11.04.2013 Aufrufe

Die Frau im Islam Nicht erst seit unsere Gesellschaft zu ... - Kerber-Net

Die Frau im Islam Nicht erst seit unsere Gesellschaft zu ... - Kerber-Net

Die Frau im Islam Nicht erst seit unsere Gesellschaft zu ... - Kerber-Net

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Die</strong> <strong>Frau</strong> <strong>im</strong> <strong>Islam</strong><br />

<strong>Nicht</strong> <strong>erst</strong> <strong>seit</strong> <strong>unsere</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>zu</strong> einer multikulturellen wird, stellt sich die Frage: Gibt es<br />

eigentlich menschliche Werte, die für alle Menschen verbindlich sind, oder hat jede Kultur ihre<br />

eigenen und für sie gültigen Wertvorstellungen. Gerade nachdem die europäische Zivilisation<br />

jahrhundertelang die Wertvorstellungen anderer Kulturen, die sie für minderwertig hielt,<br />

rücksichtslos verdrängt hat, sei es durch Gewalt, sei es durch „Missionierung“, sind wir <strong>zu</strong><br />

Respekt anderen Kulturen gegenüber verpflichtet. <strong>Die</strong> moderne Völkerkunde hat den tiefen<br />

Sinn solcher kultureller Vorstellungen aufgezeigt, die früher schlicht für „pr<strong>im</strong>itiv“ gehalten<br />

wurden. Aber folgt daraus schon, dass man auf jede Kritik anderer Vorstellungen verzichten<br />

muss, dass es keinen Maßstab für eine solche Kritik gibt?<br />

Ein Beispiel: <strong>Die</strong> Beschneidung<br />

In vielen Ländern des nördlichen Afrika werden Mädchen beschnitten. Durch die<br />

Einwanderung von dort nach Europa stellt sich auch hier das Problem, wie man etwa <strong>seit</strong>ens<br />

der Ärzte oder der Justiz mit diesem Brauch umgehen soll. Der folgende Zeitungsartikel<br />

informiert über den Vorgang.<br />

„Nach der Operation wirst du hübscher“<br />

In Ägypten werden mehr als 90 Prozent der Mädchen der ländlichen Bevölkerung beschnitten<br />

