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Ambulantes Flexibles Clearing - Stiftung Evangelische Jugendhilfe ...

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Fachtagung „F F amilien unterstützen<br />

unterst tzen“<br />

Bernburg, 14. April 2008<br />

<strong>Ambulantes</strong><br />

<strong>Flexibles</strong><br />

<strong>Clearing</strong><br />

Referentin: Katrin Schütze – D ittrich<br />

<strong>Stiftung</strong> E vangelis che<br />

J ugendhilfe St. J ohannis B ernburg


[2]<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1) Standortbestimmung 3<br />

2) Gesetzliche Grundlagen 5<br />

3) Erwartungen 7<br />

4) Aufgaben und Inhalte eines Ambulanten Flexiblen <strong>Clearing</strong>s 8<br />

5) Inhaltliche Konzeptbausteine / Strukturvorschlag 12<br />

6) Anforderungen an die fachliche Leistung 13<br />

7) Quellen und weiterführende Literaturhinweise 16<br />

Seite<br />

Fachtagung „Familien unterstützen“ • Bernburg, 14.04.2008 • <strong>Stiftung</strong> <strong>Evangelische</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> St. Johannis Bernburg


1) Standortbestimmung<br />

[3]<br />

<strong>Ambulantes</strong> <strong>Flexibles</strong> <strong>Clearing</strong> ist ein Leistungsangebot innerhalb der <strong>Jugendhilfe</strong>,<br />

welches ein breites Spektrum an Angeboten und fachlichen Wirklichkeiten<br />

beschreibt.<br />

Je nach professioneller Herkunft und Selbstverständnis der Fachkräfte kommen<br />

verschiedene Ansätze zur Anwendung bezogen auf die Themen<br />

- Auftragsklärung<br />

- Sozialpädagogischer Diagnostik/ Fallverstehen<br />

- Rahmenbedingungen<br />

- Interventionen<br />

- Beteiligungsformen<br />

Darauf verweist schon der 11. Kinder- und Jugendbericht.<br />

Dieser beschreibt,<br />

dass zur Fragestellung des Bedarfes und der Geeignetheit von Hilfen in den<br />

Jugendämtern und auch bei den freien Trägern unterschiedliche<br />

Betrachtungs- und Herangehensweisen existieren, die zu unterschiedlichen<br />

Lösungs- und Hilfsangeboten führen.<br />

Nähert man sich diesem Leistungsangebot inhaltlich theoretisch so wird deutlich,<br />

dass viele Begrifflichkeiten sich um dieses Thema ranken (Diagnose, Intervention,<br />

Fallverstehen, diagnostisches Fallverstehen, Prognose, Beteiligung,<br />

Aushandlungsprozesse, Empfehlungen, Ressourcenanalyse usw.).<br />

All diese fachlichen Begrifflichkeiten gehören in ein <strong>Clearing</strong>verfahren und<br />

beschreiben die differenzierte Vielfalt und die damit verbundenen Erwartungen<br />

aller Beteiligten an diesen Prozess.<br />

Die Entstehung oder auch die Tatsache der Etablierung eines „Ambulanten<br />

Flexiblen <strong>Clearing</strong>s“ lässt die Fragestellung aufkommen:<br />

„Wozu“ ist dieses spezielle Leistungsangebot notwendig und welche fachliche<br />

Notwendigkeit ist vorhanden, um diese Fragestellung zu vertiefen?<br />

WOZU?<br />

Die fachliche Vertiefung und Erweiterung dieser Leistung hat sich aus der<br />

Tatsache entwickelt, dass <strong>Jugendhilfe</strong>angebote und die damit verbundenen<br />

Leistungen sich gegenüber den steigenden Kosten in diesem Bereich erklären<br />

müssen.<br />

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[4]<br />

„ Wirkung und Kosten“<br />

Die Fragestellung an öffentliche und freie Träger, welche Rahmenbedingungen<br />

gestalten sich eher hilfreich innerhalb von Hilfeprozessen gepaart mit der<br />

Fragestellung von Wirkungsorientierung im Bereich der <strong>Jugendhilfe</strong> steht dabei im<br />

