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Die Conti-Schaeffler-Saga: Alles wird gut - Reifenpresse.de

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Neue Reifenzeitung 2/2011<br />

Maria-Elisabeth <strong>Schaeffler</strong><br />

Ihr Verstand habe nach <strong>de</strong>r Lehman-Pleite kurzzeitig ausgesetzt. Inzwischen<br />

aber sieht die Firmenpatriarchin die Attacke auf <strong>Conti</strong>nental „als<br />

eine Frage <strong>de</strong>r Vernunft, <strong>de</strong>r Zukunftsorientierung“<br />

14<br />

<strong>Die</strong> <strong>Conti</strong>-<strong>Schaeffler</strong>-<strong>Saga</strong><br />

<strong>Alles</strong> <strong>wird</strong> <strong>gut</strong> – hoffentlich<br />

plus <strong>de</strong>r<br />

<strong>Conti</strong>nental-Aktien<br />

waren angepeilt.<br />

Sollten es mehr<br />

als 50 Prozent<br />

wer<strong>de</strong>n, stan<strong>de</strong>n<br />

40Prozent<br />

Treuhän<strong>de</strong>r bereit,<br />

um alle <strong>de</strong>m Unternehmen über die 50-Prozent-<br />

Schwelle hinaus angedienten <strong>Conti</strong>-Aktien zu<br />

übernehmen und umgehend wie<strong>de</strong>r zu verkaufen;<br />

sofern und sobald <strong>de</strong>r Aktienkurs es zuließ. Dank<br />

<strong>de</strong>r Lehman-Pleite wur<strong>de</strong>n es 90 Prozent, <strong>de</strong>r Kurs<br />

fiel danach ins Bo<strong>de</strong>nlose, <strong>de</strong>r Schul<strong>de</strong>nberg<br />

wuchs über Nacht um 4,5 Milliar<strong>de</strong>n Euro an. <strong>Die</strong><br />

Katastrophe war eingetreten. <strong>Die</strong> <strong>Schaeffler</strong>s erlebten<br />

damit das, was Jahren zuvor Passagieren eines<br />

Aloha-Airlines-Fluges wi<strong>de</strong>rfuhr. In Erwartung<br />

märchenhafter Urlaubstage auf Hawaii hatten sie<br />

es sich in <strong>de</strong>n Flugzeugsesseln bequem gemacht,<br />

als urplötzlich das Dach über ihnen mit Karacho<br />

noch höher in <strong>de</strong>n Himmel abhob und das Flugzeug<br />

zum Cabriolet machte. Angeschnallt im Sturzflug<br />

nach unten, Panik unterdrücken, auf Landung<br />

hoffen, irgendwie. Da schreit, da weint man, lacht<br />

hysterisch, ist nicht mehr Herr seiner Sinne. Runter<br />

kommen sie bekanntlich alle. Noch lebend, erst<br />

einmal davongekommen, aber noch nicht entkommen.<br />

Urlaubsstimmung perdu. <strong>Die</strong> nächste Zeit<br />

<strong>wird</strong> nur noch bellend gelacht.<br />

In <strong>de</strong>r Rückschau stellt<br />

Maria-Elisabeth <strong>Schaeffler</strong><br />

fest, angesichts <strong>de</strong>s explodieren<strong>de</strong>n<br />

Schul<strong>de</strong>nbergs<br />

habe ihr Verstand „kurzzeitig<br />

ausgesetzt“. Welch vornehme<br />

Untertreibung. Tatsächlich<br />

wer<strong>de</strong>n fleißige Helfer<br />

verzweifelt ihre Stirn mit<br />

nassen Läppchen und Eisbeuteln<br />

bearbeitet haben,<br />

<strong>de</strong>nn Körpertemperaturen<br />

über 42 Grad hinaus können<br />

wirklich nur ganz, ganz<br />

kurzzeitig ausgehalten wer<strong>de</strong>n.<br />

In tiefster Verzweiflung<br />

unterlief ihr prompt ein<br />

peinlicher Fehler. Sie verglich<br />

ihr Unternehmen mit<br />

systemrelevanten Banken,<br />

stand um Staatsbürgschaften an und wur<strong>de</strong> prompt<br />

schroff abgewiesen. Man sah <strong>Schaeffler</strong> nicht als<br />

Opfer <strong>de</strong>r Wirtschaftskrise, son<strong>de</strong>rn als Verursacher<br />

<strong>de</strong>r – hausgemachten – <strong>Schaeffler</strong>-Krise.<br />

Ma<strong>de</strong>leine Schickedanz und Adolf Merkle haben<br />

ihre Fehler bitter bezahlt. Warum soll eine Regierung<br />

einem Unternehmen helfen, das seine Zukunft<br />

durch feindliche Übernahmen sichern will?<br />

Das führt zu Arbeitsplatzverlusten, weil doch stets<br />

„das scheue Reh Geld“ Produktionsverlagerungen<br />

in Billiglohnlän<strong>de</strong>r anmahnt. Es führt zu riesigen<br />

Steuerausfällen, weil schon Zinsen und Goodwill-<br />

Abschreibungen <strong>de</strong>m Jahresüberschuss an <strong>de</strong>n<br />

Kragen gehen.<br />

Am Leben gehalten wur<strong>de</strong> <strong>Schaeffler</strong> mittels eines<br />

sich durch Begriffe wie „Moral Hazard“, „Too Big<br />

to Fail“ auszeichnen<strong>de</strong>n Systems. Da haben Banken<br />

bereitwillig Kredite verbindlich für 100 Prozent<br />

<strong>de</strong>r <strong>Conti</strong>-Aktien zugesagt, während sie in Wirklichkeit<br />

nur die Hälfte davon finanzieren wollten. Dann<br />

lief alles schief, was nur schieflaufen konnte. Während<br />

alle Welt die Parole „Cash is king“ schwafelte,<br />

hatte <strong>Schaeffler</strong> nur Papier im Tresor. <strong>Die</strong> für 75<br />

Euro gekaufte Aktie war zum Jahresen<strong>de</strong> 2008 gera<strong>de</strong><br />

noch 30 Euro wert, um in <strong>de</strong>n nächsten sechs<br />

Monaten im weiteren Sturzflug auf fast zehn Euro<br />

zu fallen. Und nun? Welche Sicherheiten waren<br />

noch vorhan<strong>de</strong>n für die riesigen Bankkredite? <strong>Conti</strong>-Aktien,<br />

die 85 Prozent ihres Wertes an <strong>de</strong>r Börse<br />

verloren hatten? Dabei war nicht einmal <strong>de</strong>r gewaltig<br />

angewachsene Schul<strong>de</strong>nberg das alleinige<br />

o<strong>de</strong>r vorrangige Problem, son<strong>de</strong>rn die Tatsache,<br />

dass die wie eine Naturkatastrophe ausgebrochene<br />

Wirtschaftskrise sowohl <strong>Schaeffler</strong> als auch<br />

<strong>Conti</strong>nental ihrer zuvor exzellenten Ertragskraft beraubt<br />

hatte, während – grob gerechnet – bei<strong>de</strong><br />

Konzerne zusammen täglich vier Millionen Euro für<br />

nichts als Zinsen zu berappen hatten. Nach Einschätzung<br />

vieler Experten wür<strong>de</strong> es fünf Jahre in<br />

Anspruch nehmen, bis das vor <strong>de</strong>r Krise vorhan<strong>de</strong>ne<br />

Absatz-, Umsatz- und Ertragsniveau wie<strong>de</strong>r<br />

erreicht wer<strong>de</strong>n könne. <strong>Die</strong> Lage war hoffnungslos,<br />

aber nicht ernst. Hier passt <strong>de</strong>r Kalauer, weil sich –<br />

welches Glück für <strong>Schaeffler</strong> – die Commerzbank<br />

mit <strong>de</strong>m Kauf <strong>de</strong>r Dresdner Bank einen Bruch gehoben<br />

hatte und sich nur mit Hilfe <strong>de</strong>r Allianz sowie<br />

mit Staatsgarantien retten konnte. Da bei<strong>de</strong><br />

Banken, Dresdner wie Commerzbank, zu <strong>de</strong>n<br />

Hauptfinanzierern <strong>de</strong>s <strong>Schaeffler</strong>-Deals gehören,<br />

sitzt die Commerzbank nach <strong>de</strong>r Fusion mit <strong>de</strong>r


Dresdner Bank schlagartig auf einem zum<br />

Klumpen gewachsenen wackligen Milliar<strong>de</strong>nkredit<br />

in Sachen <strong>Schaeffler</strong>/<strong>Conti</strong>. Ohne<br />

einen weiteren Canossa-Gang nach<br />

Berlin hätte sie eine Milliar<strong>de</strong>nabschreibung<br />

auf die <strong>Schaeffler</strong>-Kredite nicht vornehmen<br />

können. <strong>Die</strong> Regierung („Too Big to<br />

Fail“) hätte einschreiten müssen und die<br />

Regieren<strong>de</strong>n wären ein weiteres Mal dafür<br />

verhöhnt wor<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r Bank ohnehin bereits<br />