Von Michael Lennertz<br />

KAIRO, <strong>im</strong> Juni. „Noch heute werden mehr<br />

als 90 Prozent aller Mädchen der<br />

ländlichen Bevölkerung beschnitten.“ Mit<br />

dieser Tatsache schockierte Mahmoud Kar<strong>im</strong>,<br />

ein bekannter Gynäkologe und Professor an<br />

der Ain - Shams - Universität in Kairo, seinen<br />

kleinen Zuhörerkreis bei einer Diskussion an<br />

der Amerikanischen Universität <strong>zu</strong>m Thema<br />

„Weibliche Beschneidung in Ägypten“. <strong>Die</strong><br />

<strong>seit</strong> Jahrhunderten bestehende Tradition wird,<br />

von wenigen Ausnahmen abgesehen, einfach<br />

totgeschwiegen und gleichzeitig unvermindert<br />

fortgeführt. „Das Tabu ist Tradition“, sagt<br />

Kar<strong>im</strong>, der sich <strong>seit</strong> dreißig<br />

Jahren bemüht, diese<br />

„sexuelle Gewaltanwendung“<br />

ab<strong>zu</strong>schaffen, allerdings<br />

bislang wenig erfolgreich.<br />

<strong>Die</strong> Gründe für die<br />

Beschneidung der <strong>im</strong> Westen<br />

und in einigen aufgeklärten<br />

Kreisen in Ägypten für<br />

barbarisch geltenden<br />

Prozedur sind vielfältig. Mit<br />

dem Einv<strong>erst</strong>ändnis religiöser<br />

Kreise werden sie<br />

vorgebracht von Müttern,<br />

die ihre Töchter beschneiden<br />

lassen, den beschnittenen<br />

Mädchen selbst sowie von<br />

„Dayas“, den traditionellen<br />

Geburtshelferinnen, und<br />

sogar von einigen Ärzten.<br />

[...] „meine Tante und ein<br />

Arzt erklärten mir damals,<br />

dass die Beschneidung notwendig für meine<br />

Karte aus: Internationale Aktion<br />

gegen die Beschneidung von<br />

Mädchen und <strong>Frau</strong>en.<br />

http://home.tonline.de/home/intact/index.html<br />

Zukunft sei und meine Heirat garantieren<br />

würde“, berichtet die heute 34 Jahre alte<br />

Mona einer Sozialarbeiterin. Es sei wichtig,<br />

„rein“ <strong>zu</strong> sein. Kamilla wurde mit falschen<br />

Versprechungen <strong>zu</strong>r Beschneidung überredet:<br />

„nach der Operation wirst du größer, schöner,<br />

und deine Haut wird hell und sauber“, sagte<br />

ihre Mutter. <strong>Die</strong> Ansicht, dass eine<br />

unbeschnittene <strong>Frau</strong> männlich sei, einen<br />

ungezügelten Geschlechtstrieb habe und <strong>zu</strong>r<br />

Untreue neige, ist weit verbreitet. [...]<br />

Der Druck der <strong>Gesellschaft</strong> und der Wunsch,<br />

sich nicht von Gleichaltrigen <strong>zu</strong> unterscheiden,<br />

bewegen die Mädchen oft<br />

da<strong>zu</strong>, den schmerzhaften<br />

Schnitt <strong>zu</strong> ertragen. Wie<br />

sonst nur bei der Heirat wird<br />

eine <strong>Frau</strong> bei der<br />

Beschneidung geehrt, mit<br />

einer prachtvollen Mahlzeit<br />

verwöhnt und beschenkt<br />

[...]<br />

In der Regel liegt das<br />

Durchschnittsalter der<br />

Mädchen bei der<br />

Beschneidung zwischen<br />

sechs und acht Jahren. Es<br />

handelt sich um die teilweise<br />

oder vollständige Entfernung<br />

der äußeren weiblichen<br />

Genitalien. [...]<br />

Nach Ergebnissen einer<br />

ausführlichen Studie, die<br />

Soziologen und<br />

Wissenschaftler vor drei<br />

Jahren geleitet haben, werden auf dem Lande


Beschneidung_<strong>Frau</strong>.doc 2<br />

85 Prozent der kleinen Mädchen, Christen wie<br />

Musl<strong>im</strong>e, <strong>zu</strong>r Beschneidung <strong>zu</strong>r Hebamme<br />

oder <strong>zu</strong> einem Friseur gebracht und nicht <strong>zu</strong><br />

einem Arzt. Mediziner fürchten, dass<br />

unhygienische Bedingungen bei der<br />

Beschneidung Infektionen begünstigen.<br />

Krankheiten können leicht übertragen werden<br />

- möglicherweise auch Aids. Es sind Mädchen<br />

an der Beschneidung verblutet. Zu den<br />

[Aus: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24.06.1991]<br />

medizinischen Auswirkungen des Eingriffs<br />

gehören in <strong>erst</strong>er Linie Mangel an sexuellem<br />

Interesse und manchmal orgasmische<br />

Störungen. Einige beschnittene <strong>Frau</strong>en<br />

entwickeln nach der Reife eine Furcht vor<br />

Geschlechtsverkehr oder leiden an<br />

chronischen Infektionen. [...]<br />

In den folgenden Leserbriefen nehmen zwei LeserInnen <strong>zu</strong> dem <strong>im</strong> Artikel angesprochenen<br />