Brennpunkt der Überlegung.<br />

Die Reflektion von Hilfeprozessen sowie die wissenschaftlichen Untersuchungen<br />

dazu zeigen sehr deutlich, dass Hilfeverläufe umso erfolgreicher sich gestalten, je<br />

intensiver man sich mit den Variablen auseinandersetzt.<br />

- Beginn einer Hilfe<br />

- Beteiligung der Koproduzenten in diesem Prozess<br />

- Zeit und Raum für Diagnostik<br />

- Entwicklung eines gemeinsamen Arbeitsauftrages<br />

- Verstehen von Wirkzusammenhängen in familiären Strukturen<br />

Ziel, ist es<br />

Hilfebedarfe besser und genauer zu erkunden und zu planen, um somit eine<br />

Verbesserung der fachlichen Qualität, Erhöhung der Wirksamkeit und<br />

Kundenzufriedenheit zu erreichen.<br />

Die fachliche Zentrierung auf den Anfang oder den Beginn einer gemeinsamen<br />

Arbeit ist dabei von besonderer Bedeutung.<br />

Vergegenwärtigt man sich insbesondere auf den Beginn eines möglichen<br />

Prozesses, so stehen alle Beteiligten, die die Aufgabe haben sich ein Bild von der<br />

Situation zu machen und mit diesem Bild eine Hilfe zu konstruieren, vor einem<br />

hochkomplizierten Verstehensprozess.<br />

längere Entwicklung der Zuspitzung und spezifische Ausformung von<br />

Problemen<br />

Komplexität und Unstrukturiertheit der Situation<br />

Unsicherheit, wie die Situation wahrzunehmen und zu bewerten ist<br />

Dilemma zwischen Unstrukturiertheit und Handlungsanforderung<br />

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[5]<br />

Diese Handlungsunsicherheit und Unstrukturiertheit von biografischen<br />

Zusammenhängen, die Komplexibilität von Einflüssen gepaart mit der<br />

Handlungsanforderung eine geeignete und sinnvolle Hilfe so professionell und<br />

schnell wie möglich in krisenhaften Situationen zu gestalten, bringen handelnde<br />

Fachleute in ständige Notsituationen.<br />

Die Idee, dass alle Beteiligten reflektiert, professionell und eigenverantwortlich<br />

ihre Wünsche und Ziele kennen, diese auch äußern, traumatische Biografien sofort<br />

verstehen und die Erwartung entsprechende Lösungs- und Interventionsvorschläge<br />

in kürzester Zeit zur Verfügung zu haben, bedeutet für alle am Prozess beteiligten<br />

eine fachliche aber auch emotionale Überforderung.<br />

2) Gesetzliche Grundlagen<br />

§ 27 Hilfe zur Erziehung<br />

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28<br />

bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem<br />

erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale<br />

Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden.<br />

§ 36 Mitwirkung, Hilfeplan<br />

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll,<br />

wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist,<br />

im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden.<br />

Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen<br />

mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem<br />

Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über<br />

den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe die notwendigen<br />

Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte<br />

Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Werden bei der<br />

Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder<br />

Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiter an der<br />

Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen.<br />

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[6]<br />

Ein Hilfeplan sollte folgende Grundelemente enthalten:<br />

- Nennung der Beteiligten und der Beteiligungsformen, insbesondere wie die<br />

Personensorgeberechtigten und das Kind, der/die Jugendliche in den<br />

Beratungsprozess einbezogen worden sind und welche Vorstellungen von<br />

ihnen vertreten werden,<br />

- Konkretisierung des erzieherischen Bedarfs,<br />

- Darstellung der bisher geleisteten Hilfen,<br />

- Überlegungen und Vorschläge für geeignete Hilfen (aus der Sicht des<br />

Kindes/Jugendlichen, der Eltern/Personensorgeberechtigten, des JA, anderer<br />

Stellen/Träger,<br />

- Hinweise darauf, ob eine >>geeignete und notwendige >die<br />

Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie innerhalb eines im Hinblick<br />

auf die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen vertretbaren Zeitraumes<br />

so weit verbessert werden, dass sie das Kind oder Jugendlichen wieder selbst<br />

erziehen kann


[7]<br />

Klatetzki spricht hier von einer „praktischen Ideologie“, die einer Organisation<br />

herausgebildet wird: einem Muster von Wahrnehmungen, auf das sich die<br />

Organisationsmitglieder in ihrer praktischen Arbeit implizit „geeinigt“ haben<br />

