07.04.2013 Aufrufe

Strategischer Wandel als identitätsbildender Prozess - Universität St ...

Strategischer Wandel als identitätsbildender Prozess - Universität St ...

Strategischer Wandel als identitätsbildender Prozess - Universität St ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Grundsteine organisationaler Theoriegebäude<br />

Entscheidungen in Organisationen. 290 Der Preis der generalisierenden Übertragung<br />

dieses technischen Modells in den Kontext sozialer Systeme besteht allerdings darin,<br />

dass u.a. die Wechselwirkungen zwischen dem angeblich unabhängigen Beobachter<br />

und dem System <strong>als</strong> dem Objekt seiner Beobachtung vernachlässigt wurden.<br />

4.2.1 Konstruktivistische Systemtheorie – ein Gedankenexperiment<br />

Um den Unterschied der neuen, konstruktivistischen, systemtheoretischen Ansätze<br />

sowie der Kybernetik 2. Ordnung darzustellen, wird der Leser nunmehr zu einem<br />

Gedankenexperiment eingeladen 291 :<br />

<strong>St</strong>ellen Sie sich vor, Sie sitzen auf der Tribüne eines <strong>St</strong>adions. Sie haben – aus<br />

welchen Gründen auch immer – noch nie etwas von Fußball gehört oder gesehen. Auf<br />

dem Spielfeld vor Ihnen findet gerade ein Fußballspiel statt – mit allem, was zu einem<br />

Fußballspiel gehört: 22 kurzbehoste Spieler, ein Schiedsrichter und ein Ball. Aller-<br />

dings tragen 21 Spieler, der Schiedsrichter und der Ball eine „selektive Tarnkappe“,<br />

d.h. Sie (der Zuschauer) können die Spieler nicht sehen, aber die Spieler können sich<br />

untereinander sehen.<br />

Was Sie jetzt auf dem Rasen beobachten, ist das merkwürdige Verhalten eines<br />

einzelnen Kurzbehosten: Er fällt hin, tritt Luftlöcher, reißt die Arme hoch oder bleibt<br />

wie eine Mauer stehen. Als Arzt oder Psychologe werden Sie sehr schnell zu biologi-<br />

schen oder intrapsychischen Erklärungen (Hirnfunktionsstörung, kompensatorische<br />

Überreaktion, o.ä.) greifen, um das sonderbare Phänomen zu ergründen. Die Erklä-<br />

rungen konzentrieren sich dabei auf das Innere des Kurzbehosten.<br />

Entfernen die Tarnkappenträger die Tarnkappen, dann ist das vorher unverständliche<br />

Verhalten nicht mehr lange erklärungsbedürftig. Vielmehr machen die Interaktionen<br />

zwischen den Beteiligten Sinn, weil Sie sie nun im Kontext (der Ball, die Tore und die<br />

anderen Spieler) beobachten können.<br />

Nach einer Weile, in der Sie auch noch die Regeln, nach denen die Interaktionen von-<br />

statten gehen, kennen gelernt haben, ist der Kurzbehoste für Sie keineswegs mehr ge-<br />

stört oder hirnorganisch defizitär. Er verhält sich im Rahmen des geregelten Spiels<br />

völlig normal.<br />

290 Vgl. Willke, 1991.<br />

291 Vgl. Schumacher, 2000; Witsch-Rothmund, 1997.<br />

119

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!