16 Milliar<strong>de</strong>n Euro zugesteckt zu haben ohne<br />

realistische Aussicht auf eine baldige<br />

adäquate Verzinsung. Doch Probleme lassen<br />

sich offenbar lösen, sofern man nur<br />

richtig schön rechnen kann. So wie es Investmentbanken<br />

auf <strong>de</strong>m Höhepunkt <strong>de</strong>r<br />

Krise vorzugaukeln wussten. Ihnen ging es<br />

<strong>gut</strong>, weil sie bestimmte ihrer Schrottprodukte,<br />

für die es angeblich keinen richtigen<br />

Markt gab, zu Preisen beinahe nach Gutdünken<br />

bewerteten. So konnte es kommen,<br />

dass Investmentbanken heute noch meinten,<br />

lediglich ein Fünf-Milliar<strong>de</strong>n-Loch überbrücken<br />

zu müssen, das sich morgen<br />

schon als 50-Milliar<strong>de</strong>n-Loch erweisen<br />

sollte, weil niemand ihre Schrottpapiere<br />

kaufen wollte. Richtig bleibt allerdings auch,<br />

dass nicht alles nur mit ja o<strong>de</strong>r nein, richtig<br />

o<strong>de</strong>r falsch zu beantworten ist. Waren 75<br />

Euro für die <strong>Conti</strong>-Aktie zu viel? Schon<br />

möglich. Aber ist dieselbe Aktie <strong>de</strong>rselben<br />

Firma schon ein halbes Jahr später wirklich<br />

nur noch zwölf Euro wert? Eigentlich ist eine<br />

Sache stets das wert, was ein Käufer am<br />

fraglichen Tag dafür zu zahlen bereit ist.<br />

Messen mit solcher Elle hätte in <strong>de</strong>n Abgrund<br />

geführt. Entschei<strong>de</strong>nd mögen diese<br />

Überlegungen gewesen sein: Ein <strong>Schaeffler</strong>-Zusammenbruch<br />

nützt we<strong>de</strong>r <strong>Schaeffler</strong>,<br />

noch <strong>Conti</strong>nental, noch <strong>de</strong>n Geldge-<br />

bern, noch <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n, noch <strong>de</strong>n Belegschaften<br />

und auch nicht <strong>de</strong>m Staat, damit<br />

uns allen nicht. Es geht nicht allein um beträchtliche<br />

Konkursausfallgel<strong>de</strong>r, son<strong>de</strong>rn<br />

man müsste hilflos zusehen, wer die Hand<br />

auf <strong>Schaeffler</strong> und wer die Hand auf <strong>Conti</strong>nental<br />

bekommen wür<strong>de</strong>. Und an Heuschrecken<br />

besteht wenig Bedarf.<br />

Hat <strong>Schaeffler</strong> somit eine Regelung ohne<br />

Hilfe <strong>de</strong>r Politik gefun<strong>de</strong>n? Es wäre für<br />

pragmatisch han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Regierungspolitiker<br />

<strong>de</strong>r bessere Weg gewesen, <strong>Schaeffler</strong><br />

ver<strong>de</strong>ckt – durch Einflussnahme bzw. „Beratung“<br />

<strong>de</strong>r Commerzbank – zu helfen, statt<br />

ein riesiges Desaster einfach so geschehen<br />

zu lassen. Der US-Journalist Andrew Ross<br />

Sorkin hat in seinem Buch „Too Big to Fail“<br />

mehrere Fälle beschrieben, in <strong>de</strong>nen Regierungen,<br />

allen voran die US-Regierung,<br />

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Neue Reifenzeitung 2/2011<br />

binnen Stun<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Lage waren, zukünftige<br />

Milliar<strong>de</strong>n-Hilfen glaubhaft machen zu<br />

können, wenn die jeweils anstehen<strong>de</strong> Rettung<br />

gelänge, sodass sich die Institute<br />

„<strong>de</strong>m Wunsch“ o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r „Empfehlung“ gar<br />

nicht wi<strong>de</strong>rsetzen konnten, „im nationalen<br />

Interessen zu han<strong>de</strong>ln“.<br />

Während Manfred Wennemer vielleicht<br />

rachedurstig <strong>de</strong>m Zeitpunkt entgegensah,<br />

dass die Banken seiner Kontrahentin Maria-Elisabeth<br />

<strong>Schaeffler</strong> endlich <strong>de</strong>n Hals<br />

umdrehten, bewegten diese die ihnen zur<br />

Verfügung stehen<strong>de</strong>n Hebel an<strong>de</strong>rs. Da es<br />

sich im Fall <strong>Conti</strong>/<strong>Schaeffler</strong> nicht um zu<br />

vernachlässigen<strong>de</strong>n Fliegendreck han<strong>de</strong>lt,<br />

waren sie gezwungen, nach Lösungswegen<br />

ohne Untergangsszenarien suchen zu<br />

müssen. Daumenschrauben und sonstige<br />

Folterwerkzeuge blieben eingepackt. <strong>Die</strong><br />

Entscheidung wur<strong>de</strong> aufgeschoben. <strong>Die</strong><br />

Banken verkauften <strong>Schaeffler</strong> das, was am<br />

nötigsten war: Zeit! Und zwar durch eine<br />

Neuordnung <strong>de</strong>r Kreditverträge.<br />

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Aus heutiger Sicht kann man sich vorstellen, dass <strong>Schaeffler</strong><br />

<strong>de</strong>n Bogen schaffen <strong>wird</strong>. Bis 2015 ist es noch etwas hin, die<br />

<strong>Schaeffler</strong>-Gruppe <strong>wird</strong> bis dahin auf ihr lasten<strong>de</strong> Schul<strong>de</strong>n<br />

signifikant reduziert haben und damit wertvoller gewor<strong>de</strong>n<br />

sein, und die <strong>Schaeffler</strong>-Holding kann von <strong>Conti</strong>nental Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nzahlungen<br />

erwarten, sodass <strong>de</strong>r auf ihr ruhen<strong>de</strong><br />

Schul<strong>de</strong>nberg zumin<strong>de</strong>st nicht weiter anwachsen <strong>wird</strong><br />

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15


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Neue Reifenzeitung 2/2011<br />

Manfred Wennemer<br />

Wartete darauf, dass die Banken ihnen zugängliche Hebel bewegten. Wie sie es<br />

dann taten, hatte <strong>de</strong>r vormalige <strong>Conti</strong>-CEO nicht erwartet<br />

Raus aus <strong>de</strong>n Sümpfen<br />

Wie hoch <strong>de</strong>r Schul<strong>de</strong>nberg ganz genau ist<br />

und zu welchen Konditionen er im Einzelnen<br />

abzutragen ist, bleibt <strong>Schaeffler</strong>s Geheimnis.<br />

Je<strong>de</strong>nfalls gelang so etwas wie eine<br />

Zweiteilung. Knapp sechs Milliar<strong>de</strong>n<br />

Euro lasten auf <strong>de</strong>r <strong>Schaeffler</strong>-Gruppe, die<br />

für die Tilgung bei marktüblichen Zinsen<br />

sorgt und dabei dank wie<strong>de</strong>r <strong>gut</strong> laufen<strong>de</strong>r<br />

Geschäfte erfolgreich ist. Sofern es keine<br />

neue weltweite Wirtschaftskrise gibt, ist<br />

ausreichend Vertrauen in die <strong>Schaeffler</strong>-<br />

Gruppe zu setzen, diesen Berg aus <strong>de</strong>r<br />

überdurchschnittlichen Ertragskraft schnell<br />

spürbar abtragen zu können.<br />

Im Rahmen <strong>de</strong>r finanziellen Restrukturierung<br />

wur<strong>de</strong>n im Sommer 2009 die restlichen<br />

Bankkredite, man spricht von etwa<br />

fünf Milliar<strong>de</strong>n Euro, in eine eigens gegrün<strong>de</strong>te<br />

