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DSW-Vorstandsvergütungsstudie - TUM

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1<br />

Pressekonferenz der <strong>DSW</strong><br />

(Deutsche Schutzvereinigung für<br />

Wertpapierbesitz e.V.) am<br />

31. Juli 2012 in Frankfurt/Main<br />

<strong>DSW</strong>-<strong>Vorstandsvergütungsstudie</strong><br />

Teilnehmer:<br />

Professor Dr. Gunther Friedl,<br />

Technische Universität München,<br />

Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre und Controlling<br />

Ulrich Hocker, <strong>DSW</strong>-Präsident<br />

Christiane Hölz, <strong>DSW</strong>-Landesgeschäftsführerin für NRW<br />

Jürgen Kurz, <strong>DSW</strong>-Pressesprecher<br />

Es gilt das gesprochene Wort<br />

(Redner: Ulrich Hocker)<br />

Meine Damen und Herren,<br />

die Vergütung der Vorstände deutscher<br />

Aktiengesellschaften erhitzt jedes Jahr aufs Neue die<br />

Gemüter der Öffentlichkeit. Vor zehn Jahren, als die<br />

<strong>DSW</strong> zum ersten Mal die <strong>Vorstandsvergütungsstudie</strong><br />

veröffentlichte – und damit den Transparenzdruck auf die<br />

Unternehmen massiv erhöhte – lag die Deutsche Bank<br />

mit einer durchschnittlichen Vergütung von 5,3 Millionen<br />

Euro pro Vorstand mit großem Abstand an erster Stelle<br />

im DAX. An Position zwei lag damals mit knapp 2,2<br />

Millionen Euro die Deutsche Telekom, gefolgt von<br />

Volkswagen, deren Manager im Schnitt etwas über 2,1<br />

Millionen Euro erhielten. Der Gesamtdurchschnitt der<br />

Vergütung pro Vorstand betrug bei den 30 Gesellschaften<br />

1,39 Millionen Euro. Bei neun Unternehmen erhielten die<br />

Vorstände im Schnitt weniger als eine Million Euro.<br />

Aktuell liegen mit Beiersdorf und der Commerzbank<br />

noch zwei DAX-Gesellschaften unter dieser Marke.


