation, Strukturen – hier bündeln sich an Knotenpunkten<br />

Kompetenz und Know-how für eine gut funktionierende Partnerschaft.<br />

Altern ohne Grenzen<br />

Die Lebenserwartung des Menschen steigt bekanntlich nach wie vor.<br />

Wo sind die Grenzen dieser Entwicklung? Wie alt werden wir?<br />

In ihren Schuhen gehn<br />

Einmal in die Fußstapfen der Generation 60+ treten und schwindende Sehkraft<br />

und Fingerfertigkeit hautnah erleben.<br />

Ein Mann im Ohr<br />

Verbesserte Elektronik verhilft Menschen mit Hörproblemen ihre Behinderung<br />

einzugrenzen. Sogar Partys verlieren durch die Technik ihren Schrecken.<br />

Ersatz-Organe aus dem Labor<br />

Regenerative Medizin: Kranke und geschädigte Körperteile nachwachsen lassen.<br />

Wird dies in Zukunft die Organverpflanzung ersetzen?<br />

Kampf gegen Winzlinge<br />

Bakterien entwickeln immer neue Resistenzen gegen Antibiotika. Das Ziel:<br />

Erreger von Krankheiten wirksamer eindämmen, Krankheiten zu therapieren.<br />

Freispruch für Bewegungsmuffel?<br />

Wer lebt gesünder? Das Faultier oder das Maultier?<br />

Impressum<br />

<strong>explore</strong>: <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong><br />

<strong>explore</strong>: LEBEN<br />

<strong>explore</strong>: LEBEN<br />

<strong>explore</strong>: ZUKUNFT<br />

<strong>explore</strong>: ZUKUNFT<br />

<strong>explore</strong>: FORSCHUNG<br />

<strong>explore</strong>: FORSCHUNG<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Sokrates<br />

(um 470 – 399 v. Chr.),<br />

griech. Philosoph<br />

19 27 29 34<br />

38<br />

19<br />

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<strong>explore</strong>: 1/2006 - 03


04 - <strong>explore</strong>: 1/2006<br />

ENTDECKUNG Überleben in der Wildnis<br />

Überleben in der Wildnis<br />

Von Cornelia Dick-Pfaff<br />

Sich hoffnungslos in der Wildnis zu verirren, gehört hierzulande kaum zur alltäglichen<br />

Bedrohung. Doch was tun, wenn es doch passiert? Wie findet man Essbares? Was ist im Fall<br />

der Fälle zu beachten?<br />

Deutschland ist derart dicht besiedelt,<br />

dass es nahezu unmöglich ist, sich in<br />

der Wildnis zu verirren und zu verhungern.<br />

So schnell verhungert man auch<br />

nicht: Drei Wochen kommt der<br />

Mensch ohne Nahrung aus – voraus-<br />

gesetzt, er hat zu Trinken. Ohne<br />

Flüssigkeit wird es nach spätestens<br />

drei Tagen eng. Um Trinkwasser zu<br />

bekommen, gibt es einige Möglichkeiten.<br />

Im Notfall kann über nicht allzu<br />

lange Zeiträume sogar der eigene Urin<br />

Löwenzahn kann unbedenklich verzehrt werden.<br />

Doch nicht bei jedem Kraut kann man<br />

sich so sicher sein.<br />

das Verdursten hinauszögern. „Man<br />

kann Regen auffangen, Wasser mithilfe<br />

in der Natur auffindbarer Materialien<br />

filtern“, erklärt Andreas Hartmann, der<br />

im Siegerland Kurse in Überlebenstraining<br />

anbietet. „Auch kann man geeig-


Überleben in der Wildnis ENTDECKUNG<br />

Bei Pilzen gilt grundsätzlich Vorsicht – sie<br />

gehören nicht auf den Notfallspeiseplan.<br />

nete Gewässer suchen, deren Trinkqualität<br />

sich etwa an so genannten<br />

Zeigerorganismen wie Bachflohkrebsen<br />

oder Köcherfliegenlarven erkennen<br />

lässt. Diese brauchen eine hohe<br />

Wasserqualität zum Leben.“ Um völlig<br />

sicher zu gehen, dass das Wasser frei<br />

von eventuell gefährlichen Keimen ist,<br />

wird es zehn Minuten lang abgekocht.<br />

Feuer ist somit ebenso wichtig für das<br />

Überleben wie eine provisorische<br />

Unterkunft.<br />

Auch in Sachen Essbares hat die<br />

Natur den Tisch reich gedeckt. „Es<br />

gibt einige Pflanzen, von denen man<br />

sich ernähren könnte“, sagt Hartmann.<br />

„Allerdings liefern die nur Kohlenhydrate.<br />

Für die Eiweißzufuhr braucht<br />

man tierische Nahrung.“ Gegrilltes<br />

Reh, geschmorter Hase oder gebratenes<br />

Wildschwein wären mit Sicherheit<br />

sogar eher ein Leckerbissen als eine<br />

Notration – so sich die Tiere einfangen<br />

lassen. Dies ist für den Ungeübten und<br />

wenig Erfahrenen sicher alles andere<br />

als einfach, vor allem, wenn es an der<br />

entsprechenden Ausrüstung fehlt. Mit<br />

Stöcken, Steinen und Rindenstreifen<br />

lassen sich mit etwas Geschick<br />

immerhin primitive Jagdwerkzeuge<br />

bauen. Allerdings ist das in Deutschland<br />

sofort problematisch; denn Jagen<br />

und Fischen ohne Genehmigung sind<br />

per Gesetz verboten. Höchstens in<br />

einer absoluten Notsituation würde<br />

man sich nicht strafbar machen.<br />

Insekten sind dagegen weit leichter zu<br />

erjagen, und der Verzehr ist völlig legal.<br />

„Doch braucht man entsprechende<br />

Mengen“, so Hartmann. „Regenwürmer<br />

Auch Beeren sollten nur dann gegessen werden,<br />

wenn man sich sicher ist, dass sie genießbar<br />

sind.<br />

etwa sind eine hervorragende Eiweißquelle.“<br />

Auch Fliegen lassen sich recht<br />

bequem erbeuten. Jedoch wird es für<br />

viele notwendig sein, ein gewisses<br />

Unbehagen zu überwinden – auch<br />

wenn dieses unbegründet ist. Schließlich<br />

sind Insekten ernährungstechnisch<br />

betrachtet eine gesunde Mahlzeit,<br />

weshalb man sich mit ihnen ausgezeichnet<br />

über Wasser halten kann.<br />

Die einfachste Beute stellen Pflanzen<br />

dar – schließlich rennen sie nicht weg.<br />

Doch Vorsicht: Jede Pflanze ist essbar,<br />

manche allerdings nur einmal. Kaum<br />

jemand weiß aber von jedem Kraut,<br />

Baum, Strauch und Gras, ob es<br />

genießbar ist oder nicht. Sicher ist den<br />

meisten bekannt, dass etwa Löwenzahn<br />

oder Brom- und Himbeeren<br />

unbedenklich verzehrt werden können.<br />

Doch so leicht ist das nicht immer.<br />

„Man sollte grundsätzlich die Finger<br />

von Sachen lassen, die man nicht<br />

kennt“, warnt Hartmann.<br />

Kommt man in die Notlage, keine bekannten<br />

Pflanzen zu finden, ist es unerlässlich,<br />

einen ausführlichen Genießbarkeitstest<br />

durchzuführen, bevor sie<br />

im Magen landen. Manche Teile einer<br />

Pflanze können essbar sein, während<br />

andere ungenießbar sind. Deshalb ist<br />

es wichtig, den Test mit Früchten,<br />

Knollen, Wurzeln, Blättern und Stängeln<br />

gesondert vorzunehmen. Und<br />

auch die Art der Zubereitung kann eine<br />

wichtige Rolle spielen: Bei Pilzen und<br />

roten Früchten ist es allerdings grundsätzlich<br />

ratsam, sich in Zurückhaltung<br />

zu üben, es sei denn, man ist sich<br />

sicher, dass sie essbar sind.<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

Der Selbstversuch im absoluten Notfall –<br />

Wie mache ich den Genießbarkeitstest?<br />

Oberstes Kriterium: Das Objekt der Begierde<br />

spricht einen optisch an. Es hat nichts<br />

Abstoßendes wie klebrige oder schleimige<br />

Sekrete, spitze Stacheln oder tote Insekten<br />

unter der Pflanze. Man bricht ein Stück von<br />

der Pflanze ab. Fließt Milch heraus, sollte der<br />

Versuch besser abgebrochen werden. Es gibt<br />

Ausnahmen wie etwa den Löwenzahn, doch<br />

lieber einmal zu oft Vorsicht walten lassen.<br />

Fließt keine Milch, kann der besonders<br />

Vorsichtige zunächst noch einige Stunden<br />

abwarten, ob der Kontakt mit der Pflanze<br />

Hautirritationen hervorruft.<br />

Dann folgt die Geruchsprobe. Riechen die<br />

Pflanzensäfte auch noch nach dem Zerreiben<br />

zwischen den Fingern neutral oder angenehm,<br />

kann man ein vorsichtiges Geschmacksexperiment<br />

mit den Lippen oder<br />

spitzer Zunge wagen. Tritt auch dann kein<br />

Brennen oder Jucken auf, wird ein kleines<br />

Pflanzenstück auf die Zunge gelegt. Ist nach<br />

15 Minuten keine auffällige Reaktion zu<br />

bemerken, zerkaut man es. Dann ist nochmals<br />

15 Minuten Warten angesagt. Verspürt<br />

man immer noch kein Brennen, Jucken oder<br />

Taubheitsgefühl, wird das Zerkaute heruntergeschluckt.<br />

Nun heißt es acht Stunden warten. Bei dem<br />

geringsten Verdacht auf eine Vergiftung sollte<br />

das Verzehrte sofort erbrochen und viel<br />

Wasser getrunken werden. Zeigen sich keinerlei<br />

Probleme, kann eine kleinere Portion<br />

der Pflanze verzehrt werden. Wird auch die<br />

nach acht Stunden gut vertragen, sind größere<br />

Mengen unbedenklich. Der gleiche Test<br />

wird ebenso mit einem bereits zubereiteten<br />

Pflanzenteil vorgenommen.<br />

BUCHTIPPS:<br />

„Überleben ums Verrecken“ von Rüdiger<br />

Nehberg, Piper, Mai 2005,<br />

ISBN: 3492244106, 492 Seiten, 12,90 Euro<br />

„Survival“ von Alexander Stilwell, Heel, April<br />

2001, ISBN: 3893659153, 192 Seiten,<br />

15 Euro<br />

Survival-Lexikon von Rüdiger Nehberg, Piper,<br />

Mai 2000, ISBN: 3492230555, 355 Seiten,<br />

9,90 Euro<br />

LINKS:<br />

Andreas Hartmann, Überlebenstraining im<br />

Siegerland: http://www.survival-abenteuer.de<br />

<strong>explore</strong>: 1/2006 - 05


Von Dr. Doris Marszk<br />

06 - <strong>explore</strong>: 1/2006<br />

MENSCH Nahrungstabus – Regeln aus der Weisheit alter Kulturen<br />

Nahrungstabus – Regeln aus<br />

der Weisheit alter Kulturen<br />

Im Prinzip ist der Mensch ein Allesesser. Aber er isst nicht überall alles. Während etwa in Europa<br />

allgemein der Käse geschätzt wird, ist er für Chinesen schlichtweg faule Milch und damit „igitt“.<br />

Den Europäern dagegen dreht sich schon bei der bloßen<br />

Vorstellung von gebratenen Heuschrecken der Magen um.<br />

Einige solcher Nahrungsmittel sind reine Geschmacksache.<br />

Andere wiederum sind mit einem Tabu belegt. Meistens<br />

wird so ein Tabu durch eine Religion eingeführt und damit<br />

begründet, dass es Gott, Allah oder Jahve nicht gefällt,<br />

wenn die Gläubigen dieses oder jenes essen. Doch oft<br />

steckt ein rationaler Kern hinter solchen Tabus.<br />

So läuft etwa das Schweinefleisch-Verbot für Muslime und<br />

Juden letztlich darauf hinaus, dass das Schwein ein<br />

Nahrungskonkurrent für Menschen ist, wie der Kulturanthropologe<br />

Marvin Harris herausgefunden hat. Er hat<br />

unterschiedliche Erklärungsansätze analysiert: Das<br />

Schwein sei unrein, es esse Kot, man könne Trichinose<br />

durch Schweinefleischverzehr bekommen. Aber das meiste<br />

gilt auch für „erlaubte“ Tiere. Harris gelangte zu einer<br />

schlüssigeren Erklärung, als er im Alten Testament auf die<br />

Vorschrift stieß: „Alles, was die Klauen spaltet und wiederkäut<br />

unter den Tieren, das sollt ihr essen“ (3. Mose 11,3).<br />

Das Schwein spaltet zwar die Klauen, ist aber kein<br />

Wiederkäuer. Und genau das unterscheidet es vom Rind,<br />

vom Schaf und von der Ziege. Wiederkäuer können mühelos<br />

große Mengen von Gräsern und Blättern verdauen. Mit<br />

einem Schwein hingegen müsste der Mensch seine<br />

Nahrung teilen, denn das Schwein isst alles, was auch der<br />

Mensch isst. In einer Gegend mit Wüstenklima, wo ohnehin<br />

nicht alles angebaut werden kann, kann so ein<br />

Nahrungskonkurrent zu einem ernsthaften Problem werden.<br />

Das Tabu hat sich also hier entwickelt, um für<br />

Menschen einer bestimmten Region die Nahrungsressourcen<br />

zu bewahren. So kann sich in Nahrungstabus<br />

die Weisheit der Vorfahren offenbaren.


Schnecken schmecken und Schrecken schlecken MENSCH<br />

Trüffel sind für die einen eine teure Delikatesse,<br />

für andere dagegen nur muffelig riechende<br />

Speisepilze.<br />

Schnecken schmecken<br />

und Schrecken schlecken<br />

Von Dörte Saße<br />

Bei Austern scheiden sich die Geister, obwohl<br />

sie als Delikatesse in vielen Feinschmeckerrestaurants<br />

auf der Speisekarte stehen.<br />

Fischeier: Nicht nur der Geschmack zeichnet<br />

sie aus. Sie enthalten viele Vitamine und<br />

Mineralstoffe.<br />

„Es gibt begründeten und unbegründeten Ekel“, sagt Überlebensexperte Rüdiger Nehberg. Der<br />

unbegründete ist von der Gesellschaft geprägt, in der man aufgewachsen ist, und in der Not<br />

müsse man sich davon freimachen. Doch auch ohne Not greifen Menschen andernorts zu<br />

Nahrungsmitteln, bei denen es uns hierzulande schüttelt: Würmer und Heuschrecken,<br />

Hundefleisch und Affenhirn, gegrillte Fledermäuse, verfaulte Eier oder Quallensalat.<br />

Spiegeleier oder Rührei sind bei vielen<br />

Menschen beliebt. Eingelegte Eier sind aus der<br />

Mode gekommen.<br />

Weinbergschnecken sind vor allem in Frankreich<br />

beliebte Genussmittel, aber aufgrund<br />

ihrer Konsistenz nicht jedermanns Sache.<br />

Tintenfisch und Octopussalat stehen in jedem<br />

guten griechischen Restaurant auf der<br />

Speisekarte.<br />

<strong>explore</strong>: 1/2006 - 07


Schleimig, glitschig – diese Assoziation hält manchen vom Verzehr von Schnecken ab. Begründet?<br />

Dabei gibt es gute Gründe für solche<br />

Essgewohnheiten – abgesehen von<br />

wiederum gesellschaftlich geprägten<br />

Motiven, wenn jemand etwa aus<br />

Potenzgründen Haifischflossensuppe,<br />

Tigerpenis oder angebrütete Eier verspeist.<br />

Der einfachste Grund: Den<br />

Menschen schmeckt ihr täglich Mahl.<br />

Was sie von Kindheit an gewohnt sind,<br />

kann gar nicht ekelhaft sein.<br />

Regionale Verwunderlichkeiten<br />

Oder weshalb verspeisen wir ohne<br />

Wimpernzucken Garnelen, Tintenfischringe<br />

oder auch Blutwurst?<br />

Seltener geworden sind Spezialitäten<br />

wie Kalbsbries, die weiche, weiße<br />

Thymusdrüse, oder Kutteln aus<br />

Magen und Darm von Rind und<br />

Lamm. Zwar sind sie aus der Alltagsküche<br />

und somit dem „allgemeinen<br />

Geschmacksempfinden“ verschwunden<br />

– nicht zuletzt, weil nur noch wenige<br />

das Zubereiten gelernt haben oder<br />

sich Zeit dafür nehmen. Doch in<br />

Feinschmeckerrestaurants sind sie<br />

nach wie vor aktuell. Dort, wo sich<br />

auch Weinbergschnecken, Froschschenkel,<br />

roh zu schlürfende Austern,<br />

Pferdefleisch und salzige Fischeier<br />

namens Kaviar wiederfinden – oder<br />

Trüffel, die, wüsste man nicht um ihren<br />

hohen Geldwert, wohl als muffelig riechend<br />

abgeurteilt würden.<br />

In Schweden hat jeden Sommer wieder<br />

der „Surströmming“ Konjunktur,<br />

der „saure Ostseehering“: Leicht gesalzen<br />

gärt er mehrere Monate bis zur<br />

fauligen Reife und wird schließlich mit<br />

Genuss zu Kartoffeln gegessen.<br />

Wohlweislich nur im Freien, denn der<br />

Gestank, heißt es, hält sich tagelang in<br />

08 - <strong>explore</strong>: 1/2006<br />

MENSCH Schnecken schmecken und Schrecken schlecken<br />

Wohnung und Kleidung. Ähnlich unappetitlich<br />

wirken die schwarzgrünen<br />

„Tausendjährigen Eier“, die in China<br />

mithilfe von Asche und Limettensaft<br />

binnen 50 Tagen zum delikaten Geschmack<br />

von scharfem Käse heranreifen.<br />

Und warum gilt Affenhirn als unzivilisierte<br />

Speise, wenn Kalbshirn auch<br />

in Deutschland eine Delikatesse ist?<br />

Und auch die norddeutsche Spezialität<br />

Bregenwurst ist nach dem Organ<br />

benannt – wenngleich sie heutzutage<br />

hirnfrei zubereitet wird.<br />

Ratten auf dem Speiseplan<br />

Kulturelle Gewohnheiten bestimmen<br />

auch, welche Tierarten gegessen werden:<br />

In Europa verspeist man genüsslich<br />

des Inders heilige Kühe, weshalb<br />

sollten Koreaner keine Hunde und<br />

Peruaner keine Meerschweinchen zu<br />

sich nehmen? Eine CIA-Studie will<br />

weltweit 22 Kulturen ermittelt haben, in<br />

denen Ratten auf dem Speisezettel<br />

stehen. Dort haftet ihnen offenbar nicht<br />

der Ruf des Pesttieres an. Ohnehin<br />

vernichtet gutes Kochen sämtliche<br />

Erreger, und der Fressschädling bringt<br />

gleich noch einen Nutzen.<br />

Krabbelnde Delikatessen<br />

Dieses Argument gilt auch für Insekten<br />

wie Heuschrecken oder Maikäfer.<br />

Noch im 19. Jahrhundert druckten<br />

Zeitungen in Deutschland und Frankreich<br />

Rezepte für Maikäfersuppen.<br />

Überhaupt sind Insekten zahlreich vorhanden<br />

und lassen sich relativ leicht<br />

fangen. Und am wichtigsten: Insekten<br />

sind extrem gesund, eine wandelnde<br />

Proteinbombe samt Spurenelementen.<br />

In vielen Ländern lässt sich damit der<br />

Nährstoffbedarf decken, wenn größere<br />

Tiere fehlen, vom gemästeten Fabrikhähnchen<br />

bis zum tagelang transportierten<br />

Schlachtrind. Und überhaupt<br />

sind Insekten lecker, sagen Kenner:<br />

Heuschrecken schmecken knackig<br />

und fettreich wie Haselnüsse, Maden<br />

und Würmer ähnlich wie Garnelen.<br />

Ameiseneier erinnern an cremigen<br />

Camembert, Honigameisen sind gleich<br />

süß gefüllt und gebratene Fruchtfliegen<br />

oder Libellen bessern jede<br />

Gemüsepfanne auf.<br />

Alles nur Provokation?<br />

Wer allerdings hierzulande Insekten<br />

isst, fachsprachlich ein Entomophage,<br />

will wohl bloß provozieren. Oder mit<br />

dem Ekelfaktor kokettieren: mit dem<br />

Wurm im Tequilaglas oder Skorpion<br />

und Heuschrecke im Lolli...<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