Holding eingebracht. Mit dieser Schul<strong>de</strong>numschichtung<br />

sollte eigentlich eine Fusion<br />

<strong>de</strong>r dann nicht mehr überschul<strong>de</strong>ten<br />

<strong>Schaeffler</strong>-Gruppe mit <strong>Conti</strong>nental möglich<br />

gemacht wer<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong>se Holding ist auf Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r <strong>Schaeffler</strong>-Gruppe einerseits<br />

und auf Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r von ihr gehaltenen<br />

<strong>Conti</strong>nental-Aktien an<strong>de</strong>rerseits angewiesen,<br />

um so Zinsen und Tilgung garantieren<br />

zu können. Da Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nzahlungen auf<br />

<strong>de</strong>m Höhepunkt <strong>de</strong>r Wirtschaftskrise bei<br />

<strong>Schaeffler</strong> und bei <strong>Conti</strong> ausfielen, musste<br />

auf <strong>de</strong>n Faktor Zeit gesetzt wer<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong> auf<br />

<strong>de</strong>r <strong>Schaeffler</strong>-Holding lasten<strong>de</strong>n Bankkredite<br />

von fünf bis sechs Milliar<strong>de</strong>n Euro wer<strong>de</strong>n<br />

am En<strong>de</strong> ihrer Kreditlaufzeit im Jahr<br />

16<br />

2015 inklusive <strong>de</strong>r<br />

bis dahin aufgelaufenen<br />

Zinsen bezahlt.<br />

Ob hier eine<br />

Zeitbombe tickt<br />

o<strong>de</strong>r nicht, hängt<br />

davon ab, wie<br />

schnell <strong>Schaeffler</strong><br />

und <strong>Conti</strong>nental zu<br />

ihrer alten Ertragskraft<br />

und damit<br />

verbun<strong>de</strong>ner Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nfähigkeit<br />

zurückfin<strong>de</strong>n.<br />

Aus heutiger<br />

Sicht kann man<br />

sich vorstellen,<br />

dass <strong>Schaeffler</strong><br />

<strong>de</strong>n Bogen schaffen<br />

<strong>wird</strong>. Bis 2015<br />

ist es noch etwas hin, die <strong>Schaeffler</strong>-Gruppe<br />

<strong>wird</strong> bis dahin auf ihr lasten<strong>de</strong> Schul<strong>de</strong>n<br />

signifikant reduziert haben und damit wertvoller<br />

gewor<strong>de</strong>n sein und die <strong>Schaeffler</strong>-<br />

Holding kann von <strong>Conti</strong>nental Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nzahlungen<br />

erwarten, sodass <strong>de</strong>r auf ihr ruhen<strong>de</strong><br />

Schul<strong>de</strong>nberg zumin<strong>de</strong>st nicht weiter<br />

anwachsen <strong>wird</strong>. Von einem Abbau bis<br />

2015 re<strong>de</strong>t niemand, es dürfte dann um eine<br />

weitere Neuordnung und weitere Verlängerung<br />

gehen. Es könnten auch <strong>Conti</strong>nental-Aktien<br />

die Inhaber wechseln und <strong>de</strong>n<br />

<strong>Schaeffler</strong>-Anteil von <strong>de</strong>rzeit 75 Prozent sinken<br />

lassen. Voraussetzung bleibt, dass<br />

günstige Kurse einen Verkauf ermöglichen.<br />

Für diesen Fall unken Journalisten schon<br />

wie<strong>de</strong>r von einer „Nie<strong>de</strong>rlage für Maria-Elisabeth<br />

<strong>Schaeffler</strong>“. Sind immer noch Zweifel<br />

daran möglich, dass sich die Welt wirklich<br />

langsam in ein kleines Irrenhäuschen<br />

verwan<strong>de</strong>lt? Wer wollte Anfang 2009 noch<br />

darauf wetten, dass die Familie <strong>Schaeffler</strong><br />

Ankeraktionär mit etwa 20 Prozent hätte<br />

bleiben können? Wer setzte darauf, dass<br />

die <strong>Schaeffler</strong>s im eigenen Haus noch ein<br />

wenig Einfluss verteidigen wür<strong>de</strong>n, von einer<br />

Kontrolle <strong>de</strong>r Familie sprach schon niemand<br />

mehr. Ab August 2012 ist <strong>Schaeffler</strong><br />

nicht mehr darauf angewiesen, Aktienpakete<br />

treuhän<strong>de</strong>risch von <strong>de</strong>n Privatbanken<br />

Metzler und Warburg verwalten zu lassen,<br />

son<strong>de</strong>rn verfügt dann auch offiziell über einen<br />

Anteil von 75,13 Prozent bei <strong>Conti</strong>nental<br />

und hat volle Handlungsfreiheit.<br />

Zwei Jahre nach <strong>de</strong>r Lehman-Insolvenz<br />

war im Winter 2010 bei <strong>Schaeffler</strong> keine<br />

„Pleite“ mehr in Sicht. Begeistert schrieb<br />

selbst die Süd<strong>de</strong>utsche Zeitung, die sich<br />

durch <strong>de</strong>n einen und an<strong>de</strong>ren durchaus hämisch<br />

anmuten<strong>de</strong>n Kommentar in Bezug<br />

auf Maria-Elisabeth <strong>Schaeffler</strong> hervorgetan<br />

hatte: „Es regnet Geld bei <strong>Schaeffler</strong>!“ Man<br />

sieht wie<strong>de</strong>r Licht am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Tunnels.<br />

Nicht nur bei <strong>Schaeffler</strong> geht’s rund. Für<br />

<strong>Conti</strong>nental verlief 2009 schon nicht so<br />

schlecht wie prognostiziert, und im Jahr<br />

2010 zeigt sich <strong>de</strong>r Konzern <strong>gut</strong> erholt, die<br />

Geschäfte laufen wie<strong>de</strong>r. Zinsen können<br />

bedient wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r Abtrag <strong>de</strong>s Schul<strong>de</strong>nbergs<br />

kann gelingen. 25,5 Milliar<strong>de</strong>n Euro<br />

wur<strong>de</strong>n umgesetzt, die EBIT-Marge<br />

schrammt an <strong>de</strong>r Zehn-Prozent-Marke. Vor<br />

allem brummt die „Gummibu<strong>de</strong>“ und bewährt<br />

sich ein weiteres Mal als Gelddruckerei.<br />

<strong>Alles</strong> wie gehabt: Ohne Gummi ist<br />

alles nichts bei <strong>Conti</strong>nental.<br />

Schlau in <strong>de</strong>r Rückschau<br />

Unterlief Dr. Hubertus von Grünberg bereits<br />

2006 <strong>de</strong>r entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Fehler mit <strong>de</strong>m<br />

Versuch, <strong>Schaeffler</strong> als Ankeraktionär für<br />

<strong>de</strong>n <strong>Conti</strong>-Konzern zu gewinnen? Hatte er<br />

Maria-Elisabeth <strong>Schaeffler</strong> unterschätzt?<br />

O<strong>de</strong>r hat er sie einfach nur überschätzt?<br />

Nach <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s „Rheinischen Kapitalismus“<br />

galt es neue Wege zu fin<strong>de</strong>n, die<br />

Georg W. <strong>Schaeffler</strong><br />

Der 80-Prozent-Teilhaber <strong>de</strong>r<br />

<strong>Schaeffler</strong>-Gruppe meint, Worst-<br />

Case-Szenarien seriös genug durchgespielt<br />

zu haben, durchgreifen<strong>de</strong><br />

Be<strong>de</strong>nken hätten sich nicht ergeben.<br />

Wer das heute an<strong>de</strong>rs sehe, über<strong>de</strong>hne<br />

Sicherheitsfragen mit <strong>de</strong>r Folge,<br />

dass sich in <strong>de</strong>r Wirtschaft dann<br />

nichts mehr bewege


Aktiengesellschaften davor schützen, nicht völlig<br />

zum Spielball <strong>de</strong>r Börsen bzw. Verhandlungsmasse<br />

wild gewor<strong>de</strong>ner, auf <strong>de</strong>n schnellen Erfolg erpichter<br />