Da nur die wenigsten Unternehmen in ihren<br />

Geschäftsberichten die Gehälter ihrer obersten Manager<br />

individualisiert auswiesen, war eine Unterscheidung nach<br />

Vorstandsvorsitzenden und normalen<br />

Vorstandsmitgliedern damals schlicht nicht möglich –<br />

entsprechend waren die in der Regel höheren Gehälter<br />

der Vorstandsvorsitzenden in den genannten Zahlen<br />

enthalten.<br />

In der diesjährigen Studie, die die <strong>DSW</strong> wieder in<br />

Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für<br />

Betriebswirtschaftslehre und Controlling der Technischen<br />

Universität München erstellt hat, zahlte der Spitzenreiter<br />

Volkswagen für das Geschäftsjahr 2011 pro Vorstand im<br />

Schnitt 8,4 Millionen Euro. Die Deutsche Bank kommt<br />

als Zweitplatzierter auf einen Durchschnittswert von<br />

knapp 5,9 Millionen Euro. Der Softwarekonzern SAP<br />

überwies seinen Vorständen jeweils rund 4,7 Millionen<br />

Euro. Wie schon für das Geschäftsjahr 2001 sind die<br />

Gehälter der Vorstandsvorsitzenden in diese Zahlen<br />

eingerechnet. Die 30 DAX-Gesellschaften überwiesen<br />

ihrem Spitzenpersonal pro Kopf durchschnittlich gut 3,14<br />

Millionen Euro. Das entspricht gegenüber den Zahlen für<br />

das Geschäftsjahr 2001 einem Plus von 126 Prozent.<br />

Im gleichen Zeitraum stiegen allerdings auch die<br />

Dividenden der DAX-Unternehmen deutlich an. Die<br />

Gewinnausschüttung der 30 größten deutschen<br />

Aktiengesellschaften lag bei rund 10,4 Milliarden Euro.<br />

Für das Geschäftsjahr 2011 flossen den Aktionären gut<br />

28 Milliarden Euro zu. Das macht ein Plus von fast 170<br />

Prozent. Deutlich weniger Freude machte den<br />

Anteilseignern dagegen der Kursverlauf. Der DAX legte<br />

von Anfang 2002 bis Ende 2011 gerade einmal um<br />

magere 14 Prozent von 5155 auf 5900 Punkte zu.<br />

Die Zahlen belegen, dass den Steigerungen der Gehälter<br />

insgesamt durchaus auch ein Gewinnwachstum<br />

gegenübersteht. Gerade im vergangenen Jahr waren die<br />

Bilanzen vieler deutscher Unternehmen geradezu<br />

„goldgerändert“. Das teilweise deutliche Gehaltsplus<br />

einzelner Gesellschaften verwundert da aufgrund der<br />

variablen Vergütungsbestandteile nicht. Dass die<br />

Vorstände sich über ein Plus von fast 8 Prozent freuen<br />

konnten, während die Aktionäre sich mit 5,1 Prozent bei<br />

den Dividenden begnügen mussten, ist allerdings<br />

durchaus ein Wermutstropfen.<br />

2


Doch lassen Sie mich, bevor Herr Professor Friedl und<br />

Frau Hölz die Ergebnisse der Studie im Einzelnen<br />

vorstellen, noch einige grundsätzliche Themen<br />

ansprechen:<br />

Immer wieder ist in der Debatte um die Höhe der<br />

Vorstandsgehälter zu hören, dass es nicht nachvollziehbar<br />

sei, wenn Vorstände gewaltige Gehaltssprünge machen,<br />

während die Einkommen der restlichen Angestellten –<br />

wenn überhaupt – nur im unteren einstelligen Bereich<br />

zulegen. Aber Vorstände sind eben nicht nur Angestellte<br />

einer AG. Sie sind zudem Sachwalter des<br />

Aktionärsvermögens. In dieser Position ist es aus Sicht<br />

der Anteilseigner überhaupt keine Frage, dass die<br />

Gehälter einen variablen Anteil haben sollten, dessen<br />

Höhe am Unternehmenserfolg ausgerichtet ist.<br />

Entscheidend dabei sind die zugrundeliegenden<br />

Kennzahlen und die Beweglichkeit in beide Richtungen.<br />

