Matthias Dall'Asta »Jüdische Brahmanen - Frommann-Holzboog
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<strong>»Jüdische</strong> <strong>Brahmanen</strong>«<br />
<strong>Matthias</strong> Dall’ Asta<br />
Auf der Schwelle zur Neuzeit begann Johannes Reuchlin (1455 – 1522) als einer<br />
der ersten nordeuropäischen Humanisten, die griechischen und hebräischen<br />
Quellentexte der Antike und des Mittelalters in einer Bibliothek zu sammeln und<br />
wieder neu zu erschließen. Seiner Einschätzung nach hatte sich Europas lateinischer<br />
Westen allzu lange mit tertiären, nur abgeleiteten Überlieferungen (»sumpfigem<br />
Wasser«) begnügt, ohne aus den ungetrübteren Zeugnissen (»Bächen«) der<br />
Griechen oder gar dem »Quellwasser« der Juden zu schöpfen: »Nos igitur Latini<br />
paludem bibimus, Graeci rivos, Iudaei fontes.« 1 Dieser Satz gibt dem Begriff der<br />
literarischen Quelle nicht nur seine verblaßte Bildhaftigkeit zurück, sondern enthält<br />
bereits in nuce Reuchlins Theorie der translatio studiorum, wie er sie im<br />
zweiten Buch seines 1517 erschienenen Dialogs De arte cabalistica weiter ausführt:<br />
Die lateinische beruhe auf der griechischen Philosophie und diese wiederum<br />
auf alten jüdischen Überlieferungen, die in der Antike vor allem von Pythagoras<br />
rezipiert worden seien. In diesem Zusammenhang spricht Reuchlin davon, mit<br />
Pythagoras hätten damals bei den Indern auch »die Juden, welche man <strong>Brahmanen</strong><br />
nannte« (»Iudaei, quos appellarunt Brachmanas«) philosophiert, wofür<br />
fälschlicherweise der vermeintliche Peripatetiker Aristobulos als Gewährsmann<br />
angeführt wird. 2<br />
1 Hippocrates De praeparatione hominis, ad Ptolemaeum regem, nuper e Graeco in Latinum traductus a<br />
Ioanne Reuchlin, Tübingen: Thomas Anshelm 1512, fol. A 2 v.<br />
2 Vgl. Johannes Reuchlin: De verbo mirifico. 1494. De arte cabalistica. 1517, Faksimile-Neudruck in<br />
einem Band, Stuttgart-Bad Cannstatt 1964, fol. XXIII r, S. [157]: »quo tempore [...] secum philosophati<br />
sunt [...] apud Indos denique Iudaei, quos appellarunt Brachmanas, ut Aristobulus peripateticus<br />
meminit.« Zur Bezeichnung des Pentateuch-Kommentators Aristobulos (2. Jh. v. Chr.) als<br />
»Peripatetiker« s. Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, Bd. II,1, Sp. 919 f.<br />
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<strong>»Jüdische</strong> <strong>Brahmanen</strong>«<br />
Diesen merkwürdigen »jüdischen <strong>Brahmanen</strong>« und der Ermittlung der ihnen tatsächlich<br />
zugrundeliegenden Quellen sollen die folgenden knappen Ausführungen<br />
gelten. Sie vermögen einen exemplarischen Eindruck von den Einzelfragen<br />
zu vermitteln, die sich bei der Arbeit an der kommentierten Ausgabe von Reuchlins<br />
Briefwechsel – einem in Verbindung mit Reuchlins Heimatstadt Pforzheim<br />
von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften getragenen Editionsprojekt<br />
3 – je und je stellen und nach Antworten verlangen. Was es mit Reuchlins<br />
»jüdischen <strong>Brahmanen</strong>« auf sich hat, erschließt sich nämlich am besten über die<br />
parallele Passage eines Briefes, der Reuchlins 1512 veröffentlichter Übersetzung<br />
