AP Recht - KoLaWiss

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05.04.2013 Aufrufe

KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 90 von 163 sein. In diesem Fall hätte der Vertragspartner der Universität unter Umständen gem. § 251 Abs. 1 BGB in Geld zu entschädigen. f) Mitverschulden der Universität Des Weiteren ist im Rahmen der Haftung des Vertragspartners entscheidend, ob die Universi- tät ein Mitverschulden trifft. Der Umfang des zu leistenden Schadensersatzes hängt gem. § 254 Abs. 1 BGB in den Fällen, in denen die Universität bei der Entstehung dieses Schadens ein Verschulden trifft, davon ab, inwieweit der Schaden von der Universität oder dem Ver- tragspartner verursacht worden ist. Sofern die Universität also ein Mitverschulden an der Be- schädigung oder der Löschung der Daten trifft, würde ihr Mitverschuldensanteil von dem zu zahlenden Schadensersatz des Vertragspartners entsprechend abgezogen werden. Dabei würde der Universität wieder das Verschulden ihrer Mitarbeiter gem. § 278 BGB zugerechnet wer- den. Dies folgt aus § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB, der nach überwiegender Ansicht als Absatz 3 zu lesen ist und sich damit auch auf ein Mitverschulden im Rahmen der Haftungsbegründung gem. § 254 Abs. 1 BGB bezieht 185 . In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Universität im Rahmen ihrer Sorgfalts- pflichten von den zu archivierenden Daten Sicherungskopien erstellen und aufbewahren muss 186 . Das Bestehen derartiger Kopien würde einen Schaden nämlich regelmäßig nahezu entfallen lassen, da man auf die unversehrten Kopien zurückgreifen könnte und die Informa- tionen damit nicht verloren wären. Eine solche Sorgfaltspflicht zur Erstellung von Siche- rungskopien würde dann bestehen, wenn ein verständiger Mensch im eigenen Interesse derar- tige Sicherungskopien erstellt hätte. Maßgebend ist in diesem Zusammenhang also die ver- nünftige Verkehrsanschauung 187 . Dabei ist zu bedenken, dass das Anlegen eines solchen Si- cherungsarchives würde für die Universität jedoch einen erheblichen personellen und wohl auch finanziellen Aufwand darstellen würde. Insbesondere müsste der Universität genügend Speicherplatz zur Verfügung stehen. Bei der Prüfung, ob eine Sorgfaltspflicht zur Erstellung von Sicherungskopien besteht, ist deshalb darauf abzustellen, inwieweit der Vertragspartner mit der Archivierung beauftragt wird. Soll er lediglich bei einzelnen Arbeitsschritten unters- tützend tätig werden, so kann von der Universität bzw. dem LZA-Verbund wohl erwartet werden, entsprechende Sicherungskopien bereit zu halten, da sie ja auch die sonstige Archi- 185 BGH NJW 1951, 477; Unberath in Bamberger/Roth, Bd. 1, § 254 Rn. 40; Oetker in Münchener Kommentar, Bd. 2, § 254 Rn. 126; Heinrichs in Palandt, § 254 Rn. 49. 186 Zum Erstellen einer Sicherungskopie als Mitwirkungsleistung des Kunden bei Software-Verträgen siehe Schneider, Handbuch des EDV-Rechts, 3. Auflage 2003, J. Rn. 197. 187 BGH NJW 2001, 149, 150; 2004, 3328; 2006, 1426, 1427; NJW-RR, 2006, 965, 966; Oetker in Münchener Kommentar BGB, Bd. 2, § 254 Rn. 30; Unberath in Bamberger/Roth, § 254 Rn. 9. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 91 von 163 vierung organisiert und damit über die dafür erforderliche Infrastruktur verfügt. Anders wird es sich jedoch wohl verhalten, wenn der Vertragspartner mit der gesamten Archivierung be- auftragt wird oder wenn seine Leistung gerade in der Bereitstellung von Speicherplatz be- steht, wie etwa bei einem Mietvertrag über Servermodule. In diesen Fällen gibt die Universi- tät die Archivierung ja gerade deshalb in die Hände eines Dritten, weil es ihr nur schwer oder sogar überhaupt nicht möglich ist, die Archivierung selbst durchzuführen. Würde man nun jedoch von ihr erwarten, zusätzliche Sicherungskopien aufzubewahren, da ihr ansonsten ein Mitverschulden zur Last fiele, könnte sie die Archivierung gleich selbst durchführen. Demzu- folge wäre in diesen Fällen das Bereithalten von Sicherungskopien aufgrund des nicht uner- heblichen Aufwands, der damit verbunden ist, nicht als Sorgfaltspflicht einzustufen, so dass die Universität im Falle eines Schadens aufgrund der Löschung oder Beschädigung der Da- tensätze kein Mitverschulden nach § 254 Abs. 1 BGB treffen würde. Etwas anderes würde jedoch gelten, sofern der Vertragspartner nur Teile der Archivierung vornimmt und die Universität bzw. der LZA-Verbund ihm zu diesem Zweck die Daten zur Verfügung stellt. Da die sonstigen Arbeitsschritte und der damit verbundene Aufwand durch die Universität erledigt würden, würde es als „Herrin“ der Archivierungsmaßnahmen auch zu ihren Sorgfaltspflichten zählen, entsprechende Sicherungsmaßnahmen zu treffen. 2. Datenfehler- oder Verlust aufgrund eines Materialfehlers Neben der Beschädigung oder Löschung von Datensätzen aufgrund menschlichen Fehlverhal- tens können Fehler auch infolge von Materialversagen entstehen. Dies kann zum einen Fehler oder Beschädigungen der Hardware zur Ursache haben, aber auch Softwarefehler, die bei- spielsweise zum Absturz des Systems führen können. Die Pflichtverletzung besteht in diesen Fällen also nicht darin, dass Daten versehentlich gelöscht oder falsch bearbeitet werden. Eine Pflichtverletzung kann in diesen Fällen jedoch darin bestehen, dass der Vertragspartner seine Geräte nicht ordnungsgemäß gewartet oder keine entsprechenden Datensicherung vorgenom- men hat. Darüber hinaus kann der Vertragspartner eine Pflichtverletzung auch dadurch bege- hen, dass er von den ihm zur Archivierung übermittelten Daten keine Sicherungskopien ers- tellt hat. Dies wird, wie oben gezeigt, zumindest dann der Fall sein, wenn der Vertragspartner überwiegend oder vollständig allein für die Archivierung zuständig ist. Die Pflicht, die Geräte und Software zu warten und damit den unversehrten Bestand der Daten zu schützen, würde generell als Nebenpflicht aus § 241 Abs. 2 BGB folgen, wonach die Parteien des Schuldver- hältnisses zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils ver- pflichtet sein können. Sofern die Leistung des Vertragspartners jedoch darin besteht, dass er Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