Ob die Kennzahlen richtig gewählt wurden, wird meist<br />

erst in Krisenzeiten wirklich deutlich. Dann zeigt sich, ob<br />

die Vorstandsgehälter bei Gewinnrückgängen oder gar<br />

Verlusten, entsprechend sinken. Im schlimmsten Fall,<br />

sollte ein Rückgang bis auf das vertraglich vereinbarte<br />

Fixum die Regel sein. Hier liegt sicher noch einiges im<br />

Argen. So greifen leider einige Gesellschaften nach wie<br />

vor auf eher kurzfristig orientierte Kennzahlen zurück.<br />

Auch weiche Faktoren wie Mitarbeiter- oder<br />

Kundenzufriedenheit in die Gehaltsentwicklung<br />

einfließen zu lassen, ist aus Sicht der <strong>DSW</strong> wegen des<br />

großen Ermessensspielraums nicht begrüßenswert. Um<br />

Missverständnissen vorzubeugen: Natürlich sind auch<br />

Aktionäre an der Zufriedenheit von Mitarbeitern und<br />

Kunden interessiert. Aber es sollte für Vorstände, die am<br />

nachhaltigen Erfolg des von ihnen geleiteten<br />

Unternehmens interessiert sind, schlicht eine<br />

Selbstverständlichkeit sein, diese Werte im Blick zu<br />

haben. Ein zusätzlicher Bonus ist hierfür aus unserer<br />

Sicht kaum angebracht.<br />

Damit bin ich auch schon bei der absoluten Höhe der<br />

Gehälter angelangt. Ein Thema, das in der Diskussion<br />

rund um die Vergütung von Vorständen regelmäßig den<br />

Spitzenplatz einnimmt. Das war in diesem Jahr nicht<br />

anders. Aus Sicht der <strong>DSW</strong> sollten die Unternehmen<br />

diese gesellschaftliche Diskussion ernst nehmen und<br />

angemessen darauf reagieren. Es kann nicht im Sinne der<br />

Vorstände sein, wenn ihnen Selbstbedienungsmentalität<br />

3


unterstellt wird. Und es kann nicht im Sinne der<br />

Aufsichtsräte sein, die ja für die Festlegung der Gehälter<br />

zuständig sind, wenn der Eindruck entsteht, sie würden<br />

das Geld der Aktionäre mit vollen Händen in die Taschen<br />

der Top-Manager stopfen. Insbesondere, weil dieser<br />

Eindruck objektiv betrachtet, falsch ist.<br />

Als Fazit lässt sich sagen, dass in den letzten zehn Jahren<br />

einiges deutlich besser geworden ist. Dazu hat neben<br />

gesetzlichen Bestimmungen auch der Corporate<br />

Governance Kodex beigetragen. Klar ist allerdings auch:<br />

Es gibt noch immer etliche Baustellen. Deshalb fordert<br />

die <strong>DSW</strong> eine Standardisierung der Darstellung sowohl<br />

der gesamten Vorstandsvergütung als auch der<br />

Pensionszusagen, die ebenfalls einen wichtigen<br />

Gehaltsbestandteil darstellen. Hier bietet sich eine<br />

tabellarische Form an. Damit könnten die Aktionäre nicht<br />

nur schnell und auf einen Blick erkennen, wie hoch die<br />

Gehälter waren und in welchem Verhältnis fixe und<br />

variable Bestandteile zu einander standen. Endlich wäre<br />

auch die Vergleichbarkeit zwischen den Gesellschaften<br />

gegeben, die jetzt nur mit großem Aufwand und<br />

wissenschaftlicher Unterstützung herzustellen ist.<br />

Die <strong>DSW</strong> fordert zudem von den Aufsichtsräten der<br />

Unternehmen, die dies bisher noch nicht umgesetzt<br />

haben, die Einführung eines Caps für die<br />

Vorstandsvergütung. Hier gilt es, Werte festzulegen die<br />

auf die jeweilige Gesellschaft zugeschnitten sind. Ein<br />

gesetzlich festgelegter, einheitlicher Cap ist weder<br />

sinnvoll noch begrüßenswert. Der Aufsichtsrat ist in der<br />