und mit dem sie ihre Arbeitsaufgaben ordnen und in praktische<br />

Bearbeitungsmuster bringen. Solche „praktischen Ideologien“, die eine<br />

bestimmte Ausrichtung des „diagnostischen Blicks“ nahe legen, werden häufig<br />

der Mitglieder eine Organisation „vereinheitlicht“, wenn ein Großteil der<br />

Mitglieder eines Organisationssegments (z.B. eines ASD-Teams) eine<br />

gemeinsame Richtung von Fortbildungen bevorzugt. Ein ASD-Team, bei dem<br />

mehrere (oder gar alle) Mitglieder eine Zusatzausbildung in systemischer<br />

Familientherapie bzw. Familienberatung gemacht haben, wird andere<br />

„Diagnosen“ hervorbringen als ein ASD-Team, das seine Fortbildung für die<br />

Interpretation schwieriger Erziehungssituationen und für die Hilfegestaltung in<br />

einer tiefenpsychologischen oder in einer lerntheoretischen Richtung auswählt.<br />

3) Erwartungen<br />

<strong>Ambulantes</strong> <strong>Flexibles</strong> <strong>Clearing</strong><br />

(1) eine allgemein orientierte Funktion<br />

(2) eine entscheidungs- u. beschlussorientierende Funktion<br />

(3) eine prozessgestaltende- und interventionsbegleitende Funktion<br />

Die Strukturierung der Situation erfolgt dadurch, dass die Wahrnehmung mit<br />

bestimmten Fragestellungen unterlegt wird, mit der Frage nach der<br />

Hilfebedürftigkeit.<br />

An „<strong>Ambulantes</strong> <strong>Flexibles</strong> <strong>Clearing</strong>“ richtet sich somit die Erwartung,<br />

Handlungssicherheit zu gewinnen, mangelnde Überschaubarkeit durch Gewinn an<br />

legitimierbarer Orientierung zu reduzieren.<br />

Das Ideal vom „Ambulanten Flexiblen <strong>Clearing</strong>“ besteht in der Verfügbarkeit und<br />

in der Anwendung von Instrumenten, die eine Analyse von Situationen so<br />

spezifisch und aussagekräftig machen, dass man möglichst treffgenau die „richtige<br />

Maßnahme“ logisch ableiten und ergreifen kann.<br />

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An „Diagnostik“ richtet sich somit die Erwartung, Handlungssicherheit zu<br />

gewinnen, mangelnde Überschaubarkeit durch Gewinn an legitimierbarer<br />

Orientierung zu reduzieren.<br />

[8]<br />

- möglichst systematische Erkenntnisgewinnung<br />

- und der darauf aufbauenden Strukturierung<br />

- Situationen sind immer mehrdeutig und erlauben je nach „diagnostischer<br />

Brille“ immer mehrere Wahrnehmungen und Interpretationen<br />

- die Irrtumswahrscheinlichkeit lässt sich auch durch eine Verfeinerung des<br />

diagnostischen Instrumentariums nicht grundlegend verändern. Anders als<br />

beispielsweise in der Medizin lassen sich die schwierigen<br />

Erziehungsverhältnisse nicht abgrenzen.<br />

„Sozialpädagogische Hilfe ist immer eine koproduktiv geleistete Hilfe“<br />

Es bleibt zu bedenken und hier besteht ein Restrisiko an Irrtumswahrscheinlichkeit,<br />

dass die sozialen Prozesse und dessen Veränderungen von differenziellen<br />

Einflüssen bedingt werden, die wir als Fachkräfte weder vorhersehen noch im<br />

Hilfeprozess vorausplanen können.<br />

Es ist die Kunst der Fachkräfte die „Einflüsse“ kreativ aufzunehmen, zu denken<br />

und in den Prozess zu integrieren. Es Bedarf einer fachlichen Flexibilität und<br />

Veränderungsbereitschaft dies umzusetzen.<br />

4) Aufgaben und Inhalte eines Ambulanten Flexiblen <strong>Clearing</strong>s<br />

Allgemein<br />

Die sozialpädagogische Diagnostik, generell, aber im Speziellen innerhalb des<br />

Angebotes „Ambulanten Flexiblen <strong>Clearing</strong>s“ in der <strong>Jugendhilfe</strong>, ist eine<br />

unverzichtbare Vorraussetzung für qualifizierte Hilfsangebote für Kinder und<br />