„Rai<strong>de</strong>r“ herabsinken zu lassen. Ein Ankeraktionär<br />

mit einem Anteil um die 20 Prozent kann<br />

recht zuverlässig schützen, weil ein „Rai<strong>de</strong>r“ ein<br />

Unternehmen nur dann nach Gutdünken zerlegen<br />

kann, wenn er alle Anteile, min<strong>de</strong>stens aber mehr<br />

als 75 Prozent hält und damit die Sperrklausel ausgehebelt<br />

hat. Der Ankeraktionär hat zwar Einfluss,<br />

aber noch keine Macht. Der Charme hätte für<br />

<strong>Schaeffler</strong> darin liegen können, auf einigen Gebieten<br />

bevorzugt, wenn nicht gar exklusiv mit <strong>Conti</strong>-<br />

Es unterliegt aber nicht alles rationaler<br />

Kontrolle. Egoismen, Starallüren, Exzentrik,<br />

Eitelkeiten, Leichtsinn, Gier, Sucht nach<br />

Anerkennung und vieles an<strong>de</strong>re mehr konkurrieren<br />

mit Rationalität. Wer das Spiel<br />

„<strong>Alles</strong> o<strong>de</strong>r nichts" bevorzugt, muss auch<br />

damit rechnen, am En<strong>de</strong> wie ein räudiger<br />

Hund vom Hof gejagt zu wer<strong>de</strong>n<br />

nental zusammenarbeiten zu können und last, but<br />

not least zeichnet eine <strong>gut</strong>e Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong> eine <strong>gut</strong>e<br />

Kapitalanlage aus.<br />

Reiche Familien (-Dynastien) haben sich über<br />

Generationen gerettet und entwickelt, weil sie – so<br />

zum Beispiel Oetker – niemals alle Eier in einen<br />

Korb gelegt haben. Wer so <strong>de</strong>nkt, hat ein großes<br />

Sicherheitsbedürfnis, lässt sich nicht verführen<br />

von einer vagen Aussicht auf Gewinnexplosionen.<br />

Erhalt und Sicherung <strong>de</strong>r Unternehmensgruppe<br />

<strong>wird</strong> absoluter Vorrang eingeräumt. Expansion ist<br />

<strong>gut</strong> und schön, sofern man sie auch bezahlen<br />

kann und die Kontrolle <strong>de</strong>r Unternehmensgruppe<br />

nicht gefähr<strong>de</strong>t <strong>wird</strong>. So hübschen Puddingpulver,<br />

Pizzen etc. die Bilanz auf, wenn die See für die Oetker-Ree<strong>de</strong>rei<br />

„Hamburg Süd“ auch mal wirklich rau<br />

ist. Man bleibt, bildlich gesprochen, immer schön<br />

auf <strong>de</strong>m Teppich, lässt sich von größten Erwartungen<br />

nicht verführen. Immer schön cool bleiben, alles<br />

an<strong>de</strong>re gefähr<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Erfolg nur unnötigerweise.<br />

Es unterliegt aber nicht alles rationaler Kontrolle.<br />

Egoismen, Starallüren, Exzentrik, Eitelkeiten,<br />

Leichtsinn, Gier, Sucht nach Anerkennung und<br />

vieles an<strong>de</strong>re mehr konkurrieren mit Rationalität.<br />

Stellvertretend für an<strong>de</strong>re gescheiterte Akteure<br />

wie z.B. Schickedanz/Oppenheim/Mid<strong>de</strong>lhoff o<strong>de</strong>r<br />

Merkle sei <strong>de</strong>r Blick auf Porsche gerichtet. So ging<br />

es <strong>de</strong>m Sportwagenbauer und Wie<strong>de</strong>king anfangs<br />

um Einfluss, um die Sicherheit, mit Volkswagen<br />

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weiter partnerschaftlich auf Dauer arbeiten zu können.<br />

Eine Beteiligung von etwa 20 Prozent sollte<br />

alle Ernsthaftigkeit unterstreichen. Dann aber ging<br />

es um Macht, um undurchsichtige Aktienoptionsgeschäfte,<br />

um virtuelle Traumgeschäfte, und am<br />

En<strong>de</strong> erhielten Wie<strong>de</strong>king & Co. die Rechnung für<br />

fehlgeschlagene Zockerei. Wer das Spiel „<strong>Alles</strong><br />

o<strong>de</strong>r nichts“ bevorzugt, muss auch damit rechnen,<br />

am En<strong>de</strong> wie ein räudiger Hund vom Hof gejagt zu<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

<strong>Schaeffler</strong> befand sich hinsichtlich Umsatz und<br />

Ertragskraft in einer Liga mit Oetker. Der Wälzlagerhersteller<br />

war noch längst nicht am En<strong>de</strong> seiner<br />

Möglichkeiten, zumal die riesigen asia-<br />

tischen Märkte im Aufbruch sind. Warum<br />

sollte Maria-Elisabeth <strong>Schaeffler</strong> riskante<br />

Schritte wagen, wenn doch „organisches<br />

Wachstum“ ausreichend gegeben war? 20<br />

Prozent <strong>Conti</strong> waren zu stemmen, die ganze<br />

<strong>Conti</strong> je<strong>de</strong>nfalls nicht. Deshalb könnte<br />

für einen von Rationalität geleiteten Hubertus<br />

von Grünberg <strong>de</strong>r später folgen<strong>de</strong><br />

tatsächliche Ablauf niemals Gegenstand<br />

seriöser Erörterung gewesen sein. Wer<br />

wollte schon Frau <strong>Schaeffler</strong> so weit unterschätzen,<br />

dass diese sich zu einem Risiko<br />

verleiten ließ, das Kopf und Kragen hätte kosten<br />

können – und es ist ja noch nicht ganz überstan<strong>de</strong>n!<br />

In früheren Interviews hat Georg <strong>Schaeffler</strong><br />

berichtet, dass Worst-Case-Szenarien seriös genug<br />

durchgespielt wor<strong>de</strong>n seien und sich keine<br />

durchgreifen<strong>de</strong>n Be<strong>de</strong>nken ergeben hätten. Wenn<br />

man das heute an<strong>de</strong>rs sehe, dann komme das, so<br />

ist es wohl zu verstehen, einer Über<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>r<br />

Worst-Case-Szenarien gleich mit <strong>de</strong>r Folge, dass<br />

sich in <strong>de</strong>r Wirtschaft dann nichts mehr bewege.<br />

Dem aber ist nicht zu folgen! Wenn am En<strong>de</strong> aller<br />

Erwägungen die Erkenntnis steht, dass <strong>de</strong>r Plan<br />

nicht mehr beherrschbar ist, wenn restlos alles<br />

schiefgegangen ist, was nur schiefgehen kann, ist<br />

genau das <strong>de</strong>r Zeitpunkt, alle Gedankenspiele zu<br />

beerdigen. Man kann riskieren, ggf. eine große<br />

Summe Geld zu verlieren, aber allein die Gefahr,<br />

im ungünstigsten Fall mit <strong>de</strong>m geplanten Vorgehen<br />

die eigene Existenz zu zerstören, ist mehr als<br />

ein riesiges und unübersehbares Stoppschild. Von<br />

nun an könnte es nur noch eine Rechtfertigung für<br />

ein weiteres Verfolgen <strong>de</strong>s Plans geben: Nur <strong>de</strong>r<br />

erfolgreiche Coup kann das Unternehmen selbst<br />

noch retten! Geht es schief, ist es aus. Wird es gar<br />

nicht erst versucht, ist es ebenso aus. <strong>Schaeffler</strong><br />

war aber eine außeror<strong>de</strong>ntlich attraktive Unternehmensgruppe<br />

mit einem Umsatz von rund acht Milliar<strong>de</strong>n<br />

Euro und einer dick zweistelligen EBIT-<br />

Marge. Ein Juwel, <strong>de</strong>ssen Verlust schließlich droh-<br />

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Neue Reifenzeitung 2/2011<br />

te. Wennemer hatte mit seiner Feststellung,<br />

obwohl sie an<strong>de</strong>rs gemeint war, vermutlich<br />

recht: Das Vorgehen war verantwortungslos.<br />

Lästermäuler könnten sich zur Feststellung<br />

hinreißen lassen, <strong>de</strong>r Verstand<br />

<strong>de</strong>r Firmenchefin habe schon bei<br />

<strong>de</strong>r Entscheidung für <strong>de</strong>n Angriff<br />

„kurzzeitig ausgesetzt“, ansonsten<br />

wäre <strong>de</strong>r Übernahmeversuch unterblieben.<br />

Manager wechseln<br />

Strategien wie<br />

Hem<strong>de</strong>n<br />

Im Dezember 2010 nannte Maria-Elisabeth<br />

<strong>Schaeffler</strong> auf <strong>de</strong>m Wirtschaftsforum in<br />

Hamburg die Attacke auf <strong>Conti</strong>nental „eine<br />

Frage <strong>de</strong>r Vernunft, <strong>de</strong>r Zukunftsorientierung“.<br />

