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Zur Terminologie in der Sprachkontakt- forschung ... - Carsten Sinner

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<strong>Zur</strong> <strong>Term<strong>in</strong>ologie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Sprachkontakt</strong><strong>forschung</strong><br />

cultura", die alle sprachlichen Funktionen sowohl hochsprachlicher als auch<br />

umgangssprachlicher Art <strong>in</strong> allen Domänen des täglichen Lebens übernimmt.<br />

Die Zweisprachigkeit, die entsteht, bevor K<strong>in</strong><strong>der</strong> bewußt zwei Sprachen<br />

kontrastieren können, nennt Badia i Margarit (1969) "bil<strong>in</strong>güisme natural" und<br />

stellt diesem Konzept das des "bil<strong>in</strong>güisme ambiental" gegenüber, <strong>der</strong> durch den<br />

ständigen (gegebenenfalls erzwungenen) Kontakt zu e<strong>in</strong>er zweiten Sprache<br />

zustande kommt. In Galicien schließlich wurde das <strong>der</strong> Sprachwissenschaft<br />

eigentlich unbekannte und e<strong>in</strong>deutig politisch motivierte Konzept des sogenannten<br />

"bil<strong>in</strong>güismo harmónico" (harmonischer Bil<strong>in</strong>guismus) geprägt, das<br />

nach Me<strong>in</strong>ung galicischer L<strong>in</strong>guisten wie Henrique Monteagudo vom Instituto<br />

de L<strong>in</strong>gua Galega (ILG) nichts an<strong>der</strong>es als e<strong>in</strong>e beschönigende Umschreibung<br />

e<strong>in</strong>er konfliktiven Realität ist. 19<br />

Die Verwässerung <strong>der</strong> Darstellung von <strong>Sprachkontakt</strong>situationen durch die<br />

nebulöse <strong>Term<strong>in</strong>ologie</strong> zur Kennzeichnung <strong>der</strong> Arten von Zwei- o<strong>der</strong><br />

Mehrsprachigkeit bleibt vielfach unbemerkt, da nicht immer klar def<strong>in</strong>iert wird,<br />

mit welchen <strong>der</strong> vielen verschiedenen Konzepte von Bil<strong>in</strong>guismus gearbeitet<br />

wird. 20 Vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abweichende <strong>in</strong>dividuelle Übersetzungen aus <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Sprachen geprägten <strong>Term<strong>in</strong>ologie</strong>n verursachen zusätzliches Durche<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, da<br />

die übersetzten Term<strong>in</strong>i dann nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> – und auch neben <strong>der</strong> autochtonen<br />

<strong>Term<strong>in</strong>ologie</strong> – verwendet werden und durch ungenügende o<strong>der</strong> fehlende<br />

Literaturverweise zudem häufig auch nicht mehr klar zurückzuverfolgen s<strong>in</strong>d. 21<br />

Auf diese Weise setzt sich die konzeptuelle Inkonsistenz h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong><br />

term<strong>in</strong>ologischen E<strong>in</strong>ordnung <strong>in</strong> Arbeiten fort, <strong>in</strong> denen verschiedene<br />

konzeptuelle Auslegungen von Bil<strong>in</strong>guismus aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong>treffen, ohne daß dies<br />

den Autoren klar geworden zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t (bzw. ohne daß auf diesen Umstand<br />

geson<strong>der</strong>t h<strong>in</strong>gewiesen würde). Auch dieses Problem ist vor bald dreißig Jahren<br />

eigentlich erschöpfend diskutiert worden, lei<strong>der</strong> ohne daß sich im praktischen<br />

Umgang mit <strong>der</strong> <strong>Term<strong>in</strong>ologie</strong> bis heute etwas geän<strong>der</strong>t hätte. 22<br />

19)<br />

"O termo de bil<strong>in</strong>güismo harmónico é un enmascaramento da realidade, negando que a relación<br />

galego-castelán sexa conflictiva, teña tensións, cousa que non se pode negar" (A Nosa Terra,<br />

26.9.96).<br />

20)<br />

Vgl. das von Bratt Paulston (1988) herausgegebene International handbook of bil<strong>in</strong>gualism and<br />

bil<strong>in</strong>gual education, wo die im Glossar gegebene und sehr allgeme<strong>in</strong> gehaltene Def<strong>in</strong>ition von<br />

bil<strong>in</strong>gualism ("the ability to speak two different languages" (1988: 579)) den Gebrauch des<br />

Term<strong>in</strong>us <strong>in</strong> manchen Beiträgen nur ungenügend wi<strong>der</strong>spiegelt.<br />

21)<br />

Z.B. <strong>der</strong> Gebrauch des Term<strong>in</strong>us "bil<strong>in</strong>güismo <strong>in</strong>herente" bei Santamar<strong>in</strong>a (1995: 71), <strong>der</strong><br />

zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> Santamar<strong>in</strong>as Interpretation dem passiven Poliglottismus Dalmaus entspricht.<br />

22)<br />

Vgl. auch hierzu den hervorragenden Artikel von Oksaar (1972), <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e ihre Kritik am<br />

Umgang mit dem Term<strong>in</strong>us bil<strong>in</strong>gual: "What bil<strong>in</strong>gualism is, has <strong>in</strong> fact not only theoretical<br />

relevance. The term 'bil<strong>in</strong>gual' appears <strong>in</strong> numerous tests and enquiries, <strong>in</strong> connection with the<br />

effect of bil<strong>in</strong>gual education upon children and the rather dubious question of usefulness or<br />

<strong>in</strong>juriousness of bil<strong>in</strong>gualism. In tests with bil<strong>in</strong>gual children the k<strong>in</strong>d of bil<strong>in</strong>gualism and of<br />

samples have often not been stated [...]. The results, however, have been given general validity<br />

and they are frequently cited <strong>in</strong> pedagogical and psychological literature” (Oksaar 1972: 482).<br />

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