BUCHTIPPS:<br />

„Strange Food. Skurrile Spezialitäten.<br />

Insekten, Quallen und andere Köstlichkeiten“<br />

von Jerry Hopkins, Komet Verlag, 2001,<br />

ISBN: 3898361063, 240 Seiten, 22 Euro<br />

„Das Insektenkochbuch“ von Ingo Fritzsche,<br />

Bubpa Gitsaga, Natur und Tier-Verlag, 2002,<br />

ISBN: 393158769X, 80 Seiten, 16,80 Euro<br />

„Wohlgeschmack und Widerwillen. Die Rätsel<br />

der Nahrungstabus“ von Marvin Harris, Klett-<br />

Cotta Verlag, 2005, ISBN: 3608944125,<br />

308 Seiten, 19,50 Euro<br />

„Nektar und Ambrosia“ von Klaus E. Müller,<br />

C.H.Beck Verlag, 2003, ISBN: 3406510264,<br />

173 Seiten, 14,90 Euro<br />

„Alles, was man essen kann“ von Waverley<br />

Root, Eichborn Verlag, 2003,<br />

ISBN: 3821847344, 408 Seiten, 19,90 Euro


Die Lust an Fett und Fleisch MENSCH<br />

Die Lust an Fett<br />

und Fleisch<br />

Der Diäten-Killer<br />

Von Dr. Doris Marszk<br />

Nur ein kleiner Teil un-<br />

sererErnährungsgewohn- heiten ist genetisch fest-<br />

gelegt, der Rest ist kultur-<br />

abhängig. Wer aber glaubt,<br />

diese Kultur könne doch<br />

leicht verändert werden<br />

zugunsten einer „gesün-<br />

deren“ Kost, der kennt die<br />

Macht der Gewohnheit<br />

noch nicht...<br />

<strong>explore</strong>: 1/2006 - 09


Vor über einer Million Jahren wandelte sich der Mensch<br />

vom Vegetarier zum Fleischesser<br />

Am Anfang ist der Appetit auf Süßes. Das ist in der gesamten<br />

Menschheit gleich. Der Mensch kommt mit einer<br />

geschmacklichen Voreinstellung auf die Welt, die das Süße<br />

sucht und das Bittere meidet. Das ist gut so, weil dadurch<br />

ein Neugeborenes bereitwillig die Muttermilch einsaugt, die<br />

es mit wichtigen Nährstoffen versorgt. „Viele nahrhafte<br />

Pflanzen, die Kohlenhydrate enthalten, sind im Prinzip süß“,<br />

erklärt Dr. Christine Brombach von der Bundesforschungsanstalt<br />

für Ernährung und Lebensmittel in<br />

Karlsruhe. „So haben wir kein Problem damit, uns davon zu<br />

ernähren. Aber von dieser Grundeinstellung für Süßes einmal<br />

abgesehen, ist Geschmack kulturell erlernt. Ob wir<br />

etwas mögen oder nicht mögen, hängt weitgehend von<br />

unseren Erfahrungen ab, die wir machen.“ Darum können<br />

wir in späteren Lebensjahren auch Geschmack an<br />

Bitterem, Scharfem oder Würzigem finden.<br />

Es sind vor allem die Eltern und Großeltern, die uns die<br />

Erfahrungen vermitteln. Was sie essen und uns kochen,<br />

das essen wir. Wenn man in Europa aufgewachsen ist,<br />

erfährt man auf diese Weise, dass beispielsweise ein<br />

Kaninchen oder eine Gans einen leckeren Braten ergibt,<br />

nicht aber ein Hund oder eine Katze – über Pferde streiten<br />

sich die Geister. In Feldforschungen hat Christine<br />

Brombach herausgefunden, dass auch heute noch beispielsweise<br />

die hessische Küche mit Handkäs mit Musik (in<br />

Essig-Öl-Marinade eingelegter Harzer Roller mit Zwiebelringen),<br />

Dörrfleisch (Räucherspeck) und grüner Soße sehr<br />

lebendig ist – trotz Fastfood, Pizza und Pasta.<br />

Apropos Pizza und Pasta: Einiges hat sich ja auch verändert,<br />

zum Beispiel unsere Haltung zum Knoblauch.<br />

Während ältere Deutsche bei Knoblauch meist Reißaus<br />

nehmen, wird er von der jüngeren Generation geliebt.<br />

Brombach führt dies auf eine positive Erfahrung zurück, die<br />

die Deutschen während ihrer ab den 50er-Jahren in Mode<br />

gekommenen Italien-Reisen gemacht haben. In Massen<br />

lernten die Deutschen, dass Knoblauch nicht nur essbar,<br />

sondern auch sehr lecker ist. Auch Spaghetti, Pizza, Oliven<br />

oder Peperoni sind so auf den deutschen Speisezettel<br />

gelangt. Allerdings nimmt der Mensch nicht einfach neue<br />

Geschmäcker an, sobald es ihn irgendwo anders hin verschlägt.<br />

„Aus Ernährungsbiografien von Frauen, die es<br />

nach dem Krieg durch Flucht oder Vertreibung nach<br />

Hessen verschlagen hat, wissen wir, dass sie auch<br />

Jahrzehnte später noch das aßen, was sie aus ihrer Heimat<br />

gewöhnt waren. Sie haben die hessische Küche kaum<br />

angenommen“, sagt Brombach.<br />

Essen im Gesamtzusammenhang sehen<br />

Der Appetit auf Fleisch und Fett und das Bedürfnis nach tierischem<br />

Eiweiß ist vermutlich sehr früh in der menschlichen<br />

Entwicklungsgeschichte entstanden und hat die Evolution<br />

wesentlich beeinflusst. Möglicherweise geht sie auf eine<br />

Änderung der Nahrungsgewohnheiten unserer frühen<br />

Vorfahren zurück. Der Homo habilis, der vor rund zwei<br />

10 - <strong>explore</strong>: 1/2006<br />

MENSCH Die Lust an Fett und Fleisch<br />

Der Mensch sucht von Geburt an die Süße und meidet die Bitterkeit.<br />

Im Prinzip ist das gut für sein Ernährungsverhalten.<br />

Was sonst noch schmeckt, lernt der Mensch von den Angehörigen,<br />

die ihn füttern und bekochen.<br />

Der Mensch ist auch bereit, etwas Neues zu probieren. Es muss aber<br />

positiv besetzt sein.


Die Lust an Fett und Fleisch MENSCH<br />

Millionen Jahren lebte, hat sich noch weitgehend vegetarisch<br />

ernährt. Der Homo erectus, etwa 500.000 Jahre jünger,<br />

der in einer Zeit des Wandels lebte, musste sich darauf<br />

einstellen, zwischen Pflanzenkost und tierischer Nahrung<br />

zu wechseln. Anfangs noch Aassammler, nutzte der sich<br />

entwickelnde Mensch immer mehr seine Werkzeugtechnik,<br />

um Jagdwaffen herzustellen. Seit diesem Übergang zum<br />

Fleisch essenden Wesen ist der Mensch nie mehr zum reinen<br />

Vegetarismus zurückgekehrt. Bei Beobachtungen von<br />

heutigen Naturvölkern hat der Kulturanthropologe Marvin<br />

Harris festgestellt, dass sie häufig neben einem Ausdruck<br />

für „Ich habe Hunger“ einen eigenen Ausdruck für „Ich habe<br />

Hunger auf Fleisch“ haben. In einigen dieser Völker stehen<br />

die Jäger, also fast alle erwachsenen Männer des Dorfes,<br />

unter einem hohen Druck, immer genügend Fleisch zu<br />

beschaffen. Wenn es dauerhaft zu wenig Fleisch gibt,<br />

kommt es auch zu Abwanderungen von Dorfbewohnern in<br />

ein anderes Gebiet, wo das Jagdglück vielleicht größer ist.<br />

Auch von Religionen wird diese Art des Essens von Fleisch<br />

nicht verdammt. Harris hat auch darauf hingewiesen, dass<br />

keine der großen Weltreligionen jemals ihre Anhänger zum<br />

Vegetarismus aufgefordert hat.<br />

Fettsucht – ein Problem der westlichen<br />

Industrienationen<br />

Für die Menschen in Industrienationen ist der Genuss von<br />

Fett und Fleisch mittlerweile zum ernsten Problem geworden.<br />

Forscher schlagen Alarm angesichts einer Gesellschaft,<br />

in der es immer mehr Übergewichtige gibt.<br />

Darum fragen sich auch Physiologen, ob Fett vielleicht eine<br />

ganz besondere Substanz ist. Vielleicht kommt der Mensch<br />

an Fett einfach nicht vorbei, was erklärt, warum Diätbemühungen<br />

oft scheitern. Ein französisches Wissenschaftler-Team<br />

hat jetzt einen bisher unbekannten<br />

Geschmacksrezeptor in der menschlichen Mundhöhle entdeckt.<br />

Es handelt sich dabei, wie Philippe Besnard und<br />

seine Kollegen von der Université de Bourgogne im Journal<br />

of Clinical Investigation darlegen, um das Glykoprotein<br />

CD36. Durch Fett stimuliert, beeinflusst der Eiweißstoff<br />

unser Verhalten und den Verdauungsstoffwechsel.<br />

Von Entdeckungen wie dieser erhoffen sich Wissenschaftler<br />

bessere Diätstrategien. Dr. Brombach ist skeptisch: „Essen<br />

ist ein „Totalgeschehen“, das den individuellen und sozial<br />

geteilten Alltag durchdringt und prägt“, sagt die Forscherin.<br />

„Da reicht es nicht, einfach irgendwelche Sensoren zu<br />

überlisten.“ Sie plädiert dafür, Essen im Gesamtzusammenhang<br />

zu sehen und so verfestigte Gewohnheiten<br />

überlegt zu verändern. „Wir müssen dafür sorgen, dass die<br />

Veränderungen alltagskompatibel sind. Dafür muss man<br />

aber auch erforschen, was der Essalltag in einer bestimmten<br />

Region ist. Wenn es gelingt, in den Alltagsstrukturen<br />

des Essens etwas zu verändern, ohne dass es stört, dann<br />

kann das erfolgreich sein. Aber das ist eine Strategie der<br />

kleinen Schritte.“<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

Fettreiche Lebensmittel sind beispielsweise:<br />

Lebensmittel Fettgehalt in g<br />

1 Becher (150 g) Joghurt (3,5 % Fett) 5<br />

150 g Quark (20 % Fett i. Tr.) 7<br />

1 Portion (30 g) Camembert (60 % Fett i. Tr.) 10<br />

1 Scheibe (30 g) Butterkäse (50 % Fett i. Tr.) 9<br />

1 Portion (50 g) Mascarpone 24<br />

1 Scheibe (30 g) Tilsiter (45 % Fett i. Tr.) 9<br />

1 Croissant 12<br />

1 Müsliriegel 5<br />

1 Praline mit Nüssen 2<br />

1 Portion Kaffeesahne (10 % Fett) 2<br />

1 Portion Schlagsahne (30 % Fett) 5<br />

1 Hühnerei 6<br />

1 Bratwurst, fein 40<br />

1 Fleischkäse gebraten 35<br />

1 Frikadelle 12<br />

1 Paar Wiener Würstchen 18<br />

1 Portion (30 g) Leberwurst, fein 10<br />

1 Portion (25 g) Cervelatwurst 8<br />

1 Portion (25 g) Salami 7<br />

Fettarme Lebensmittel sind beispielsweise:<br />

Lebensmittel Fettgehalt in g<br />

1 Scheibe (30 g) Edamer (30 % Fett i. Tr.) 5<br />

1 Scheibe (30 g) Schafskäse 5<br />

1 Scheibe (30 g) Tilsiter (30 % Fett i. Tr.) 5<br />

1 Scheibe (30 g) Kochschinken 1<br />

1 Scheibe (20 g) geräucherter Schinken 3<br />

1 Portion (30 g) Cornedbeef 2<br />

1 Becher (150 g) Joghurt (1,5 % Fett) 2<br />

150 g Magerquark 0,5<br />

1 Stück Apfelkuchen (Hefeteig) 3<br />

100 g Fruchtgummi 0<br />

Etwa 40 Prozent der deutschen Bevölkerung sind zu schwer (body mass<br />

index über 25). Übergewichtige Menschen essen in der Regel mehr Fett<br />

als Normalgewichtige. Das haben Untersuchungen an der Universität<br />

Göttingen bestätigt. Ohne Zweifel: Fett gibt Lebensmitteln und Speisen<br />

einen „vollmundigen“ Geschmack und versorgt den Körper mit wichtigen<br />

fettlöslichen Vitaminen und ungesättigten Fettsäuren. In „Polstern“ angelegt,<br />

wirkt es außerdem als Organ- und Kälteschutz. Doch wenn die<br />

Fettzufuhr auf Dauer die nötige Energiemenge übersteigt, entstehen<br />

unangenehme Folgen. Denn was zuviel ist, legt der Körper sofort für<br />

„schlechte Zeiten“ in Depots wie Bauch, Hüften, Oberschenkeln und in<br />

den Organen an. Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arteriosklerose,<br />

Herzinfarkt, Schlaganfall und Stoffwechselerkrankungen sind<br />

die möglichen Folgen. Außerdem erhöht eine große Menge Nahrungsfett<br />

das Risiko für die Entstehung von Krebs, insbesondere Dickdarmkrebs,<br />

Brustkrebs, Gebärmutterkrebs und Prostatakrebs.<br />

<strong>explore</strong>: 1/2006 - 11


Von Jan Oliver Löfken<br />

Gesund leben möchte jeder. Sport<br />

und eine ausgewogene Ernährung<br />

sind die Schlüssel dazu. Tatsächlich<br />

investieren die Menschen in westlichen<br />

Industrieländern immer weniger<br />

Zeit und Mühe in ihre Nahrungsaufnahme,<br />

sie verlernen das Kochen<br />

und greifen zu Fast Food und Fertiggerichten.<br />

Auf diesen Trend reagiert<br />

die Lebensmittelindustrie und verspricht<br />

mit vielen neuen Zusätzen<br />

auch eine bessere Gesundheit.<br />

Moderne Mahlzeiten sollen nicht nur<br />

satt machen, sondern zugleich alle<br />

Defizite, durch Eile bei der Ernährung<br />

verursacht, ausgleichen.<br />

„Die Lebensmittel werden immer besser,<br />

aber der Ernährungszustand wird<br />

immer schlechter“, sagt Michael<br />

Warburg, Lebensmittelchemiker bei<br />

Unilever Bestfoods in Hamburg.<br />

Produkten seines Unternehmens werden<br />

daher schädliche Fette wie<br />

Cholesterin entzogen oder neue<br />

Bakterien zur Unterstützung der<br />

Darmflora zugesetzt. Auch andere<br />

Konzerne wie Nestlé oder Procter &<br />

Gamble verfolgen diesen Trend; denn<br />

nach Angabe des britischen<br />

Marktforschers Leatherhead Food<br />

International umfasst der Markt für<br />

funktionelle Lebensmittel heute etwa<br />

20 Milliarden Euro. In den nächsten<br />

zehn Jahren könnten „Functional<br />

Food“-Produkte sogar einen Anteil<br />

von bis zu zehn Prozent am gesamten<br />

Lebensmittelmarkt erreichen.<br />

12 - <strong>explore</strong>: 1/2006<br />

MENSCH Ersetzt der Kühlschrank die eigene Fürsorge?<br />

Ersetzt der Kühlschrank<br />

die eigene Fürsorge?<br />

Functional Food ist zunehmend in aller Munde – im wahrsten Sinne des Wortes. Probiotische<br />

Zusätze in Joghurts, Omega-3-Fettsäuren in Keksen oder Vitamine in Gummibärchen sollen<br />

Wohlbefinden und Gesundheit der Verbraucher steigern. Nützen diese neuen Nahrungsmittel<br />

wirklich, oder steigern sie nur die Umsätze der Hersteller?<br />

Zum Functional Food gehört zum Beispiel<br />

probiotischer Joghurt. Er hält die Darmflora<br />

im Gleichgewicht, schützt vor unerwünschten<br />

Bakterien und stärkt die Abwehrkräfte.<br />

Fisch enthält neben den gesunden Omega-3-<br />

Fettsäuren zahlreiche unterschiedliche<br />

Vitamine, so dass bereits eine Portion Seefisch<br />

den täglichen Vitaminbedarf eines<br />

Menschen deckt.<br />

Doch was heißt eigentlich „funktionell“?<br />

Nach der Definition des International<br />

Life Sciences Institute ist ein<br />

Lebensmittel funktionell, wenn es über<br />

seinen reinen Nährwert hinaus eine<br />

oder mehrere Körperfunktionen positiv<br />

beeinflusst. „Und der positive Einfluss<br />

muss durch die normal aufgenommene<br />

Nahrungsmenge vermittelt werden“,<br />

sagt Hans Steinhart, Professor<br />

für Lebensmittelchemie an der Universität<br />

Hamburg. Doch dieser positive<br />

Nachweis ist schwierig zu erbringen.<br />

Zahlreiche Studien belegen diesen<br />

Effekt, andere dagegen widersprechen<br />

diesen Ergebnissen.<br />

Ein Blick ins Kühlregal des Supermarkts<br />

zeigt, welche Substanzen sich<br />

bereits am Markt durchgesetzt haben:<br />

Joghurtsorten enthalten lebende, probiotische<br />

Bakterien, die vor schädlichen<br />

Mikroorganismen schützen und<br />

das Gleichgewicht der Darmflora erhalten<br />

sollen. In die gleiche Produktgruppe<br />

werden auch so genannte<br />

Prebiotika zugesetzt. Das sind Ballaststoffe<br />

aus speziellen Pflanzenfasern,<br />

die als Nahrung für die gewünschten<br />

Mikroorganismen dienen und damit<br />

ihre Ansiedlung im Magen-Darm-Trakt<br />

fördern. Das dadurch gestärkte<br />

Immunsystem könnte so besser<br />

gegen Erkältungen gewappnet sein.<br />

Andere Milchprodukte enthalten Kombinationen<br />

aus Kohlenhydraten, Vitaminen<br />

und Kalzium. Sie sollen nicht<br />

nur die Verdauung anregen, sondern<br />

auch für eine reinere Haut sorgen.<br />

Müsliriegel werden mit bestimmten<br />

Nahrungsfasern versetzt, um die Aufnahme<br />

von Zucker im Darm zu verlangsamen.<br />

Dadurch sollen sie auch<br />

für Diabetiker geeignet sein. Noch wei-


Ersetzt der Kühlschrank die eigene Fürsorge? MENSCH<br />

ter gehen amerikanische Forscher<br />

vom Agricultural Research Service in<br />

Albany. Mit einem Zusatz einer geschmacksneutralenZellulose-Substanz<br />

in Hamburgern verhinderten sie<br />

die Aufnahme von Fett im Darm um ein<br />

gutes Drittel. „Wenn Sie gern fettreiche<br />

Nahrung essen, könnte der Zusatz von<br />

Hydroxypropylmethylzellulose die<br />

Schäden begrenzen“, ist Forscher<br />

Wallace H. Yokoyama überzeugt.<br />

Ungesättigte Fettsäuren sind ebenfalls<br />

als Zusatzstoff, beispielsweise in Getreideerzeugnissen,<br />

beliebt. Omega-3-<br />

Fettsäuren können vor Herz- und<br />

Kreislauferkrankungen schützen und<br />

werden bisher meist noch als Kapseln<br />

in Apotheke und Drogerie angeboten.<br />

Vorzugsweise bei Getränken, Tiefkühlgemüse<br />

oder Frühstücksflocken<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Werden wir durch Functional Food<br />

gesünder?<br />

Udo Pollmer:<br />

Wohl kaum. Das ist in erster Linie<br />

Ablasshandel für Esssünden.<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Studien zu Vor- und Nachteilen von<br />

