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Marianne lachte. Merzens plötzlich wieder erlangte Entschlusskraft gefiel ihr.<br />
Sie saßen gemütlich auf der Terrasse mit Kaffee und Obsttorte. Ab und zu blickten sie auf den<br />
See, der ruhig und ohne Wellen dalag. Ein paar verlassene Ruderboote schaukelten dort.<br />
Marianne gestand, wie schön sie es finde, endlich, nach langer Zeit, wieder einen Wunsch von<br />
ihm zu spüren. Er habe seine Leidenschaft zurückgewonnen. Mit seiner Hand fuhr er zwischen<br />
Mariannes Schenkel unter dem Tisch. Sie zuckte etwas zusammen, verdrehte die Augen und<br />
lachte.<br />
Bevor Merz die Gabel in das Tortenstück stechen konnte, kippte es auf den Kopf, weil der Belag<br />
oben schwerer war als der Tortenboden. Merz stellte das Stück mit der Gabel wieder auf den<br />
Boden. Aber die Torte kippte erneut auf den Kopf, als wäre in ihr ein Magnet eingebaut.<br />
Erst reagierte Merz mit Ärger auf diesen Torten-Umfall-Mechanismus, dann sah er in Mariannes<br />
schöne Augen und vergaß alles Übel.<br />
„Das kommt davon, wenn man oben mit unten verwechselt!“, erklärte Merz, kicherte und gestand<br />
Marianne, dass er sie sehr liebe.<br />
Michael Liebusch, geb. 1963, studierte in Frankfurt, schreibt, malt, veranstaltet Kunst, betreibt das<br />
Stimmenarchiv des Frankfurter Literaturtelefons auf www.kunstraum-liebusch.de. Statement: Kunst<br />
machen heißt Verdichten, Konzentrieren, einen Brühwürfel fertigen – das Leben daraus verflüssigen<br />
beim Rezipieren. Bücher: „Bewegungsversuche“, mit C.Bedor 2008, „Der fabelhafte Hub“ 2009, „Die<br />
Hauptstadt von Island“ 2011, demnächst: „Heimliche Vorgänge und gerechtes Licht“.<br />
März <strong>2013</strong> 25<br />
www.<strong>eXperimenta</strong>.de