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Appetitlosigkeit bei Tumorpatienten - Dr. Thomas Gronau

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<strong>Appetitlosigkeit</strong> <strong>bei</strong> <strong>Tumorpatienten</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tsgemeinschaft Prävention und Integrative Onkologie<br />

1. Ursachen<br />

der<br />

Deutschen Krebsgesellschaft<br />

<strong>Appetitlosigkeit</strong> <strong>bei</strong> Patienten mit einer Krebserkrankung kann vielfältige Ursachen haben.<br />

Sie kann im Zusammenhang mit einer unbehandelten Krebserkrankung auftreten,<br />

einhergehend mit allgemeinem Kräfteverfall, Müdigkeit und leichter Erschöpfbarkeit. Dies<br />

führt oft vor Diagnosestellung bereits zu einer deutlichen Gewichtsabnahme, die sich<br />

schleichend über Wochen und Monate, manchmal aber auch kurzfristig entwickeln kann.<br />

Kommt es im Rahmen der Krebserkrankung zu Störungen im Magen-Darm-System, sei es<br />

durch eine primär im Bereich von Rachen, Kehlkopf, Speiseröhre, Magen, Darm liegende<br />

Krebserkrankung, sei es durch eine Krebserkrankung im Bauchraum, die von außen auf<br />

Organe des Verdauungssystems wirkt, so kann es zu verschiedenen Symptomen wie z. B.<br />

Schluckstörungen, Völlegefühl und Obstipation kommen, die zum Teil so uncharakteristisch<br />

sind, dass sie nicht auf eine Krebserkrankung hindeuten.<br />

Bei einem Befall der Leber durch ein primär in der Leber entstandenes Karzinom<br />

(Leberzellkarzinom), Tumoren der Gallenblase und Gallenwege oder durch einen Befall der<br />

Leber mit Metastasen kommt es oft zu <strong>Appetitlosigkeit</strong> und sich daraus entwickelndem<br />

Gewichtsverlust.<br />

Im Rahmen der Therapie einer Krebserkrankung kann es aus vielfältigen Gründen zu<br />

<strong>Appetitlosigkeit</strong> kommen. Größere operative Eingriffe, insbesondere im Bereich des<br />

Verdauungssystems, aber auch bestimmte Medikamente wie z. B. Opiate, können den<br />

Appetit mindern und die Verdauungsfunktionen beeinflussen.<br />

In der sich oft anschließenden Phase der Chemotherapie kann es zu Übelkeit und Erbrechen<br />

kommen. Je nach angewendetem Schema der Chemotherapie kann sich dies über lange<br />

Zeit hinziehen. Auch nach Aufhören der Übelkeit bzw. <strong>bei</strong> deren effektiver Behandlung<br />

1


klagen viele Patienten noch über eine unterschiedlich ausgeprägte <strong>Appetitlosigkeit</strong>, die auf<br />

einer Reizung der Schleimhäute beruhen oder auch in Zusammenhang mit Übelkeit auftreten<br />

kann.<br />

In einigen Fällen ist eine Bestrahlung erforderlich, die <strong>bei</strong> Einbeziehung der Organe des<br />

Verdauungssystems ebenfalls zu Störungen führen kann, die oft mit einer <strong>Appetitlosigkeit</strong><br />

einhergehen.<br />

Für viele Patienten stellt aber auch alleine das Wissen um eine bösartige Erkrankung,<br />

insbesondere eine Krebserkrankung, eine erhebliche psychische Belastung dar, die sich<br />

auch körperlich in Form von <strong>Appetitlosigkeit</strong> ausdrücken kann.<br />

2. Therapie<br />

Zur erfolgreichen Therapie der <strong>Appetitlosigkeit</strong> gehört zunächst die Klärung der individuell<br />

dazu <strong>bei</strong>tragenden Faktoren. Beeinflussbare Faktoren wie z. B. Obstipation, Übelkeit und<br />

Erbrechen sollten gezielt behandelt werden.<br />

Des Weiteren empfiehlt sich ein kombiniertes Vorgehen aus Ernährungstherapie,<br />

medikamentöser Unterstützung und gegebenenfalls auch psychoonkologischer Begleitung.<br />

Zur medikamentösen Therapie der <strong>Appetitlosigkeit</strong> gibt es verschiedene Möglichkeiten:<br />

Die Pflanzenheilkunde bietet eine große Auswahl an Präparaten: Tausendgüldenkraut,<br />

Artischockenblätter, China- Condurango- und Zimtrinde, Löwenzahnwurzel und -blätter,<br />