Functional Food sind widersprüchlich.<br />

Welche zugesetzten Substanzen können<br />

wirklich der Gesundheit dienen?<br />

Udo Pollmer:<br />

Welche Wirkung eine Substanz entfaltet,<br />

hängt auch davon ab, wer sie verzehrt.<br />

Was dem einen nützt, kann dem<br />

nächsten schon schaden und bewirkt<br />

beim Dritten rein gar nichts. Selbst<br />

wenn nachgewiesen ist, dass ein<br />

Zusatz beispielsweise den Cholesterinspiegel<br />

senkt, wissen wir nicht, ob<br />

damit auch tatsächlich das Herzinfarktrisiko<br />

abnimmt. Da Menschen<br />

mit hohem Cholesterinspiegel seltener<br />

an Infektionen erkranken, wäre auch<br />

zu prüfen, ob durch weniger Zusatz<br />

die Infektanfälligkeit steigt.<br />

sind zugesetzte Vitamine und Mineralstoffe<br />

zu finden.<br />

„Aber solche pflanzlichen und tierischen<br />

Wohltäter gibt es auch in der<br />

Natur“, sagt Silke Schwartau, Ernährungsfachfrau<br />

der Verbraucherzentrale<br />

Hamburg. Und in der traditionellen<br />

Form, vom Obst bis zum Fisch,<br />

seien diese auch viel günstiger.<br />

Der Konsument sollte wieder lernen, in<br />

welchem Gemüse, welchem Obst<br />

oder Fisch die gesunden Substanzen<br />

in ausreichender Menge schlummern.<br />

Nicht allein der schnelle Griff ins Kühlregal,<br />

sondern ein überlegter Einkauf<br />

von Rohwaren und deren fachgerechte<br />

Zubereitung ist nach wie vor ein<br />

guter Weg für eine bewusste und<br />

gesunde Ernährung.<br />

<strong>explore</strong>: INTERVIEW<br />

Udo Pollmer, Wissenschaftlicher Leiter des Europäischen<br />

Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften<br />

e.V.<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Sind diese gesundheitsfördernden<br />

Substanzen nicht über „klassische“<br />

Nahrung verfügbar?<br />

Udo Pollmer:<br />

In aller Regel schon, aber häufig nicht<br />

in der Dosis.<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Können funktionelle Lebensmittel auch<br />

der Gesundheit schaden?<br />

Udo Pollmer:<br />

Natürlich. Aber auch das hängt vom<br />

Einzelfall und der Dosis ab. So erhöhten<br />

beispielsweise beta-Carotinpillen<br />

die Lungenkrebsrate bei Rauchern.<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Greifen Sie selbst schon mal zu<br />

Probiotika-Produkten, „Wellness“-Getränken<br />

oder Vitamin-Süßigkeiten?<br />

Udo Pollmer:<br />

Nein. Mein Tipp: Essen Sie nichts, was<br />

Ihnen nicht bekommt, und sei es noch<br />

so gesund.<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

Funktionelle Lebensmittel:<br />

Ein Milliardenmarkt<br />

Wieviel Produkte mit Nahrungsmittelergänzungen<br />

essen wir bereits?<br />

Weltweit sehen Analysten für funktionelle<br />

Lebensmittel ein immenses Wachstumspotenzial.<br />

Bereits in den nächsten Jahren<br />

könnten Umsätze von 230 Milliarden US<br />

Dollar erzielt werden. Am verbreitetsten sind<br />

die Ergänzungen zu klassischen Nahrungsmitteln<br />

in den USA und in Japan.<br />

In Deutschland liegt das Umsatzvolumen bei<br />

rund einer Milliarde Euro. Tendenz steigend.<br />

Wie in allen anderen EU-Ländern gründet sich<br />

dieser Trend vor allem auf Milchprodukte mit<br />

einem Zweidrittel-Anteil am „Functional<br />

Food“-Markt. Von zentraler Bedeutung sind<br />

hier probiotische Joghurtkulturen. Doch mit<br />

anderen Zusätzen wie beispielsweise Omega-<br />

3-Fettsäuren und speziellen Ballaststoffen<br />

könnte der Anteil bei Brotwaren oder<br />

Frühstücksflocken steigen.<br />

Insgesamt wird das Marktpotenzial hierzulande<br />

auf bis zu sechs Milliarden Euro geschätzt,<br />

was einem Anteil von fünf bis zehn Prozent<br />

des Nahrungsmittelvolumens insgesamt entsprechen<br />

würde.<br />

BUCHTIPPS:<br />

„Functional Food“ von Richard Fuchs, Verlag<br />

Gesundheit, 1999, ISBN: 3333010518,<br />

208 Seiten, etwa 15 Euro<br />

„Funktionelle Lebensmittel. Gesünder essen<br />

mit probiotischem Joghurt und Pflanzenzusätzen?“<br />

von Stephanie Wetzel und Ileana<br />

von Puttkamer, Verbraucherzentrale Bundesverband,<br />

2005, ISBN: 3936350485,<br />

76 Seiten, 5,80 Euro<br />

„Esst endlich normal“ von Udo Pollmer, Piper,<br />

2005, 304 Seiten, ISBN: 3492047912,<br />

14 Euro<br />

LINKS:<br />

Kompetenzzentrum Functional Food an der<br />

Universität Hannover:<br />

www.functional-food.org<br />

Deutsche Gesellschaft für Ernährung, DGE:<br />

www.dge.de<br />

Europäisches Informationszentrum für<br />

Lebensmittel: www.eufic.org<br />

Europäisches Institut für Lebensmittel- und<br />

Ernährungswissenschaften e.V.:<br />

www.das-eule.de<br />

International Life Sciences Institute:<br />

www.ilsi.org<br />

<strong>explore</strong>: 1/2006 - 13


MENSCH Biochemie des Kochens und der Gewürze<br />

Biochemie<br />

des<br />

Kochens<br />

und der<br />

Gewürze<br />

Von Dr. Heiner Wolfes<br />

Bewusster Umgang mit Lebensmitteln ist ein Teil<br />

von „Wellness“. Durch jahrhundertelange<br />

Erfahrung entwickelten sich in unterschiedlich<br />

heißen Zonen Gerichte, die eine optimale<br />

Ernährung garantieren. Dabei war die Fähigkeit,<br />

mit Feuer umzugehen, Voraussetzung für die<br />

Entwicklung einer der bedeutendsten Kulturtechniken<br />

des Menschen: das Kochen. Das<br />

Erhitzen von Speisen bringt viele Vorteile mit<br />

sich: Krankheitserreger werden getötet,<br />

Nahrungsmittel werden in ihrer Struktur verändert<br />

und leichter verdaulich. Es finden physikalische<br />

und chemische Prozesse statt, die vor<br />

allem geschmackliche Merkmale verändern.<br />

Chemische Reaktionen aufgrund des Erhitzens<br />

von Speisen erzeugen neue, als angenehm empfundene<br />

Geruchsstoffe.<br />

14 - <strong>explore</strong>: 1/2006


Biochemie des Kochens und der Gewürze MENSCH<br />

Beim Kochen werden Gewürze<br />

verwendet, die bei der<br />

Zubereitung von Speisen<br />

als Genussmittel Wohl-<br />

Dill<br />

geschmack und Aroma verbessern.<br />

Ursprünglich wurden<br />

Gewürze als Heilmittel verwendet,<br />

weil ihre Inhaltstoffe pharmakologische<br />

Wirkungen zeigen. Gewürze enthalten<br />

natürliche, physiologisch wirksame<br />

Substanzen; sie verbessern<br />

die Verdauung der mit ihnen<br />

gekochten Gerichte und haben gesundheitsfördernde<br />

Wirkungen. Der Genuss eines Gerichts setzt sich<br />

aus mehreren Sinneseindrücken zusammen: Als<br />

erstes spielen der optische Eindruck und die<br />

Textur der zerkauten Speise eine wichtige<br />

Rolle bei der Beurteilung des Essens.<br />

Die Wahrnehmung des Geschmacks<br />

kombiniert die Empfindungen von Zunge<br />

und Nase.<br />

Die Inhaltsstoffe der Gewürze spielen eine<br />

wesentliche Rolle für den Geschmack eines<br />

Gerichts, obwohl sie selten einen<br />

Zwiebel<br />

Nährwert besitzen. Dabei spielen chemische<br />

Unterschiede der wirksamen Gewürzsubstanzen<br />

eine wichtige Rolle: So wird<br />

beispielsweise Kohlgerichten oft Kümmel<br />

beigefügt, weil das Carvon im Kümmelöl<br />

Blähungen infolge der schwefelhaltigen<br />

Speise vorbeugt.<br />

Pfefferminzöl ist<br />

trotz der gleichen chemischen<br />

Formel räumlich spie-<br />

gelbildlich aufgebaut und schmeckt ganz<br />

anders: Der typische Pfefferminzgeschmack<br />

wirkt kühlend und antibakteriell.<br />

Pfefferminze<br />

Lorbeer<br />

Kochrezepte haben sich aus den regional verfügbaren<br />

Zutaten entwickelt, die mit den vorhandenen Ge-<br />

würzen kombiniert werden konnten, um<br />

einen optimalen Geschmack zu erzeugen.<br />

Letztendlich können aber<br />

alle diese Kochvorschriften<br />

auf biochemische<br />

Begründungen zurückgeführt<br />

werden:<br />

Gemüse wird in Salzwasser<br />

gekocht, da der Salz-<br />

zusatz verhindert, dass die im Gemüse vorhandenen<br />

Mineralien durch Osmose diffundieren und das<br />

Gemüse an Geschmack verliert. Fisch wird mit Zitronen<br />

serviert, weil die Eiweiße der Fische leicht in Amine zerfallen,<br />

die den typischen Fischgeruch erzeugen. Wenn<br />

Fisch mit Zitronensäure beträufelt wird, reagiert die<br />

Säure mit den basischen Aminen zu geruchlosen<br />

Salzen.<br />

In den heißen Zonen der Erde wird<br />

Knoblauch verwendet, weil das Allicin der<br />

Lauchpflanze gegen Bakterien wirkt, die<br />

Gefahr der mikrobiellen Zersetzung wird<br />

herabgesetzt. Knoblauch wird insbesondere<br />

in der mediterranen Küche,<br />

zum Beispiel beim Pesto, verwendet,<br />

wobei die Vitamin-C-reichen<br />

Blätter von Petersilie und Basilikum<br />

mit Olivenöl zu einer gesunden<br />

Nudelsauce verrieben werden.<br />

Die Gewürze tropischer Länder sind traditionelle<br />

Konservierungsmittel, die vor Lebensmittelvergiftungen<br />

schützen. So enthält Chili das<br />

Capsaicin, das die Vermehrung von Keimen<br />

hemmt. Aus dem Wissen über die Wirkung von<br />

Gewürzen ist die Phytopharmakologie entstanden,<br />

eine Wissenschaft, die sich mit der therapeutischen<br />

Wirkung von Pflanzen beschäftigt.<br />

Kochen mit Gewürzen ist sicher keine<br />

Wissenschaft, aber jeder Schritt beim<br />

Kochen ist wissenschaftlich zu begründen.<br />

Petersilie Wacholder Thymian Schnittlauch Pfeffer<br />

Petersilie, Wacholder, Thymian, Schnittlauch und Pfeffer sind vielverwendete Gewürze. Die Geschmackskomponente der Gewürze wird beim Menschen<br />

von zwei Organen erfasst: Die Nase kann Hunderte von Gerüchen erfassen, diese Gerüche werden im Gehirn mit den nur fünf Geschmacksempfindungen<br />

der Zunge (süß, sauer, salzig, bitter und umami [japanisch für fleischiges]) kombiniert und abgespeichert. Geschmack ist also eine Kombination der Sensorik<br />

der Zunge und des Geruchsinns. Jeder weiß, dass man bei Erkältung ein Gericht nicht genießen kann, weil der Geruch fehlt.<br />

Zitrone<br />

Oregano<br />

Rosmarin<br />

Chili<br />

<strong>explore</strong> 1/2006 - 15


16 - <strong>explore</strong>: 1/2006<br />

MENSCH Biochemie des Kochens und der Gewürze<br />

GEWÜRZ ANWENDUNG INHALTSSTOFFE WIRKUNG<br />

BASILIKUM<br />

CHILI<br />

DILL<br />

KNOBLAUCH<br />

LORBEER<br />

MUSKAT<br />

NELKEN<br />

OREGANO<br />

PETERSILIE<br />

PFEFFER<br />

PFEFFERMINZE<br />

ROSMARIN<br />

SAFRAN<br />

SCHNITTLAUCH<br />

THYMIAN<br />

WACHOLDER<br />

ZITRONE<br />

ZWIEBEL<br />

südländische Speisen<br />

scharfe Gerichte<br />

Fischgerichte<br />

südländische Speisen<br />

Fleisch- und Fischgerichte<br />

Kohlgerichte, Wurst, Saucen<br />

Marinaden, Tunken, Lebkuchen<br />

südländische Speisen<br />

deutsches Universalgewürz<br />

deutsches Universalgewürz<br />

Gewürzstoffmischungen,<br />

Fleischgerichte<br />

südländische Speisen<br />

Suppen, Fischgerichte<br />

grünes Gewürz für bereits<br />

gekochte Speisen<br />

südländische Speisen<br />

Braten, fette Speisen<br />

deutsches Universalgewürz<br />

Basisgewürz für Suppen, Braten<br />

<strong>explore</strong>: KLEINES GEWÜRZLEXIKON<br />

ätherische Öle<br />

Capsaicin, Vitamin C<br />

ätherische Öle<br />

Allicin, Enzyme, Vitamine<br />

Bitterstoffe, ätherische Öle<br />

Muskatsäure, ätherische Öle<br />

Eugenol<br />

Bitterstoffe, ätherische Öle<br />

Vitamin C, Apiol<br />

ätherische Öle, Piperin<br />

Menthol, Gerbstoffe, Bitterstoffe<br />

Cineol, Borneol, Gerbstoffe<br />

Picrocrocin, Safranöl<br />

Vitamin C, Carotin, Mineralstoffe<br />

Cymol, Thymol<br />

Juniperin, Invertzucker<br />

Vitamin C, Zitronensäure<br />

ätherische Öle, Panthensäure<br />

verdauungsfördernd, krampflösend<br />

antibakteriell<br />

appetitanregend, harntreibend, gegen<br />

Blähungen<br />

magenfördernd, antibakteriell,<br />

blutdrucksenkend<br />

appetitanregend, verdauungsfördernd<br />

verdauungsfördernd<br />

verdauungsfördernd, appetitanregend<br />

appetitanregend, verdauungsfördernd<br />

appetitanregend, verdauungsfördernd,<br />

harntreibend<br />

magenstärkend, reguliert Herztätigkeit<br />

krampflösend, galletreibend, gegen<br />

Blähungen<br />

nervenstärkend, appetitanregend,<br />

krampflösend<br />

appetitanregend<br />

appetitanregend, blutdrucksenkend<br />

antiseptisch, gegen Blähungen, harntreibend<br />

harntreibend, verbesserte Blutzirkulation<br />

appetitanregend, bindet Fischgeruch<br />

nervenberuhigend, verdauungsfördernd,<br />

gegen Erkältungen<br />

Die Entstehung von Brat- und Kocharomen<br />

Im vergangenen Jahrhundert entdeckte der französische Chemiker Maillard, dass die typischen Brat- und Kocharomen durch Reaktionen von Aminosäuren<br />

und Zuckern entstehen. Erhitzt man im Reagenzglas die Aminosäure Cystein mit Traubenzucker, so entsteht der Geruch nach gebratenem Fleisch.<br />

Erhitzt man länger, stellt sich der Geruch nach Zwiebeln ein. Cystein ist ein Bestandteil der Eiweiße, die im Fleisch vorkommen. Je höher die Temperatur<br />

bei diesen Umsetzungen liegt, desto mehr gesundheitsschädliche Stoffe werden gebildet: Dabei kann auch das Nervengift Acrylamid entstehen.<br />

Rezept Lammkeule – acrylamidarm gebraten<br />

Zu hohe Temperaturen beim Braten fördern die Entstehung von Acrylamid. Einen acrylamidarmen Braten kann man nach diesem Rezept bereiten: Eine<br />

Lammkeule (1,5-2 kg) wird mit Küchenpapier trockengerieben und mit einer Paste aus 1 TL Thymian, 1 TL provenzalischer Kräuter, 2 gehackten<br />

Knoblauchzehen, Pfeffer, Salz und Olivenöl bestrichen. Die Keule wird im Umluftofen acht Stunden bei 85°C gebraten. Nach sechs Stunden nimmt man<br />

den Deckel des Bräters ab und übergießt das Fleisch mit dem ausgetretenen Saft. Zwei Stunden später kann das Fleisch aus dem Ofen genommen<br />

und aufgetragen werden. Es ist unglaublich zart mit einem südländischen Aroma. Ein großer Vorteil dieser Garmethode ist der Zeitfaktor, denn es spielt<br />

kaum eine Rolle, ob der Braten nach 7, 8 oder 9 Stunden aufgetragen wird, das Ergebnis ist immer optimal. Voraussetzung ist aber, dass die<br />

Zubereitungstemperatur von 85°C exakt eingehalten wird.


Zwischen 70-Stunden-Woche, Freizeitstress und Langeweile GLOBAL<br />

Zwischen 70-Stunden-Woche,<br />

Freizeitstress und Langeweile<br />

Von Almut Bruschke-Reimer<br />

Noch nie verfügten die Menschen in westlichen Industrieländern über so viel Freizeit und Urlaub wie<br />

heute. Doch es ist paradox: Die Klagen der Berufstätigen über Zeitnot nehmen ständig zu. Rentner<br />

und Arbeitslose haben andere Sorgen: Ein Zuviel an Freizeit macht nicht glücklich, sondern kann<br />

erdrückend sein. Ist es in Deutschland mit dem „kollektiven Freizeitpark“, wie Helmut Kohl die<br />

