AP Recht - KoLaWiss

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05.04.2013 Aufrufe

KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 52 von 163 zen nach sich ziehen könnte 100 . Dies wäre jedoch dann nicht der Fall, wenn die Universität zur Verwertung berechtigt wäre. Eine solche Berechtigung könnte zum einen aus einer gesetzli- chen Schranke folgen. Dies sind Vorschriften, die den Inhalt des Urheberrechts oder den leis- tungsrechtlichen Schutz zugunsten der Allgemeinheit, der Kulturwirtschaft oder auch einzel- ner Nutzer beschränken 101 (dazu 1.). Sofern keine Schranke eingreift, müsste sich die Univer- sität die entsprechenden Nutzungsrechte, die von der Archivierung betroffen sind, vom Rechtsinhaber einholen. Dies wird in den meisten Fällen der Urheber bzw. der Datenbank- hersteller oder Lichtbildner sein, sofern er die Rechte nicht bereits an einen Dritten übertragen hat. Dabei geht das Gesetz in § 31 Abs. 1 UrhG ausdrücklich davon aus, dass Nutzungsrechte an einem Werk einem anderen eingeräumt werden können. Dies folgt für die Rechte an Licht- bildern aus dem Verweis in § 72 UrhG. Auch das Recht des Datenbankherstellers ist als ver- wandtes Schutzrecht frei übertragbar 102 . Dazu muss aber zunächst die Identität des Rechtein- habers ausfindig gemacht werden. Dies dürfte in der Regel noch recht unproblematisch sein, da die Daten an der Universität bzw. in den Universitätseinrichtungen erhoben wurden und der Inhaber demzufolge oftmals ein an der Universität forschender Wissenschaftler bzw. ge- rade im Rahmen von Datenbanken, eine finanzierende Stelle sein wird. Darüber hinaus müss- te der Rechteinhaber der Einräumung der relevanten Rechte aber auch zustimmen, weshalb die Universität bei der Durchführung der digitalen Langzeitarchivierung auf die Kooperati- onsbereitschaft der Rechteinhaber angewiesen wäre. Sofern keine Schranke greift, stellt sich damit die Frage, ob nicht unter Umständen eine öf- fentlich-rechtliche Pflicht zur Nutzungsrechtseinräumung für den Urheber bzw. den Inhaber der Leistungsschutzrechte besteht (dazu 2.). In diesem Fall müsste der Rechteinhaber eine entsprechende Vereinbarung mit der Universität schließen. Ist jedoch auch dies nicht der Fall, bleibt nur noch die Möglichkeit, dass der Inhaber der Verwertung freiwillig, wobei hier stets geprüft werden muss, ob eine zivilrechtliche Verpflichtung zur Nutzungsrechtseinräumung nicht aufgrund eines bestehenden Arbeitsverhältnisses zwischen Rechteinhaber und Universi- tät besteht. Darüber hinaus stellt sich die Frage, welche formalen und materiellen Anforde- rungen an eine solche Rechteeinräumung zu stellen sind (dazu 3.). 100 Vgl. nur § 97 UrhG oder zur Strafbarkeit § 106 UrhG. 101 Rehbinder, Rn. 432. 102 Dreier in Dreier/Schulze, Vor. §§ 87a ff. Rn. 2; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, § 87a Rn. 41; siehe auch Art. 7 Abs. 3 der Datenbankrichtlinie 96/9/EG. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 53 von 163 1. Gesetzliche Schranken Zunächst ist zu prüfen, ob die Rechte des Urhebers bzw. des Inhabers der Leistungsschutz- rechte einer gesetzlichen Schranke unterliegen. Dabei ist zum einen zwischen den urheber- rechtlichen Schranken der §§ 44a ff. UrhG, die aufgrund der Verweisung des § 72 UrhG auch auf die Rechte des Lichtbildners Anwendung finden (dazu a)) und den speziellen leistungs- schutzrechtlichen Schranken des § 87c UrhG zu unterscheiden (dazu b)). a) Urheberrechtliche Schranken der §§ 44a ff. UrhG Im Rahmen der urheberrechtlichen Schranken kommen hinsichtlich der Vervielfältigung des Werkes grundsätzlich die Schranken der §§ 44a, 53, 55a UrhG in Betracht. Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung könnte dagegen durch die Schranke des § 52a UrhG be- schränkt sein. i. Schranke des § 44a UrhG Zunächst könnte hinsichtlich der Vervielfältigung der urheber- oder leistungsrechtlich ge- schützten Daten die Schranke des § 44a UrhG greifen. Diese bezieht sich ihrem Wortlaut nach jedoch nur auf vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, nicht jeden technischen Vervielfältigungsvorgang, der im Wege der Onlineübermittlung geschützter Werke in Zwischenspeichern oder Routern erforderlich ist, unter das Vervielfältigungsrecht des Urhebers fallen zu lassen 103 . Im Rahmen der digitalen Langzeitarchivierung wird die zu archivierende Datei beim Speichern auf dem Datenträger jedoch gerade dauerhaft vervielfältigt. Dabei können sicherlich auch flüchtige Vervielfältigungen auftreten, so etwa, wenn die Datei mittels eines Netzwerkes an den Server der Archivierungseinrichtung gesendet wird. Hinsichtlich dieser Vervielfältigungen könnte § 44a UrhG somit durchaus greifen. Die im Mittelpunkt dieser Betrachtung stehende (dauerhaf- te) Speicherung der zu archivierenden Datei auf einem anderen Speichermedium ist indes von dauerhafter Natur, so dass § 44a UrhG diesbezüglich keine Anwendung findet. ii. Schranke des § 53 UrhG In Betracht kommt ferner die Schranke des § 53 UrhG. Dabei scheidet Abs. 1 der Vorschrift von vornherein aus, da er seinem Wortlaut nach lediglich auf Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch durch eine natürliche Person abstellt. Ein privater Gebrauch liegt nämlich nur dann vor, wenn das Vervielfältigungsstück von der Personen, welche es herstellt oder herstellen lässt, zur Befriedigung rein persönlicher Bedürfnissen, also zu außerberuflichen und außerer- 103 Dreier in Dreier/Schulze, § 44a Rn. 1; Melichar/Loewenheim in Schricker, § 44a Rn. 1; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, § 44a Rn. 5. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

