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Strategischer Wandel als identitätsbildender Prozess - Universität St ...

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An ihren Annahmen werdet ihr sie erkennen – wissenschaftstheoretische und methodische<br />

Grundüberlegung<br />

Der Zusammenhang zwischen Grammatik und Wirklichkeit wird gut nachvollziehbar<br />

in einer Anekdote von FISCHER erläutert.<br />

Als in einer Provinz in Italien das Grundwasser verseucht war und die Bevölkerung<br />

kein Wasser mehr hatte, veränderte ein findiger Bürgermeister einfach den Grenzwert<br />

für die Verseuchung von Wasser. Der Grenzwert stellte sozusagen den grammatischen<br />

Maßstab dar, der an der Wirklichkeit angelegt wurde, um zu testen, ob das Wasser<br />

verseucht war oder nicht. Indem der Bürgermeister den Maßstab veränderte, hatte er<br />

nun sauberes Wasser. Würde man dieser „Manipulation“ begegnen indem man sagt:<br />

“Aber in Wirklichkeit war das Wasser eben doch vergiftet!“, greift man lediglich auf<br />

einen anderen grammatischen Maßstab zurück. Allerdings kann man sich für diesen<br />

grammatischen Maßstab auch nicht auf die davon unabhängige Wirklichkeit beziehen.<br />

Was vergiftet ist und was nicht ist einzig und allein vom Begriff bzw. dessen<br />

Grammatik abhängig. 167<br />

Damit wird der Unterschied zwischen der realistischen und der konstruktivistischen<br />

Semantik deutlich: Es handelt sich nicht um ein unabhängiges Verhältnis, wie es die<br />

übliche Abbildung der Welt in der realistischen Semantik zu suggerieren versucht. In<br />

der Sprache <strong>als</strong> Sprachspiel sind die Regeln <strong>als</strong> Grammatiken untrennbar mit der<br />

Lebensform verknüpft. 168<br />

Wörter funktionieren in diesem Zusammenhang wie die Spielfiguren im Schachspiel.<br />

Ein „Pferd“ ist nicht die Spielfigur auf dem Schachbrett, es ist eine Regel. Es gibt<br />

diese Figur in verschiedenen Variationen, Materialien und Formen. Das Gemeinsame<br />

der Spielfiguren ist die Gebrauchsregel zur Verwendung der Wörter. Sie legen die<br />

Regeln und Regelverstöße fest: So z.B. dass es beim Halma keinen Elfmeter gibt! Ein<br />

Computer kommt sogar ganz ohne Spielfiguren nur mit Regeln aus.<br />

GERGEN verdeutlicht die spiel- bzw. kontextabhängige Funktion der Wörter am<br />

Beispiel „Begrüßungsspiel“:<br />

167 Vgl. Fischer, 1995.<br />

168 Regeln werden im weiteren Verlauf dieser Arbeit <strong>als</strong> <strong>St</strong>rukturen und Lebensformen <strong>als</strong> <strong>Prozess</strong>e bzw.<br />

Handlungen aufgefasst werden. Die untrennbare Verbindung von <strong>St</strong>ruktur und Handlung, wie sie hier in der<br />

konstruktivistischen Semantik entwickelt wurde, wird für die Argumentation des organisationalen <strong>Wandel</strong>s<br />

später noch wichtig.

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