Pflicht, die Grenze in einer Höhe zu setzen, die einerseits<br />

dem Unternehmen angemessenen ist und andererseits den<br />

sozialen Frieden in Deutschland nicht stört.<br />

Wie das Gros der DAX-Gesellschaften zeigt, ist die<br />

Einführung einer Obergrenze für die Vorstandsvergütung<br />

allerdings nur dann etwas wert, wenn sie auch transparent<br />

dargestellt wird. Das war lediglich bei vier Unternehmen<br />

der Fall. Nur wenn die Anteilseigner, um deren Geld es ja<br />

geht, auf einen Blick erkennen können, in welche Höhen<br />

die Vorstandsgehälter im besten Fall steigen können und<br />

welche Erfolge das Management für dieses Best-Case-<br />

Gehalt vorweisen müssen, ist das Ziel erreicht. Doch<br />

davon sind wir noch meilenweit entfernt.<br />

Bevor ich zum Ende komme, noch ein kurzer Exkurs zur<br />

aktuellen Diskussion rund um das Thema Say on Pay –<br />

4


also zur Abstimmung über das jeweilige<br />

Vergütungssystem auf den Hauptversammlungen. Aus<br />

Sicht der <strong>DSW</strong> ist es vor dem Hintergrund des deutschen<br />

two-tier-Systems, also der Trennung von Vorstand und<br />

kontrollierendem Aufsichtsrat, nicht zwingend<br />

notwendig, die „Say on Pay“-Abstimmung für den<br />

Aufsichtsrat bindend zu gestalten. Stimmen die diese<br />

Forderung erheben, kommen nicht zufällig in erster Linie<br />

aus Staaten, die ein einstufiges System haben, wie etwa<br />

Großbritannien oder der Schweiz. Dort wird in einem<br />

Gremium entschieden und kontrolliert. Die Nähe<br />

zwischen Vorständen und Aufsichtsräten ist entsprechend<br />

groß. In Deutschland könnte eine solche<br />

Gesetzesänderung die Rolle des Aufsichtsrats aushöhlen.<br />

Dass „Say-on-Pay“ auch in der aktuellen Ausprägung in<br />

Deutschland funktioniert, hat etwa das Beispiel<br />

HeidelbergCement gezeigt. Über 54 Prozent der<br />

Aktionäre votierten auf der Hauptversammlung 2010<br />

gegen das Vergütungssystem des Unternehmens. Als<br />

Reaktion überarbeitete der Aufsichtsrat das System<br />

komplett.<br />

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

Ich übergebe jetzt das Wort an Herrn Professor Friedl,<br />

der die Untersuchungsergebnisse zur Vorstandsvergütung<br />

der 30 DAX Unternehmen vorstellen wird.<br />

5


(Redner: Professor Dr. Gunther Friedl)<br />

Meine Damen und Herren,<br />

im DAX 30 haben wir im vergangenen Jahr wieder einen<br />

starken Anstieg der Vorstandsgehälter beobachtet. Mit<br />

7,9 Prozent ist das Wachstum zwar gegenüber der<br />

letztjährigen Steigerung von 22 Prozent erheblich<br />

niedriger. Insgesamt zeigt der Trend bei den<br />

Vorstandsgehältern nach wie vor aber deutlich nach<br />

oben. Der Anstieg ist umso bemerkenswerter, als im<br />

letzten Jahr die Aktienkurse mit einem Rückgang von<br />

etwa 15 Prozent empfindlich eingebrochen sind. Mit 3,14<br />

Millionen Euro Gesamtvergütung verdient ein DAX-<br />

Vorstand inzwischen das 54-fache dessen, was ein<br />

durchschnittlicher Angestellter eines DAX-<br />

Unternehmens verdient.<br />

Interessant ist eine Entwicklung, die der Gesetzgeber vor<br />

einigen Jahren aufgegriffen, und die nun in den DAX-<br />

Unternehmen angekommen ist. Der Anteil der<br />

langfristigen Vergütungskomponenten nimmt spürbar zu.<br />

Wenn man auf die Struktur der Vergütung blickt, zeigt<br />

sich, dass nur 28 Prozent der Vergütung fix sind. Die<br />

