AP Recht - KoLaWiss

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05.04.2013 Aufrufe

KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 50 von 163 Verbundenheit zu begründen 97 . Sofern eine juristische Person das Werk verwertet, kann unter den Teilnehmern aufgrund der persönlichen Beziehung zu der oder den für die juristische Per- son handelnden Personen eine persönliche Verbundenheit zustande kommen 98 . Demzufolge ist im Einzelfall stets zu prüfen, durch wen und welchem Kreis die Daten zugänglich gemacht werden sollen. b) Zugänglichmachung der an der Universität Göttingen erhobenen Daten Geht man davon aus, dass das jeweilige Institut bzw. die jeweilige Forschungsstelle die Daten selbst archiviert und zum Abruf bereit hält, so läge wohl keine öffentliche Zugänglichma- chung vor, solange nur die Mitarbeiter dieses Institutes oder der Forschungsstelle auf die Da- teien zugreifen könnten. Unter Berücksichtigung der Größe der Einrichtung wäre im Regelfall eine persönliche Beziehung der Mitarbeiter zu der Person, die die Daten archiviert und damit verwertet, grundsätzlich anzunehmen. Etwas anderes würde jedoch gelten, wenn die Daten zentral durch die Universität archiviert würden. In diesem Fall würde die Universität als Ver- werter gelten und es käme somit darauf an, ob die Mitarbeiter der Forschungsstelle in enger Verbundenheit zu den Personen, die für die Universität die Verwertung vornähmen, stünden. Dies wäre aber in den meisten Fällen zu verneinen. Der Fall, dass die archivierten Daten nur den Mitarbeitern einer Forschungsstelle zur Verfügung stehen, wird außerdem eher die Aus- nahme darstellen. Denn gerade im Rahmen der Langzeitarchivierung wissenschaftlicher Da- ten soll ja unter anderem erreicht werden, dass diese Daten anderen Wissenschaftlern und Forschungseinrichtungen zukommen, um die Forschung auf einem bestimmten Gebiet weiter voranzutreiben. Aus diesem Grund werden die archivierten Daten in der Regel auch außens- tehenden Wissenschaftlern im Rahmen nationaler und internationaler Kooperationen zur Ver- fügung gestellt werden, so dass es, sofern man überhaupt noch einen abgrenzbaren Personen- kreis annimmt, an der persönlichen Verbundenheit fehlen wird. Demnach wird also das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung im Rahmen der digitalen Langzeitarchivierung wissen- schaftlicher Primärdaten ebenfalls grundsätzlich betroffen sein. 4. Zwischenergebnis zu A.I Im Rahmen der digitalen Langzeitarchivierung ist grundsätzlich in jedem Fall das Recht der Vervielfältigung nach § 16 UrhG betroffen, sofern ein urheberrechtlich oder leistungsrechtlich geschütztes Werk kopiert wird. Das besagte Nutzungsrecht steht dabei nicht nur dem Urheber 97 Dreier in Dreier/Schulze, § 15 Rn. 43; Dustmann in Fromm/Nordemann, § 15 Rn. 34; v. Ungern-Sternberg in Schricker, § 15 Rn. 76; Heerma in Wandtke/Bullinger, § 15 Rn. 18. 98 BGH GRUR 1975, 33, 34; Dreier in Dreier/Schulze, § 15 Rn. 43; v. Ungern-Sternberg in Schricker, § 15 Rn. 73. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 51 von 163 eines Werkes zu, sondern gem. § 72 UrhG und § 87b UrhG auch dem Lichtbildner und dem Datenbankhersteller. Das Recht der Bearbeitung gem. § 23 UrhG wird indes, wenn überhaupt, nur in den seltens- ten Fällen relevant sein. Zum einen liegen, wenn überhaupt ein schutzfähiges Werk besteht 99 , mangels geistig schöpferischer Tätigkeit in der überwiegenden Zahl der Fälle keine Daten- bankwerke oder andere urheberrechtlich geschützte Werke, sondern meist nur Datenbanken nach § 87a UrhG vor, die lediglich einen leistungsrechtlichen Schutz genießen. Der Schutz vor einer Bearbeitung zählt jedoch nach umstrittener Ansicht wohl nicht dazu. Zum anderen wird auch in den Fällen, in denen ausnahmsweise doch ein Datenbankwerk oder ein Lichtbild vorliegt, bei einer Datenmigration keine solche qualitative Beeinträchtigung vorliegen, dass eine Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG gegeben ist. Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG wird indes in den meisten Fällen betroffen sein, da ein Ziel der Langzeitarchivierung die Verbreitung der gewonnenen Daten an andere Wissenschaftler und Forschungseinrichtungen ist. Eine Ausnahme käme je- doch dann in Betracht, wenn die Daten durch eine Forschungsstelle selbst archiviert würden und nur die Mitarbeiter der Forschungsstelle Zugriff auf die archivierten Dateien hätten. Al- lerdings wäre auch in diesen Fällen stets zu prüfen, ob die Zahl der Mitarbeiter nicht doch so groß ist, dass es an einer persönlichen Verbundenheit zum Verwerter mangelt und damit eine Zugänglichmachung gegenüber der Öffentlichkeit gem. § 19a UrhG vorliegt. II. Erlangung der Erlaubnis zur Nutzung Sofern im Einzelfall in eines der oben aufgeführten Nutzungsrechte durch die Archivierung eingegriffen wird, müsste die Universität bzw. die die Archivierung durchführende Einrich- tung prüfen, ob die Verwertung des Werkes das Verwertungsrecht des Urhebers verletzt. Grundsätzlich hat der Urheber gem. § 15 Abs. 1 UrhG das ausschließliche Recht, sein Werk zu verwerten. Gleiches gilt aufgrund der Verweisung in § 72 UrhG auf den ersten Teil des UrhG für den Lichtbildner. Bei Datenbanken steht dem Datenbankenhersteller gem. § 87b hingegen das ausschließliche Recht zu, die Datenbank zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Sofern die Universität nicht selbst als Urheber des Werkes bzw. Datenbankhersteller im Sinne des § 87a UrhG anzusehen wäre, würde die Nutzung des Wer- kes somit eine Verletzungshandlung darstellen, die zivil- und auch strafrechtliche Konsequen- 99 Dies wird, wie in Frage 1 festgestellt, äußerst selten sein. S. oben S. 32. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