Jugendliche und deren Eltern.<br />

Es gehört deshalb zu den Kernaufgaben sozialpädagogischer Fachkräfte in der<br />

<strong>Jugendhilfe</strong>, mittels fundierter Beurteilung<br />

- von Lebensumständen<br />

- Entwicklungspotenzialen<br />

- Einschätzung von Gefährdungssituationen<br />

- in einem partnerschaftlichen Prozess<br />

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[9]<br />

realisierbare Vorschläge für geeignete Hilfen zur Förderung von Kindern,<br />

Jugendliche und deren Familien zu formulieren.<br />

Um eine zielgenaue Zukunftsperspektive aussprechen zu können, ist es deshalb<br />

erforderlich zu erkennen:<br />

„Was die Familie geprägt hat und ihre Situation<br />

ausmacht“.<br />

Dieses „Verstehen“ der Familie, das Verständnis von Zusammenhängen bedarf<br />

einen Kanon von differenzierten Rahmenbedingungen mit dem Ziel der<br />

Benennung eines passgenauen Hilfesettings in Kooperation mit dem<br />

Hilfeempfänger.<br />

So lehrt die Theorie, dass solche Dienstleistungen nur als Ko-Produktionen<br />

vorstellbar sind.<br />

Eltern und Kinder sind nicht passive Konsumenten für sie erbrachter<br />

Hilfeleistungen, sondern aktive Mitgestallter dieser Leistungen.<br />

Nur durch das Zutun der Adressaten wird aus den Anstrengungen und<br />

Angeboten der sozialen Fachkräfte überhaupt ein Prozess, der geeignet sein kann,<br />

die gewünschte oder für erforderlich gehaltene Unterstützung und Entwicklung zu<br />

fördern.<br />

Professionelle Einschätzungen in den Feldern der „Sozialen Arbeit“ sind<br />

angewiesen auf Diagnosen und Dialoge.<br />

Diagnose (durchblickende Unterscheidungen)<br />

Dialoge (Verstehen und Verständigung, bemühtes Sprechen und Zuhören)<br />

Nur wer einen begründeten Zusammenhang zwischen seinen<br />

Situationsbeschreibungen und Problemdeutungen auf der einen, sowie den<br />

Handlungs- und Interventionsideen auf der anderen Seite herzustellen<br />

vermag, kann nachvollziehbar professionelle Experten in Anspruch<br />

nehmen.<br />

In der Koproduktion zwischen Dienstleister und Nutzer sind solche darstellbaren<br />

Zusammenhänge von besonderer Bedeutung, wie auch zu den professionellen<br />

angrenzenden Disziplinen.<br />

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[10]<br />

Zum einen dienen sie der Verständigung, machen erkennbar und nachvollziehbar,<br />

was und warum etwas getan oder unterlassen werden soll.<br />

Zum anderen werden über solche Begriffe Zugehörigkeit und Abgrenzung<br />

geregelt, wird definiert, was eine Profession von anderen unterscheidet und was<br />

die, die dazugehören wollen und zu akzeptieren haben.<br />

In der Sozialen Arbeit kann jede Einschätzung und Beurteilung nur<br />

Hypothesencharakter haben.<br />

Schrapper bezeichnet Diagnostik in diesem Zusammenhang als<br />

„Diagnostisches Fallverstehen“, da diese Begrifflichkeit sich abgrenzt von der<br />

Einseitigkeit einer Diagnostik aus medizinischer Sicht.<br />

Christian Schrapper beschreibt es als eine der wichtigsten Aufgaben<br />

sozialpädagogischer Diagnostik.<br />

„Den Eigenen-Sinn des Handelns von Klienten in der Lebensgeschichte zu<br />

erhellen, dessen Funktion für Lebens- und Entwicklungsgeschichte deutlich<br />

machen, expertengestütztes Fremdverstehen und selbstinterpretatives Eigenverstehen<br />