Hälfte der Vergütung wird als Bonus gewährt, der<br />

inzwischen häufig auf einer mehrjährigen<br />

Bemessungsgrundlage beruht und damit langfristig<br />

orientiert ist. Erfreulich ist, dass die aktienkursbasierten<br />

Vergütungsbestandteile zunehmen, weil diese die<br />

langfristigen Perspektiven der Unternehmen am besten<br />

wiederspiegeln. Dieser Teil der Vergütung ist am<br />

stärksten angestiegen und macht nun fast 22 Prozent der<br />

Gesamtvergütung aus.<br />

Die Transparenz bei der Vorstandsvergütung in den<br />

DAX-Unternehmen ist gut. Mit HeidelbergCement legt<br />

nun auch das letzte Unternehmen seine Vergütung<br />

individualisiert, also für jedes Vorstandsmitglied einzeln<br />

offen. Die Vergütungsberichte werden zunehmend<br />

ausführlicher und verständlicher.<br />

Einzelne Unternehmen, wie beispielsweise MAN,<br />

beschreiben ihre Bonussysteme so ausführlich, dass<br />

Aktionäre und Öffentlichkeit die Funktionsweise gut<br />

nachvollziehen können. Die Vergütungskomponenten<br />

werden verstärkt in übersichtlichen Tabellen dargestellt.<br />

Hier möchte ich ausdrücklich die Deutsche Bank loben,<br />

die damit ihrem Vergütungsbericht einen weiteren<br />

6


Transparenzschub gegeben hat. Viele Unternehmen<br />

können aber gerade bei diesen beiden Punkten noch<br />

nachlegen.<br />

Nachlegen können die Unternehmen auch bei den<br />

Zahlungen, die nach dem Ausscheiden von<br />

Vorstandsmitgliedern geleistet werden. Hier haben wir<br />

manchmal den Eindruck gewonnen, dass Unternehmen<br />

auf eine ausführliche Erläuterung dieser Zahlen bewusst<br />

verzichten.<br />

Eine wichtige Verbesserungsmaßnahme betrifft die<br />

mehrjährigen Boni. Hier zeigt sich, dass sich zwei völlig<br />

unterschiedliche Darstellungsweisen herausgebildet<br />

haben. Ein Teil der Unternehmen weist die tatsächlichen<br />

Zahlungen an ihre Vorstände aus. Ein anderer Teil<br />

dagegen stellt die Rückstellungen für diese Zahlungen<br />

dar, auch wenn sie im aktuellen Jahr noch gar nicht zur<br />

Auszahlung kommen. Damit ergibt sich ein<br />

uneinheitliches Bild, und die Boni lassen sich damit<br />

kaum vergleichen. Wir plädieren für eine einheitliche<br />

Darstellung.<br />

Eine weitere Verbesserung ist bei den Angaben zu den<br />

Ruhegehältern notwendig. Inzwischen kann man sich<br />

zwar ein ungefähres Bild von den tatsächlichen<br />

Pensionszusagen machen, allerdings wäre auch hier eine<br />

einheitliche Darstellung hilfreich. Auf Basis der Angaben<br />

in den Berichten haben wir für die Vorstandsvorsitzenden<br />

im DAX eine jährliche Pension in Höhe von 638 Tausend<br />

Euro ermittelt, allerdings bei beträchtlichen<br />

Abweichungen nach oben und unten.<br />

Lassen Sie mich nun zu einigen interessanten<br />

Einzelergebnissen unserer Studie kommen. Der<br />

Bestverdiener unter den Vorstandsvorsitzenden im DAX<br />

war wie schon im Vorjahr Martin Winterkorn von<br />

Volkswagen mit einer Gesamtvergütung von immerhin<br />

16,6 Millionen Euro. Auch auf Platz zwei gibt es keine<br />

Veränderung. Diesen belegt Josef Ackermann von der<br />

Deutschen Bank mit 9,5 Millionen Euro. Auf Platz 3<br />

konnte sich mit Dieter Zetsche von Daimler ein weiterer<br />

Automobilmanager vorschieben, der auf 8,8 Millionen<br />

Euro Gehalt kam. Schlusslicht ist wie schon in den<br />