<strong>KoLaWiss</strong>-Gutachten <strong>AP</strong> 4: <strong>Recht</strong> Seite 51 von 163<br />

eines Werkes zu, sondern gem. § 72 UrhG und § 87b UrhG auch dem Lichtbildner und dem<br />

Datenbankhersteller.<br />

Das <strong>Recht</strong> der Bearbeitung gem. § 23 UrhG wird indes, wenn überhaupt, nur in den seltens-<br />

ten Fällen relevant sein. Zum einen liegen, wenn überhaupt ein schutzfähiges Werk besteht 99 ,<br />

mangels geistig schöpferischer Tätigkeit in der überwiegenden Zahl der Fälle keine Daten-<br />

bankwerke oder andere urheberrechtlich geschützte Werke, sondern meist nur Datenbanken<br />

nach § 87a UrhG vor, die lediglich einen leistungsrechtlichen Schutz genießen. Der Schutz<br />

vor einer Bearbeitung zählt jedoch nach umstrittener Ansicht wohl nicht dazu. Zum anderen<br />

wird auch in den Fällen, in denen ausnahmsweise doch ein Datenbankwerk oder ein Lichtbild<br />

vorliegt, bei einer Datenmigration keine solche qualitative Beeinträchtigung vorliegen, dass<br />

eine Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG gegeben ist.<br />

Das <strong>Recht</strong> der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG wird indes in den meisten<br />

Fällen betroffen sein, da ein Ziel der Langzeitarchivierung die Verbreitung der gewonnenen<br />

Daten an andere Wissenschaftler und Forschungseinrichtungen ist. Eine Ausnahme käme je-<br />

doch dann in Betracht, wenn die Daten durch eine Forschungsstelle selbst archiviert würden<br />

und nur die Mitarbeiter der Forschungsstelle Zugriff auf die archivierten Dateien hätten. Al-<br />

lerdings wäre auch in diesen Fällen stets zu prüfen, ob die Zahl der Mitarbeiter nicht doch so<br />

groß ist, dass es an einer persönlichen Verbundenheit zum Verwerter mangelt und damit eine<br />

Zugänglichmachung gegenüber der Öffentlichkeit gem. § 19a UrhG vorliegt.<br />

II. Erlangung der Erlaubnis zur Nutzung<br />

Sofern im Einzelfall in eines der oben aufgeführten Nutzungsrechte durch die Archivierung<br />

eingegriffen wird, müsste die Universität bzw. die die Archivierung durchführende Einrich-<br />

tung prüfen, ob die Verwertung des Werkes das Verwertungsrecht des Urhebers verletzt.<br />

Grundsätzlich hat der Urheber gem. § 15 Abs. 1 UrhG das ausschließliche <strong>Recht</strong>, sein Werk<br />

zu verwerten. Gleiches gilt aufgrund der Verweisung in § 72 UrhG auf den ersten Teil des<br />

UrhG für den Lichtbildner. Bei Datenbanken steht dem Datenbankenhersteller gem. § 87b<br />

hingegen das ausschließliche <strong>Recht</strong> zu, die Datenbank zu vervielfältigen, zu verbreiten und<br />

öffentlich wiederzugeben. Sofern die Universität nicht selbst als Urheber des Werkes bzw.<br />

Datenbankhersteller im Sinne des § 87a UrhG anzusehen wäre, würde die Nutzung des Wer-<br />

kes somit eine Verletzungshandlung darstellen, die zivil- und auch strafrechtliche Konsequen-<br />

99<br />

Dies wird, wie in Frage 1 festgestellt, äußerst selten sein. S. oben S. 32.<br />

Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

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