AP Recht - KoLaWiss
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KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 132 von 163 BDSG die Datenverarbeitung für den Selbstzweck erfolgt 310 . Zwar ist im Rahmen der Lang- zeitarchivierung geplant, dass die dort archivierten Daten auch Fremdforschern zugänglich gemacht werden, was eine Übermittlung darstellen würde. Allerdings verlangt § 29 Abs. 1 BDSG, dass die Daten genau zu diesem Zweck erhoben, gespeichert oder verändert werden. Die Erhebung der Daten erfolgt vorliegend jedoch zum Zweck der Forschung und Wissen- schaft. Auch die Speicherung durch den LZA-Verbund hat nicht primär den Zweck, die Daten zu übermitteln; vielmehr soll dadurch sichergestellt werden, dass die Daten erhalten bleiben. Die Übermittlung an Fremdforscher erfolgt dabei nur beiläufig. Auch aus der Aufzählung des § 29 Abs. 1 S. 1 BDSG, wonach die Norm insbesondere im Rahmen der Werbung, der Tätig- keit von Auskunfteien, dem Adresshandel oder der Markt- und Meinungsforschung einschlä- gig ist, folgt nicht ausdrücklich die Anwendbarkeit auf die vorliegenden Fälle. Zwar ist die Aufzählung in Abs. 1 nicht abschließend 311 . Jedoch folgt aus den dargestellten Tätigkeitsbe- reichen, dass die Übermittlung der Daten im Mittelpunkt steht. Dies ist bei der Speicherung der Daten durch den LZA-Verbund jedoch gerade nicht der Fall, weshalb auch § 29 BDSG hier keine Anwendung findet. Zu beachten ist ferner, dass die Speicherung der Daten selbst bei der Anwendbarkeit von § 29 BDSG nicht durch diesen erlaubt würde. Dies wäre nämlich gem. § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG nur der Fall, wenn die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden könnten oder gem. § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG kein Grund zu der Annahme bestünde, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Speicherung hat. Zum einen wird Nr. 2 jedoch in der Regel ausscheiden. Zum anderen ist zu beachten, dass es sich bei medizinischen Forschungsdaten um besondere Arten personen- bezogener Daten gem. § 3 Abs. 9 BDSG handelt, da sie Angaben über die Gesundheit des Betroffenen machen. Diese Daten hat der Gesetzgeber jedoch gerade unter einen besonderen Schutz gestellt. Daraus folgt dann aber konsequenterweise, dass bei sensiblen Daten grund- sätzlich ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen im Sinne des § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG besteht 312 . Damit scheidet eine Zulässigkeit der Archivierung der Daten aufgrund von § 29 BDSG selbst dann aus, wenn dessen Anwendungsbereich in den vorliegenden Fällen ausnahmsweise doch eröffnet wäre. f) Zwischenergebnis zu 2 Die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten durch den LZA-Verbund ist so- mit weder nach § 28 noch nach § 29 BDSG zulässig. Ferner sind auch keine anderen Vor- 310 Hoeren in Roßnagel, 4.6. Rn. 56. 311 Gola/Schomerus, § 29 Rn. 6. 312 Hoeren in Roßnagel, 4.6 Rn. 65. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist
KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 133 von 163 schriften im Sinne des § 4 Abs. 1 BDSG ersichtlich, die die Verarbeitung erlauben. Folglich bedarf der LZA-Verbund in jedem Fall der Einwilligung durch den Betroffenen. B. Rechtliche Einschränkung durch das NDSG Des Weiteren ist zu prüfen ob bzw. inwieweit die Archivierung medizinischer Forschungsda- ten durch das NDSG eine rechtliche Einschränkung erfährt. I. Eröffnung des Anwendungsbereichs des NDSG auf die Universität Göttingen Der Anwendungsbereich des NDSG ist dabei gem. § 2 Abs. 1 S. 1 für die Verarbeitung per- sonenbezogener Daten durch die Universität eröffnet 313 . II. Zulässigkeit der Archivierung medizinischer personenbezogener Forschungs- daten nach den Vorschriften des NDSG Medizinische Forschungsdaten dürften, sofern es sich um personenbezogene Daten handelt, somit gem. § 4 Abs. 1 S. 1 NDSG nur verarbeitet werden, sofern das NDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies vorsieht oder die Betroffenen eingewilligt haben 314 . Dabei stellt die vorliegend in Frage stehende Speicherung der Daten gem. § 3 Abs. 2 Satz 1 NDSG eine Verarbeitung dar. Darüber hinaus sollen die archivierten Daten für andere For- scher und Forschungseinrichtungen zum Abruf bereit gehalten werden. Gem. § 3 Abs.2 S.2 Nr.4 