Vorjahren Martin Blessing von der Commerzbank, der<br />

als einziger unter der Millionengrenze bleibt. Im Schnitt<br />

erhielten die Vorstandsvorsitzenden der DAX-<br />

Unternehmen 5,1 Millionen Euro.<br />

7


Interessant ist auch ein Blick auf das Wachstum der<br />

Vergütung gegenüber dem Vorjahr. So haben sich die<br />

Bezüge bei Infineon und K+S mehr als verdoppelt.<br />

Dagegen gingen die Gehälter für die Vorstände bei Metro<br />

und MAN um jeweils ein knappes Drittel zurück. Das<br />

zeigt, dass Vorstandsgehälter im Einzelfall erheblich<br />

schwanken können.<br />

Interessant ist die Entwicklung bei einzelnen<br />

Unternehmen. So sticht die Deutsche Lufthansa mit<br />

einem Anstieg der fixen Vergütung um über 40 Prozent<br />

heraus, der höchste Wert im DAX. Dieser Anstieg<br />

kompensiert damit zum Teil die erheblichen Rückgänge<br />

bei den variablen Vergütungskomponenten, die auf die<br />

schwache Performance des Unternehmens<br />

zurückzuführen sind. Auch wenn es im Einzelfall für den<br />

Anstieg des Festgehalts einen guten Grund geben mag,<br />

wird damit die Anreizwirkung der Vergütung<br />

ausgehebelt. Nach außen sendet das Unternehmen<br />

dadurch jedenfalls kein gutes Signal.<br />

Meine Damen und Herren,<br />

die Höhe der Vorstandsvergütung wird seit vielen Jahren<br />

nicht nur in Deutschland kontrovers diskutiert. Die<br />

Intensität dieser Debatte ist zumindest in Deutschland<br />

nicht über die wirtschaftliche Bedeutung der Gehälter zu<br />

rechtfertigen. Denn sowohl im Vergleich zu den<br />

Gewinnen als auch im Vergleich zu den gesamten<br />

Personalaufwendungen spielen die Vorstandsgehälter<br />

eine fast verschwindende Rolle. Im DAX machen sie<br />

beispielsweise nur 0,33 Prozent der gesamten<br />

Personalaufwendungen aus.<br />

Trotzdem bin ich der Meinung, dass Aufsichtsräte diese<br />

Debatte ernst nehmen und daraus die richtigen Schlüsse<br />

ziehen müssen. Die Vergütung muss wettbewerbsfähig<br />

sein und die richtigen Anreize setzen, darf aber auch das<br />

Gerechtigkeitsgefühl der Öffentlichkeit nicht verletzen.<br />

Freiwillige Obergrenzen bei der Vergütung genauso wie<br />

die Begrenzung von Einmalzahlungen beim Ausscheiden<br />

können dazu meines Erachtens einen wichtigen Beitrag<br />

leisten. Die Verantwortung dafür muss allerdings<br />

weiterhin bei den Aufsichtsräten liegen. Der Gesetzgeber<br />

wäre schlecht beraten, den gewählten<br />

Aufsichtsratsmitgliedern diese Verantwortung durch ein<br />

Übermaß an Regulierung aus der Hand zu nehmen.<br />

8


(Rednerin: Christiane Hölz)<br />

Vielen Dank, Herr Professor Friedl,<br />

nachdem wir nun gehört haben, wie die Vorstände der<br />

dreißig deutschen Topunternehmen vergütet werden,<br />

lassen Sie uns noch einen Blick auf das Standing der<br />

Top-Manager im internationalen Vergleich werfen. Eins<br />

kann ich schon vorwegnehmen: Schlecht schneiden die<br />

deutschen Vorstandsvorsitzenden dabei nicht ab. Ihre<br />

Vergütung liegt mit den 5,1 Millionen Euro im oberen<br />

Bereich. Die im französischen CAC40-Index enthaltenen<br />

Konzerne zahlten ihren Chefs im Schnitt 3,4 Millionen<br />

Euro. In der Schweiz erhielten die Vorstandsvorsitzenden<br />

der 20 im SMI zusammengefassten Unternehmen knapp<br />

4,9 Millionen Euro.<br />

Von US-amerikanischen Verhältnissen sind aber auch die<br />

Deutschen noch weit entfernt. Hier lag die<br />