<strong>Die</strong>se Sicht <strong>de</strong>r Dinge überrascht<br />

nicht. In <strong>de</strong>r, nennen wir es doch Business-<br />

World, gibt es keine aus Launen heraus entstan<strong>de</strong>nen<br />

Schnapsi<strong>de</strong>en, alles folgt einer<br />

weitsichtigen Strategie, <strong>de</strong>r intensives<br />

Brainstorming bis <strong>de</strong>r Notarzt in die Meeting<br />

Rooms stürmt vorausgegangen ist. In<br />

diesen Klimazonen läuft nix schief. Mitnichten.<br />

Es gibt bestenfalls ein paar externe,<br />

nicht im Einflussbereich <strong>de</strong>s Managements<br />

liegen<strong>de</strong> Faktoren. Und dann die Synergien!<br />

Zwar schlagen sich die nicht so recht<br />

nie<strong>de</strong>r im Zahlenkleid, doch man müsse ja,<br />

so heißt es stets, im Kopf behalten, dass es<br />

an<strong>de</strong>renfalls wegen weltweit gestiegener<br />

Rohstoffkosten und allgemeiner<br />

Verknappung <strong>de</strong>r Ressourcen<br />

noch weitaus schlechter aussähe.<br />

Und sobald alles so einigermaßen<br />

erledigt ist, <strong>wird</strong> mit großem und<br />

elegantem Schwung <strong>de</strong>r Strategiemantel<br />

über das neue Gebil<strong>de</strong><br />

geworfen. So, genau so, hat man<br />

es gewollt. Weitsichtig, visionär,<br />

zukunftsweisend.<br />

Maria-Elisabeth <strong>Schaeffler</strong> gibt<br />

etwas als vernünftig aus, sieht und<br />

erahnt voraus, was die Zukunft mit<br />

sich bringt, und sie muss sich folgerichtig<br />

daran orientieren, muss<br />

ihre Positionen sich ständig än-<br />

<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Ansprüchen anpassen.<br />

Das ist eine bare Selbstverständlichkeit<br />

im Wettbewerb. Aber wer<br />

im Namen <strong>de</strong>s Unternehmens auf<br />

welchen Strategiepfa<strong>de</strong>n auch immer<br />

trampelt, muss stets als obers-<br />

18<br />

ten Unternehmenszweck <strong>de</strong>ssen Sicherung<br />

für die Familie im Kopf haben. Man<br />

lässt Steine liegen, die man nicht heben<br />

kann. Schmalspurpsychologen könnten<br />

In <strong>de</strong>r, nennen wir es doch Business-World,<br />

gibt es keine aus Launen heraus<br />

entstan<strong>de</strong>nen Schnapsi<strong>de</strong>en, alles folgt<br />

einer weitsichtigen Strategie, <strong>de</strong>r intensives<br />

Brainstorming bis <strong>de</strong>r Notarzt in die<br />

Meeting Rooms stürmt vorausgegangen ist<br />

leicht zur Vermutung verführt wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r<br />

Erfolg <strong>de</strong>r letzten zehn Jahre, vor allen Dingen<br />

auch die gelungene Übernahme <strong>de</strong>r<br />

FAG Kugelfischer AG im Jahr 2001, habe<br />

das Management zu optimistisch, zu wenig<br />

selbstkritisch wer<strong>de</strong>n lassen. Motto: Wo wir<br />

sind, ist vorn!<br />

Vom Sinn und Zweck<br />

Man will, so heißt es, einen weltweit führen<strong>de</strong>n<br />

und wettbewerbsfähigen Automotive<br />

Supplier basteln, das liege im Firmeninteresse,<br />

im Interesse <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Automobilindustrie,<br />

und wenn das alles noch nicht<br />

reicht, dann liege es doch auch, so sagt<br />

man, im nationalen Interesse. Ja, das<br />

stimmt. Aber muss es nur einer sein bzw.<br />

nur ein zweiter hinter Bosch?<br />

<strong>Schaeffler</strong> allein hat eine sehr wettbewerbsfähige<br />

Position, die seit Jahren erwirtschafteten<br />

EBIT-<br />

Margen sprechen<br />

eine beredte Sprache.<br />

<strong>Conti</strong>nentals<br />

Gummi- und Reifenbereich<br />

ist,<br />

ebenfalls seit Jahren,<br />

gera<strong>de</strong>zu eine<br />

Goldgrube. Teves<br />

verdient mit<br />

und ohne <strong>Conti</strong>nental<br />

Geld, und<br />

selbst die VDO<br />

hat unter <strong>de</strong>m<br />

Siemens-Dach<br />

<strong>gut</strong>e Gewinne er-<br />

Dr. Alan Hippe<br />

Der 44-jährige hat bereits viel erreicht.<br />

Stellv. Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r <strong>Conti</strong>nental<br />

AG, Finanzchef von Thyssen-<br />

Krupp und nunmehr Finanzchef von<br />

Hoffmann-La Roche<br />

wirtschaftet,<br />

wenngleich die<br />

EBIT-Margen geringer<br />

ausgefallen<br />

waren. All diese<br />

Bereiche haben<br />

eine ausreichen<strong>de</strong> Größe, um sich allein <strong>gut</strong><br />

entwickeln und behaupten zu können. Größe<br />

allein be<strong>de</strong>utet nichts. <strong>Die</strong> sehr erfolgreiche<br />

Reifenfirma Pirelli steuert mit einem<br />

Umsatz von rund vier Milliar<strong>de</strong>n<br />

Euro zweistelligen EBIT-Margen<br />

entgegen, während die dreimal<br />

größere Goodyear seit ebenfalls<br />

schon mehreren Jahren um eine<br />

schwarze Null o<strong>de</strong>r sogar nur um<br />

Reduzierung früherer Verluste<br />

kämpft.<br />

Während man sich somit in<br />

Hannover und Herzogenaurach Gedanken<br />

um einen größeren Automobilzulieferer<br />

macht, hält Bosch im Automobilbereich die<br />

Stellung, strebt aber mit Siebenmeilenstiefeln<br />

neuen Geschäftsfel<strong>de</strong>rn mit großartigen<br />

Zukunftschancen entgegen. Und verringert<br />

so die Abhängigkeit von <strong>de</strong>r Automobilindustrie.<br />

Gedankenspiele dieser Art führen<br />

zwangsläufig zur Frage, ob es <strong>de</strong>nn tatsächlich<br />

wertvoll und attraktiv sein kann, aus vier<br />

Bereichen, die samt und son<strong>de</strong>rs allein und<br />

unabhängig voneinan<strong>de</strong>r lebens- und wettbewerbsfähig<br />

sind, ein riesiges Unternehmen<br />

zu machen, um es sodann <strong>de</strong>n Launen<br />

<strong>de</strong>r Automobilhersteller aussetzen zu<br />

müssen.<br />

Konzentration auf das Kerngeschäft?<br />

Ja, aber was ist Kerngeschäft? Wälzlager?<br />

Reifen? Keilriemen? Bremsen? Navigationsgeräte?<br />

<strong>Alles</strong>, was direkt o<strong>de</strong>r indirekt<br />

mit <strong>de</strong>m Auto zu tun hat? Dann wären <strong>de</strong>mnächst<br />

die Batteriehersteller und irgendwann<br />

sogar die Ölgesellschaften (die haben<br />

ja auch was mit Autos zu tun) heim unters<br />

<strong>Conti</strong>-Dach zu holen.<br />

O<strong>de</strong>r geht es um Diversifikation? Man<br />

soll ja nicht alle Eier in einen Korb legen,<br />

o<strong>de</strong>r?<br />

<strong>Die</strong> Frage, was Gegenstand von Strategien<br />

wer<strong>de</strong>n soll, lässt sich rational nicht beantworten.<br />

Es kommt immer auf die Menschen<br />

an, auf das bisschen Macht, das sie<br />

gera<strong>de</strong> haben, o<strong>de</strong>r die Fülle von Macht, die<br />

ihnen gera<strong>de</strong> zur Verfügung steht. Und was<br />

diese Herrschaften wollen, än<strong>de</strong>rt sich nach<br />

Lebenslage. „Lan<strong>de</strong>sfürsten“, also <strong>de</strong>r<br />

Frankreich-Chef für <strong>Conti</strong>-Reifen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