der pseudohippokratischen Schrift De praeparatione hominis vorangestellt ist<br />
und aus dem auch das bereits zuvor angeführte Bild vom Ineinanderfließen der<br />
drei großen alten Schriftkulturen stammt. In diesem an den Ulmer Stadtphysikus<br />
Johannes Stocker gerichteten Brief heißt es:<br />
Reliquit enim Aristobulus Peripateticus in monumentis historiarum suis<br />
hoc modo: Aπαντα µέντι τ περ σεως ερηµένα παρ τς ραίις<br />
λέγεται κα παρ τς ω τς ‘Ελλάδς ιλσσι, τ µν παρ<br />
’Ινδς π τν Βραµάνων ’Ιυδαίων, id est: Universa nanque apud<br />
priscos dicta de natura etiam dicta sunt apud eos, qui extra Graeciam philosophabantur,<br />
Indos, a Brachmanibus Iudaeis, quod et Megasthenem historiae<br />
peritissimum ita posterorum memoriae tradidisse notavit Eusebius. 4<br />
Der Peripatetiker Aristobulos hat nämlich in den überlieferten Teilen seines<br />
Geschichtswerkes folgendes hinterlassen: ›Alles freilich, was bei den<br />
Alten über die Natur gesagt worden ist, wird auch bei den außergriechischen<br />
Philosophen gelehrt, teils bei den Indern von den jüdischen <strong>Brahmanen</strong>‹<br />
[im Original in griechischer Sprache, daher von Reuchlin noch ein-<br />
3 Johannes Reuchlin: Briefwechsel, hrsg. von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Stuttgart-<br />
Bad Cannstatt 1999 ff. (Bd. 1 mit den Briefen der Jahre 1477– 1505 liegt bereits vor, Bd. 2 mit den<br />
Briefen der Jahre 1506 – 1513 erscheint voraussichtlich 2002).<br />
4 Hippocrates De praeparatione hominis (wie Anm. 1), fol. A 2 v (die Interpunktion sowie die Groß- und<br />
Kleinschreibung sind modernisiert). Vgl. die auf S. 218 beigefügte Abbildung aus dem Exemplar<br />
der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart, Sign.: HBK 162.<br />
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mal folgendermaßen übersetzt:], das heißt: ›Alles nämlich, was bei den<br />
Alten über die Natur gesagt worden ist, wurde auch bei denen gesagt, die<br />
außerhalb von Griechenland philosophierten, den Indern, [und zwar] von<br />
den jüdischen <strong>Brahmanen</strong>‹, was auch der bestens informierte Geschichtsschreiber<br />
Megasthenes gemäß dem Zeugnis des Eusebios so dem Gedächtnis<br />
der Nachwelt überliefert habe.<br />
Der griechische Originaltext wird von Reuchlin offenbar unvollständig zitiert,<br />
denn dem »τ µέν« fehlt ganz offenkundig ein korrespondierendes »τ δέ«. Vergleicht<br />
man eine moderne Ausgabe des Kirchenvaters Eusebios, dessen Praeparatio<br />
evangelica Reuchlin das Fragment des griechischen Indienreisenden und<br />
Ethnographen Megasthenes (4./3. Jh. v. Chr.) entnommen hat, so wird diese Vermutung<br />
zur Gewißheit. Bei Eusebios, der an dieser Stelle die Stromata des Klemens<br />
von Alexandreia ausschreibt, heißt es nämlich vollständig: »[...], τ µν<br />
παρ ’Ινδς π τν Βραµάνων, τ δ ν Συρία π τν καλυµένων<br />
’Ιυδαίων«, 5 also: »teils bei den Indern von den <strong>Brahmanen</strong>, teils in Syrien von<br />
den sogenannten Juden«. In Reuchlins griechischer Fassung fehlen demnach die<br />
Worte »τ δ ν Συρία π τν καλυµένων«. Läßt man in der deutschen Übersetzung<br />
die entsprechende Passage »teils in Syrien von den sogenannten« weg, erhält<br />