Wermutkraut, Pomeranzenschalen, Enzian-, Calmus- und Angelikawurzel, Schafgarbe,<br />

und Ingwerwurzelstock. Diese Substanzen können als Einzelpräparationen (insbesondere<br />

Enzian-, Ingwer- und Calmuswurzel, Wermutkraut) gegeben werden, oft werden jedoch<br />

Gemische verabreicht, die zum Teil auch Geschmackskorringenzien enthalten.<br />

Bitterstoffe führen zu einer vermehrten Speichelsekretion im Mund, zu einer Verbesserung<br />

der Motorik im Magen, zu einer vermehrten Produktion von Gallen- und Pankreassekreten<br />

und über indirekte Mechanismen zur Appetitsteigerung.<br />

Wichtig sind die richtige Zubereitung und die rechtzeitige Einnahme vor der Mahlzeit (20-<br />

30 Minuten), außerdem ist die Anwendung vor jeder Mahlzeit erforderlich.<br />

Beispiele für Zubereitungen:<br />

Enzianwurzel: 1 Teelöffel fein geschnittene Enzianwurzel auf 1 Tasse Wasser, 5 Minuten<br />

ziehen lassen oder 20-40 Tropfen Tinctura gentianae in 1 Glas Wasser. Calmuswurzel:<br />

Tinctura calami, 20-30 Tropfen auf 1 Glas Wasser.<br />

2


Ingwerwasser: 1 Teelöffel grob gepulverte Ingwerwurzel auf 1 Tasse heißes Wasser, 5-10<br />

Minuten abgedeckt ziehen lasen.<br />

Zur Therapie aus der Schulmedizin gehören Gestagen- und Kortisonpräparate. Hier<strong>bei</strong><br />

sind die Vor- und Nachteile dieser Präparate zu betrachten.<br />

Gestagene werden eher Frauen verordnet. Sie waren <strong>bei</strong> rezeptorpositiven Tumoren der<br />

Brust früher Bestandteil der antihormonellen Therapie, eine Option, die heute noch <strong>bei</strong>m<br />

Prostatakarzinom des Mannes in seltenen Fällen in Erwägung zu ziehen ist. Gestagene<br />

können <strong>bei</strong> Frauen, aber auch Männern deutliche Appetit steigernde Effekte entfalten. Zu<br />

beachten ist eine etwas erhöhte Thromboseneigung, so dass <strong>bei</strong> bereits erhöhtem<br />

Thromboserisiko eventuell zusätzlich mit einem niedermolekularen Heparin behandelt<br />

werden sollte.<br />

Kortisonpräparate werden im Zusammenhang mit einigen Chemotherapieprotokollen und<br />

<strong>bei</strong> Hirnmetastasen eingesetzt. Wenn erforderlich kann aber der bekannte Appetit<br />

steigernde Effekt unabhängig von diesen Indikationen ausgenutzt werden. Bei den<br />

Nebenwirkungen ist auf Auswirkungen auf den Stoffwechsel, insbesondere die<br />

Blutzuckerregulation, und <strong>bei</strong> längerer Einnahme auf Faktoren wie Osteoporose und zu<br />

achten. Relativ schnell führen Kortisonpräparate außerdem zu einem Muskelschwund und<br />

können damit die körperliche Schwäche verstärken.<br />

Ob Cannabis <strong>bei</strong> <strong>Tumorpatienten</strong> zu einer Verbesserung des Appetits führt, ist umstritten.<br />

Einige Studie haben positive Effekte gezeigt. Cannabis gibt es als zugelassenes<br />

Arzneimittel, das auf speziellen Rezepten (sog. Betäubungsmittelrezepte) verordnet<br />

werden kann. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Therapiekosten meist<br />

nicht. Cannabispräparate können Nebenwirkungen haben, die insbesondere <strong>bei</strong> höheren<br />

Dosierungen auftreten. Deshalb ist ein vorsichtiger Beginn wichtig.<br />

Vielfach führen auch die starken psychischen Belastungen durch die Erkrankung und ihre<br />

Therapie zur <strong>Appetitlosigkeit</strong>. Wohl meinende Bemühungen der (zum Teil ebenso<br />

verzweifelten) Angehörigen wie „Du musst etwas essen.“, führen eher zum Gegenteil.<br />

Neben einer einfühlsamen Ernährungsberatung durch Arzt und Diätassistentin kann auch<br />

eine psychoonkologische Betreuung hilfreich sein.<br />

Ein pflanzliches Mittel gegen Depressionen ist Johanniskraut, das aber nur nach<br />

Rücksprache mit dem Onkologen eingenommen werden sollte, da es die Wirksamkeit<br />

anderer Medikamente beeinflusst.<br />

Stand 12.12.2012<br />

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