<strong>KoLaWiss</strong>-Gutachten <strong>AP</strong> 4: <strong>Recht</strong> Seite 91 von 163<br />

vierung organisiert und damit über die dafür erforderliche Infrastruktur verfügt. Anders wird<br />

es sich jedoch wohl verhalten, wenn der Vertragspartner mit der gesamten Archivierung be-<br />

auftragt wird oder wenn seine Leistung gerade in der Bereitstellung von Speicherplatz be-<br />

steht, wie etwa bei einem Mietvertrag über Servermodule. In diesen Fällen gibt die Universi-<br />

tät die Archivierung ja gerade deshalb in die Hände eines Dritten, weil es ihr nur schwer oder<br />

sogar überhaupt nicht möglich ist, die Archivierung selbst durchzuführen. Würde man nun<br />

jedoch von ihr erwarten, zusätzliche Sicherungskopien aufzubewahren, da ihr ansonsten ein<br />

Mitverschulden zur Last fiele, könnte sie die Archivierung gleich selbst durchführen. Demzu-<br />

folge wäre in diesen Fällen das Bereithalten von Sicherungskopien aufgrund des nicht uner-<br />

heblichen Aufwands, der damit verbunden ist, nicht als Sorgfaltspflicht einzustufen, so dass<br />

die Universität im Falle eines Schadens aufgrund der Löschung oder Beschädigung der Da-<br />

tensätze kein Mitverschulden nach § 254 Abs. 1 BGB treffen würde.<br />

Etwas anderes würde jedoch gelten, sofern der Vertragspartner nur Teile der Archivierung<br />

vornimmt und die Universität bzw. der LZA-Verbund ihm zu diesem Zweck die Daten zur<br />

Verfügung stellt. Da die sonstigen Arbeitsschritte und der damit verbundene Aufwand durch<br />

die Universität erledigt würden, würde es als „Herrin“ der Archivierungsmaßnahmen auch zu<br />

ihren Sorgfaltspflichten zählen, entsprechende Sicherungsmaßnahmen zu treffen.<br />

2. Datenfehler- oder Verlust aufgrund eines Materialfehlers<br />

Neben der Beschädigung oder Löschung von Datensätzen aufgrund menschlichen Fehlverhal-<br />

tens können Fehler auch infolge von Materialversagen entstehen. Dies kann zum einen Fehler<br />

oder Beschädigungen der Hardware zur Ursache haben, aber auch Softwarefehler, die bei-<br />

spielsweise zum Absturz des Systems führen können. Die Pflichtverletzung besteht in diesen<br />

Fällen also nicht darin, dass Daten versehentlich gelöscht oder falsch bearbeitet werden. Eine<br />

Pflichtverletzung kann in diesen Fällen jedoch darin bestehen, dass der Vertragspartner seine<br />

Geräte nicht ordnungsgemäß gewartet oder keine entsprechenden Datensicherung vorgenom-<br />

men hat. Darüber hinaus kann der Vertragspartner eine Pflichtverletzung auch dadurch bege-<br />

hen, dass er von den ihm zur Archivierung übermittelten Daten keine Sicherungskopien ers-<br />

tellt hat. Dies wird, wie oben gezeigt, zumindest dann der Fall sein, wenn der Vertragspartner<br />

überwiegend oder vollständig allein für die Archivierung zuständig ist. Die Pflicht, die Geräte<br />

und Software zu warten und damit den unversehrten Bestand der Daten zu schützen, würde<br />

generell als Nebenpflicht aus § 241 Abs. 2 BGB folgen, wonach die Parteien des Schuldver-<br />

hältnisses zur Rücksicht auf die <strong>Recht</strong>e, <strong>Recht</strong>sgüter und Interessen des anderen Teils ver-<br />

pflichtet sein können. Sofern die Leistung des Vertragspartners jedoch darin besteht, dass er<br />

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