man gleichfalls die mysteriösen »<strong>Brahmanen</strong>-Juden« oder »jüdischen <strong>Brahmanen</strong>«,<br />
die auch in der bereits angeführten Partie von Reuchlins fünf Jahre<br />
später publiziertem Werk De arte cabalistica begegnen.<br />
Für die Entstehung der unvollständigen Zitation bieten sich drei Erklärungsmöglichkeiten<br />
an: 1. Bereits Reuchlins Vorlage enthielt an dieser Stelle eine<br />
Lücke. 2. Reuchlin hat die fehlenden Worte versehentlich ausgelassen. 3. Reuchlin<br />
hat die fehlenden Worte bewußt ausgelassen. Zu dem ersten Erklärungsversuch<br />
ist zu bemerken, daß sich in keiner der neueren kritischen Ausgaben<br />
der Praeparatio evangelica Hinweise auf Kodizes finden, in denen ein entsprechender<br />
Textverlust vorliegt. Somit kann Reuchlins Auslassung kaum auf einer<br />
Lücke in der von ihm benutzten Handschrift – die erste gedruckte Ausgabe des<br />
5 Eus. praep. ev. IX 6, 5 (Eusebius: Werke, Bd. 8: Die Praeparatio Evangelica, hrsg. von Karl Mras / Édouard<br />
des Places, Teil 1, Berlin 21982, S. 493).<br />
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<strong>Matthias</strong> Dall’Asta
<strong>»Jüdische</strong> <strong>Brahmanen</strong>«<br />
griechischen Originaltextes erschien erst 1544 in Paris – beruhen. Da Reuchlin<br />
(gemäß dem 1913 von Karl Christ entdeckten Bücherverzeichnis) in seiner Bibliothek<br />
nicht über einen vollständigen Kodex der Praeparatio evangelica verfügt<br />
zu haben scheint, 6 muß er einzelne Partien des griechischen Originaltextes aus<br />
einer nicht näher bestimmbaren Quelle kopiert haben. Es ist denkbar, daß hierbei<br />
selbst einem gefeierten Gräzisten wie Reuchlin in der Eile ein Fehler unterlief,<br />
indem er – vielleicht von der Ähnlichkeit der Endungen »(Βρα)µάνων« und<br />
»(καλυ)µένων« veranlaßt – die fehlenden Worte beim Kopieren irrtümlich<br />
übersprang. Der dritte Erklärungsversuch einer ganz bewußten Auslassung erscheint<br />
dagegen zunächst unwahrscheinlich, da in diesem Fall kaum begreiflich<br />
wäre, daß das störende »τ µέν« stehengeblieben ist.<br />
Reuchlins Text weist allerdings einige auffällige Gemeinsamkeiten mit einer<br />
älteren lateinischen Übersetzung der Praeparatio evangelica auf, die der aus Kreta<br />
stammende Gelehrte Georgios Trapezuntios (1395 – 1472/73) bereits 1448 angefertigt<br />
hatte. 7 In dieser Übersetzung, die Reuchlin in einer 1497 in Venedig gedruckten<br />
Ausgabe selbst besaß (sein Exemplar befindet sich heute in der Badischen<br />
Landesbibliothek), lautet die entsprechende Passage:<br />
Megastenes autem, qui cum Seleuco vixit, vir historiae peritissimus, in tertio<br />
Iudaicarum rerum haec dicit: Omnia, quae de natura prisci Graeci<br />
scripserunt, alii etiam ante ipsos scripserunt. Nam et Brachmani apud<br />
Indos, qui et Iudaei vocantur, multo prius philosophati sunt. Aristobolus<br />
etiam in primo ad Philometora his verbis utitur: Legem nostram in multis<br />
Plato secutus est. 8<br />
6 Vgl. Karl Christ: Die Bibliothek Reuchlins in Pforzheim, Leipzig 1924 (= 52. Beiheft zum Zentralblatt<br />
für Bibliothekswesen), bes. S. 62 – 68: Auch Reuchlins großer Kirchenväter-Kodex (Nr. 16 der<br />
Graeca) enthielt keine längeren Texte des Eusebios.<br />