Sachverhalt Stellung.<br />

Nur wenige Menschen in der Weltöffentlichkeit<br />

und außerhalb des weiten Gebietes der<br />

Betroffenen ist das traditionell motivierte<br />

Massenverbrechen der sexuellen<br />

V<strong>erst</strong>ümmelung von Millionen von Mädchen<br />

und jungen <strong>Frau</strong>en bekannt, das Sie am 24.<br />

Juni <strong>im</strong> Aufsatz „Nach der Operation wirst du<br />

hübscher“ behandelten. Auch überregionale<br />

Versuche, dies <strong>zu</strong> ändern (z.B. über die<br />

Vereinten Nationen), hatten fast keine<br />

Wirkung auf diesen grausamen Brauch.<br />

Alljährlich sind etwa 20 bis 30 Millionen<br />

<strong>Frau</strong>en, Mädchen und weibliche Kinder davon<br />

betroffen. Der Ursprung dieses archaischen<br />

Brauches ist durch Ethnologen und Historiker<br />

schwer <strong>zu</strong> datieren. Auf jeden Fall ist er einige<br />

tausend Jahre älter als der <strong>Islam</strong>.<br />

Wie mache Kulturhistoriker vermuten, kann<br />

die Unsitte der Beschneidung von Mädchen<br />

und <strong>Frau</strong>en aus dem Ausgang der Steinzeit<br />

hergeleitet werden, als die „Machtübernahme<br />

[Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5. 07.91 (gekürzt) ]<br />

Lassen wir die pseudohumanitäre, in Wahrheit<br />

aber von Revolverblättern aller Provenienz so<br />

geschätzte Melange aus Rührseligkeit,<br />

Sadismus und einem gerüttelten Maß von<br />

Unwissen einmal bei<strong>seit</strong>e und beschränken wir<br />

uns auf die Feststellung, dass wir es bei den<br />

Riten der Beschneidung mit<br />

Erscheinungsformen sakraler Kulturen <strong>zu</strong> tun<br />

haben, die mit den lächerlich profanen<br />

Modebegriffen aus dem Bereich der<br />

Sexualmoral und der Sexualhygiene nicht<br />

einmnal ansatzweise <strong>zu</strong> erfassen sind.<br />

Seit den Erkenntnissen, die uns die<br />

Anthropologie beschert hat, wissen wir<br />

wenigstens, dass wir es nicht mit<br />

barbarischen Perversitäten <strong>zu</strong> tun haben,<br />

sondern ganz <strong>im</strong> Gegenteil: mit<br />

hochkulturellen Erscheinungsformen, die sich<br />

unter Umständen auf ältere Traditionen und<br />

stärker ausgeprägte Kulturdifferenzierungen<br />

des Patriarchats“ erfolgte, als <strong>zu</strong>r Zeit des<br />

Beginns individuellen Eigentums, wo<strong>zu</strong> auch<br />

die <strong>Frau</strong> in der Einzahl und der Mehrzahl<br />

gezählt worden ist. Und um das Eigentum an<br />

Vieh und sonstigem Besitztum „rechtmäßig“<br />

<strong>zu</strong> vererben, musste der Mann sicher sein,<br />

dass seine Erben aus seinem Samen und nicht<br />

aus dem eines anderen Mannes entsprungen<br />

sind. Eine wichtig erscheinende<br />

Vorausset<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> diesem Ziele war es daher,<br />

sich der Treue der (Ehe-) <strong>Frau</strong> <strong>zu</strong> versichern.<br />