für Amerika zuständige Teves-Manager,<br />

wissen zu genau, dass sie, und nur sie wissen,<br />

was für das Unternehmen in ihrem Gebiet<br />

<strong>gut</strong> und richtig ist und dass sich „die<br />

Zentrale“ gefälligst am besten aus allem


heraushalten sollte, damit<br />

die Ergebnisse <strong>gut</strong> wer<strong>de</strong>n<br />

und <strong>gut</strong> bleiben können.<br />

Und es sind dieselben<br />

Menschen, die nach Zentralisierung<br />

<strong>de</strong>r Organisation<br />

schreien, sobald sie<br />

beför<strong>de</strong>rt und in die Zentrale<br />

zurückgerufen wor<strong>de</strong>n<br />

sind. Es geht um<br />

Macht, um Wichtigkeit,<br />

ums Ego. Es geht um<br />

Selbstüberschätzung,<br />

<strong>de</strong>nn ich weiß wie es geht,<br />

die an<strong>de</strong>ren sind noch<br />

feucht hinter <strong>de</strong>n Ohren.<br />

Bei allen Akquisitionen<br />

und Fusionsbestrebungen<br />

lan<strong>de</strong>t man zum<br />

Schluss bei <strong>de</strong>r meistgestellten<br />

Frage: Was kostet<br />

das alles? Und wer managt<br />

das alles? Politiker gefallen sich mit<br />

lautstark vorgetragenen Vorgaben, in Bil-<br />

Mit je<strong>de</strong>m<br />

Klick ist<br />

mehr für<br />

Rufen Sie uns an!<br />

ie drin!<br />

Dr. Karl-Thomas Neumann<br />

Er hält wie<strong>de</strong>r eine Spitzenposition im<br />

Volkswagen-Konzern und hat Aussichten,<br />

in einigen Jahren VW-CEO<br />

wer<strong>de</strong>n zu können<br />

Sie möchten die Tools von point S nutzen?<br />

Es ist einfacher als Sie <strong>de</strong>nken!<br />

dung und Ausbildung investieren<br />

zu wollen, lei<strong>de</strong>r<br />

haben sie alles zur Verfügung<br />

stehen<strong>de</strong> Geld aber<br />

schon an<strong>de</strong>rweitig verpulvert.Wirtschaftskoryphäen<br />

predigen die Wichtigkeit,<br />

Forschung und<br />

Entwicklung nicht zu vernachlässigen,<br />

weil es auf<br />

Ergebnisse dieser Art in<br />

einem Land ohne Rohstoffreichtümer<br />

halt ankomme.<br />

Was viele von ihnen<br />

aber tun, ist im vorliegen<strong>de</strong>n<br />

Fall dokumentiert.<br />

Sie verschul<strong>de</strong>n sich<br />

gna<strong>de</strong>nlos, um sodann<br />

Tag für Tag Millionen zur<br />

Bank zu schleppen, nur<br />

für Zinsen. Ganz überschlägig<br />

gerechnet: 356mal<br />

wur<strong>de</strong>n zwei Millionen Euro zu Banken<br />

in Herzogenaurach gefahren und 356-mal<br />

Herr Jürgen Benz, Geschäftsführer<br />

Röhrstraße 7 · 64372 Ober-Ramstadt<br />

Tel. 06154 639-205 · Fax 06154 639-166<br />

info@point-s.<strong>de</strong> · www.point-s.<strong>de</strong><br />

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im Jahr dasselbe Spiel, ebenfalls stets mit<br />

zwei Millionen Euro, in Hannover. Damit<br />

sind 1,4 Milliar<strong>de</strong>n eben nicht in Forschung<br />

und Entwicklung, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>n „Tierschutz“<br />

– zur Erinnerung: Geld ist ein<br />

scheues Reh – geflossen. Zum Trost kann<br />

man sagen, dass die Zinsen im zweiten<br />

Jahr schon ein wenig niedriger liegen und<br />

im dritten Jahr noch ein wenig niedriger.<br />

Wenn’s <strong>de</strong>nn <strong>gut</strong> läuft. Ist das wirklich Sinn<br />

und Zweck von Wirtschaft? Zum Schluss<br />

sind Milliar<strong>de</strong>n für Zinsen ausgegeben wor<strong>de</strong>n,<br />

während Forschungs- und Entwicklungsbudgets<br />

gekappt wer<strong>de</strong>n mussten.<br />

Vernachlässigung von Forschung und Entwicklung<br />

be<strong>de</strong>utet im Wettbewerb schnell<br />

<strong>de</strong>n Tod. Niemand weiß so recht, was die<br />

Konkurrenz auf <strong>de</strong>r Pfanne und damit in<br />

Form neuer Produkte alsbald in <strong>de</strong>r Pipeline<br />

hat.<br />

Wer managt einen zusammengewürfelten<br />

Konzern? Das ist doch kein Problem.<br />

Wir haben sie, die Spitzenmanager dieser<br />

Zeit, die alles können, alles wissen und al-


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les bewirken können. Zu Zeiten <strong>de</strong>r „alten<br />

<strong>Conti</strong>nental“ gab es zunächst mit Hubertus<br />

von Grünberg, dann mit Manfred Wennemer<br />

zwei herausragen<strong>de</strong> Führungspersönlichkeiten,<br />

<strong>de</strong>ren Wort Evangelium war. Zwar<br />

sind die einzelnen Vorstandsmitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong><br />

jure für <strong>de</strong>n von ihnen geführten Bereich<br />

verantwortlich und <strong>de</strong>n Anweisungen <strong>de</strong>s<br />

VV nicht unterworfen, doch <strong>de</strong> facto sieht<br />

es meistens, wenn nicht gar so <strong>gut</strong> wie immer,<br />

völlig an<strong>de</strong>rs aus. Zu Wennemers Zeiten<br />

liefen sich mit Finanzchef Hippe und<br />

CAS-Chef Neumann zwei potenzielle<br />

Nachfolger warm, zu sagen hatte aber <strong>de</strong>nnoch<br />

immer nur einer. Das dürfte sich jetzt<br />

allerdings geän<strong>de</strong>rt haben, <strong>de</strong>nn statt von<br />

wie einst vier Vorstandsmitglie<strong>de</strong>rn <strong>wird</strong> <strong>de</strong>r<br />

<strong>Conti</strong>nental-Konzern nun durch ein Team<br />

von acht Vorstandsmitglie<strong>de</strong>rn geführt, was<br />

auch wirklich sehr viel sachdienlicher sein<br />

sollte.<br />

<strong>Die</strong> Rolle <strong>de</strong>s<br />

Ankeraktionärs<br />

Bei allen dadurch auch ausgelösten Problemen<br />

habe ich für die <strong>Schaeffler</strong>-Attacke so<br />

etwas wie eine Grundsympathie gehabt.<br />

Man musste davon ausgehen, dass <strong>Conti</strong>nental<br />

bei <strong>de</strong>r gegebenen Aktionärsstruktur<br />

über kurz o<strong>de</strong>r lang angegriffen wer<strong>de</strong>n<br />

wür<strong>de</strong>, fraglich konnte nur sein, wer <strong>de</strong>n Angriff<br />

wagen wür<strong>de</strong>. Mit <strong>Schaeffler</strong> stand ein<br />

erstklassiges Unternehmen vor <strong>de</strong>n Toren<br />

Hannovers. Es hätte für <strong>Conti</strong>nental wirklich<br />

schlimmer kommen können. Der Wi<strong>de</strong>rstand<br />

gegen <strong>Schaeffler</strong> überraschte <strong>de</strong>nnoch<br />

nicht, weil Vorstän<strong>de</strong> gerne übersehen,<br />

dass ihnen „ihr Unternehmen“ nicht<br />

gehört, son<strong>de</strong>rn sie, wenngleich unter Berücksichtigung<br />

auch an<strong>de</strong>rer Interessen, zu<br />

tun und zu lassen haben, was die Aktionäre<br />

wollen. Bei <strong>de</strong>r lange gegebenen Aktionärsstruktur<br />

konnten von Grünberg und<br />

Wennemer fast wie Alleineigentümer walten<br />

und schalten; bis jemand sich daran<br />

machte, <strong>de</strong>n Konzern zu übernehmen.<br />

<strong>Schaeffler</strong> als Arbeitgeber hat und hatte<br />

einen <strong>gut</strong>en Ruf. Während in Krisenzeiten<br />

in Hannover Belegschaften gegen<br />

Herrn Wennemer auf die Straße gingen,<br />

<strong>de</strong>monstrierte die Belegschaft in Herzogenaurach<br />

für ihr Unternehmen und für <strong>de</strong>ren<br />

Eigentümer. Wie so viele an<strong>de</strong>re Aktiengesellschaften,<br />

so glänzt auch <strong>Conti</strong>nental<br />

mit viel Papier und vielen darauf gedruck-<br />

20<br />

ten Versprechungen zu Themen wie Corporate<br />

Governance, zu Unternehmensleitsätzen,<br />

zu Corporate Social Responsibility.<br />

Bekenntnisse solcher Art gibt es auch bei<br />

großen mittelständischen Betrieben, auch<br />

bei <strong>de</strong>r <strong>Schaeffler</strong>-Gruppe. Während aber –<br />

so im Fall <strong>Schaeffler</strong> – ein Inhaber entschei<strong>de</strong>t,<br />

dass zum Beispiel zur För<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>r Kunst eine Million Euro hier und für soziale<br />