7 Vgl. Collectanea Trapezuntiana. Texts, Documents, and Bibliographies of George of Trebizond, hrsg. von<br />
John Monfasani, Binghampton, New York 1984 (= Medieval and Renaissance Texts and Studies 25),<br />
Nr. CLXXVIII, S. 721 – 726.<br />
8 Eusebius De evangelica praeparatione a Georgio Trapezuntio e Graeco in Latinum traductus, Venedig:<br />
Bernardino Benali 1497, fol. i 2r (Text nach dem Exemplar der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe,<br />
Sign.: Dg 148 fol., die Interpunktion ist modernisiert).<br />
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Megasthenes aber, der zur Zeit von Seleukos [Nikator] lebte, ein bestens<br />
informierter Geschichtsschreiber, sagt im dritten Buch seiner Iudaica [eigentlich<br />
Indica] dies: ›Alles, was die alten Griechen über die Natur schriftlich<br />
niederlegten, haben vor ihnen bereits andere geschrieben. Denn auch<br />
die <strong>Brahmanen</strong> bei den Indern, die auch Juden genannt werden, haben<br />
schon viel früher philosophiert.‹ Auch Aristobulos benutzt diese Worte im<br />
ersten Buch an [Ptolemaios] Philometor: ›In vielen Dingen ist Platon unserem<br />
Gesetz [gemeint ist der Pentateuch] gefolgt.‹<br />
Georgios Trapezuntios hat aus Megasthenes’ Indischer Geschichte verfälschend<br />
eine Jüdische Geschichte gemacht und diese Manipulation offenbar anschließend<br />
durch die vom griechischen Originaltext noch stärker abweichende Behauptung<br />
zu legitimieren versucht, die Inder würden auch als Juden bezeichnet. Diese Tendenz<br />
zu einer regelrechten Vertauschung der Bezeichnungen Inder und Juden<br />
läßt sich auch an einer anderen Stelle seiner Übertragung der Praeparatio evangelica<br />
beobachten. Die Passage »κηκέναι τε πρς ττις Βραµάνων στρηται<br />
[sc. Πυαγρας] (’Ινδν δέ εσιν τι ιλσι)«, also: »er [Pythagoras] soll<br />
zusätzlich auch die <strong>Brahmanen</strong> gehört haben (diese aber sind die Philosophen<br />
der Inder)« übersetzt Trapezuntios mit den Worten »audivit autem [sc. Pythagoras]<br />
et Brachmanas, Iudaeorum philosophos«, 9 also: »er hörte aber auch die<br />
<strong>Brahmanen</strong>, die Philosophen der Juden.« Erneut wurden somit Inder in Juden<br />
verwandelt.<br />
Reuchlin hat Trapezuntios’ Übersetzung nachweislich auch an anderen Stellen<br />
herangezogen. 10 Im vorliegenden Fall vermag sie nicht nur seine »jüdischen<br />
<strong>Brahmanen</strong>«, sondern auch das von beiden gemeinsam für Megasthenes gewählte<br />
Attribut »historiae peritissimus« 11 zu erklären. Vor allem kann sie aber den<br />
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<strong>Matthias</strong> Dall’Asta<br />
9 Ebd., fol. i 8 r (Wiedergabe der Passage aus Eus. praep. ev. X 4), im Original ist »Brachmanas« zu<br />
»Brachinanas« verdruckt.<br />
10 Vgl. <strong>Matthias</strong> Dall’Asta: Textfluß und Fehlerquell. Moderne Editionsphilologie am Beispiel von<br />
Reuchlins Briefwechsel, in: Ängste und Auswege. Bilder aus Umbruchszeiten in Pforzheim, hrsg. von der<br />
Löblichen Singergesellschaft von 1501 Pforzheim, Bd. 2, Ubstadt-Weiher voraussichtlich 2002, Abschnitt<br />
II. 2 (im Druck).<br />
11 »Historiae peritissimus« ist nicht aus dem griechischen Originaltext zu gewinnen, denn der lautet<br />
einfach »Μεγασένης συγγραες«.