Bundesrepublik 1993 bezeichnete, womöglich gar nicht so weit her?<br />

Zeit: ein knappes Gut<br />

„Ich weiß nicht, wo die Zeit bleibt“,<br />

stöhnt Christine K. Die 34-Jährige<br />

arbeitet halbtags im Büro. Ihr Mann<br />

Wolfgang profitiert in seiner Firma von<br />

der 35-Stunden-Woche. Dank moderner<br />

„Zeitsparmaschinen“ wie Spül-<br />

maschine, Mikrowelle und Tiefkühltruhe<br />

haben Christine und Wolfgang<br />

ihren Haushalt gut im Griff. Echte<br />

Muße ist für sie jedoch ein Fremdwort,<br />

denn private Verpflichtungen und<br />

Termine halten die beiden ständig auf<br />

Trab. Da ist das Theaterabonnement,<br />

die Mitgliederversammlung des Musikvereins,<br />

die Essenseinladung für<br />

Geschäftsfreunde, die Kunstausstellung<br />

oder ein Kurztrip mit den<br />

Kegelbrüdern nach Paris.<br />

<strong>explore</strong>: 1/2006 - 17


Für viele Menschen normaler Alltag:<br />

Schlangestehen am Flughafen, während die<br />

Zeit davon läuft.<br />

„Das Arbeiten ist meinem Gefühl<br />

nach dem Menschen so gut ein<br />

Bedürfnis als Essen und Schlafen“,<br />

Wilhelm von Humboldt (1767-1835), deutscher<br />

Gelehrter und Staatsmann.<br />

Christine und Wolfgang sind typisch<br />

für viele Deutsche. Zwar ist in den vergangenen<br />

100 Jahren die Arbeitszeit<br />

dramatisch gesunken. Statt wie unsere<br />

Urgroßväter von Montag bis Sonnabend<br />

16 Stunden täglich in der Fabrik<br />

oder auf dem Feld zu schuften, lassen<br />

viele nach sieben bis acht Stunden<br />

den Bleistift fallen oder die Maschinen<br />

stehen und eilen nach Hause. Auch<br />

freitags gönnen sich die meisten einen<br />

frühen Start ins Wochenende. Noch<br />

um das Jahr 1850 waren, nach Abzug<br />

der Schlafenszeit, von den verbleibenden<br />

5.840 „wachen“ Jahresstunden<br />

3.920 Stunden allein mit Arbeit ausgefüllt.<br />

Alle anderen Dinge mussten die<br />

Menschen in den verbleibenden 1.920<br />

Stunden erledigen.<br />

„Der Mensch beschäftigt sich<br />

damit, sein Glück zu suchen, aber<br />

sein größtes Glück liegt darin, dass<br />

er beschäftigt ist“,<br />

Emile-Auguste Chartier (Alain) (1868-1951),<br />

französischer Philosoph und Essayist.<br />

Heute hat sich das Verhältnis von<br />

Arbeit zu Freizeit nahezu umgekehrt:<br />

Lediglich etwa 1.600 Arbeitsstunden<br />

sind geblieben. Zeit im Überfluss, sollte<br />

man meinen. Doch weit gefehlt.<br />

Tatsächlich hat die Zeit des reinen<br />

Ausruhens und Nichtstuns im Vergleich<br />

zu früher nur unwesentlich<br />

zugenommen, haben Forscher festgestellt.<br />

Menschen von heute quälen sich<br />

außerhalb ihrer Arbeitszeit mit Zeitkillern,<br />

die für unsere Vorfahren überhaupt<br />

kein Thema waren.<br />

Stundenlanges Stehen im Stau, endloses<br />

Brüten über der Steuererklärung,<br />

dröge Elternabende – die Liste der<br />

18 - <strong>explore</strong>: 1/2006<br />

GLOBAL Zwischen 70-Stunden-Woche, Freizeitstress und Langeweile<br />

Ob auf dem Weg in den Urlaub oder zur Arbeit<br />

– Staus auf deutschen Straßen kosten Zeit<br />

und Nerven.<br />

Freizeitaktivitäten, die doch eigentlich<br />

gar keine freie Zeit sind, ist lang.<br />

Daneben plagt viele Deutsche offensichtlich<br />

die Angst, etwas zu versäumen,<br />

nicht überall dabei zu sein.<br />

„Glück liegt nicht darin, dass man<br />

tut, was man mag, sondern mag,<br />

was man tut“,<br />

Sir James Matthew Barrie (1860-1937), britischer<br />

Dramatiker und Buchautor von „Peter<br />

Pan“.<br />

Kein Wunder, dass manchen da die<br />

Puste ausgeht. Zeitwohlstand wird für<br />

viele zum Luxus, hat das Freizeitforschungsinstitut<br />

der British American<br />

Tobacco (BAT) in Hamburg herausgefunden.<br />

Nach einer BAT-Umfrage hat<br />

die Hälfte der Arbeiter, Angestellten<br />

und Beamten heute höchstens drei<br />

Stunden wirkliche Freizeit pro Tag. Der<br />

Trend zurück zur 40-Stunden-Woche<br />

und die wachsende Zahl von Selbstständigen<br />

und „Ich-AGs“ wird die persönliche<br />

Zeitnot noch verschärfen,<br />

befürchtet BAT-Freizeitforscher Horst<br />

Opaschowski. Abstriche am Freizeitprogramm<br />

sind programmiert. Schon<br />

heute klagen Freiberufler über 70-<br />

Stunden-Wochen. Urlaub ist für viele<br />

tabu.<br />

„Trägheit macht traurig“,<br />

Thomas von Aquin (1225-1274), Heiliger,<br />

Philosoph, Theologe und Kirchenlehrer.<br />

Schlimmer noch als Arbeits- oder<br />

Freizeitstress scheint jedoch das völlige<br />

Fehlen von Zeitdruck zu sein.<br />

Arbeitslose tun sich besonders schwer<br />

mit dem Überfluss an Zeit, nicht zuletzt<br />

weil das Geld für Freizeitvergnügungen<br />

fehlt. Auch so mancher Rentner sitzt<br />

stundenlang am Frühstückstisch und<br />

studiert die Zeitung bis ins Detail,<br />

damit ja die Zeit vergeht. Ein Leben<br />

ohne Tätigkeit und Ziel führt sehr bald<br />

in die Depression, dass wussten schon<br />

Zeit ist ein kostbares und knappes Gut. Daher<br />

fällt vielen Menschen Warten – ob an der Kasse<br />

am Supermarkt oder beim Arzt – schwer.<br />

die Bürger der Antike, schreibt<br />

Biophysiker Stefan Klein in seinem<br />

Buch „Die Glücksformel“. Fürs „Zeit-<br />

Schlaraffenland“ ist der Mensch anscheinend<br />

nicht gemacht. Sind Arbeitslose<br />

und Rentner also zur<br />

Hoffnungslosigkeit verdammt? Nein,<br />

sagt Horst Opaschowski, denn der<br />

Ausstieg aus dem Erwerbsleben<br />

müsse nicht den Ausstieg aus dem<br />

Arbeitsleben bedeuten. Es komme gar<br />

nicht so sehr darauf an, was man tue,<br />

um sich gut zu fühlen, weiß Stefan<br />

Klein. Hauptsache, man ist beschäftigt.<br />

Ob Tapezieren, Snowboard fahren,<br />

sich bei einem sozialen Projekt engagieren<br />

oder Holz hacken – jede Art<br />

Aktivität kann höchst befriedigend sein.<br />

Nur übertreiben sollte man nicht.<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

Freizeit im Wandel der Geschichte<br />

Freizeit bedeutet für uns heute das Gegenteil<br />

von Arbeitszeit. Jeder kann freie Stunden mehr<br />

oder weniger nach Lust und Laune gestalten.<br />

Das war jedoch nicht immer so. Für die<br />

Griechen in der Antike war Freizeit keine private<br />

Zeit, sondern der ernsthaften Beschäftigung<br />

mit Kultur, Musik und Politik vorbehalten. Nur<br />

freie Männer hatten darauf ein Anrecht. Sklaven<br />

verbrachten ihre wenigen Erholungsstunden<br />

meist bei Spielen und Festen. Bei den<br />

Römern war es ähnlich, zudem wurden<br />

Zirkusspiele als Freizeitvergnügen für die<br />

Massen populär. Freizeit im Mittelalter war vor<br />

allem durch das Christentum geprägt. Sechs<br />

Tage galt es zu arbeiten, am siebten Tag war<br />

religiöse Besinnung und Kräftesammeln für die<br />

kommende Woche angesagt. Nach der Reformation<br />

im 16. Jahrhundert entstand die<br />

protestantische Arbeitsethik: Arbeit galt als<br />

Pflicht und Dienst am Mitmenschen, Spiel und<br />

Spaß waren verpönt. Erst sehr spät, im Zuge<br />

der Industrialisierung verstand man unter<br />

Freizeit die Abwesenheit vom Arbeitsplatz.


Unser Netzwerk<br />

Verbindungen, die Kunden nutzen<br />

19 - <strong>explore</strong>: 1/2006


<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> NETZWERK<br />

Mehr zu den mit gekennzeichneten<br />

Themen unter:<br />

www.tuev-nord.de/<strong>explore</strong><br />

IT-Grundschutz für<br />

Unternehmen<br />

Kontakt:<br />

Adrian Altrhein<br />

a.altrhein@tuvit.de<br />

0271 3378-195<br />

Der Schutz von Computern und<br />

Netzwerken gegen Bedrohungen<br />

wie Angriffe oder höhere Gewalt ist<br />

für Unternehmen von zentraler Bedeutung.<br />

PC-Arbeitsplätze, Server<br />

und Netzwerkkomponenten wie<br />

Router und Firewalls müssen so<br />

geschützt sein, dass sie für Berechtigte<br />

in vollem Umfang zur Verfügung<br />

stehen, aber eine versehentliche<br />

oder absichtliche unberechtigte<br />

Nutzung von außen oder innen<br />

praktisch ausschließen. Um das<br />

sicherzustellen benötigen Unternehmen<br />

und Behörden einen IT-<br />

Sicherheitsprozess. Als „Starter“<br />

zum Sicherheitsprozess bieten die<br />

Fachleute von <strong>TÜV</strong>iT eine umfassende<br />

Untersuchung auf Basis des<br />

IT-Grundschutzhandbuchs des<br />

Bundesamtes für Sicherheit in der<br />

Informationstechnik an. „Zum IT-<br />

Grundschutz gehören zum einen<br />

klassische IT-Sicherheitsthemen,<br />

wie eine gut konfigurierte Firewall,<br />

eindeutige Passwortvergabe- und<br />

Nutzungsrichtlinien sowie festgelegte<br />

Administratoren- und Benutzerrechte.<br />

Zum anderen steht der<br />

Faktor Mensch im Vordergrund“,<br />

sagt Adrian Altrhein von <strong>TÜV</strong>iT. Da<br />

zahlreiche Angriffe auf fehlendes<br />

Bewusstsein und Ausnutzung der<br />

menschlichen Schwächen setzen,<br />

prüft Altrhein zusammen mit seinen<br />

Kollegen sowohl die vorhandene IT-<br />

Landschaft auf Lücken und<br />

Schwachstellen, als auch die<br />

Organisation und das Management<br />

der IT-Sicherheit. „Wer eine Zertifizierung<br />

anstrebt, hat so bereits die<br />

erforderliche Basis geschaffen“,<br />

sagt Altrhein.<br />

<strong>explore</strong>: 1/2006 - 20<br />

Kontakt:<br />

Vadim Gudoshnik<br />

info@tuev-dieks.com<br />

+380 562 3687-04<br />

Energieaudits steigern<br />

die Wertschöpfung<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Dieks, Ukraine<br />

Wenn in der Region um die ukrainische<br />

Stadt Dnepropetrowsk weniger<br />

Energie verbraucht wird als noch vor<br />

einigen Jahren, haben die Energieaudits<br />

von <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Dieks einen<br />

Anteil daran, denn mit den Audits<br />

wurden und werden den Unternehmen<br />

in der Region Einsparpotenziale<br />

gezeigt. Die Kunden, vor allem die<br />

energieintensiven Chemieunternehmen,<br />

wissen das Know-how der<br />

Fachleute zu schätzen. Den Ablauf<br />

der Audits erklärt Vadim Gudoschnik,<br />

Geschäftsführer von <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong><br />

Dieks: „Zunächst betrachten wir den<br />

aktuellen Energieverbrauch.<br />

Besonderes Augenmerk wird dabei<br />

auf die Bewertung des Energieverlustes<br />

gelegt, denn hier gibt es das<br />

größte Potenzial. Abschließend geht<br />

es darum, aus der Bestandsaufnahme<br />

heraus Empfehlungen auszusprechen,<br />

um so zu Einsparungen zu<br />

kommen.“<br />

Für seine Kunden hält Gudoschnik<br />

zwei Angebote bereit: eine Expressüberprüfung<br />

und eine umfangreiche<br />

Begutachtung. Bei der Expressüberprüfung<br />

geht es im Wesentlichen um<br />

das Aufspüren ineffektiver Energienutzung.<br />

Bei der umfangreichen Begutachtung<br />

erhalten Kunden darüber<br />

hinaus einen von der staatlichen<br />

Energieüberwachungsbehörde genehmigten<br />

Energiepass sowie kurz- und<br />

mittelfristige Unterstützung bei der<br />

Umsetzung von Einsparprogrammen.<br />

Vadim Gudoschnik: „Wir freuen uns,<br />

dass wir durch unsere Energieaudits<br />

Produktionskosten verringern helfen,<br />

denn dadurch erhöhen die Unternehmen<br />

ihre Wertschöpfung und<br />

tragen so zur positiven Entwicklung<br />

des Landes bei.“<br />

Energie sparen helfen: Die Kunden, vor allem energieintensive Unternehmen in der<br />

Chemiebranche, wissen das Know-how der Fachleute von <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Dieks zu schätzen.


Kontakt:<br />

Dr. Peter Morawietz<br />

pmorawietz@<br />

tuev-nord.de<br />

0201 825-3301<br />

<strong>TÜV</strong> EUROSPA nimmt<br />

Kureinrichtungen in Europa<br />

unter die Lupe<br />

Ziel: Messbare Qualitätskriterien<br />

Wie lassen sich die Angebote von<br />

Kureinrichtungen angesichts großer<br />

Qualitäts- und Preisunterschiede<br />

innerhalb Europas vergleichen?<br />

Die Antwort heißt <strong>TÜV</strong> EUROSPA.<br />

Auf dieses Qualitätszeichen haben<br />

sich jetzt der Europäische Heilbäderverband,<br />

das Europäische Tourismus<br />

Institut, das SGS Institut Fresenius<br />

und <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Cert geeinigt. <strong>TÜV</strong><br />

EUROSPA steht für gemeinsame und<br />

unabhängig messbare Qualitätskriterien.<br />

„Unser Ziel ist es, für Endkunden<br />

ein transparentes System zu<br />

schaffen“, sagt Dr. Peter Morawietz<br />

von <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Cert. So soll <strong>TÜV</strong><br />

EUROSPA im Gegensatz zu vielen<br />

nationalen Zeichen und Siegeln wie<br />

beispielsweise den nationalen Sterne-<br />

Kategorien bei Hotels zu einer europaweiten<br />

Transparenz und Vergleichbarkeit<br />

der kurmedizinischen Einrichtungen<br />

führen. Und zwar gleichermaßen<br />

für Verbraucher, Krankenversicherungen<br />

und Reiseveranstalter.<br />

Gleichzeitig erhalten die Kur- und<br />

Gesundheitseinrichtungen wertvolle<br />

Hinweise zur Optimierung ihrer<br />

Dienstleistungen.<br />

Hauptbestandteil der Zertifizierung ist<br />

ein Kriterienkatalog mit den Schwerpunkten<br />

„Wohlfühlqualität“ und/oder<br />

kurmedizinische Qualität. „Bei Zertifizierungen<br />

greifen wir auf unser internationales<br />

Netzwerk von Auditoren<br />

zurück. Unsere erfahrenen Auditoren<br />

begleiten Sie praxisbezogen auf Ihrem<br />

Weg zu einer effektiven und effizienten<br />

Zertifizierung“, so Dr. Peter Morawietz<br />

von <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Cert.<br />

Kontakt:<br />

Nikolaus Petersen<br />

npetersen@<br />

tuev-nord.de<br />

030 201774-40<br />

Doppeltes Qualitätssiegel<br />

für Berliner Callcenter<br />

Hoher Standard für die Service-<br />

Branche<br />

Die Callcenter-Branche boomt.<br />

Bundesweit gibt es bereits 5.500<br />

Einrichtungen mit zusammen mehr als<br />

350.000 Mitarbeitern. Gleichzeitig<br />

steigen die Anforderungen an das<br />

Personal und die Qualität der Dienstleistungen.<br />

Speziell für Call- und<br />

Service-Center haben <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong><br />

CERT und die Arbeitsgemeinschaft<br />

Berliner und Brandenburger Call<br />

Center (ABCC) mit ihren 39 Mitgliedern<br />

ein Qualitätssiegel entwickelt.<br />

Das neue Qualitätssiegel steht für<br />

einen hohen Standard bei Management,<br />

Personal und Ausstattung der<br />

Callcenter.<br />

Als erstes Unternehmen wurde jetzt<br />

die Agentur für Dialogmarketing (adm)<br />

in Berlin gleich zweifach ausgezeichnet:<br />

Neben dem Qualitätssiegel erhielt<br />

das Callcenter auch das Zertifikat<br />

nach DIN EN ISO 9001:2000. „Das<br />

Qualitätssiegel war für uns der Einstieg<br />

in ein prozessorientiertes<br />

Management-System; als branchenspezifisches<br />

Gütesiegel bestätigt es<br />

unsere Qualität durch eine unabhängige<br />

Stelle“, freut sich adm-Qualitätsmanagement-Beauftragte<br />

Ulrike Bart.<br />

„Die Zertifizierung unseres Qualitätsmanagement-Systems<br />

war zur<br />

Perfektion ein wichtiger, aber nicht<br />

mehr so großer Schritt.“<br />

Nikolaus Petersen, Leiter der<br />

Geschäftsstelle Berlin der <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong><br />

<strong>Gruppe</strong>, begrüßt die Entscheidung<br />

der Berliner Agentur: „Der Weg von<br />

adm ist eine sehr empfehlenswerte<br />

Vorgehensweise zur kontinuierlichen<br />

Verbesserung der Qualität in Callcentern.<br />

Und er zeigt, dass sich die<br />

junge Branche Qualitätsanforderungen<br />

des Marktes erfolgreich stellt.“<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> NETZWERK<br />

Kontakt:<br />

Ferenc Finszter<br />

finszter@tuevnord.hu<br />

+36 6-1 2055881<br />

Erfolgreiche Kooperation<br />

mit Fahrzeugspezialisten<br />

in Ungarn<br />

Die Bilanz ist positiv, die hohen Ziele<br />

wurden erfüllt. „Wir haben in unserem<br />

Netzwerk hervorragende Arbeit<br />

geleistet“, sagt Ferenc Finszter,<br />

Projektleiter bei <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> KTI in<br />

Budapest. Gemeint ist das Engagement<br />

von <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> KTI im Kompetenzzentrum<br />

für elektronische<br />

Fahrzeugsysteme und Fahrzeugführung<br />

an der Technischen und<br />

Wissenschaftlichen Universität<br />

Budapest, das auf ein Jahr erfolgreiche<br />

Arbeit zurückblicken kann.<br />

Wie andere Unternehmen aus dem<br />

Bereich Automotive hat auch <strong>TÜV</strong><br />

<strong>NORD</strong> KTI der Universität Budapest<br />

Know-how zur Verfügung gestellt.<br />

Ziel ist es, der Universität die Anforderungen<br />

der Wirtschaft nahe zu<br />

bringen. Im Gegenzug kann sich die<br />

Industrie neuer wissenschaftlicher<br />

Erkenntnisse aus den Hochschulen<br />

bedienen. Besonders reizvoll aus<br />

Sicht von <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> KTI: Das<br />

Kompetenzzentrum in Budapest ist<br />

in die nationale Gesetzgebung eingebunden.<br />

„Unsere Aufgabe ist es,<br />

Vorschriften und Normen für die<br />

Begutachtung und Typprüfung<br />

elektronischer Fahrzeugsysteme<br />

zu definieren. Und die müssen im<br />

Einklang mit internationalen Vorschriften<br />

und Standards stehen“,<br />

sagt Finszter. „Wir leisten mit unserem<br />

Know-how wertvolle Arbeit.<br />

Das betrifft Grundlagenforschung,<br />

anwendungsorientierte Forschung<br />

und Produktentwicklung gleichermaßen.“<br />

21 - <strong>explore</strong>: 1/2006


<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> NETZWERK<br />

Kontakt:<br />

Wojciech Kozak<br />

katowice@<br />

tuv-nord.pl<br />

+38 3278101-91<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Polska bildet<br />

Ingenieure aus<br />

Die Zertifizierung von Produkten<br />

und Managementsystemen gehören<br />

zum typischen Angebot von <strong>TÜV</strong><br />

<strong>NORD</strong> Polska. Doch das Unternehmen<br />

engagiert sich auch stark<br />

in der Ausbildung, etwa mit Vorlesungen<br />

an der Technischen Hochschule<br />

Wroclaw, an der Universität<br />

Wroclaw und an der Technischen<br />

Hochschule in Czestochowa.<br />

Hier hält Wojciech Kozak seine<br />

Vorlesungen zu Themen rund um<br />

Qualitäts- und Umweltmanagement.<br />

„Anfangs wollten wir Studenten mit<br />

praktischen Aspekten des Qualitätsmanagements<br />

bekannt machen“,<br />

erläutert Kozak die Intention des<br />

Engagements von <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong><br />

Polska. Inzwischen ist daraus aber<br />

weit mehr geworden, denn zusammen<br />

mit der Ökonomischen Akademie<br />

Oskar Lange in Wroclaw<br />

bietet man ein Aufbaustudium zum<br />

Thema „Qualität im Unternehmen“<br />

an. „Wir freuen uns, dass wir mit<br />

unserer Kompetenz überzeugen<br />

können“, sagt Wojciech Kozak,<br />

„und dass wir unsere Erfahrung an<br />

angehende Ingenieure weitergeben<br />

können.“ Dafür gibt es ausreichend<br />

Gelegenheit: Bereits seit zwei<br />

Jahren gibt es ein zweites gemeinsames<br />

Projekt von <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong><br />

Polska und der Akademie in<br />

Breslau: „QM-Beauftragter,<br />

Manager, Auditor“. Und im vergangenen<br />

Jahr startete an der Fakultät<br />

für Transport der Schlesischen<br />

Technischen Hochschule in<br />

Katowice ein ähnliches Projekt zum<br />

Thema Qualitätsmanagement. <br />

<strong>explore</strong>: 1/2006 - 22<br />

Kontakt:<br />

Andreas Elsenheimer<br />

aelsenheimer@<br />

tuev-nord.de<br />

0201 825-4144<br />

Räder auf dem Prüfstand<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Mobilität nimmt<br />

Fallturm in Betrieb<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Mobilität investiert weiter<br />

in modernste Prüf- und Messtechnik:<br />

so hat das Institut für Fahrzeugtechnik<br />

und Mobilität (IFM) von <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong><br />

Mobilität in Essen einen neuen<br />

Prüfstand, einen so genannten<br />

Fallturm, in Betrieb genommen. Mit<br />

dem Fallturm können die Fahrzeughersteller<br />

den Schwellentest für die<br />

Räder von der Straße ins Labor verlegen.<br />

Beim Schwellentest werden die<br />

Räder durch Missbrauch absichtlich<br />

geschädigt. Um die Verformung der<br />

Räder zu erfassen, werden sie vor<br />

und nach der Prüfung dreiaxial gescannt.<br />

„Um Korrelationsmessungen<br />

vornehmen zu können, besteht auch<br />

die Möglichkeit, bei der Prüfung die<br />

serienmäßige Radaufhängung zu verwenden“,<br />

erläutert Andreas Elsenheimer<br />

vom IFM. Das dreidimensionale<br />

Messverfahren und die während<br />

der Prüfung gesammelten Daten zu<br />

Kraft, Beschleunigung und Verformung<br />

der Räder sind entscheidend<br />

für die Baumusterfreigaben. <br />

Aufwändiger Test von Rädern: <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Mobilität in Essen bietet Fahrzeugherstellern Prüfung<br />

am Fallturm.