Projekte fünf Millionen Euro gespen<strong>de</strong>t<br />

wer<strong>de</strong>n und auch „außer <strong>de</strong>r Reihe“<br />

Hilfsgel<strong>de</strong>r fließen, wenn die Not groß ist,<br />

hätten sich in Konzernen wie <strong>Conti</strong>nental –<br />

okay, es ist vielleicht krass überzeichnet –<br />

selbst Manager <strong>de</strong>r oberen Ebenen vor<br />

Herrn Wennemer ausdrücklich dafür verantworten<br />

müssen, <strong>de</strong>m Blin<strong>de</strong>nverein in<br />

Hintertupfing mit vier Winterreifen für das<br />

Vereinsauto gefällig gewesen zu sein. Ein<br />

Unternehmen ist ja schließlich kein Sozialamt,<br />

o<strong>de</strong>r?<br />

Mit einem Ankeraktionär <strong>de</strong>r Marke<br />

<strong>Schaeffler</strong> ist auch je<strong>de</strong>m mit Sitz im Vorstand<br />

o<strong>de</strong>r Aufsichtsrat klar, wem <strong>de</strong>r La<strong>de</strong>n<br />

gehört und dass man ihm nur dienen kann,<br />

selbst aus höchsten Managerpositionen<br />

heraus. Es wer<strong>de</strong>n sich so keine Konstellationen<br />

bil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>rgestalt, dass man sich gegenseitig<br />

im Management in immer höhere<br />

Einkommensdimensionen treiben konnte,<br />

wie es z.B. dank <strong>de</strong>r „Hochzeit im Himmel“<br />

zwischen Daimler-Benz und Chrysler<br />

zu beobachten war.<br />

Zu befürchten dürfte heute jedoch sein,<br />

dass auch <strong>Schaeffler</strong>, in <strong>de</strong>m Umfang wie<br />

die Gruppe nun wirklich kapitalmarktfähig<br />

gemacht <strong>wird</strong> (wer<strong>de</strong>n muss), dann auch<br />

genauso tickt wie an<strong>de</strong>re Aktiengesellschaften<br />

auch. <strong>Die</strong> personelle Besetzung<br />

<strong>de</strong>s neu geschaffenen Beirats <strong>de</strong>utet es an.<br />

<strong>Die</strong> Herren kennen sich aus. Sie hatten und<br />

haben Spitzenpositionen in größeren Aktiengesellschaften.<br />

Einen Vorteil sollte man<br />

darin nicht sehen.<br />

Ein Kompliment muss man „<strong>de</strong>n<br />

<strong>Schaeffler</strong>s“ aber auf je<strong>de</strong>n Fall machen. <strong>Die</strong><br />

von katastrophalen Marktumstän<strong>de</strong>n getriebene<br />

<strong>Schaeffler</strong>-Mannschaft hat <strong>de</strong>n<br />

Mut niemals verloren, nie aufgegeben, immer<br />

alle <strong>de</strong>nkbaren Alternativen mit <strong>de</strong>m<br />

Rücken zur Wand durchgestan<strong>de</strong>n. Heute<br />

schien alles verloren, an an<strong>de</strong>ren Tagen<br />

zeigten sich kleinere Hoffnungsstrahlen.<br />

Maria-Elisabeth <strong>Schaeffler</strong> hat Nerven, Stil<br />

und Stehvermögen bewiesen. Offenbar<br />

kann sie in schwierigsten Momenten immer<br />

Gerhard Lerch<br />

Nach drei Jahrzehnten im <strong>Die</strong>nst <strong>de</strong>r<br />

<strong>Conti</strong> bekommt <strong>de</strong>r 66-jährige Ruheständler<br />

nochmals Hun<strong>de</strong>rttausen<strong>de</strong><br />

Euro, um im <strong>Die</strong>nst erworbenes Wissen<br />

und Erfahrung nicht an einen Wettbewerber<br />

weitergeben zu können<br />

noch Menschen für sich gewinnen; das<br />

zeichnet nun mal Führungspersönlichkeiten<br />

aus. Wer nicht mehr weiß wie es weitergeht,<br />

behielt fest im Auge, dass es weitergeht<br />

und greift zurück auf alte Volksweisheiten.<br />

„Festes Beharren im Wollen bringt<br />

je<strong>de</strong>n Karren ins Rollen. Und rollt er, stets<br />

daran <strong>de</strong>nken, was sich bewegt, das lässt<br />

sich auch lenken.“ Wenn es <strong>de</strong>nn noch nicht<br />

ihr Leitspruch war, heut könnte er’s sein. Sicher<br />

ist wohl: <strong>Die</strong> Verlockungen können<br />

noch so groß wer<strong>de</strong>n, <strong>Schaeffler</strong> ist nicht<br />

mehr das, was es mal war. Das Unternehmen<br />

hat am Abgrund gestan<strong>de</strong>n. Davon<br />

kommt man nicht, wie oft behauptet <strong>wird</strong>,<br />

„gestärkt hervor“. Man <strong>wird</strong> an<strong>de</strong>rs. Sicherheit<br />

ist das Gebot <strong>de</strong>r Stun<strong>de</strong>. Das gibt vielleicht<br />

niemals jemand zu, aber mit einiger<br />

Wahrscheinlichkeit <strong>wird</strong> sehr sehr viel in<br />

Zukunft von Nachhaltigkeit gere<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n,<br />

wenn man auch Sicherheit meint, wenn<br />

man meint, Schritt für Schritt auf „organisches<br />

Wachstum“ setzen zu sollen, <strong>de</strong>nn<br />

auf Abenteuer.<br />

Erinnerungen –<br />

Opfer lassen nie lange auf<br />

sich warten<br />

Als Erster biss Manfred Wennemer freiwillig<br />

im August 2008 ins satte Gras. Ihm wur<strong>de</strong><br />

die Restlaufzeit seines Vertrages mit


mehr als sieben Millionen Euro sofort ausbezahlt,<br />

inzwischen <strong>wird</strong> er pensionsberechtigt<br />

sein und 60 Prozent <strong>de</strong>s letzten<br />

Jahreseinkommens beziehen, Jahr für Jahr<br />

bis zum letzten Atemzug. Während ein Arbeiter<br />

sich auf Sperrung seines Arbeitslosengel<strong>de</strong>s<br />

einstellen muss bei einem solchen<br />

Verfahren, erhält ein Vorstand Millionen,<br />

einfach nur dafür, künftig keinen Finger<br />

mehr fürs Unternehmen krumm zu machen.<br />

Manfred Wennemer, ein Opfer?<br />

Opfer Nummer zwei: Wennemer-<br />

Nachfolger Dr. Karl-Thomas Neumann. Er<br />

versuchte auf <strong>de</strong>r Jahreshauptversammlung<br />

2009 Tempo aufzunehmen und<br />

<strong>Schaeffler</strong> mit Ultimaten in Zugzwang zu<br />

bringen. Warum? <strong>Conti</strong>nental sah eine echte<br />

Chance, sich aus <strong>de</strong>r <strong>Schaeffler</strong>schen<br />

Umklammerung doch noch lösen zu können.<br />

Man wähnte <strong>de</strong>n nach Lage <strong>de</strong>r Dinge<br />

völlig überschul<strong>de</strong>ten Großaktionär bewegungsunfähig<br />

an straffer Leine <strong>de</strong>r Banken.<br />

<strong>Schaeffler</strong>? Großaktionär? Na und? <strong>Alles</strong><br />

auf Pump. Wie man weiß, wur<strong>de</strong> Neumann<br />

Opfer von Aufsichtsräten, die ihn anstachelten,<br />

um ihn im entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Moment<br />

doch im Stich zu lassen. Doch Karl-Thomas<br />

Neumann hatte auch seinen Zahltag. Mit 7,4<br />

Millionen Euro im Gepäck ging er von Bord<br />

und heuerte wie<strong>de</strong>r bei Volkswagen an,<br />

führt <strong>de</strong>ssen Aktivitäten auf <strong>de</strong>m chinesischen<br />