<strong>Die</strong> am zweckmäßigsten erscheinende<br />

Methode schien die Entfernung des sinnlichen<br />

Zentrums der <strong>Frau</strong>, der Klitoris, <strong>zu</strong> sein. Dass<br />

man ihr damit auch die Lust am Int<strong>im</strong>verkehr,<br />

an der Sexualität überhaupt nahm, sie also<br />

sexuell „blendete“, gebot der Eigennutz des<br />

Mannes.<br />

berufen können als die Kulturen Europas.<br />

Entgegen dem Augenschein, unter Berufung<br />

auf den man natürlich spektakulär -<br />

schnulzige Horrorstories für prompt dankbar<br />

ergriffenes Publikum en masse produzieren<br />

kann, handelt es sich bei sämtlichen<br />

Beschneidungsriten um einen Akt der<br />

kulturellen und gesellschaftlichen Initiation,<br />

der - und dies ist der Kern des Ritus - ein<br />

ganz best<strong>im</strong>mtes Ethos <strong>zu</strong>r Folge hat. <strong>Die</strong>ses<br />

Ethos ist, wie bei allen sakralen Kulturen, in<br />

der Kosmologie begründet und lässt die<br />

Teilnehmer der Initiation als Repräsentanten<br />

und Träger jener kosmischen Ordnung aus<br />

dem Ritual hervorgehen. Im Fall der<br />

Beschneidung heißt das: die magische<br />

Verwandlung des „Naturwesens Mann“ und<br />

des „Naturwesens <strong>Frau</strong>“ <strong>zu</strong> „Kulturwesen“, die<br />

an der kosmischen Ordnung und deren<br />

höchster Repräsentation, der sakralen


Beschneidung_<strong>Frau</strong>.doc 3<br />

Gemeinschaft selbst, <strong>zu</strong> partizipieren<br />

<strong>im</strong>stande sind. Da die kosmischen „essentials“<br />

selbst als Dualität gedacht werden, müssen<br />

die beiden Geschlechter selbst eine solche<br />

Dualität repräsentieren, um sich <strong>im</strong> Sinne<br />

jener Kosmologie vereinigen <strong>zu</strong> können. Da<br />

in Repräsentationssystemen eo ipso keine<br />

Trennung zwischen Organischem und<br />

Psychischem vorgenommen werden kann, hat<br />

die „Kultivierung der menschlichen Sexualität“<br />

natürlich auch organische Folgen.<br />

Ob das nun lieb ist oder grausam, ob das nun<br />

für oder gegen Gleichberechtigung<br />

europäischer Sekretärinnen spricht, das hat<br />

[DIE ZEIT. Nr. 2 vom 1.06.1979 (gekürzt) ]<br />

mit dem Versuch, nichteuropäische Kulturen<br />

<strong>zu</strong> begreifen, nicht das Mindeste <strong>zu</strong> tun.<br />

Ich persönlich wünsche mir einen<br />

Humanismus - aber einen kosmopolitischer<br />

Toleranz und nicht provinzieller Borniertheit.<br />

Ich wünsche mir mehr Sensibilität für uns<br />

fremde Traditionen. Ich wünsche mir ein<br />

Aufhören der ewigen Verwechslung von<br />

Humanität und Sent<strong>im</strong>entalität. <strong>Die</strong>jenigen,<br />

die gesagt haben „die armen Mohrenkinder“,<br />

waren <strong>zu</strong>gleich die <strong>erst</strong>en, die ihnen den Kopf<br />

abgeschlagen haben - <strong>im</strong> übertragenen wie <strong>im</strong><br />

realen Sinn.<br />

Internationale Aktion gegen die Beschneidung von Mädchen und <strong>Frau</strong>en<br />

(INTAKT)<br />

http://home.t-online.de/home/intact/index.html<br />

Spiegel Panorama <strong>zu</strong>r Beschneidung (mit weiteren Links)<br />

http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,121616,00.html<br />

Förderung von Initiativen <strong>zu</strong>r Überwindung der weiblichen Genitalv<strong>erst</strong>ümmelung<br />

http://www.gtz.de/fgm/themes/theme4.html<br />

Viele weitere Links:<br />

http://www.gtz.de/fgm/links/links.html<br />

http://www.<strong>zu</strong>m.de/Faecher/D/Saar/gym/religion/islam/links_islam.htm<br />

Beschneidung_<strong>Frau</strong>.doc

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!