<strong>KoLaWiss</strong>-Gutachten <strong>AP</strong> 4: <strong>Recht</strong> Seite 52 von 163<br />

zen nach sich ziehen könnte 100 . Dies wäre jedoch dann nicht der Fall, wenn die Universität zur<br />

Verwertung berechtigt wäre. Eine solche Berechtigung könnte zum einen aus einer gesetzli-<br />

chen Schranke folgen. Dies sind Vorschriften, die den Inhalt des Urheberrechts oder den leis-<br />

tungsrechtlichen Schutz zugunsten der Allgemeinheit, der Kulturwirtschaft oder auch einzel-<br />

ner Nutzer beschränken 101 (dazu 1.). Sofern keine Schranke eingreift, müsste sich die Univer-<br />

sität die entsprechenden Nutzungsrechte, die von der Archivierung betroffen sind, vom<br />

<strong>Recht</strong>sinhaber einholen. Dies wird in den meisten Fällen der Urheber bzw. der Datenbank-<br />

hersteller oder Lichtbildner sein, sofern er die <strong>Recht</strong>e nicht bereits an einen Dritten übertragen<br />

hat. Dabei geht das Gesetz in § 31 Abs. 1 UrhG ausdrücklich davon aus, dass Nutzungsrechte<br />

an einem Werk einem anderen eingeräumt werden können. Dies folgt für die <strong>Recht</strong>e an Licht-<br />

bildern aus dem Verweis in § 72 UrhG. Auch das <strong>Recht</strong> des Datenbankherstellers ist als ver-<br />

wandtes Schutzrecht frei übertragbar 102 . Dazu muss aber zunächst die Identität des <strong>Recht</strong>ein-<br />

habers ausfindig gemacht werden. Dies dürfte in der Regel noch recht unproblematisch sein,<br />

da die Daten an der Universität bzw. in den Universitätseinrichtungen erhoben wurden und<br />

der Inhaber demzufolge oftmals ein an der Universität forschender Wissenschaftler bzw. ge-<br />

rade im Rahmen von Datenbanken, eine finanzierende Stelle sein wird. Darüber hinaus müss-<br />

te der <strong>Recht</strong>einhaber der Einräumung der relevanten <strong>Recht</strong>e aber auch zustimmen, weshalb<br />

die Universität bei der Durchführung der digitalen Langzeitarchivierung auf die Kooperati-<br />

onsbereitschaft der <strong>Recht</strong>einhaber angewiesen wäre.<br />

Sofern keine Schranke greift, stellt sich damit die Frage, ob nicht unter Umständen eine öf-<br />

fentlich-rechtliche Pflicht zur Nutzungsrechtseinräumung für den Urheber bzw. den Inhaber<br />

der Leistungsschutzrechte besteht (dazu 2.). In diesem Fall müsste der <strong>Recht</strong>einhaber eine<br />

entsprechende Vereinbarung mit der Universität schließen. Ist jedoch auch dies nicht der Fall,<br />

bleibt nur noch die Möglichkeit, dass der Inhaber der Verwertung freiwillig, wobei hier stets<br />

geprüft werden muss, ob eine zivilrechtliche Verpflichtung zur Nutzungsrechtseinräumung<br />

nicht aufgrund eines bestehenden Arbeitsverhältnisses zwischen <strong>Recht</strong>einhaber und Universi-<br />

tät besteht. Darüber hinaus stellt sich die Frage, welche formalen und materiellen Anforde-<br />

rungen an eine solche <strong>Recht</strong>eeinräumung zu stellen sind (dazu 3.).<br />

100<br />

Vgl. nur § 97 UrhG oder zur Strafbarkeit § 106 UrhG.<br />

101<br />

Rehbinder, Rn. 432.<br />

102<br />

Dreier in Dreier/Schulze, Vor. §§ 87a ff. Rn. 2; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, § 87a Rn. 41; siehe auch<br />

Art. 7 Abs. 3 der Datenbankrichtlinie 96/9/EG.<br />

Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

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