Markt und hat Chancen, irgendwann<br />

VW-Chef Winterkorn zu beerben. Karl-Thomas<br />

Neumann, ein Opfer?<br />

Opfer Nummer drei: Finanzchef Dr.<br />

Alan Hippe. Er lan<strong>de</strong>t über eine Zwischenstation<br />

bei ThyssenKrupp ab März 2011 als<br />

Finanzchef bei Hoffmann-La Roche, Jahresgehalt<br />

vier Millionen Euro. Alan Hippe,<br />

ein Opfer?<br />

Ansonsten sind viele Spitzenmanager<br />

sowieso relativ schmerzfrei. Es ist für sie einerseits<br />

ein lachhaftes Anerbieten, auf hier<br />

beschriebene Zahlungen, die ihnen sowohl<br />

nach Recht und Gesetz als auch nach <strong>de</strong>m<br />

Selbstverständnis zustehen, verzichten zu<br />

sollen, an<strong>de</strong>rerseits wür<strong>de</strong>n sie es als bo<strong>de</strong>nlose<br />

Unverschämtheit ansehen, wenn<br />

ein Arbeiter Lohnfortzahlung dafür verlangen<br />

wür<strong>de</strong>, dass er aus Verärgerung einfach<br />

so „in <strong>de</strong>n Sack gehauen hat“. Das steht<br />

solch treulosen Gesellen ja wohl nicht zu.<br />

Ist das alles nicht nur logisch o<strong>de</strong>r ist es ein<br />

Beweis dafür, dass sich die Welt wenigstens<br />

partiell in ein Irrenhaus verwan<strong>de</strong>lt hat?<br />

Dass einflussreiche Persönlichkeiten es mit<br />

sich selbst und ihresgleichen nicht schlecht<br />

meinen, ist okay. Überraschend ist gelegentlich<br />

<strong>de</strong>r Begründungsreichtum wie<br />

zwei Beispiele aus <strong>de</strong>r Gummibranche zeigen.<br />

Zur Verabschiedung in <strong>de</strong>n Ruhestand<br />

bekam Goodyear-Chef Gibara noch schnell<br />

eine knappe halbe Million Dollar Extrazahlung<br />

„für nicht genommenen Urlaub“. Eine<br />

Bonuszahlung wäre vor <strong>de</strong>m Hintergrund<br />

eines Rekordverlustes kaum zu begrün<strong>de</strong>n<br />

gewesen. Der vormalige <strong>Conti</strong>Tech-Chef<br />

Gerhard Lerch war schon drei Jahrzehnte<br />

als Führungskraft in <strong>de</strong>n <strong>Die</strong>nsten <strong>de</strong>r <strong>Conti</strong>nental<br />

gewesen, bis er 2005 in <strong>de</strong>n Konzernvorstand<br />

berufen wur<strong>de</strong>. Dass ihm damit<br />

eine Pension aus <strong>de</strong>m Topf Leiten<strong>de</strong>r<br />

Angestellter zusteht, ist eine Selbstverständlichkeit.<br />

Einzelheiten über Vorstandspensionen<br />

waren in früheren Geschäftsbe-<br />

Größe allein be<strong>de</strong>utet nichts. <strong>Die</strong> sehr<br />

erfolgreiche Reifenfirma Pirelli steuert mit<br />

einem Umsatz von rund vier Milliar<strong>de</strong>n Euro<br />

zweistelligen EBIT-Margen entgegen,<br />

während die dreimal größere Goodyear seit<br />

ebenfalls schon mehreren Jahren um eine<br />

schwarze Null o<strong>de</strong>r sogar nur um<br />

Reduzierung früherer Verluste kämpft<br />

richten nachzulesen; <strong>de</strong>r Name Lerch fehlte<br />

dabei. Steuerrechtliche Grün<strong>de</strong>, dies ist<br />

reine Spekulation, könnten <strong>de</strong>r Gewährung<br />

einer üppigen Vorstandspension, wie sie<br />

bei <strong>de</strong>r <strong>Conti</strong> üblich ist, im Weg gestan<strong>de</strong>n<br />

haben wegen <strong>de</strong>r vorhersehbaren nur noch<br />

kurzen Laufzeit von drei Jahren. Der im<br />

Jahr 2010 vorgelegte Geschäftsbericht<br />

2009 informiert nun darüber, dass <strong>de</strong>m 66jährigen<br />

Pensionär eine Karenzentschädigung<br />

für die Dauer eines (vermutlich zweijährigen)<br />

Wettbewerbsverbots gewährt <strong>wird</strong><br />

und für das Kalen<strong>de</strong>rjahr 2009 schon mal<br />

687.000 Euro bezahlt wor<strong>de</strong>n sind und somit<br />

vermutlich die nächsten 687.000 Euro<br />

für 2010 folgen. Das ist sehr scha<strong>de</strong> für<br />

Herrn Lerch, stand er doch bei seinen Leuten<br />

in sehr hohem Ansehen, während es ihn<br />

nun so aussehen lässt, als sei <strong>de</strong>r <strong>Conti</strong>-<br />

Tech-Chef, <strong>de</strong>r immer Loyalität einfor<strong>de</strong>rte<br />

und immer Loyalität bekam, nur mit Geld<br />

davon abzuhalten gewesen, <strong>de</strong>r eigenen<br />

Mannschaft als Pensionär zum Dank dann<br />

doch noch in <strong>de</strong>n Garten zu …, schon klar,<br />

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nicht wahr? Schwamm drüber, nur keine<br />

Neid<strong>de</strong>batte. <strong>Alles</strong> nur Peanuts.<br />

Den Gipfel aller Begründungen kann je<strong>de</strong>nfalls<br />

ein Branchenfrem<strong>de</strong>r, Dr. Thomas<br />

Mid<strong>de</strong>lhoff, für sich reklamieren. Der „Ständige<br />

Ausschuss“ <strong>de</strong>s Arcandor-Aufsichtsrates<br />

machte ihn um 2,3 Millionen Euro reicher.<br />

Ein Bonus habe ihm zwar nach <strong>de</strong>n<br />

vereinbarten Kriterien, orientiert an Bilanzkennzahlen<br />

wie EBITDA und Cashflow nicht<br />

zugestan<strong>de</strong>n und auch <strong>de</strong>r „Zielerreichungsgrad“<br />

lag zumin<strong>de</strong>st beim Cashflow<br />

<strong>de</strong>utlich unter <strong>de</strong>n Erwartungen. Deswegen<br />

wich man auf „Son<strong>de</strong>rboni“ aus, mit <strong>de</strong>nen<br />

Mid<strong>de</strong>lhoffs „mutige Entscheidungen“ sowie<br />

sein „strategischer Weitblick“ gewürdigt<br />

wur<strong>de</strong>n. Sechs Monate später war <strong>de</strong>r Konzern<br />

pleite.<br />

Es gibt aber auch wirkliche Opfer. So<br />

verloren bei<strong>de</strong> Unter-<br />

nehmenssprecherihre Jobs bei <strong>Schaeffler</strong><br />

und <strong>Conti</strong>nental und,<br />

soweit bekannt, hat einer<br />

von ihnen immer<br />

noch nicht wie<strong>de</strong>r Anschluss<br />

gefun<strong>de</strong>n.<br />

Nicht zu vergessen<br />

auch die vielen<br />

tausend Belegschaftsmitglie<strong>de</strong>r,<br />

die ihren<br />

Job verloren, weil die<br />

bis zum Hals im Morast versunkenen Unternehmen<br />

<strong>Schaeffler</strong> und <strong>Conti</strong>nental mit<br />

Radikalkuren vorgehen mussten. Nach Umfragen<br />

<strong>de</strong>r Frankfurter Allgemeinen Zeitung<br />

zählten zu Beginn <strong>de</strong>s Jahres 2010 sowohl<br />

<strong>Conti</strong>nental als auch vor allem <strong>Schaeffler</strong> zu<br />

<strong>de</strong>n „Top Ten <strong>de</strong>r Stellenstreicher“. Übrigens<br />

konnte selbst Bosch auf Entlassungen<br />

nicht völlig verzichten, doch die Zahl<br />

<strong>de</strong>r Entlassungen entsprach nicht mal<br />

einem Zehntel <strong>de</strong>ssen, was bei <strong>Conti</strong>-<br />

<strong>Schaeffler</strong> offenbar unabdingbar war.<br />

Es kann nur besser wer<strong>de</strong>n. <strong>Alles</strong> <strong>wird</strong><br />

<strong>gut</strong>. Hoffentlich!<br />

klaus.had<strong>de</strong>nbrock@reifenpresse.<strong>de</strong><br />

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