Energie-Tagung<br />

Kraftwerks-Forum in<br />

Brandenburg ein Erfolg<br />

Kontakt:<br />

Dr. Gerhard Dreier<br />

gdreier@tuev-nord.de<br />

040 8557-2262<br />

Mit 118 Teilnehmern war das zweite<br />

Brandenburgische Kraftwerks-Forum<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> <strong>Gruppe</strong>, IHK Cottbus und ETI<br />

Brandenburg luden zum Kraftwerks-Forum ein.<br />

in Lübben (Spreewald) ein großer<br />

Erfolg. Ausgerichtet wurde die Veranstaltung<br />

von der <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong><br />

<strong>Gruppe</strong> in Kooperation mit der<br />

Industrie- und Handelskammer<br />

Cottbus und der Brandenburgischen<br />

Energie-Technologie Initiative.<br />

Die Vorträge spannten einen weiten<br />

Bogen: Reinhardt Hassa, Vorstand<br />

Kraftwerke Vattenfall Europe Generation,<br />

bekannte sich zum Energiestandort<br />

Deutschland und berichtete<br />

über neue Kraftwerke auf Basis fossiler<br />

Energieträger. Dr. Gerhard Dreier<br />

von <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Industrieberatung<br />

stellte die Möglichkeiten und die<br />

Komplexität des Handels mit CO 2 -<br />

Emissions-Zertifikaten dar. Er regte<br />

die Unternehmen an, ein Emissionshandelsmanagement<br />

einzurichten und<br />

verwies dabei auf die Kompetenz der<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> <strong>Gruppe</strong> in diesem<br />

Geschäftsfeld. Professor Udo Hellwig<br />

von ERK Eckrohrkessel, Berlin,<br />

berichtete über Optimierungspotenziale<br />

bei Verbrennungsanlagen zur<br />

thermischen Abfallverwertung. Im<br />

Anschluss an die Tagung besichtigten<br />

die Teilnehmer eine hochmoderne<br />

mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlage<br />

des kommunalen<br />

Abfallverbands Niederlausitz.<br />

Dessen Vorstandsvorsitzender Rolf<br />

Friedrich führte die Umwandlung von<br />

Hausmüll zu Brennstoff-Pellets in der<br />

Praxis vor: Immerhin 50 Prozent der<br />

Siedlungsabfälle in der Region werden<br />

danach bereits in Ersatzbrennstoff<br />

umgewandelt.<br />

Die Tagungs-CD ist für 4,90 Euro<br />

erhältlich bei der Geschäftsstelle<br />

Berlin: berlin@tuev-nord.de. <br />

Kontakt:<br />

Dirk Giesing<br />

dgiesing@<br />

tuev-nord.de<br />

0201 825-3255<br />

Vorab-Check für ein<br />

Facharztzentrum<br />

Wichtiger Beitrag zur Bauqualität<br />

Einen Vorab-Check wird das Facharzt-Zentrum<br />

Mersch in Lünen von<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Systems erhalten.<br />

„Bauvorschriften werden eingehalten,<br />

Baumängel haben keine<br />

Chance. So werden wir einen wichtigen<br />

Beitrag zur Kosten- und<br />

Terminsicherheit sowie zur Bauqualität<br />

leisten“, sagt Dirk Giesing,<br />

dessen Team während der gesamten<br />

Bauphase für das baubegleitende<br />

Qualitätscontrolling sorgt.<br />

Insgesamt drei Bausteine umfasst<br />

der Auftrag an <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Systems:<br />

Das baubegleitende Qualitätscontrolling,<br />

Schall- und Wärmeschutznachweise<br />

sowie die Erstellung<br />

des Brandschutzkonzepts<br />

und dessen Umsetzung. Schon<br />

während der gesamten Planungsphase<br />

ist Dirk Giesing mit seinem<br />

Team eingebunden, und bis zur<br />

Endabnahme wird er immer wieder<br />

vor Ort auf der Baustelle sein.<br />

„Unsere Prüfungen während der<br />

Bauphase können Mängel schnell<br />

erkennen, Handwerker haben dann<br />

sofort die Chance zu korrigieren“,<br />

sagt Giesing. Daher rechne sich<br />

eine solche Maßnahme nicht nur für<br />

Bauherren, in diesem Fall den<br />

Bauverein zu Lünen, sondern auch<br />

für die ausführenden Firmen. 2007<br />

sollen die Ärzte in das neue Haus<br />

einziehen. <br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> NETZWERK<br />

Kontakt:<br />

Stephan Kuß<br />

skuss@tuev-nord.de<br />

0201 825-2412<br />

Energiepass für Gebäude<br />

sorgt für Transparenz<br />

Wie hoch ist der Energiebedarf<br />

eines Gebäudes? Bislang musste<br />

man sich bei dieser Frage auf die<br />

Angaben des Verkäufers oder<br />

Vermieters verlassen. Jetzt soll sich<br />

das ändern. Als Folge der EU-<br />

Richtlinie „Gesamtenergieeffizienz<br />

von Gebäuden“ wird in Deutschland<br />

der Energiepass eingeführt. Mit seiner<br />

Hilfe kann man die zu erwartenden<br />

Energiekosten im Vergleich zu<br />

anderen Objekten bewerten.<br />

Damit wird die Entscheidung für<br />

Kauf oder Miete einer Wohnung<br />

oder eines Hauses erleichtert.<br />

Berücksichtigt wird beim Energiepass,<br />

der von der Deutschen<br />

Energie-Agentur entwickelt wurde,<br />

zunächst die thermische Charakteristik<br />

eines Hauses. Darüber hinaus<br />

werden auch Heizungsanlagen<br />

und Warmwasserversorgung,<br />

Klimaanlagen, Beleuchtung, Belüftung,<br />

passive Solarsysteme und<br />

Sonnenschutz sowie natürliche<br />

Belüftung und Innenraumklimabedingungen<br />

berücksichtigt.<br />

Um die EU-Richtlinie effizient umzusetzen,<br />

hat die <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> <strong>Gruppe</strong><br />

ein maßgeschneidertes Dienstleistungsangebot<br />

erarbeitet.<br />

„Unsere Kunden entscheiden<br />

selbst, ob sie über den gesetzlich<br />

geforderten Umfang hinaus gleich<br />

auch über sinnvolle Maßnahmen<br />

zum Energiesparen informiert<br />

werden möchten“, erklärt Stephan<br />

Kuß, Branchenmanager Gebäudetechnik<br />

bei <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Systems.<br />

Das Unternehmen bietet auch weitere<br />

Leistungen an. Dazu zählen<br />

das Qualitätscontrolling am Bau,<br />

ganzheitliche Immobilienbewertungen<br />

sowie die Bewertung<br />

der Bausubstanz und möglicher<br />

Schadstoffquellen. <br />

23 - <strong>explore</strong>: 1/2006


<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> NETZWERK<br />

Kontakt:<br />

Dr. Thomas Hahm<br />

thahm@tuev-nord.de<br />

040 8557-2193<br />

Kontakt:<br />

Axel Schulz<br />

aschulz@<br />

tuev-nord.de<br />

040 8557-2244<br />

Kraftwerke im dreidimensionalen<br />

Modell<br />

Sie sind gefragte Spezialisten, und<br />

die Betreiber von Kraftwerken können<br />

auf ihr Know-how nicht verzichten:<br />

Dr. Thomas Hahm und Axel<br />

Schulz von <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> SysTec.<br />

„Detail Engineering“ lautet das<br />

Stichwort, mit dem der Strömungsfachmann<br />

Dr. Hahm und der Spezialist<br />

für die Berechnung von Bauteilen<br />

und Komponenten, Schulz,<br />

die Materialbeschaffenheit von<br />

Kraftwerksbauteilen unter die Lupe<br />

nehmen. Immer dann, wenn es<br />

durch Temperaturänderungen zu<br />

Spannungen, Verformungen oder<br />

gar Schäden in Bauteilen kommt,<br />

nutzen Dr. Hahm und Schulz ihr<br />

Fachwissen und vernetzen es.<br />

Dabei erstellen sie am Rechner<br />

komplexe dreidimensionale Modelle,<br />

aus denen sich Lösungen ergeben.<br />

„Bei älteren Anlagen gibt es immer<br />

viel Verbesserungspotenzial“, sagt<br />

Dr. Hahm. So treten beispielsweise<br />

Spannungen in Rohren auf, wenn<br />

die Betriebstemperatur erhöht<br />

wurde, um den Wirkungsgrad der<br />

Anlage zu steigern. Zu den Kunden<br />

von <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> SysTec zählen die<br />

Betreiber konventioneller Kraftwerke<br />

ebenso wie die Hersteller von<br />

Brennstoffzellen. „Viele Ingenieure<br />

betrachten Strömungen und<br />

Spannungen im Material isoliert,<br />

treffen Annahmen, um so zu<br />

Ergebnissen zu kommen“, sagen<br />

die beiden Fachleute von <strong>TÜV</strong><br />

<strong>NORD</strong> SysTec. Doch das sei zu<br />

ungenau. Axel Schulz: „Wir können<br />

die Wechselwirkung direkt an unserem<br />

Modell ablesen, deshalb sind<br />

wir so erfolgreich.“<br />

<strong>explore</strong>: 1/2006 - 24<br />

Kontakt:<br />

Stephan Becker<br />

sbecker@<br />

tuev-nord.de<br />

040 8557-2010<br />

Uniklinik in Halle erhält<br />

Zertifikat von <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong><br />

CERT<br />

Qualitätsnorm DIN EN ISO<br />

9001:2000 erfüllt<br />

Das Zentrallabor des Klinikums der<br />

Medizinischen Fakultät der Martin-<br />

Luther-Universität in Halle erfüllt die<br />

Erfolgreich zertifiziert: Die Uniklinik Halle.<br />

Kriterien der Qualitätsnorm DIN EN<br />

ISO 9001:2000. Das hat <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong><br />

CERT nach einem erfolgreichen Audit<br />

festgestellt. „Das Zertifikat bescheinigt<br />

uns eine qualitativ hochwertige Arbeit<br />

und bestätigt den maßgeblichen<br />

Beitrag unseres Zentrallabors zu der<br />

herausragenden Stellung der universitären<br />

Medizin“, sagte der Ärztliche<br />

Direktor des Universitätsklinikums,<br />

Professor Dr. Hans Gert Struck, anlässlich<br />

der Übergabe des Zertifikats.<br />

Durch die Standardisierung der<br />

Analysemethoden, eine klare Zuordnung<br />

von Aufgaben, eine sehr<br />

gute und moderne Geräteausstattung<br />

sowie eine ständige Weiterbildung<br />

des Personals erreiche man eine<br />

kontinuierliche Verbesserung in der<br />

Qualität, fügte die Leiterin des Zentrallabors,<br />

Dr. Annegret Heider, hinzu.<br />

Das Zentrallabor der Martin-Luther-<br />

Universität in Halle ist eines der größten<br />

Krankenhauslabore in Sachsen-<br />

Anhalt. Im vergangenen Jahr nahmen<br />

die 48 Mitarbeiter 2,8 Millionen<br />

Untersuchungen vor.<br />

Positiv: Klare Zuordnung von Aufgaben,<br />

moderne Geräte, Weiterbildung des<br />

Personals.<br />

Professor Dr. Hans Gert Struck, Direktor, und Dr. Annegret Heider, Leiterin Zentrallabor der<br />

Uniklinik Halle, freuen sich über das Zertifikat.


Kontakt:<br />

Ulrich Unger<br />

uunger@tuev-nord.de<br />

0511 986-1971<br />

Sicherheit für den Berufsalltag<br />

durch online-<br />

Potenzialanalyse<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Akademie bietet<br />

Persönlichkeitsanalyse an<br />

IIn Kürze wird die <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Akademie<br />

eine aussagekräftige online-<br />

Potenzialanalyse für ihre Seminarteilnehmer<br />

anbieten. Interessierte haben<br />

die Möglichkeit, eine detaillierte<br />

Analyse ihrer persönlichen Stärken<br />

und Entwicklungspotenziale zu erhalten,<br />

um sich auf dieser Basis für die<br />

individuell richtigen Seminare zu entscheiden.<br />

„Ich bin mir sicher, dass<br />

dieses Tool gut angenommen werden<br />

wird“, sagt Ulrich Unger, Leiter der<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Akademie in Hannover.<br />

Denn die Investition in Zeit und Geld<br />

für das Verfahren lohne sich auf jeden<br />

Fall, weil man das, was man schon<br />

beherrsche, nicht noch einmal lernen<br />

müsse.<br />

Mit dieser Potenzialanalyse habe jeder<br />

die Chance, sein eigenes Persönlichkeitsprofil<br />

festzustellen und gezielt an<br />

ihm zu arbeiten. „Das wird im Berufsalltag<br />

helfen, Sicherheit zu erlangen“,<br />

sagt Unger über das Verfahren, das<br />

auf das Angebot aus dem Bildungsblock<br />

„Unternehmensführung“ zugeschnitten<br />

ist; in diesem werden vor<br />

allem soft skills trainiert.<br />

Die Potenzialanalyse beruht auf einem<br />

von Professor Dr. Julius Kuhl von der<br />

Universität Osnabrück entwickelten<br />

scan-Verfahren, das speziell auf die<br />

Anforderungen an technische Führungskräfte<br />

zugeschnitten ist. Es werden<br />

die 20 Persönlichkeitsmerkmale,<br />

die für die Tätigkeit einer technischen<br />

Führungskraft erfolgskritisch sind,<br />

erfasst. Einige Tage nach dem halbstündigen<br />

online-Verfahren erhält der<br />

Teilnehmer eine detaillierte Auswertung<br />

per Mail, die sein Persönlichkeitsprofil<br />

dem einer erfolgreichen<br />

technischen Führungskraft gegenüberstellt.<br />

So werden auf einen Blick<br />

individuelle Stärken und Entwicklungspotenziale<br />

deutlich. <br />

Sicherheit auf<br />

Kinderspielplätzen<br />

Kontakt:<br />

Stephan Kuß<br />

skuss@tuev-nord.de<br />

0201 825-2412<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Systems will Gefahren<br />

vermeiden<br />

Auf Spielplätzen geht es immer hoch<br />

her. Kein Wunder, dass die Spielgeräte<br />

unter der ständigen Beanspruchung<br />

leiden. Regelmäßige, vom<br />

Gesetzgeber vorgeschriebene Kontrollen<br />

der Betriebs- und Verkehrssicherheit<br />

der Geräte sollen die Kinder<br />

vor Unfällen schützen. „Natürlich<br />

gehört Nervenkitzel zum Spielen auf<br />

Spielplätzen dazu, gerade auf<br />

Klettergeräten“, sagt Stephan Kuß,<br />

Branchenmanager Gebäudetechnik<br />

bei <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Systems. „Wir sind<br />

dafür da, um Gefahren durch mangelhafte<br />

Spielgerätesicherheit weitgehend<br />

auszuschließen.“ Regelmäßige<br />

Begehungen und Inspektionen der<br />

Plätze und Geräte sind laut Kuß<br />

schon deshalb notwendig, weil das<br />

Material unter der Witterung leidet.<br />

So sind Holz und Metall empfindlich<br />

gegen Nässe. Kunststoffe leiden in<br />

praller Sonne ebenso wie bei starkem<br />

Frost. Ein weiteres Problem ist der<br />

zunehmende Vandalismus.<br />

Branchenmanager Kuß empfiehlt<br />

daher, die in der europäischen Norm<br />

DIN EN 1176 „Spielplatzgeräte“<br />

genannten Prüffristen unbedingt einzuhalten.<br />

Dazu zählen wöchentliche<br />

Routine-Begehungen, Quartalsinspektionen<br />

sowie die jährliche Hauptinspektion.<br />

Kontrollen, auf die etwa<br />

die Wohnungsgesellschaft<br />

Nassauische Heimstätte in Frankfurt<br />

nicht verzichten möchte. „Als eine der<br />

größten Wohnungsgesellschaften in<br />

Deutschland ist es für uns eine<br />

Selbstverständlichkeit, den Kindern<br />

unserer mehr als 100.000 Mieter ein<br />

sicheres Umfeld zu bieten“, sagt<br />

Michael Mayer-Marczona, Fachbereichsleiter<br />

Außenanlagen der<br />

Gesellschaft und damit zuständig für<br />

die Spielplätze der etwa 43.500<br />

Wohnungen.<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> NETZWERK<br />

Kontakt:<br />

Dr. Hans-Jürgen<br />

Beckmann<br />

jbeckmann@<br />

tuev-nord.de<br />

0511 986-1931<br />

Outdoor-Noise-Richtlinie:<br />

Standard gefordert<br />

Europa ist auf gutem Weg, sich auf<br />

einen Standard festzulegen, um<br />

Schallemissionen zu bewerten.<br />

Das war das Fazit des Vortrags von<br />

Dr. Hans-Jürgen Beckmann von <strong>TÜV</strong><br />

<strong>NORD</strong> CERT das Unternehmen ist<br />

für diesen Bereich Europäische Benannte<br />

Stelle. Zwar gibt es bereits<br />

die so genannte Outdoor-Noise-<br />

Richtlinie, die sich mit 57 Arten von<br />

Geräten und Maschinen befasst, die<br />

für den Gebrauch im Freien vorgesehen<br />

sind. Als Voraussetzung für den<br />

freien Warenverkehr müssen Hersteller<br />

die CE-Konformitätserklärung<br />

abgeben und diese Produkte mit<br />

einem garantierten Schallleistungspegel<br />

kennzeichnen. Bei 22<br />

Maschinenarten muss der Schallleistungspegel<br />

darüber hinaus einen<br />

jeweils in der Richtlinie festgelegten<br />

Grenzwert einhalten. Diese wurden<br />

zum Jahreswechsel gesenkt. Bei der<br />

Schwierigkeit die neuen, um zwei bis<br />

drei dB reduzierten Grenzwerte einzuhalten,<br />

liegt das Problem. Doch<br />

die Methoden, den Schallleistungspegel<br />

zu berechnen, sind unterschiedlich.<br />

So könnten Berechnungen<br />

mit einer niedrigen Toleranz,<br />

so die Einschätzung von Dr. Hans-<br />

Jürgen Beckmann, zu Marketing-<br />

Zwecken benutzt werden, um so<br />

Vorteile gegenüber dem Wettbewerb<br />

herauszustellen, die aber unter Umständen<br />

gar nicht vorhanden seien.<br />

Dagegen bedeutet ein niedriger Wert<br />

aber auch, dass bei Kontrollmessungen<br />

unter Umständen eher Grenzwerte<br />

überschritten würden als bei<br />

einer hohen Toleranz, was eher problematisch<br />

für den Hersteller selbst<br />

wäre. <br />

25 - <strong>explore</strong>: 1/2006


<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> NETZWERK<br />

<strong>explore</strong>: 1/2006 - 26<br />

Kontakt:<br />

Dr. Hermann Saalfeld<br />

hsaalfeld@<br />

tuev-nord.de<br />

0541 5823-193<br />

Umrüsten auf Gas bringt<br />

Vorteile<br />

Angesichts der hohen Preise für<br />

Benzin und Diesel wird Erdgas als<br />

Kraftstoff zunehmend attraktiver.<br />

Dazu kommt, dass die Umrüstung<br />

der Fahrzeuge auf Gas von den<br />

regionalen Energieversorgern gefördert<br />

wird. Allerdings macht beispielsweise<br />

der Versorger EWE eine<br />

Förderung davon abhängig, ob der<br />

Umrüstbetrieb von der Initiative<br />

Erdgas als Kraftstoff (IEK) zertifiziert<br />

ist. Angeboten wird den Kfz-Werkstätten<br />

eine solche Zertifizierung<br />

jetzt von <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> CERT. Die<br />