b) NDSG stellt ein solches zum Abruf oder zur Einsicht durch Dritte Bereithalten der Daten eine Übermittlung und folglich gem. § 3 Abs.2 Satz 1 NDSG ebenfalls eine Verarbei- tung dar. Folglich ist die Archivierung personenbezogener Daten aus Forschungsvorhaben insoweit eingeschränkt, als es dazu entweder der Erlaubnis des Betroffenen bedarf oder die Archivierung durch das NDSG oder eine andere Rechtsvorschrift vorgesehen wird. 1. Einwilligung durch Betroffenen Wie bereits bei den Ausführungen zum BDSG betont 315 , sollte aus Gründen der Rechtssi- cherheit nach Möglichkeit stets die Einwilligung des Betroffenen eingeholt werden Im Rah- men des Anwendungsbereichs des NDSG stellt sich jedoch die Frage, welche Reichweite die Einwilligung des Betroffenen hat. Anders als § 4 Abs. 1 BDSG, wonach die Datenverarbei- tung nur zulässig ist, „…soweit…“ der Betroffene eingewilligt hat 316 , verlangt der Erlaubnis- tatbestand des § 4 Abs. 1 NDSG seinem Wortlaut nach nur, dass überhaupt eine Einwilligung abgegeben wurde („...wenn…“). Im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung von § 4 313 Siehe dazu bereits Frage 9 S. 123 . 314 Zu den Anforderungen an eine rechtswirksame Einwilligungserklärung siehe bereits Frage 9 S. 125. 315 Siehe oben S. 135. 316 Siehe oben S. 135 sowie die Nachweise in Fn. 307. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist
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schriften im Sinne des § 4 Abs. 1 BDSG ersichtlich, die die Verarbeitung erlauben. Folglich<br />
bedarf der LZA-Verbund in jedem Fall der Einwilligung durch den Betroffenen.<br />
B. <strong>Recht</strong>liche Einschränkung durch das NDSG<br />
Des Weiteren ist zu prüfen ob bzw. inwieweit die Archivierung medizinischer Forschungsda-<br />
ten durch das NDSG eine rechtliche Einschränkung erfährt.<br />
I. Eröffnung des Anwendungsbereichs des NDSG auf die Universität Göttingen<br />
Der Anwendungsbereich des NDSG ist dabei gem. § 2 Abs. 1 S. 1 für die Verarbeitung per-<br />
sonenbezogener Daten durch die Universität eröffnet 313 .<br />
II. Zulässigkeit der Archivierung medizinischer personenbezogener Forschungs-<br />
daten nach den Vorschriften des NDSG<br />
Medizinische Forschungsdaten dürften, sofern es sich um personenbezogene Daten handelt,<br />
somit gem. § 4 Abs. 1 S. 1 NDSG nur verarbeitet werden, sofern das NDSG oder eine andere<br />
<strong>Recht</strong>svorschrift dies vorsieht oder die Betroffenen eingewilligt haben 314 .<br />
Dabei stellt die vorliegend in Frage stehende Speicherung der Daten gem. § 3 Abs. 2 Satz 1<br />
NDSG eine Verarbeitung dar. Darüber hinaus sollen die archivierten Daten für andere For-<br />
scher und Forschungseinrichtungen zum Abruf bereit gehalten werden. Gem. § 3 Abs.2 S.2<br />
Nr.4 b) NDSG stellt ein solches zum Abruf oder zur Einsicht durch Dritte Bereithalten der<br />
Daten eine Übermittlung und folglich gem. § 3 Abs.2 Satz 1 NDSG ebenfalls eine Verarbei-<br />
tung dar. Folglich ist die Archivierung personenbezogener Daten aus Forschungsvorhaben<br />
insoweit eingeschränkt, als es dazu entweder der Erlaubnis des Betroffenen bedarf oder die<br />
Archivierung durch das NDSG oder eine andere <strong>Recht</strong>svorschrift vorgesehen wird.<br />
1. Einwilligung durch Betroffenen<br />
Wie bereits bei den Ausführungen zum BDSG betont 315 , sollte aus Gründen der <strong>Recht</strong>ssi-<br />
cherheit nach Möglichkeit stets die Einwilligung des Betroffenen eingeholt werden Im Rah-<br />
men des Anwendungsbereichs des NDSG stellt sich jedoch die Frage, welche Reichweite die<br />
Einwilligung des Betroffenen hat. Anders als § 4 Abs. 1 BDSG, wonach die Datenverarbei-<br />
tung nur zulässig ist, „…soweit…“ der Betroffene eingewilligt hat 316 , verlangt der Erlaubnis-<br />
tatbestand des § 4 Abs. 1 NDSG seinem Wortlaut nach nur, dass überhaupt eine Einwilligung<br />
abgegeben wurde („...wenn…“). Im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung von § 4<br />
313<br />
Siehe dazu bereits Frage 9 S. 123 .<br />
314<br />
Zu den Anforderungen an eine rechtswirksame Einwilligungserklärung siehe bereits Frage 9 S. 125.<br />
315<br />
Siehe oben S. 135.<br />
316<br />
Siehe oben S. 135 sowie die Nachweise in Fn. 307.<br />
Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist