AP Recht - KoLaWiss

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05.04.2013 Aufrufe

KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 44 von 163 fassung der Rechtsprechung handelt es sich der Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht um eine „selbstverständliche therapeutische Pflicht“ 77 . Dabei stellt die Rechtsprechung an die Form der Dokumentation keine speziellen Anforderungen, so dass auch eine digitale Doku- mentation zur Erfüllung der Nebenpflicht zulässig ist 78 . Die Pflicht zur Dokumentation trifft dabei zum einen den behandelnden Arzt, zum anderen auch das Klinikum als Vertragspartner des Krankenhausaufnahmevertrages 79 . Darüber hinaus wird in Rechtsprechung und Literatur die überwiegende Auffassung vertreten, dass unabhängig vom Vorliegen eines Behandlungs- vertrags eine allgemeine Verpflichtung zur Dokumentation des Behandlungsgeschehens so- wie pflegerischer Maßnahmen besteht 80 B. Ergebnis Eine Dokumentationspflicht für die im Rahmen dieses Gutachtens relevanten wissenschaftli- chen Primärdaten ergibt sich demnach grundsätzlich nur für Daten, die am Universitätsklini- kum erhoben wurden. Relevant sind dabei vor allem § 28 Abs. 4 RöntgV, § 42 StrlSchV so- wie die von Rechtsprechung und Literatur als Nebenpflicht aus dem Krankenhausaufnahme- vertrag abgeleitete Dokumentationspflicht. Darüber hinaus folgt aus § 1 GenTAufzV eine Aufzeichnungspflicht für den Fall, dass gentechnische Arbeiten oder Freisetzungen durchge- führt werden, was wohl auch vor allem das Universitätsklinikum aber unter Umständen auch naturwissenschaftliche Fakultäten betrifft. Dabei ist festzuhalten, dass es sich bei diesen Do- kumentationspflichten nicht speziell um Pflichten zu einer digitalen Langzeitarchivierung handelt. Allerdings wird das Klinikum bzw. die Universitäten die betreffenden Daten in den meisten Fällen aufgrund des allgemeinen technischen Fortschrittes in digitaler Form und, wie oben aufgezeigt, für einen längeren Zeitraum speichern, so dass von einer digitalen Langzeit- archivierung dieser Daten gesprochen werden kann. Verantwortlich für die Dokumentation von Röntgenbildern und damit auch, sofern sie durchgeführt wird, für eine digitale Archivie- rung dieser Daten, ist zum einen der Vorstand Universität, zum anderen der oder die Strahlen- schutzbeauftragten. Für die Archivierung von Behandlungs- und Untersuchungsdaten sind zum einen der Vorstand als gesetzlicher Vertreter der Universität als auch der jeweilige be- handelnde Arzt verantwortlich. Sofern die Daten nicht vom Klinikum, sondern von einer Fa- 77 BGH NJW 1978, 2337, 2338 f.; 1986, 2365; 1988, 762, 763; 1987, 1482, 1483. 78 Uhlenbruck/Schlund in Laufs/Uhlenbruck, § 59 Rn. 11; Ortner/Geis, MedR 1997, 337, 338. 79 so auch b; BGH NJW 1988, 762, 763; Kern, MedR 2000, 347, 348. 80 BGH NJW 1986, 2365, 2366; 1988, 762; OLG Zweibrücken MedR 2000, 233, 235; Uhlenbruck/Schlund in Laufs/Uhlenbruck, § 59 Rn. 2; Kern, MedR 2000, 347, 348; Höftberger, MedR 2000, 505, 508 f. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 45 von 163 kultät stammen, muss auch hier der Vorstand als gesetzlicher Vertreter der Universität die notwendigen Maßnahmen treffen, damit eine lückenlose Archivierung der Daten erfolgen kann. Frage 3/4: Wie kann das Kopieren/Verändern der Materialien (z.B. im Zuge der Migration oder bei redundanter Speicherung auf mehreren Maschinen) juristisch sicher gestaltet wer- den? Welche Änderungen müssten in der Gesetzgebung vorgenommen werden? Ist es ausreichend, wenn die Datenproduzenten einer für die Archivierung notwendigen tech- nischen Änderung der Daten im Vorfeld zustimmen? Wie müsste eine solche Zustim- mung aussehen, damit der LZA-Betreiber juristisch abgesichert ist? A. Vorüberlegungen Im Rahmen der digitalen Langzeitarchivierung ist es in der Regel notwendig, die zu archivie- renden Dateien zu kopieren, da die Archivierung auf speziellen Servern bzw. Datenträgern vollzogen wird und mit den ursprünglichen Dateien weiterhin gearbeitet werden muss. Darü- ber hinaus werden im Rahmen der digitalen Langzeitarchivierung Dateien nicht nur auf ei- nem, sondern zumeist auf mindestens zwei unterschiedlichen Datenträgern archiviert, die unabhängig voneinander bestehen und sich in der Regel an unterschiedlichen Orten befinden, so dass im Falle der Beschädigung oder Zerstörung des einen Datenträgers, immer noch min- destens ein kompletter Datensatz zur Verfügung steht. Des Weiteren kann es im Laufe der Jahre notwendig sein, dass Dateiformat der gespeicherten Daten zu ändern, da das ursprüngli- che Format inzwischen veraltet ist und man somit nicht mehr bzw. nur noch eingeschränkt auf die Datei zugreifen kann. Im Folgenden soll deshalb untersucht werden, welche urheber- und leistungsrechtlichen Probleme solche Kopien und Veränderungen mit sich bringen können und wie ein derartiges Vorgehen juristisch sicher gestaltet werden kann. Aufbauend auf den so gewonnenen Ergebnissen soll dann dargelegt werden, ob bzw. inwieweit die momentane Gesetzeslage diesbezüglich geändert werden muss und wie eine entsprechende Vereinbarung zur Einholung der erforderlichen Nutzungsrechte ausgestaltet sein müsste. Da sich die Fragen 3 und 4 inhaltlich überschneiden, werden sie im Folgenden gemeinsam behandelt. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

<strong>KoLaWiss</strong>-Gutachten <strong>AP</strong> 4: <strong>Recht</strong> Seite 45 von 163<br />

kultät stammen, muss auch hier der Vorstand als gesetzlicher Vertreter der Universität die<br />

notwendigen Maßnahmen treffen, damit eine lückenlose Archivierung der Daten erfolgen<br />

kann.<br />

Frage 3/4:<br />

Wie kann das Kopieren/Verändern der Materialien (z.B. im Zuge der Migration oder<br />

bei redundanter Speicherung auf mehreren Maschinen) juristisch sicher gestaltet wer-<br />

den? Welche Änderungen müssten in der Gesetzgebung vorgenommen werden? Ist es<br />

ausreichend, wenn die Datenproduzenten einer für die Archivierung notwendigen tech-<br />

nischen Änderung der Daten im Vorfeld zustimmen? Wie müsste eine solche Zustim-<br />

mung aussehen, damit der LZA-Betreiber juristisch abgesichert ist?<br />

A. Vorüberlegungen<br />

Im Rahmen der digitalen Langzeitarchivierung ist es in der Regel notwendig, die zu archivie-<br />

renden Dateien zu kopieren, da die Archivierung auf speziellen Servern bzw. Datenträgern<br />

vollzogen wird und mit den ursprünglichen Dateien weiterhin gearbeitet werden muss. Darü-<br />

ber hinaus werden im Rahmen der digitalen Langzeitarchivierung Dateien nicht nur auf ei-<br />

nem, sondern zumeist auf mindestens zwei unterschiedlichen Datenträgern archiviert, die<br />

unabhängig voneinander bestehen und sich in der Regel an unterschiedlichen Orten befinden,<br />

so dass im Falle der Beschädigung oder Zerstörung des einen Datenträgers, immer noch min-<br />

destens ein kompletter Datensatz zur Verfügung steht. Des Weiteren kann es im Laufe der<br />

Jahre notwendig sein, dass Dateiformat der gespeicherten Daten zu ändern, da das ursprüngli-<br />

che Format inzwischen veraltet ist und man somit nicht mehr bzw. nur noch eingeschränkt auf<br />

die Datei zugreifen kann. Im Folgenden soll deshalb untersucht werden, welche urheber- und<br />

leistungsrechtlichen Probleme solche Kopien und Veränderungen mit sich bringen können<br />

und wie ein derartiges Vorgehen juristisch sicher gestaltet werden kann. Aufbauend auf den<br />

so gewonnenen Ergebnissen soll dann dargelegt werden, ob bzw. inwieweit die momentane<br />

Gesetzeslage diesbezüglich geändert werden muss und wie eine entsprechende Vereinbarung<br />

zur Einholung der erforderlichen Nutzungsrechte ausgestaltet sein müsste. Da sich die Fragen<br />

3 und 4 inhaltlich überschneiden, werden sie im Folgenden gemeinsam behandelt.<br />

Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

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