Kritierien für die Zertifizierung werden<br />

dabei von der IEK vorgegeben.<br />

„Gerade bei technischen Geräten<br />

spielt Vertrauen eine große Rolle“,<br />

sagt Dr. Hermann Saalfeld von <strong>TÜV</strong><br />

<strong>NORD</strong> CERT. „Und da sind neue,<br />

schnelle und zuverlässig verfügbare<br />

Prüf- und Bewertungsverfahren<br />

ganz im Interesse der Sicherheit<br />

unserer Kunden.“<br />

MESSEN 2006 – Treffpunkt<br />

(Auszug aus dem Messekalender)<br />

CeBIT 2006<br />

9. bis 15. März, Messe Hannover, Halle: 7<br />

Hannover Messe 2006<br />

ENERGY-Alternative Energieformen<br />

24. bis 28. April, Messe Hannover, Halle: 13<br />

Kontakt:<br />

Christiane Steinkämper<br />

csteinkaemper@<br />

tuev-nord.de<br />

0201 825-3337<br />

„O.K. für Kids“: Neues<br />

Gütesiegel für Unternehmen<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> CERT zeichnet kinderfreundliche<br />

Unternehmen aus<br />

Mit dem Gütesiegel „O.K. für Kids“<br />

zeichnen der Deutsche Kinderschutzbund<br />

und <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> CERT erstmalig<br />

in Deutschland kinderfreundliche<br />

Unternehmen aus. „Zertifizierte Einrichtungen<br />

wie Hotels und Gaststätten<br />

können künftig damit werben, dass<br />

Kinder bei ihnen willkommen sind“,<br />

sagt Christiane Steinkämper von <strong>TÜV</strong><br />

<strong>NORD</strong> CERT. Voraussetzung für die<br />

Vergabe des Gütesiegels ist eine kinderfreundliche<br />

Infrastruktur. Die Kriterien,<br />

nach denen <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> CERT<br />

die Einrichtungen zertifiziert, wurden<br />

vom Deutschen Kinderschutzbund<br />

unter Federführung des Landesverbandes<br />

Nordrhein-Westfalen entwickelt.<br />

Das neue Gütesiegel findet bereits<br />

großen Anklang. „Immer häufiger<br />

findet man unser Siegel in der Öffentlichkeit“,<br />

sagt Steinkämper. So wurde<br />

das Unternehmen Familotel mit dem<br />

„O.K. für Kids“-Siegel ausgezeichnet.<br />

ACHEMA 2006<br />

Internationaler Ausstellungskongress für Chemische<br />

Technik, Umweltschutz und Biotechnologie<br />

15. bis 19. Mai, Messe Frankfurt, Halle: 9.2 (2.OG.), Stand: F39<br />

WindEnergy 2006<br />

International Trade Fair Hamburg<br />

16. bis 19. Mai, Messe Hamburg<br />

ILA 2006<br />

Internationale Luft- und Raumfahrt-Ausstellung,<br />

Berlin-Brandenburg<br />

16. bis 21. Mai, Messe Berlin<br />

Bei der Vergabe des Gütesiegels kooperieren<br />

die Partner <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong><br />

CERT und Deutscher Kinderschutzbund<br />

in idealer Weise: Beide Institutionen<br />

genießen einen hohen Bekanntheitsgrad,<br />

ein gutes Image und<br />

damit eine große Akzeptanz in der<br />

Öffentlichkeit. Der Kinderschutzbund<br />

gilt als „Kenner der Szene“ rund um<br />

die Themen Kinder und Familie; <strong>TÜV</strong><br />

<strong>NORD</strong> CERT gilt als erfahrener Zertifizierer<br />

von Organisationen, Prozessen<br />

und Produkten. <br />

Kontakt:<br />

Gerhard Roos<br />

luftverkehr@<br />

tuev-nord.de<br />

0531 391-9820<br />

Lufthansa Technical Training<br />

und <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Akademie:<br />

Mehr Sicherheit in der Luftfahrt<br />

Lufthansa Technical Training und die<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Akademie werden künftig<br />

gemeinsam Personal in Sachen Luftsicherheit<br />

und Luftfahrttechnik qualifizieren.<br />

So wird das einzigartige Fachwissen<br />

eines weltweit führenden<br />

Aviationkonzerns mit dem Know-how<br />

eines großen technischen Dienstleisters<br />

gebündelt. Während Lufthansa<br />

Technical Training sich auf den technischen<br />

Part spezialisiert, konzentriert<br />

sich die <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Akademie auf die<br />

Schulung von Sicherheitspersonal,<br />

Führungskräften und sonstigem Personal<br />

bei Unternehmen der Luftfahrt<br />

und Luftfracht sowie Zulieferer und<br />

angeschlossene Dienstleister. „Mit<br />

dieser Kooperation stärken wir unseren<br />

Schwerpunkt Aviation und setzen<br />

Zeichen in der Branche, indem wir<br />

unsere Kompetenzen und Erfahrungen<br />

gebündelt zur Verfügung stellen“,<br />

sagt Gerhard Roos vom Aviation<br />

Training Center der <strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> Akademie<br />

in Braunschweig. Hintergrund<br />

der Kooperation sind die verschärften<br />

Sicherheitsanforderungen an Mensch<br />

und Technik, die sich aus den europäischen<br />

Anforderungen zum Erhalt<br />

des hohen Flugsicherheitsniveaus sowie<br />

der europäischen Verordnung für<br />

die Sicherheit in der Zivilluftfahrt und<br />

dem Luftsicherheitsgesetz ergeben.


Altern ohne Grenzen LEBEN<br />

Altern ohne Grenzen<br />

Von Prof. Dr. Thomas J. Schult<br />

Der Anteil der Alten steigt: Liegt das nur an der geringen Geburtenrate oder auch an höherer<br />

Lebenserwartung? Hat unsere Gesellschaft ihre maximale Lebensspanne eigentlich schon aus-<br />

geschöpft, oder werden dreistellige Geburtstage einmal zum Alltag gehören?<br />

Die vergangenen 150 Jahre haben<br />

den Industrieländern einen starken<br />

Anstieg der Lebenserwartung beschert:<br />

Wohlstand, Ernährung, Hygiene<br />

und Medizin sind die bestimmenden<br />

Faktoren dafür. Doch was<br />

genau den Prozess des Alterns beeinflusst,<br />

ist noch lange nicht genau<br />

erforscht. Der Wiener Medizinprofessor<br />

Siegfried Meryn zählte immerhin<br />

300 Theorien, die zurzeit diskutiert<br />

werden. Doch immer wieder geben<br />

Biologen oder Mediziner Grenzen für<br />

die durchschnittliche Lebenserwartung<br />

an, die Menschen angeblich<br />

nicht werden überschreiten können.<br />

Forscher vom Rostocker Max-Planck-<br />

Institut für demografische Forschung<br />

haben solche Prognosen aus den vergangenen<br />

80 Jahren systematisch<br />

untersucht und eine erstaunliche<br />

Entdeckung gemacht: Alle bis 1990<br />

getroffenen Vorhersagen stellten sich<br />

kurze Zeit später als falsch heraus,<br />

weil es immer ein Land gab, dessen<br />

weibliche Bevölkerung eine höhere<br />

Lebenserwartung erreichte. Im Schnitt<br />

dauerte es nur fünf Jahre von der<br />

Veröffentlichung einer scheinbaren<br />

Obergrenze der Lebenserwartung bis<br />

zur Falsifizierung.<br />

Die Entwicklung in den Industrieländern<br />

seit 1840 zeigt keineswegs,<br />

dass sich die Lebenserwartung einem<br />

Grenzwert annähert. Lebenserwartung<br />

definieren die Wissenschaftler dabei<br />

als die durchschnittliche Zahl von<br />

Jahren, die ein Neugeborenes leben<br />

wird, das in jeder Lebensphase den<br />

altersspezifischen Risiken ausgesetzt<br />

wäre, die zur Zeit seiner Geburt<br />

herrschten. „Diese Annahme hat Konsequenzen“,<br />

so der Rostocker Forscher<br />

Heiner Maier. „Wenn wir über<br />

Lebenserwartung im Jahr 2005 sprechen,<br />

dann ist das sowieso schon<br />

eine Unterschätzung, weil wir annehmen,<br />

dass die Lebensverhältnisse<br />

gleich bleiben.“<br />

Aber selbst bei dieser vorsichtigen<br />

Annahme entwickelt sich die Lebenserwartung<br />

einer Industrienation linear<br />

und steigt im langjährigen Mittel um<br />

rund drei Monate pro Jahr, was bei-<br />

<strong>explore</strong>: 1/2006 - 27


spielsweise auf Fortschritte in der<br />

Medizin zurückzuführen ist. Die kommen<br />

in der Regel allen Bewohnern zu<br />

Gute, nicht nur den Neugeborenen,<br />

sodass ein Deutscher pro Jahr zwar<br />

zwölf Monate älter wird, dafür aber drei<br />

Monate zusätzliche Lebenszeit geschenkt<br />

bekommt. Man könnte es<br />

auch so sehen: Eigentlich altert er nur<br />

neun Monate im Jahr.<br />

Der Anstieg der Lebenserwartung seit<br />

1970 ist dabei nicht vorrangig auf die<br />

verringerte Kindersterblichkeit zurückzuführen,<br />

wie der Rostocker<br />

Institutsleiter James W. Vaupel feststellt:<br />

„Demographische Analysen zeigen<br />

deutlich, dass der bei weitem<br />

wichtigste Faktor für die Zunahme der<br />

Hochbetagten der Rückgang der<br />

Sterblichkeit im hohen Alter jenseits<br />

des 80. Geburtstags ist.“ Die Sterberate<br />

im Alter erreicht dabei ein Plateau<br />

und steigt dann mit zunehmendem<br />

Alter nicht weiter an.<br />

Diese Entwicklung ist ein Indiz für die<br />

beruhigende Feststellung, dass auch<br />

die Zahl der im Großen und Ganzen<br />

gesunden Lebensjahre zunimmt, nicht<br />

nur die Zahl der Jahre, die wir als<br />

Pflegefall oder gar als Komapatient<br />

verbringen. Wenn heute ein Viertel der<br />

Achtzigjährigen von Alzheimer betroffen<br />

ist, dann dürfte dieser Anteil in den<br />

nächsten Jahrzehnten bei den dann<br />

Achtzigjährigen sinken.<br />

Neben der medizinischen Forschung<br />

bestimmen aber auch Faktoren die<br />

Lebenserwartung, die in der Verantwortung<br />

des Einzelnen liegen.<br />

„Rauchen, saufen, fressen, prügeln:<br />

Macho-Rituale kosten Lebensjahre“<br />

titelte die Zeitschrift „Ärztliche Praxis“<br />

und stellte fest, dass ein reicher<br />

Deutscher im Schnitt zehn Jahre länger<br />

lebt als sein armer Nachbar.<br />

Doch die Zeitspanne, in der wir leben,<br />

ergibt sich nicht nur aus den Verhältnissen,<br />

in denen wir leben. Vielfältige<br />

biologische Faktoren beeinflussen<br />

den Alterungsprozess. Wissenschaftler<br />

konnten in Tierversuchen<br />

etwa nachweisen, dass viele Lebewesen<br />

allein durch Kalorienreduktion<br />

deutlich länger leben. Oder dass sich<br />

die Lebenserwartung von Fadenwürmern<br />

allein durch Eingriffe in den<br />

28 - <strong>explore</strong>: 1/2006<br />

Hormonhaushalt auf das Sechsfache<br />

steigern lässt. Nicht jede Anti-Aging-<br />

Maßnahme aus dem Tierreich lässt<br />

sich jedoch sinnvoll auf den Menschen<br />

übertragen: So können Fruchtfliegen,<br />

die im Kühlschrank gehalten werden,<br />

sechs Mal so alt werden wie ihre<br />

Artgenossen in freier Natur. Katzen<br />

und Hunde leben länger, wenn man sie<br />

kastriert.<br />

Die Wissenschaftler fassen das Altern<br />

also nicht bloß als Abnutzungsprozess<br />

auf, der sich bestenfalls ein wenig herauszögern<br />

lässt, sondern als kontrol-<br />

LEBEN Altern ohne Grenze<br />

Ob Ost, ob West: Die Lebenserwartung in Deutschland steigt linear. Seit der Wende gleicht sie<br />

sich in den beiden Teilen Deutschlands zudem an. (Quelle: Max-Planck-Institut für demografische<br />

Forschung)<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

BUCHTIPPS:<br />

„Power Aging: Länger leben, später altern – jetzt handeln“ von Werner Krag, mvg Verlag,<br />

Okt. 2005, ISBN: 3636070746, 314 Seiten, 9,90 Euro<br />

„Leben bis 100“ von Siegfried Meryn, Ueberreuter Verlag, 2002, ISBN: 380003932X, 192 Seiten<br />

19,90 Euro<br />

„Länger und besser leben“ von Christophe de Jaeger, Oesch Verlag, Sept. 2004,<br />

ISBN: 303500028X, 143 Seiten, 14,90 Euro<br />

LINKS:<br />

Max-Planck-Institut für demografische Forschung: www.demogr.mpg.de<br />

Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung: www.berlin-institut.org<br />

Interview mit James Vaupel: www.zeit.de/2005/19/B-Vaupel<br />

liert steuerbaren Ablauf, wobei sie<br />

auch genetische Manipulationen erfolgreich<br />

einsetzen. Dies gibt Hoffnung,<br />

dass sich die Lebensspanne<br />

weiterhin linear verlängert – mit allen<br />

Folgen für unser Sozialsystem.<br />

Während das Statistische Bundesamt<br />

die Lebenserwartung der Deutschen<br />

im Jahre 2050 bei 86,6 Jahren sieht,<br />

sagen die Rostocker Forscher 94<br />

Jahre voraus. Dann dürften selbst<br />

regelmäßige Nullrunden bei der<br />

Rentenerhöhung den Generationenvertrag<br />

nicht mehr retten.


In ihren Schuhen gehn LEBEN<br />

In ihren Schuhen gehn<br />

Von Dörte Saße<br />

So ähnlich muss der Jungbrunnen wirken, jener uralte Menschheitstraum: Das Alter fällt wie eine<br />

schlechte Erinnerung von mir ab. Auf einen Schlag kann ich wieder gut hören. Meine Sicht ist<br />

nicht länger getrübt. Die Fingerspitzen haben wieder Gefühl, und die Gelenksteife und Muskel-<br />

schwäche des Alters werden mir auch wieder genommen. Ich bin wieder 40 Jahre jünger.<br />

<strong>explore</strong>: 1/2006 - 29


Mit dem Ganzkörperanzug namens Age Explorer lässt sich nachfühlen,<br />

wie man mit 70 Jahren geht, sieht, hört und tastet.<br />

Doch dies ist ein Spiel mit der Illusion, ich habe nur einen<br />

speziellen Anzug wieder abgelegt. Für wirklich alte<br />

Menschen bleibt der Jungbrunnen bis auf Weiteres ein<br />

Traum. Bisher lässt sich das Altern des Körpers real nicht<br />

rückgängig machen – höchstens hinauszögern. Auf jeden<br />

Fall aber verändern sich mit den Jahren Organismus und<br />

zentrales Nervensystem, die Ärzte nennen es „sinkende<br />

Vitalkapazität“. Hier ein Zipperlein, da einen Tick langsamer,<br />

und Erkältungen werfen einen auch schneller um als früher.<br />

Weil die Jungen sich diese Auswirkungen kaum vorstellen<br />

können, kommt es nicht nur zu Unhöflichkeiten, wenn „die<br />

langsamen Alten“ an der Kasse gedrängelt und im eiligen<br />

Alltag nicht mehr richtig für voll genommen werden – es<br />

führt auch zu Fehlkonstruktionen: Wozu ein schicker Aufzug<br />

gegen das Treppensteigen, wenn die spiegelnden<br />

Knöpfe im Hochglanzpaneel quasi unsichtbar sind?<br />

Dagegen entwickelten die Saarbrücker Unternehmensberater<br />

Meyer-Hentschel eine Art „umgekehrten Jungbrunnen“,<br />

ganz nach dem englischen Motto: „Urteile nie<br />

über einen Menschen, bevor du nicht eine Meile in seinen<br />

Schuhen gelaufen bist!“ Der Ganzkörperanzug namens Age<br />

Explorer gibt allen Jüngeren das Gefühl, wie sich ihr Körper<br />

mit siebzig Jahren anfühlen dürfte. So lernt die Produktdesignerin,<br />

der Autokonstrukteur oder auch die Pflegekraft<br />

besser verstehen, was ihre Klienten brauchen. Und<br />

warum...<br />

Das fängt bei der Beweglichkeit an: Um die Knie und die<br />

Ellenbogen bekomme ich breite Klettbandagen, so dass ich<br />

die Gelenke gerade noch halb so weit biegen kann wie<br />

sonst. Im Overall selbst stecken Bleigewichte in kleinen<br />

Taschen an Beinen und Armen, welche die nachlassende<br />

Muskelkraft simulieren sollen. Schwächere Muskeln<br />

machen jede Bewegung anstrengender und alles zu<br />

30 - <strong>explore</strong>: 1/2006<br />

LEBEN In ihren Schuhen gehn<br />

Besonders bei älteren Meschen hat die Verpackung einen starken<br />

Einfluss auf die Kaufentscheidung.<br />

Hebende schwerer. Kein Wunder, dass der Mensch im Alter<br />

verlangsamt.<br />

An die Hände kommen grobe Fingerhandschuhe, die nicht<br />

nur das feinmotorische Greifen einschränken – ein Hauch<br />

von Gicht in den Gelenken. Denn ihre Innenseite ist zudem<br />

mit pieksigem Innenfutter ausgelegt, das sich auf Druck<br />

leicht in die Haut gräbt: Dies sorgt für das stechend-prickelnde<br />

Gefühl, über das Senioren mit Arthritis oft klagen.<br />

Bei festem Händedruck bohren sich tausend feine Nadeln<br />

in die Haut, und selbst mag man die Dinge auch nicht zu<br />

fest anfassen.<br />

Doch das wahre Hindernis zur Umwelt bildet der Kopfputz<br />

des Age Explorer: Auf die Ohren gibt's Ohrenschützer, welche<br />

die hohen Frequenzen herausfiltern. Die Geräusche<br />

sind plötzlich dumpf, es fällt schwerer, die Stimme einzelner<br />

Menschen herauszufiltern – besonders, wenn sie ihr<br />

Gesicht abwenden. Und selbst mit Blick auf die Lippen fällt<br />

das Hören schwerer, denn die Montur schwächt natürlich<br />

auch meine Sehfähigkeit. Eine Weitsichtbrille vor den<br />

Augen, die im Alter schließlich meist nachlassen, darüber<br />

ein Visier mit gelber Scheibe, denn die Augenlinse trübt<br />

durch UV-Licht langsam gelblich ein. Kein Wunder, dass<br />

Opa viele Farbtöne nicht mehr gut unterscheiden kann.<br />

Da steh ich nun und versuche mich mit dem Einkaufen.<br />

Fahrtreppe fahren ist auch ohne Gelenksteife schwierig,<br />

denn das gelbliche Visier schränkt mein Gesichtsfeld ein.<br />

Seitlich sehe ich deutlich weniger, meine Füße nur, wenn ich<br />

direkt nach unten schaue. Ein Muss, um die richtige Stufe<br />

zu erwischen. Treppensteigen läuft besser, ist wegen der<br />

Gewichte aber anstrengender. Und treppab bitte nur mit<br />

Handlauf, die eingeschränkte Sicht macht wirklich unsicher.<br />

Zum Glück ist mein Hals noch beweglich genug.