durchschnittliche Vergütung der Vorsitzenden der im<br />

Dow Jones Industrial Average (DJIA)<br />

zusammengefassten Gesellschaften bei 12,1 Millionen<br />

Euro pro Kopf und Jahr. Die Einkommen der Chefs von<br />

im NASDAQ notierten Gesellschaften sind in diesem<br />

Wert nicht einmal enthalten. So etwa Apple-Chef Tim<br />

Cook, der rund 271,5 Millionen Euro erhalten hat, oder<br />

Lawrence Ellison von Oracle mit 55,7 Millionen Euro,<br />

um nur zwei zu nennen.<br />

Bei dem Vergleich sollte aber nicht unerwähnt bleiben,<br />

dass die Vergütungssysteme sehr unterschiedlich sind. So<br />

hat die Barvergütung in Deutschland einen deutlich<br />

höheren Stellenwert. Hierzulande werden etwa 53<br />

Prozent der Gesamtvergütung als Barvergütung gewährt.<br />

In Frankreich sind es rund 39 Prozent, in den USA liegt<br />

die Barquote bei 26 Prozent und in der Schweiz gar nur<br />

bei 19 Prozent.<br />

Betrachtet man ausschließlich die Barkomponenten, und<br />

damit nur die Komponenten, die der Vorstand tatsächlich<br />

ausgezahlt bekommt, zeigt sich, dass amerikanische<br />

Unternehmenslenker ungefähr auf Höhe des deutschen<br />

Niveaus liegen. Denn der Großteil der Vergütung in den<br />

USA – immerhin rund 7,7 Millionen Euro – besteht aus<br />

aktienbasierten Vergütungselementen. Die Höhe der<br />

Barvergütung beträgt in den USA im Schnitt 4,5<br />

Millionen Euro. In Deutschland liegt dieser Wert bereits<br />

bei 4,1 Millionen Euro.<br />

9


Auch wenn die deutschen Gesellschaften bei der<br />

Vergütung in der europäischen Spitzengruppe sind, ist<br />

das bei der Transparenz noch lange nicht der Fall. Mit<br />

den Berichten US-amerikanischer oder französischer<br />

Unternehmen können die deutschen AGs nicht mithalten.<br />

Dort haben die Börsenaufsichten SEC und AMF konkrete<br />

Vorgaben zur Darstellung der Vergütung gemacht. In der<br />

Schweiz hat die Aufsichtsbehörde SIX Exchange<br />

Regulation erst kürzlich mitgeteilt, dass sie bei den<br />

Geschäftsberichten 2012 insbesondere darauf achten<br />

wird, ob die Vergütungselemente in nachvollziehbarer<br />

Weise dargestellt werden.<br />

Ganz ähnlich sieht es beim Thema Cap aus, also der<br />

Begrenzung der Managergehälter nach oben. Auch hier<br />

sind andere Länder ein gutes Stück weiter. So wird in<br />

Großbritannien die potenzielle maximale variable<br />

Vergütung in der Regel im Verhältnis zum<br />

veröffentlichten Grundgehalt angegeben und oftmals<br />

auch grafisch unterlegt. Diskutiert wird dort, ob nicht<br />

zwingend die Veröffentlichung der potenziellen<br />

Maximalvergütung in einer einzigen Zahl erfolgen sollte.<br />

In diesem Jahr haben wir – zunächst für die DAX30-<br />

Unternehmen – erstmalig die Geschäftsberichte mit Blick<br />

auf die potenzielle Maximalvergütung der<br />

Vorstandsvorsitzenden untersucht. Ohne diese<br />

Information ist es faktisch unmöglich, die<br />

Angemessenheit der vom Aufsichtsrat gewährten<br />

Vergütung vollständig zu beurteilen. Bei 28 der 30 Dax-<br />

Unternehmen wird ein solcher Cap im Geschäftsbericht<br />

erwähnt. Lediglich Merck und Volkswagen machen dazu<br />

keine Angaben. Merck hat aber mittlerweile einen Cap<br />

eingeführt.<br />

Die Berechnung der Gehaltsgrenze ist in vielen Fällen<br />

trotz der gemachten Angaben nicht oder nur sehr schwer<br />