Hippocrates De praeparatione hominis, Tübingen 1512, fol. A 2v<br />
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<strong>Matthias</strong> Dall’Asta<br />
merkwürdigen Umstand begreiflich machen, daß Reuchlin das von ihm bis auf<br />
die Textlücke wörtlich zitierte und ansonsten genau übersetzte Megasthenes-<br />
Fragment Aristobulos zuweist. Hierzu ist er allem Anschein nach durch Trapezuntios’<br />
Formulierung »Aristobolus etiam in primo ad Philometora his verbis<br />
utitur« veranlaßt worden. Obwohl der Ablativ »his verbis« auf das folgende Zitat<br />
vorausweist, in dem dann nicht mehr von Pythagoras, sondern von Platons Rezeption<br />
jüdischer Überlieferung die Rede ist, hat Reuchlin diese Worte offenbar<br />
so interpretiert, als sei die bei Eusebios zitierte Passage aus dem Geschichtswerk<br />
des Megasthenes auch von Aristobulos tradiert worden. Dieses Mißverständnis<br />
kann schon deswegen nicht auf dem griechischen Originaltext der Praeparatio<br />
evangelica beruhen, weil dort zwischen dem Megasthenes-Fragment und dem anschließenden<br />
Zeugnis des Aristobulos noch ein weiterer Satz eingeschoben ist,<br />
den Trapezuntios nicht übersetzt hat. Statt noch weiter ins Detail zu gehen, sei<br />
an dieser Stelle nur noch darauf verwiesen, daß es für eine Parallelisierung von<br />
<strong>Brahmanen</strong> und Juden, bei der die ersteren zutreffend als priesterliche Kaste der<br />
Inder und die letzteren analog dazu als priesterliche Kaste der Syrer galten, eine<br />
ganze Reihe weiterer antiker Quellentexte gibt, die bereits 1938 von Werner Jaeger<br />
im Zusammenhang diskutiert wurden. 12<br />
Um dennoch ein vorläufiges Fazit zu ziehen: Reuchlin liest Eusebios’ Praeparatio<br />
evangelica im griechischen Original und in Georgios Trapezuntios’ lateinischer<br />
Übersetzung, und zwar an einer Stelle, die dort intentional verfälscht worden<br />
ist. 13 Durch die in Reuchlins Zitat des griechischen Originals ausgelassenen<br />
Worte »τ δ ν Συρία π τν καλυµένων« entsteht ein Text, der – auch bei<br />
wörtlicher Übersetzung – der manipulierten Übertragung des Trapezuntios so<br />
auffällig nahe kommt, daß man nicht an einen Zufall glauben mag. Hat Reuchlin<br />
den griechischen Text also doch bewußt komprimiert, um seine These, daß Pythagoras<br />
den Griechen alte jüdische Überlieferungen vermittelt habe, durch das<br />
12 Vgl. Werner Jaeger: Diokles von Karystos. Die griechische Medizin und die Schule des Aristoteles, Berlin<br />
1938, S. 134– 153. Die entsprechenden Quellentexte sind bequem zugänglich in: Greek and Latin<br />
authors on Jews and Judaism, hrsg. von Menahem Stern, Bd. 1, Jerusalem 1976.<br />
13 Georgios Trapezuntios’ Übersetzung der »Praeparatio evangelica« wurde schon von den Zeitgenossen<br />
heftig kritisiert. Vgl. Collectanea Trapezuntiana (wie Anm. 7), S. 725 f.
<strong>»Jüdische</strong> <strong>Brahmanen</strong>«<br />
Megasthenes-Zitat zusätzlich untermauern zu können? Charles Zika, der 1974<br />
zum ersten Mal auf die Problematik der »jüdischen <strong>Brahmanen</strong>« aufmerksam gemacht<br />
hat, deutet diese Möglichkeit vorsichtig und pietätvoll in einer Fußnote<br />
an. 14 Wo sich in diesem Fall das Quellwasser eintrübt und wo der Sumpf beginnt,<br />
ist noch immer nicht leicht zu entscheiden. Quellenforschung erscheint deswegen<br />
aber um so dringlicher, gerade auch im Hinblick auf Reuchlins Werke –<br />
seine Briefe eingeschlossen.<br />
14 Vgl. Charles Zika: Reuchlin und die okkulte Tradition der Renaissance, Sigmaringen 1998 (= Pforzheimer<br />
Reuchlinschriften 6), S. 131 Anm. 23 sowie S. 88 Anm. 85 und S. 149.<br />
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