In ihren Schuhen gehn LEBEN<br />

Die Sehfähigkeit ändert sich, wenn man älter wird: man sieht gelblicher<br />

und wird weitsichtig.<br />

Wie zu erwarten, macht mir kleine Schrift große Schwierigkeiten.<br />

Der Arm ist kaum lang genug für meine Weitsicht –<br />

und dann sind die Buchstaben zwar scharf, aber zu klein<br />

zum Lesen... Vielleicht doch nah ans Auge, mit Blinzeln und<br />

Kneifen den Text entziffern. Eine Oma-Lupe wäre mir lieb.<br />

Natürlich ist auch das lockere Blättern im Buchladen nicht<br />

mehr möglich. Einzelne Seiten zu erwischen ist mit den<br />

handschuh-steifen Fingern Glückssache. Ach, und die oberen<br />

Regale sind auch weiter weg: die Schulterpartie des<br />

Age Explorer ist so genäht, dass die Arme nicht mehr senkrecht<br />

nach oben kommen.<br />

Die EC-Karte in den Bankschlitz schieben und das<br />

Kleingeld in den Fahrkartenautomaten geht noch ganz gut.<br />

Stolz. Auch die Tasten sind gerade groß genug. Die dünne<br />

Fahrkarte aber schon wieder schwer zu ergreifen. An all<br />

diesen Geräten gibt es zudem Probleme, sobald die<br />

Scheiben stark spiegeln: Dazu der niedrige Schriftkontrast<br />

und der Gelbstich, und schon ist Raten angesagt.<br />

Zum Schluss die Königsdisziplin: moderne Technik. Das<br />

Handy braucht auf jeden Fall große Tasten und laute Töne.<br />

Und das Tippen am Computer, wenn ich denn die richtigen<br />

Tasten erwische, ist ein ständiges Auf und Ab des Kopfes<br />

zwischen Tastatur und Bildschirm. Wohl dem, der schon als<br />

junger Mensch Zehnfingerschreiben gelernt hat. Und natürlich<br />

klappt alles einigermaßen, was ich vorher schon kannte.<br />

Müsste ich neu die Computerbedienung lernen, bräuchte<br />

ich auf alle Fälle die Bildschirmeinstellung auf größte<br />

Buchstaben, dazu viel Zeit und gute Erklärungen. Meine<br />

Großmutter hat den Gebrauch einer Computermaus, wo<br />

die Bewegung auf dem Tisch zur Bewegung auf dem<br />

Bildschirm wird, von der Koordination und vom Kopf her<br />

einfach nicht begriffen.<br />

Die mit dem Alter zunehmenden Gelenkprobleme und Muskelschwächen<br />

machen jede Bewegung anstrengender und alles zu<br />

Hebende schwerer.<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

Derzeit sind von den 82 Millionen Einwohnern Deutschlands etwa ein<br />

Sechstel älter als 65 Jahre. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung und vor<br />

allem die Zahl der über 80-jährigen wird nach Prognosen deutlich steigen.<br />

Dabei stimmt es nicht, dass „immer älter“ gleichbedeutend ist mit<br />

„immer kränker“.<br />

Doch nachlassende Kraft, Beweglichkeit und Feinmotorik stellten<br />

besondere Anforderungen an kleine Helferchen, Alltagsprodukte und<br />

Wohnungseinrichtung. Deren Bedienungsfreundlichkeit schätzen aber<br />

auch immer mehr Nicht-Senioren.<br />

Das Spektrum reicht vom Tablettenspalter und Strumpfanzieher über<br />

nachtleuchtende Untersetzer und sprechende Personenwaagen bis hin<br />

zur Sitzbadewanne und dem Großtastentelefon mit klar verständlicher<br />

Menüstruktur. Einige Anbieter:<br />

http://www.senio.de<br />

http://www.senioren-onlineshop.de<br />

http://www.wohnungsanpassung-verbund.de<br />

Ein Schlüsselerlebnis, wenn<br />

man etwas älter wird: Einkaufen.<br />

Pro Carton, die<br />

Interessengemeinschaft der<br />

Karton- und Faltschachtelhersteller<br />

hat eine Studie herausgebracht,<br />

die die Wünsche<br />

und Bedürfnisse der Generation<br />

60+ an Verpackungen<br />

unter die Lupe nimmt. Mehr<br />

Infos unter www.procarton.de.<br />

<strong>explore</strong>: 1/2006 - 31


Ein Mann im Ohr<br />

mit sechs Millionen Transistoren<br />

In Deutschland leben 15 Millionen Menschen mit<br />

Hörproblemen, doch nur 2,5 Millionen tragen ein Hörgerät.<br />

Um das Stigma der Behinderung zu umgehen, fahren die<br />

Hörgeräte-Hersteller zweigleisig: Entweder machen sie die<br />

Geräte, die entweder hinter dem Ohr oder im Gehörgang<br />

getragen werden, durch Design-Kunstgriffe zum Aufsehen<br />

erregenden Schmuckstück, oder die Geräte verschwinden<br />

miniaturisiert ganz im Ohr. In jedem Fall setzen sie auf<br />

Elektronik: Auf einem zehn Quadratmillimeter großen Chip<br />

des Schweizer Hörgeräte-Herstellers Phonak arbeiten<br />

sechs Millionen Transistoren.<br />

So wie das menschliche Ohr unterschiedliche Schallfrequenzen<br />

ganz unterschiedlich wahrnimmt, muss ein<br />

moderner Hörcomputer Schallwellen mit Hochleistungsprozessoren<br />

analysieren und nach dem Vorbild der Natur,<br />

dem bionischen Prinzip, individuell verstärken. Eingebaute<br />

Mikrofone im Hörgerät messen den Laufzeitunterschied<br />

eintreffender Schallwellen und errechnen daraus die<br />

Entfernung der Schallquelle. Dieser Schall wird dann gezielt<br />

verstärkt, der Rest wird unterdrückt und erreicht gar nicht<br />

erst das Trommelfell. Bestimmte Hörsituationen wie die<br />

klassische Cocktail-Party, auch für den gut Hörenden bisweilen<br />

eine akustische Qual, verlieren ihre Schrecken, weil<br />

ein Hörgeräte-Träger sich voll auf seinen Gesprächspartner<br />

konzentrieren und alles Störende ausblenden kann.<br />

Hörgeräte lassen sich so programmieren, dass sie bestimmte<br />

Hörsituationen wie Cocktail-Party, Maschinenproduktion<br />

oder Konzertsaal von selbst erkennen und das<br />

passende Hörprogramm auswählen. Der Hörcomputer entscheidet<br />

selbst, was störend ist und blendet diese<br />

Frequenzen aus. Auch Windgeräusche und Echos gehören<br />

der Vergangenheit an. Eine Fernbedienung sowie eine<br />

32 - <strong>explore</strong>: 1/2006<br />

Von Martin Boeckh<br />

ZUKUNFT Ein Mann im Ohr<br />

Miniaturisierte Elektronik macht Hörgeräte zu<br />

programmierbaren Computern, die Störgeräusche<br />

selbstständig erkennen, miteinander<br />

kommunizieren und für eine nie da gewesene<br />

Lebensqualität sorgen.<br />

Im-Ohr- oder Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte helfen dem Schwerhörigen, seine sozialen Kontakte aufrecht zu erhalten. Nur: Er muss sie auch tragen.<br />

Bluetooth-Anbindung an Mobiltelefone sind bei den heutigen<br />

Digital-Hörcomputern ebenso selbstverständlich wie<br />

die Kommunikation der Hörgeräte untereinander vom linken<br />

zum rechten Ohr und eine Datenspeicherung aller<br />

Patientendaten für die Anpassung beim Hörgeräte-<br />

Akustiker. Die Außenschalen werden aus hygienischen<br />

Gründen mit Nanopartikeln beschichtet oder individuell per<br />

Laser-Sintern an den Gehörgang angepasst.<br />

Hörgeräte sind dank Mikroelektronik zum wichtigsten<br />

Bindeglied eines Hörbehinderten zur Außenwelt geworden,<br />

der damit seine lebensnotwendigen, sozialen Kontakte aufrechterhalten<br />

kann.<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

Es gibt viele Möglichkeiten, die Qualität seines Gehörs zu testen. Unter<br />

der Telefonnummer 0180 5323754 kann man für 0,74 Euro bei der<br />

Fördergemeinschaft Gutes Hören (fgh) einen Gehörtest am Telefon vornehmen<br />

oder sich unter 0800 0112113 von einem HNO-Arzt oder unter<br />

0800 0112112 von einem Hörgeräteakustiker kostenlos beraten lassen.<br />

Die Fördergemeinschaft ist ein Zusammenschluss von Hörgeräteakustikern:<br />

www.fgh-besserhoeren.de<br />

LINKS<br />

Verband Forum Besser Hören, Zusammenschluss der 14 größten<br />

deutschen Hörgerätehersteller: www.forumbesserhoeren.de<br />

Deutscher Schwerhörigenbund e.V.: www.schwerhoerigkeit.de<br />

Deutsche Tinnitus-Liga e.V.: www.tinnitus-liga.de<br />

Weitere Portale zu Hörgeräten und Schwerhörigkeit:<br />

www.hoeren-heute.de, www.typolis.de , www.gehoerlose.de,<br />

www.taubenschlag.de


Ersatz-Organe aus dem Labor? ZUKUNFT<br />

Ersatz-Organe aus dem Labor?<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Die regenerative Medizin ist inzwischen<br />

in der Lage, Knochen, Haut<br />

oder auch Muskelgewebe außerhalb<br />

des Körpers zu züchten. Wird in<br />

Zukunft der Griff ins Gewebe-<br />

Ersatzteillager die Organverpflanzung<br />

ersetzen?<br />

Professor Augustinus Bader:<br />

Die regenerative Medizin kann die<br />

Transplantation nicht vollständig ersetzen,<br />

weil wir auf absehbare Zeit nicht<br />

in der Lage sein werden, Organe wie<br />

eine ganze Niere oder ein Herz zu<br />

züchten. Jedoch kann sie zum Beispiel<br />

Patienten helfen, die aufgrund des<br />

Mangels an Spenderorganen nur<br />

geringe Überlebenschancen haben.<br />

So lassen sich Organe regenerieren,<br />

bevor sie komplett versagen.<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Haben Sie dazu ein Beispiel?<br />

Professor Augustinus Bader:<br />

Angenommen, zu uns käme ein<br />

Patient mit einem großen Lebertumor.<br />

Der Chirurg entfernt den Tumor und<br />

lässt nur wenige gesunde Zellen übrig.<br />

Ein Bioreaktor außerhalb des Körpers<br />

kann dann die Leberfunktion solange<br />

übernehmen, bis sich das Organ im<br />

Patienten selbst wieder regeneriert<br />

hat. So kann man eine Lebertrans-<br />

<strong>explore</strong>: INTERVIEW<br />

Regenerative Medizin will Menschen helfen, eine<br />

Fähigkeit wiederzuerlangen, die sie im Laufe der<br />

Evolution weitgehend verloren haben: Kranke und<br />

geschädigte Körperteile zu regenerieren, also nachwachsen<br />

zu lassen. <strong>explore</strong>:-Autor Dr. Erich Lederer<br />

sprach über die Möglichkeiten und Zukunftsaussichten<br />

solcher Techniken mit Professor Dr. Augustinus Bader,<br />

Professor für Zelltechniken und angewandte Stammzellbiologie<br />

an der Universität Leipzig.<br />

plantation vermeiden, die für den<br />

Patienten risikoreich und auch danach<br />

noch sehr belastend ist.<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Dabei spielen Stammzellen eine wichtige<br />

Rolle?<br />

Professor Augustinus Bader:<br />

Ja, insbesondere mit adulten autologen<br />

Stammzellen haben wir schon<br />

Erfolge bei der Wiederherstellung von<br />

Knochen. Wir gewinnen sie aus dem<br />

eigenen Knochenmark des Patienten,<br />

im Gegensatz zu den Stammzellen aus<br />

Embryonen. Aber auch im Bereich von<br />

Herz- und Gefäßkrankheiten sind wir<br />

mit der Erprobung solcher Stammzellen<br />

schon weit fortgeschritten.<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Wird die regenerative Medizin dem<br />

Menschen helfen, noch weitaus älter<br />

als jetzt zu werden?<br />

Professor Augustinus Bader:<br />

Nein. Aber sie kann Menschen mit<br />

kranken Organen helfen, wieder<br />

gesund zu werden. Dabei verlängert<br />

sie ja nicht die maximale Lebenserwartung<br />

an sich, sondern erhöht die<br />

Chancen für den Einzelnen, auch noch<br />

mit 85 oder 90 das aktive Leben eines<br />

Menschen ohne vorherige Krankheit<br />

zu führen.<br />

Werden Zelltechniken und angewandte<br />

Stammzellenbiologie in der Zukunft<br />

Transplantationen ersetzen?<br />

Professor Bader mit seinem Team an der<br />

Universität Leipzig.<br />

Ein gezüchteter Knochenersatz kann bei<br />

Operationen die Entnahme von Knochen aus<br />

den Körperregionen des Patienten überflüssig<br />

machen.<br />

<strong>explore</strong>: 1/2006 - 33


„Im Kampf gegen bakterielle Infektionen sind Antibiotika<br />

unsere wirkungsvollste Waffe. Doch mittlerweile gibt es<br />

Stämme von Erregern wie Staphylococcus aureus oder<br />

Enterococcus faecium, bei denen nahezu alle geläufigen<br />

Antibiotika wirkungslos geworden sind“, schildert Professor<br />

Jan Buer, Leiter der Forschungsgruppe Mucosale<br />

Immunität der Gesellschaft für Biotechnologische<br />

Forschung (GBF), die derzeitige Situation. Insbesondere in<br />

Spanien sowie in weiteren süd- und osteuropäischen<br />

Ländern sei eine hohe Resistenzrate bestimmter Bakterien<br />

etwa gegen Penicilline und die <strong>Gruppe</strong> der Makrolide<br />

bekannt, kann auch Dr. Michael Kresken, Sprecher der<br />

Initiative Zündstoff* bestätigen.<br />

Heutzutage, bei zunehmender Mobilität und Reiselust der<br />

Menschen, gelingt es resistenten Erregern mit Leichtigkeit,<br />

sich schnell über den Erdball zu verbreiten. Vertreter des<br />

Max-Planck-Instituts für Infektionsbiologie wissen: „Krankheitserreger<br />

scheren sich nicht um politische Grenzen:<br />

34 - <strong>explore</strong>: 1/2006<br />

FORSCHUNG Kampf gegen Winzlinge<br />

KAMPF GEGEN WINZLINGE<br />

Von Hilde-Josephine Post<br />

Abermillionen Menschen hat sie das Leben gerettet, die Wunderwaffe Antibiotikum. Doch vermehrt entwickeln<br />

infektionserregende Bakterienstämme mit cleveren Strategien Resistenzen, um den Überlebenskampf zu gewinnen.<br />

Forscher dürfen deshalb nicht müde werden, immer wieder neue Antibiotika zu entdecken. Gibt es eine Chance,<br />

das Wettrüsten zu beenden? Lassen sich Resistenzen überlisten?<br />

Maria*, eine in Deutschland lebende Spanierin, kam mit starken Husten- und Atemnotbeschwerden aus einem<br />

Heimaturlaub zurück. Ein verordnetes Penicillinpräparat half nichts. Daraufhin ließ der Arzt einen Resistenztest vornehmen.<br />

Es fand sich in hoher Keimzahl Streptococcus pneumoniae, einer der Haupterreger von bakteriellen Atemwegsinfektionen<br />

und Lungenentzündung. Penicillin konnte die Kleinstlebewesen kaum noch beeindrucken, und<br />

gegen die Antibiotika-Klasse der Makrolide zeigten sie sich völlig resistent. Da der Krankheitserreger aber nun<br />

bekannt war, gelang es dem Arzt, Maria gezielt mit einem anderen Antibiotikum zu therapieren.<br />

* Das Beispiel Maria ist authentisch. Der Fall wurde stark gekürzt geschildert. Ausführliche Version unter www.zuendstoff-antibiotika-resistenz.de<br />

Mehr als 1,5 Milliarden Flugpassagiere und 500 Millionen<br />

Grenzüberschreitungen jährlich machen jede Abschottung<br />

unmöglich.“<br />

Antibiotika oft falsch angewendet<br />

Warum kommt es überhaupt zu Resistenzen? Je häufiger<br />

Antibiotika angewendet werden, desto mehr besteht die<br />

Gefahr, dass es den Winzlingen gelingt, sich gegen die<br />

Wunderwaffe zu schützen. „Hauptursache dürfte der verbreitete<br />

Einsatz von Antibiotika in Krankenhäusern sein“,<br />

vermutet Professor Buer. Ihm zufolge sorge er für einen<br />

hohen Selektionsdruck auf die Bakterien, der wiederum die<br />

Entstehung von Resistenzen beschleunige. In großen<br />

Krankenhäusern gehe denn auch bis zu einem Drittel der<br />

gesamten Arzneimittelkosten auf das Konto von<br />

Antibiotika, lässt die Initiative Zündstoff verlauten. „Und<br />

Schätzungen zufolge wurden in den vergangenen 50<br />

Jahren mehr als eine Million Tonnen Antibiotika in die<br />

Biosphäre freigesetzt“, so das Bayerische Landesamt für


Kampf gegen Winzlinge FORSCHUNG<br />

Umweltschutz. Die Ärztezeitung online vom 28. September<br />

mahnte an: „Viele Antibiotika würden unnötig verschrieben,<br />

kritisierte Professor Harald Labischinski, Präsident der<br />

Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie<br />

(VAAM).“ Demnach fehle es einerseits an gezielter<br />

Diagnostik bei Infektionen, andererseits würden aus<br />

Kostengründen häufig nicht die wirksamsten, sondern<br />

preisgünstigere Substanzen verschrieben. Eine Studie, die<br />

von Professor Bernhard Ruf, Städtisches Klinikum Leipzig,<br />

vorgestellt wurde, bestätigt denn auch, dass Antibiotika in<br />

50 bis 70 Prozent der Fälle hinsichtlich Auswahl, Dosierung,<br />

Behandlungsdauer und anderem falsch angewendet werden.<br />

Wenn zum Beispiel der Arzt das Antibiotikum zu<br />

gering dosiert oder der Patient eigenmächtig die Einnahme<br />

abbricht, können widerstandsfähige Erreger die Therapie<br />

überleben und sich nach und nach anpassen.<br />

Mittlerweile gibt es Bakterienstämme wie die Staphylococcu aureus,<br />

hier 50.000:1 vergrößert, Erreger von Wundinfektionen, bei denen<br />

nahezu alle geläufigen Anitbiotika wirkungslos sind.<br />

Tiermast förderte Resistenzen<br />

„Eine wichtige Rolle dürfte allerdings auch der Einsatz von<br />

Antibiotika in der Tiermast spielen“, führt Professor Buer<br />

weiter an. Vor allem, wenn die Mittel prophylaktisch eingesetzt<br />

werden, um etwa bei Hühnern oder Ferkeln<br />

Darminfektionen vorzubeugen. „Aus praktischen Gründen<br />

werden die Medikamente häufig dem Futter oder<br />

Trinkwasser zugesetzt. Kritisch dabei ist, dass selbst nicht<br />

erkrankte Tiere behandelt werden, und dass die Wirkstoffe<br />

womöglich in zu geringer Dosierung und zu lange gegeben<br />

werden“, schreibt Dr. Katharina Stroh in einer Fachinformation<br />

vom Bayerischen Landesamt für Umweltschutz.<br />

Bis vor einigen Jahren durften sogar viele<br />

Antibiotika als Leistungsförderer in der Tiermast der<br />

Nahrung beigesetzt werden, um im Verdauungstrakt der<br />

Tiere ein günstigeres Keimmilieu zu schaffen. Dr. Stroh weiter:<br />

„So lässt sich das Futter besser verwerten und die Tiere<br />

wachsen schneller.“ Professor Reinhard Kurth, Leiter des<br />

Robert Koch-Instituts (RKI) monierte jedoch schon sehr<br />

früh: „Antibiotika haben als Leistungsförderer in der<br />

Tiermast nichts zu suchen.“ Forscher des RKI belegten,<br />

dass die durch den Einsatz in der Tiermast beim<br />

Infektionserreger hervorgerufene Resistenz auf den<br />

Menschen übertragen worden war. Diese Forschungsarbeiten<br />

bildeten eine wesentliche wissenschaftliche<br />

Grundlage für das Verbot der Bundesregierung von<br />

Avoparcin im Jahre 1996. Später hat die EU-Kommission<br />

angeordnet, Antibiotika als Leistungsförderer bis 2006 stufenweise<br />

abzubauen.<br />

Clevere Abwehrstrategien<br />

Dass Bakterien sich gegen ihre Zerstörer wehren, ist eigentlich<br />

als ganz natürlicher Überlebenskampf anzusehen. Die<br />

Winzlinge sind clever. Sie benutzen unterschiedliche<br />

Mechanismen, um sich zu schützen. Mittels spezieller<br />

Pumpen können sie das Antibiotikum kurzerhand aus ihren<br />

Zellen befördern, oder sie produzieren Enzyme, mit denen sie<br />

den Angreifer außer Gefecht setzen. Auch machen manche<br />

die Schotten einfach dicht und lassen den Zerstörer erst gar<br />

nicht hinein oder programmieren gar sein Ziel um. Jene<br />

Bakterien, die am besten angepasst sind, überleben. Sie verhalten<br />

sich sehr großzügig und geben ihre Resistenzkenntnisse<br />

gern weiter, indem sie Erbgutringe austauschen.<br />

Anders als bei höheren Lebewesen können sie sogar einzelne<br />

Gene über Artgrenzen hinweg weiterreichen. Innerhalb<br />

kurzer Zeit bilden auf diese Weise unterschiedliche<br />

Erregerstämme starke Abwehrtruppen – eine große<br />

Herausforderung an die Wissenschaft.<br />

Forscher entschlüsseln Verhalten<br />

So bemühen sich Forscher weltweit, sich dem Wettrüsten<br />

entgegenzustellen oder ihm gar ein Ende zu bereiten.<br />

Teamleiter Dr. Siegfried Weiß sowie Nachwuchsforscher<br />

Nelson Gekara von der GBF haben beispielsweise zusammen<br />

mit Forschern der Universität Gießen das Verhalten der<br />

cleveren Winzlinge am Keim Listeria monocytogenes beobachtet.<br />

Diese Bakterien sondern ein Gift ab, das die<br />

Oberfläche menschlicher Zellen stark verändert. Dadurch fällt<br />

es ihnen leichter die Abwehrmechanismen der Körperzelle<br />

auszuhebeln und in sie einzudringen. Sie gelangen über verdorbene<br />

Lebensmittel in den menschlichen Organismus und<br />

können Darmerkrankungen verursachen, bei geschwächtem<br />

Immunsystem allerdings auch schwere Krankheiten wie<br />

Hirnhautentzündung. „Der Mechanismus, mit dem Listeria<br />

die Oberflächen seiner Zielzellen angreift, kann uns viel über<br />

Grundprinzipien von Infektionen erklären. Wir vermuten, dass<br />

andere, medizinisch weit bedeutendere Erreger ähnlich vorgehen<br />

– zum Beispiel Streptokokken oder der Erreger von<br />

* Initiative Zündstoff<br />

Die Initiative Zündstoff Antibiotika-Resistenz will neben wissenschaftlichen<br />