möglich. Lediglich Allianz, Deutsche Post, Münchener<br />

Rück und Siemens können wir hier eine gute Transparenz<br />

bei den Angaben bescheinigen. Bei 19 Gesellschaften<br />

war es dagegen unmöglich, die potenzielle<br />

Maximalvergütung der Vorsitzenden zu berechnen. Bei<br />

sechs Unternehmen konnten mithilfe verschiedener<br />

Annahmen Näherungswerte ermittelt werden. Die<br />

Commerzbank haben wir – wegen des SoFFin-Caps – bei<br />

der Analyse außen vor gelassen. Bei den 10<br />

Unternehmen, bei denen eine Berechnung möglich war,<br />

10


zeigt sich, dass die Grenze für die einzelnen<br />

Vergütungskomponenten in der Regel zwischen 150<br />

Prozent und 250 Prozent der jeweils vereinbarten<br />

Zielvergütung liegt.<br />

Als Fazit lässt sich festhalten, dass noch immenser<br />

Nachholbedarf in der Darstellung besteht.<br />

Lassen Sie mich nun zu den MDAX-Unternehmen<br />

kommen. Insgesamt wird die Vorstandsvergütung hier<br />

wie auch im Vorjahr weniger transparent dargestellt als<br />

im DAX. Die Anzahl der Unternehmen, die ihre<br />

Vorstandsvergütung nicht individualisiert offenlegen, hat<br />

sich auf 11 (Vorjahr: 13 Unternehmen) verringert. Zum<br />

einen weisen Celesio, die Hannover Rückversicherung<br />

und Kabel Deutschland ihre Vergütung in 2011 nun<br />

individualisiert aus. Zum anderen hat sich aber GSW<br />

Immobilien, einer der MDAX-Neulinge, durch Opting<br />

Out vom individualisierten Ausweis befreit.<br />

Die durchschnittliche Gesamtvergütung eines<br />

Vorstandsmitglieds (inkl. Vorsitzende) lag im MDAX bei<br />

1,617 Millionen Euro und damit deutlich niedriger als bei<br />

den DAX-Unternehmen. Die Bandbreite reicht von knapp<br />

4,3 Millionen Euro bei Axel Springer bis zu 0,6<br />

Millionen Euro bei der Deutsche Euro Shop AG. Im<br />

Vergleich zum Vorjahr ist die Vorstandsvergütung um<br />

durchschnittlich 1,74 Prozent gesunken. Dennoch<br />

vergüten nur noch 10 Unternehmen im MDAX ihre<br />

Vorstände im Schnitt mit weniger als 1,0 Millionen Euro.<br />

Mit rund 410 Prozent legte die durchschnittliche<br />

Gesamtvergütung der Aareal Bank besonders deutlich zu.<br />

Hier schlägt das Ende des SoFFin-Cap voll durch. Auch<br />

der MDAX-Neuling Dürr konnte mit 108 Prozent einen<br />

starken Anstieg verzeichnen, der in erster Linie auf die<br />

aktienkursbasierte Vergütung zurückzuführen ist.<br />

Die Vorsitzenden der MDAX-Vorstände verdienten im<br />

Durchschnitt gut 2,3 Millionen Euro. Spitzenreiter der<br />

Gehaltstabelle ist mit einem geschätzten Jahressalär von<br />

6,3 Millionen Euro erneut der Springer-Chef Mathias<br />

Döpfner. Im DAX hätte er damit immerhin Platz 8 belegt.<br />

Da die Axel Springer AG zu den Unternehmen gehört,<br />

die die Vorstandsvergütung nicht individualisiert<br />

offenlegen, sind wir von einem Verhältnis der Vergütung<br />

des Vorstandsvorsitzenden zu den restlichen<br />

Vorstandsmitgliedern von 1,74 zu 1 ausgegangen. Das<br />

11


entspricht der im MDAX üblichen Spreizung der<br />

Gehälter. Den zweiten Rang nimmt Louis Gallois, Ex-<br />

Chef von EADS, mit einem Gehalt von knapp 4,2<br />

Millionen Euro ein. Platz drei belegt Gerry Weber-Chef<br />

Gerhard Weber mit einem Gehalt von ebenfalls knapp 4,2<br />

Millionen Euro.<br />

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

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