ausbalancieren und pädagogisch und diszipliniert offenes Wissen<br />

verbinden.<br />

(1) Die systematische Sammlung und Verarbeitung eigener Daten und<br />

Fakten, sowie Einschätzungen anderer.<br />

(2) Die Konfrontation professioneller Einschätzungen mit den<br />

Erfahrungen und Deutungen der Menschen, um die es geht.<br />

(3) Der selbstkritische Blick auf das Helfersystems und Reflexion der<br />

Hilfegeschichte.<br />

(4) Das Zusammenführen und Auswerten von Schlussfolgerungen der<br />

diagnostischen Arbeit zu Schlussfolgerungen und<br />

Handlungsvorschlägen.<br />

(5) Das „Zurückgeben“ der Deutungen und Beurteilungen an die<br />

betroffenen Menschen, im Sinne der Anstrengung der<br />

Verständigung“.<br />

(6) Die gute Dokumentation und Evaluation als Grundlage für Kontrolle<br />

und Weiterentwicklung, und damit Legitimation sozialpädagogischer<br />

Diagnostik.<br />

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Definition<br />

[11]<br />

Diagnostisches Fallverstehen in der Sozialen Arbeit ist das Ergebnis einer<br />

systematischen, regelgeleiteten, empirisch fundierten Informationssammlung,<br />

-auswertung und -interpretation auf der Grundlage von Wissen, Erfahrungen<br />

und reflektierter situativer Intuition.<br />

Es dient dem Verstehen der kontinuierlichen Überprüfung der Urteils- und<br />

Entscheidungsfindung der Fachkräfte bei der Einleitung, Begleitung und<br />

Beendigung von Interventionsprozessen.<br />

Dies geschieht im Dialog mit den Adressaten und Klienten, mit denen<br />

diagnostische Aussagen und sie damit begründeten Interventionen von Anfang an<br />

diskutiert und deren abweichende Problemeinschätzung dokumentiert werden.<br />

Das Spannungsverhältnis von Verstehen und Beurteilen<br />

Verstehen zielt primär darauf ab, Menschen aus ihrer eigenen, subjektiven Logik,<br />

aus ihren Selbstdeutungen zu begreifen. Zugleich aber können eben diese<br />

Selbstdeutungen Teil der Probleme sein, die die Gesellschaft, das soziale Umfeld<br />

mit den Adressatinnen und Klienten sozialer Arbeit hat. Selbstdeutungen alleine<br />

können diagnostische Analysen also nicht ersetzen. Sie stellen aber wichtiges<br />

Material und korrigierende Kontrastfolien für die Fremddeutung dar.<br />

<strong>Clearing</strong>prozesse werden immer von zirkulären Anforderungen begleitet sind nicht<br />

Stationen einer linearen Abfolge.<br />

Sie erklären, dass Lebensereignisse die Menschen vorwärts bringen, oft schwierige<br />

Lebenssituationen wären, die natürlich als große Belastung oder als Herausforderung<br />

erlebt würden.<br />

Meist seien die betroffenen Menschen an diesen Situationen aber auch gewachsen.<br />

Dabei sei der Wille der Menschen das wertvollste Gut, Motivation zu suchen und<br />

an deren Motivation anzuschließen.<br />

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[12]<br />

5) Bausteine, Instrumente und Arbeitsweisen sozialpädagogischer<br />

Diagnostik<br />

Bausteine, Instrumente u. Arbeitsweisen<br />

Sozialpädagogischer Diagnostik<br />

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[13]<br />

6) Anforderungen an die Entscheidungsfindung<br />

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[14]<br />

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[15]<br />

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[16]<br />

7) Quellen und weiterführende Literaturhinweise<br />

Schrapper, T. (Hrsg.): Sozialpädagogische Diagnostik und Fallverstehen in der<br />

<strong>Jugendhilfe</strong>. Anforderungen, Konzepte, Perspektiven, Weinheim 2004<br />

Merchel, Joachim: „Diagnose“ in der Hilfeplanung: Anforderungen und<br />

Problemstellungen, Neue Praxis, Neuwied 2003<br />

Merchel, Joachim: Zwischen „Diagnose“ und „Aushandlung“, in: Peters, F.<br />

(Hrsg.): Diagnosen – Gutachten – hermeneutisches Fallverstehen, Frankfurt/ M.<br />

1999<br />

Klatetzki, Th.: Qualitäten der Organisation., in Merchel, Joachim (Hrsg.): Qualität<br />

in der <strong>Jugendhilfe</strong> – Kriterien und Bewertungsmöglichkeiten., Münster 1998<br />

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