Untersuchungen die Bevölkerung und die Ärzte in einer breiten Kampagne<br />

auf die Resistenzbildung hinweisen und über einen verantwortlichen<br />

Umgang mit Antibiotika aufklären. Denn jeder kann dazu beitragen, dass<br />

Antibiotika als Wunderwaffe erhalten bleiben. Dazu haben sich in 2001 drei<br />

Gesellschaften zusammengeschlossen: Deutsche<br />

Gesellschaft für Infektiologie e. V. (DGI), Deutsche<br />

Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM)<br />

und Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e.V.<br />

(PEG)<br />

www.zuendstoff-antibiotika-resistenz.de<br />

<strong>explore</strong>: 1/2006 - 35


Milzbrand“, sagt Dr. Weiß. Je besser die Forscher den<br />

Strategien der Keime auf die Schliche kommen, desto wirkungsvoller<br />

kann das Wissen bei Medikamenten einfließen.<br />

„Auch wenn Antibiotika in einigen Fällen durch die listige<br />

Gegenwehr mancher Bakterien versagen“, so bleiben die<br />

Wissenschaftler wie etwa die von Zündstoff zuversichtlich;<br />

„denn richtig und gezielt angewandt sind sie immer noch<br />

eine Wunderwaffe.“<br />

36 - <strong>explore</strong>: 1/2006<br />

<strong>explore</strong>: INTERVIEW<br />

Karies-Erreger auf heimlicher<br />

Wanderschaft<br />

Im Mund des Menschen leben<br />

mehrere hundert Arten von<br />

Bakterien. Gut zwei Dutzend gehören<br />

zur Gattung Streptococcus,<br />

von denen einige Karies auslösen<br />

können. Doch weitaus schlimmer<br />

ist es, wenn die Erreger in den Körper wandern.<br />

Professor Singh Chhatwal, Leiter der Abteilung<br />

Mikrobielle Pathogenität der Gesellschaft für<br />

Biotechnologische Forschung, nimmt die Winzlinge<br />

genau unter die Lupe:<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Wann können Karies-Erreger gefährlich werden?<br />

Professor Singh Chhatwal:<br />

Nach heutigen Erkenntnissen können Bakterien wie Oral-<br />

Streptokokken bei immungeschwächten Personen eine<br />

Gefahr darstellen zum Beispiel bei Kindern mit Leukämie.<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Wie gelangen die Keime in die Blutbahn, und was können<br />

Sie auslösen?<br />

Professor Singh Chhatwal:<br />

Bereits durch oberflächliche Verletzungen im Mundraum<br />

oder durch Ziehen von Zähnen gelangen sie ins Blut und<br />

können sich an Gewebe des Herzens und der Blutgefäße<br />

anlagern und dort zu irreversiblen Schäden führen.<br />

Besonders gefährdet sind dabei die Herzklappen. Aber die<br />

Mechanismen sind noch weitestgehend unbekannt.<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Was wollen Sie durch Ihre Forschung herausfinden?<br />

Professor Singh Chhatwal:<br />

Wir wollen verstehen, wie Bakterien etwa Oral-<br />

Streptokokken die für sie unwirtlichen Bedingungen im Blut<br />

überleben, wie sie am Ort der Infektion anhaften und ihn<br />

besiedeln und dabei das Gewebe schädigen. Am meisten<br />

interessiert uns aber, wie relativ harmlose Bewohner unserer<br />

Mundhöhle gefährliche Krankheiten in anderen<br />

Körpernischen verursachen können. Damit wollen wir eine<br />

Basis schaffen, um diagnostische, präventive und therapeutische<br />

Maßnahmen entwickeln zu können.<br />

FORSCHUNG Kampf gegen Winzlinge<br />

Forscher studieren genau Verhalten und Strategien von Bakterien, um<br />

mit neuen Wirkstoffen ihre Gegenwehr zu überlisten.<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

Antibiotika immer wieder neu entdecken?<br />

Bakterien oder Pilze scheiden bei ihrem Stoffwechsel Gifte aus, die<br />

andere Mikroorganismen töten oder am Wachsen hindern können –<br />

daraus werden Antibiotika gewonnen. Seit Alexander Fleming 1928<br />

das Antibiotikum Penicillin praktisch per Zufall entdeckte, als seine<br />

Laborkolonie Staphylokokken vom Schimmelpilz Penicilinum notatum<br />

befallen war, fanden und entwickelten im Laufe der Jahrzehnte<br />

Forscher weitere Substanzen, die entsprechend ihrer chemischen<br />

Struktur in Klassen unterteilt sind wie etwa die erwähnten Makrolide.<br />

Heute kenne man etwa 8.000 antibiotische Wirkstoffe plus weitere<br />

3.000 aus anderen Organismengruppen wie Flechten, Algen und<br />

anderen Pflanzen. Jährlich kämen schätzungsweise 300 Verbindungen<br />

hinzu, schreibt Dr. Katharina Stroh vom Bayerischen Landesamt für<br />

Umweltschutz in einer Fachinformation. Erst vor kurzem berichtete die<br />

Ärztezeitung online, dass Wissenschaftler ein neues Antibiotikum<br />

Plectasin entdeckt hätten, das aus einem Pilz stamme, der in<br />

Kiefernwäldern Nordeuropas wachse. Es soll selbst resistenten<br />

Bakterien Paroli bieten können. Von der riesigen Zahl an Wirkstoffen<br />

werden nur wenige kommerziell genutzt, und außerdem werden viele<br />

auf semisynthetischem oder rein synthetischem Weg hergestellt. Einige<br />

Antibiotika wirken gegen ein weites Spektrum von Erregern, andere<br />

hingegen nur gezielt gegen eine Art oder wenige Arten.<br />

Bakterien versus Viren: Wer ist der Klügere?<br />

Bakterien sind einzellige Mikroorganismen, die einen eigenen<br />

Stoffwechsel haben und sich selbst fortpflanzen. Ihre Gestalt kann<br />

kugelig, stäbchen- oder schraubenförmig sein. Sie werden zudem<br />

nach ihrem biochemischen Verhalten und ihrer Struktur klassifiziert. Im<br />

Gegensatz zu Bakterien bestehen Viren entweder nur aus DNA- oder<br />

RNS- Erbgut und Proteinen. Sie können sich nicht selbst fortpflanzen,<br />

dazu benötigen sie eine Wirtszelle (von Tier, Mensch, Pflanze oder<br />

Bakterium), die sie veranlasst, neue Viren zu bilden. „Wären Viren in der<br />

Lage, sich beispielsweise durch Proteinsynthese selbstständig fortzupflanzen,<br />

hätte man hier, wie im Fall der Bakterien, die Möglichkeit,<br />

diesen Eiweißaufbau zu unterbinden und damit die Vermehrung zu<br />

stoppen“, so Dr. Michael Kresken, Sprecher der Initiative Zündstoff.


Kampf gegen Winzlinge FORSCHUNG<br />

Nobelpreisgekrönte Entdeckung: Magenkeim Helicobacter pylori<br />

Von Dr. Joachim Czichos<br />

Stress und ungesunde Ernährung galten früher als Ursache<br />

der „Managerkrankheit“ Magengeschwür. Heute kennen<br />

wir den wahren Schuldigen: Für die meisten Krankheitsfälle<br />

ist Helicobacter pylori verantwortlich, ein spiraliges,<br />

durch Geißeln bewegliches Bakterium, das in<br />

der Magenschleimhaut lebt. Für diese Entdeckung<br />

erhielten die beiden australischen Mediziner<br />

Robin Warren und Barry Marshall im vergangenen<br />

Jahr den Nobelpreis für Medizin. Um die<br />

zweifelnden Kollegen zu überzeugen,<br />

hatte Marshall sogar einen Selbstversuch<br />

unternommen. Er schluckte eine<br />

Suspension der Bakterien und erkrankte<br />

nach einer Woche an einer schweren<br />

Gastritis, der Vorstufe zum Magengeschwür.<br />

Nachdem es den Forschern 1982 erstmals gelungen war,<br />

den Magenkeim im Labor anzuzüchten, fanden sie auch<br />

geeignete Antibiotika, um den Erreger abzutöten. Davon<br />

profitieren heute alle Betroffenen: Mit zwei gleichzeitig verabreichten<br />

Antibiotika und einem Säurehemmer ist eine<br />

Heilung in 90 Prozent der Fälle möglich. Allerdings nimmt<br />

die Häufigkeit resistenter Erreger zu.<br />

Weltweit ist jeder zweite Mensch mit dem Magenkeim infiziert.<br />

In den Industrieländern sind es zwar deutlich weniger,<br />

in den Entwicklungsländern aber bis zu 100 Prozent. Meist<br />

überträgt die Mutter die Bakterien von Mund zu Mund oder<br />

über fäkale Verunreinigungen auf das Kind. Aber warum<br />

wird nur jeder fünfte Infizierte krank? Das liegt unter anderem<br />

daran, dass es harmlose und aggressive Varianten des<br />

Impressum:<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Kundenmagazin der<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> <strong>Gruppe</strong><br />

Verlag und Herausgeber:<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> AG,<br />

Am <strong>TÜV</strong> 1, 30519 Hannover<br />

www.tuev-nord.de/<strong>explore</strong><br />

<strong>explore</strong>@tuev-nord.de<br />

Erscheinungsweise:<br />

viermal jährlich<br />

Redaktion:<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> AG<br />

Konzern-Kommunikation<br />

Jochen May; Svea Büttner (V.i.S.d.P.)<br />

Konzeption und Gestaltung:<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> <strong>Gruppe</strong>, 30519 Hannover<br />

Gestaltung:<br />

MPR Dr. Muth Public Relations GmbH,<br />

20354 Hamburg<br />

Satz, Lithographie & Druck:<br />

diaprint KG, 30952 Ronnenberg-Empelde<br />

Wissenschaftlicher Beirat:<br />

Prof. Dr.-Ing. E.h. Dr. h.c. Eike Lehmann<br />

Prof. Dr. Friedhelm Noack<br />

Prof. Dr. Günter Maaß<br />

Fotos:<br />

Charité - Universitätsmedizin Berlin (S. 39)<br />

Professor Singh Chhatwal (S. 36)<br />

Corbis (Titel, S. 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 10, 12,<br />

18, 31, 38, 39)<br />

Dechema e. V. (S. 26)<br />

Deutsche Messe AG (S. 26)<br />

Bakteriums gibt. Bei den harmlosen Formen stellt sich<br />

sogar die Frage, ob sie, ähnlich wie die Darmbakterien, von<br />

Nutzen sein könnten.<br />

So vermutet der Mikrobiologe Martin Blaser von der New<br />

York University, dass die Infektion mit Helicobacter pylori<br />

eine Überproduktion von Magensäure verhindern und<br />

damit der Entwicklung<br />

von Speiseröhrenkrebs<br />

vorbeugen kann. Für<br />

Bakterien wie hier der Helicobacter<br />

sind winzige einzellige Organismen<br />

mit eigenem Stoffwechsel. Sie kommen<br />

in unterschiedlicher Gestalt vor:<br />

kugelig, stäbchen- oder schraubenförmig.<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

die Mehrzahl der<br />

Mediziner wiegt es aber<br />

schwerer, dass der<br />

Magenkeim das Risiko<br />

von Gastritis, Zwölffingerdarm-<br />

und Magengeschwüren<br />

sowie von<br />

Magenkrebs erhöht. Sie<br />

befürworten daher die Entwicklung eines Impfstoffs. Erste<br />

Studien mit einer Schluckimpfung sind bereits viel versprechend<br />

verlaufen.<br />

LINKS:<br />

Über Helicobacter pylori:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Helicobacter_pylori<br />

Nationales Referenzzentrum für Helicobacter:<br />

www.ukl.uni-freiburg.de/microbio/nrz-helico<br />

Steffen Faust (3, 17, 28, 34)<br />

Forum Besser Hoeren (S. 32)<br />

Getty images (S. 2, 7, 9, 14, 40)<br />

Hamburg Messe und Congress GmbH ( S. 26)<br />

www.hpylori.com.au (S. 37)<br />

Initiative Zündstoff Antibiotika Resistenz (S. 35, 36)<br />

Jürgen Klemme (S. 7, 12, 15)<br />

Messe Berlin (S. 26)<br />

Picture Alliance (S. 33, 35)<br />

Udo Pollmer (S. 13)<br />

Pro Carton (S. 30, 31)<br />

<strong>TÜV</strong> <strong>NORD</strong> <strong>Gruppe</strong> (S. 2, 3, 19, 20, 21, 22, 23,<br />

24, 25 ,26, 29, 30, 31)<br />

Dr. Heiner Wolfes (S. 15)<br />

Nachdruck, auch auszugsweise, nur<br />

mit schriftlicher Genehmigung des<br />

Herausgebers.<br />

Leserbriefe sind herzlich willkommen.<br />

<strong>explore</strong>: 1/2006 - 37


Freispruch für<br />

38 - <strong>explore</strong> 1/2006<br />

Bewegungsmuffel?<br />

Gibt es begründete Argumente sich lieber zu<br />

gebärden wie ein Faultier als wie ein Maultier?<br />

FORSCHUNG Freispruch für Bewegungsmuffel?<br />

Von Prof. Dr. Thomas J. Schult<br />

Was nicht benutzt wird, ver-<br />

schleißt auch nicht: Das gilt<br />

für Zahnbürsten wie für<br />

Autos. Wenn es auch für den<br />

menschlichen Körper gilt,<br />

sind die Bewegungsmuffel<br />

fein raus – sie verfetten viel-<br />

leicht eher, halten aber ihren<br />

Bewegungsapparat intakt.<br />

Oder doch nicht?


Freispruch für Bewegungsmuffel? FORSCHUNG<br />

Maßvoller Sport sorgt nicht nur für Kondition, sondern hält auch den<br />

Bewegungsapparat intakt.<br />

Wer in einer Dienstleistungsgesellschaft<br />

lebt und zu dem wachsenden<br />

Anteil der Informationsarbeiter gehört,<br />

fordert seinen Körper kaum noch:<br />

Maschinen nehmen ihm die Anstrengung<br />

der Fortbewegung ab und<br />

unterstützen ihn mittelbar oder unmittelbar<br />

dabei, Nahrung zu beschaffen,<br />

eine Partnerin zu finden, das<br />

Autofenster zu öffnen oder den Rasen<br />

zu mähen.<br />

Gesund leben trotz Büro-Job<br />

Wer im Beruf am Schreibtisch sitzt und<br />

sich auch in seiner Freizeit wenig<br />

bewegt, riskiert typische Zivilisationskrankheiten;<br />

gerade das Herz-Kreislauf-System<br />

leidet unter dem Mangel<br />

an körperlicher Anstrengung. Aber<br />

was ist mit dem Bewegungsapparat:<br />

Profitiert er von einem Leben im<br />

Ohrensessel? Schonen die Bewegungsmuffel<br />

ihre Knochen, Knorpel,<br />

Gelenke und Muskeln, vermeiden sie<br />

körperlichen Verschleiß und Verfall?<br />

Zumindest starke Bewegungsarmut<br />

stellt eine Gefahr für den Körper dar.<br />

Forscher am Zentrum für Muskel- und<br />

Knochenforschung der Berliner Charité<br />

untersuchten in ihrer BedRest-<br />

Studie den Extremfall: Was passiert,<br />

wenn ein Mensch acht Wochen lang<br />

im Bett liegt, ohne es zu verlassen? An<br />

den Beinen verloren die Probanden in<br />

dieser Zeit im Schnitt knapp ein Fünftel<br />

ihrer Muskelkraft und als Folge sogar<br />

knapp fünf Prozent ihrer Knochenmasse.<br />

Die Studie diente übrigens der<br />

Vorbereitung einer künftigen europäischen<br />

Mars-Mission und belegte die<br />

Möglichkeit, durch Vibrationsgeräte<br />

den Muskelschwund der Patienten zu<br />

stoppen – später soll dies den<br />

Astronauten helfen.<br />

Doch Bewegungsmuffel liegen ja nicht<br />

nur im Bett. Zwischendurch holen sie<br />

sich Bier aus dem Kühlschrank und<br />

Zigaretten von der Tankstelle, was der<br />

Astronaut nicht kann. Ist der Bewegungsmuffel<br />

damit zumindest vor<br />

Arthrose gefeit, der neben Osteoporose,<br />

dem Knochenschwund, und<br />

Tendopathie, einer mechanischen<br />

Irritation der Sehnen, häufigsten<br />

Krankheit des Bewegungsapparates?<br />

Arthrose entsteht, wenn Gelenke<br />

durch einseitige Beanspruchung verschleißen.<br />

Sie plagt jeden vierten<br />

Bundesbürger durch chronische<br />

Schmerzen etwa in Knien oder in<br />

Hüftgelenken.<br />

Tipp: Maßvoller Sport<br />

„Faulheit schützt vor Arthrose“, sagt<br />

sogar Dr. Martin Runge, Medizinischer<br />

Direktor einer geriatrischen Klinik und<br />

Leiter des anderen deutschen Zentrums<br />

für Muskel- und Knochenforschung<br />

in Esslingen. Doch er sieht<br />

gleichzeitig neue Risiken entstehen:<br />

Was kaum bewegt wird, degeneriert.<br />

Das unterscheidet den menschlichen<br />

Mit dem „Galileo-Space“ wird ein Vibrations-Muskeltraining unter physiologisch<br />

simulierter Schwerelosigkeit vorgenommen.<br />

Körper von vielen technischen Artefakten,<br />

bei denen ein schonender<br />

Gebrauch die Lebensdauer verlängert.<br />

Nicht nur den Bettlägerigen, auch<br />

schon den Bewegungsmuffeln droht<br />

dann die zweite Volkskrankheit des<br />

Bewegungsapparates: die Osteoporose.<br />

Sie haben wenig Muskeln und<br />

als Folge eine geringe Knochenmasse.<br />

Dadurch sind die Knochen weniger<br />

biegsam, können selbst bei einer alltäglichen<br />

Belastung brechen, auch<br />

chronische Schmerzen drohen. Sechs<br />

Millionen Deutsche leiden darunter;<br />

jede dritte Frau nach den Wechseljahren<br />

trifft es.<br />

Faulheit taugt also nicht zur<br />

Prävention. Wer zehn Stunden pro Tag<br />

auf dem Bau mauert, bekommt zwar<br />

eher Arthrose; die lässt sich jedoch<br />

auch schon vermeiden, wenn die<br />

Bewegung nicht so einseitig ist – tatsächlich<br />

schützt auch maßvoller Sport<br />

vor Arthrose. Bewegungsmuffel verlassen<br />

dagegen spätestens im Alter die<br />

Sitzecke und suchen mit krummem<br />

Rücken und chronischen Schmerzen<br />

einen Arzt auf.<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

LINKS<br />

Gesundheitsberichterstattung des Bundes:<br />

www.rki.de<br />

ZMK Berlin: www.charite.de/zmk<br />

<strong>explore</strong> 1/2006 - 39


...einfach mal entspannen

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