AP Recht - KoLaWiss

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05.04.2013 Aufrufe

KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 130 von 163 reich des BDSG eröffnet ist. Adressat ist dabei der LZA-Verbund, soweit er die Daten verar- beitet 305 . II. Zulässigkeit der Archivierung medizinischer personenbezogener Forschungs- daten nach den Vorschriften des BDSG Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung medizinischer personenbezogener Forschungsda- ten ist damit gem. § 4 Abs. 1 BDSG nur zulässig, soweit das BDSG oder eine andere Rechts- vorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Die für die Lang- zeitarchivierung der Daten zwangsläufig einhergehende Speicherung der Daten stellt dabei gem. § 3 Abs. 4 S. 1 BDSG eine Verarbeitung dar. Des Weiteren ist auch geplant, die archi- vierten Daten für Fremdforscher zugänglich zu machen, was gem. § 3 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 b) BDSG eine Übermittlung darstellt. Der LZA bedarf zur Archivierung personenbezogener Da- ten demnach entweder der Einwilligung des Betroffenen oder des Vorliegens einer Erlaubnis- norm. 1. Einwilligung des Betroffenen Aus Gründen der Rechtssicherheit ist nach Möglichkeit stets die Einwilligung des Betroffenen einzuholen, da andernfalls die Gefahr besteht, dass eine Norm, die die jeweilige Verarbeitung oder Nutzung der Daten im konkreten Fall vermeintlich erlaubt, im Endeffekt doch nicht greift. Darüber hinaus können sich auch Beweisschwierigkeiten ergeben, die durch die vorhe- rige Einwilligung des Betroffenen weitestgehend vermieden werden 306 . Sofern eine Einwilli- gung eingeholt worden ist, stellt sich die Frage, inwieweit diese den Langzeitarchivierungs- verbund zur Speicherung der Daten berechtigt. In diesem Zusammenhang stellt § 4 Abs. 1 BDSG klar, dass die Verarbeitung der Daten nur zulässig ist, „…soweit…“ der Betroffene eingewilligt hat, weshalb eine pauschale Einwilligungserklärung im Rahmen des BDSG nicht genügt 307 . Sofern eine Einwilligung vorliegt, bestimmt sich die Reichweite der erlaubten da- tenschutzrechtlich relevanten Maßnahmen also nach dem Inhalt der Einwilligung. 2. Zulässigkeit der Archivierung aufgrund einer Erlaubnisnorm des BDSG Auch wenn eine Einwilligung aus datenschutzrechtlicher Sicht für datenverarbeitende Stelle aus den oben genannten Fällen am vorteilhaftesten ist, kann es im Einzelfall auf das Vorliegen 305 Zu den datenschutzrechtlichen Anforderungen für die Universität aufgrund des NDSG siehe unten B S. 138. 306 Siehe dazu bereits Frage 9 124 III. 307 BGHZ 95, 362, 367 f.; 116, 268, 273; OLG Schleswig, NJW-RR 1998, 54, 56; OLG Frankfurt RDV 1998, 174, 175, ; OLG Celle, NJW 1980, 347, 348; LG Halle CR 1998, 85, 86; siehe auch die entsprechende Kommentierung zu den Voraussetzungen einer rechtswirksamen Einwilligung im Rahmen des BDSG: Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Rn. 11; Holznagel/Sonntag in Roßnagel, 4.8 Rn. 53;siehe Frage 9 S. 129. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 131 von 163 einer Erlaubnisnorm des BDSG ankommen. Denkbar ist dies etwa für den Fall, dass Daten archiviert werden sollen, die bereits in der Vergangenheit erhoben worden sind und für die entweder keine Einwilligung der Betroffenen vorliegt und auch nicht eingeholt werden kann oder deren Einwilligung nicht die Speicherung in einem Langzeitarchiv und die Übermittlung an Fremdforscher erfasst. In diesen Fällen ist zu prüfen, ob die Archivierung aufgrund einer Vorschrift des BDSG erlaubt ist. Die Erlaubnisnormen für die Datenverarbeitung durch nicht- öffentliche Stellen finden sich in den §§ 27 ff. BDSG. Dabei könnt sich die Zulässigkeit der Speicherung und Übermittlung personenbezogener Daten durch den LZA aus § 28 oder § 29 BDSG ergeben. d) Zulässigkeit nach § 28 BDSG Die Datenverarbeitung in den vorliegenden Fällen zum Zwecke der Archivierung und Zu- gänglichmachung für Fremdwissenschaftler könnte könnte nach § 28 BDSG zulässig sein. Dabei finden die Abs. 1 und 2 sowohl auf die Datenerhebung als auch die Datenverarbeitung oder Nutzung Anwendung. Für die Datenverarbeitung und Nutzung schreibt Abs. 1 S. 2 je- doch vor, dass der Zweck, für den die Daten verarbeitet oder genutzt werden sollen, bereits bei der Erhebung konkret festzulegen ist. § 28 Abs. 1 BDSG enthält dabei drei Tatbestandsva- rianten. Im Mittelpunkt aller Tatbestandsvarianten steht jedoch, dass die verarbeitende Stelle die Daten „als Mittel zur Erfüllung eigener Geschäftszwecke“ verarbeitet. Die Datenverarbei- tung muss demnach zur Erfüllung bestimmter anderer eigener Zwecke der Daten verarbeiten- den Stelle erfolgen, wie zum Beispiel der Abwicklung von eingegangenen Verträgen oder der Betreuung von Kunden 308 . Dies ist bei einer Datenverarbeitung durch den LZA-Verbund je- doch zweifelhaft. Bei der Tätigkeit des LZA steht die Speicherung und Zugänglichmachung der Daten ja gerade im Mittelpunkt und bildet damit sein eigentliches Geschäftsinteresse. Die Verarbeitung dürfte gem. § 28 Abs. 1 S. 1 BDSG aber lediglich Mittel zum Zweck sein, um einen dahinterstehenden Geschäftszweck zu erreichen 309 . Damit wird die Verarbeitung der Daten durch den LZA-Verbund nicht von § 28 BDSG gerechtfertigt. e) Zulässigkeit nach § 29 BDSG Damit bleibt zu prüfen, ob sich die Zulässigkeit der Datenverarbeitung durch den LZA- Verbund aus § 29 BDSG ergibt. Danach ist das geschäftsmäßige Erheben, Speichern, oder Verändern personenbezogener Daten zulässig, wenn dies zum Zweck der Übermittlung ge- schieht. Der Tatbestand des § 29 BDSG erfasst also die Fälle, in denen im Gegensatz zu § 28 308 Gola/Schomerus, § 28 Rn. 4. 309 Gola/Schomerus, § 28 Rn. 4. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

<strong>KoLaWiss</strong>-Gutachten <strong>AP</strong> 4: <strong>Recht</strong> Seite 130 von 163<br />

reich des BDSG eröffnet ist. Adressat ist dabei der LZA-Verbund, soweit er die Daten verar-<br />

beitet 305 .<br />

II. Zulässigkeit der Archivierung medizinischer personenbezogener Forschungs-<br />

daten nach den Vorschriften des BDSG<br />

Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung medizinischer personenbezogener Forschungsda-<br />

ten ist damit gem. § 4 Abs. 1 BDSG nur zulässig, soweit das BDSG oder eine andere <strong>Recht</strong>s-<br />

vorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Die für die Lang-<br />

zeitarchivierung der Daten zwangsläufig einhergehende Speicherung der Daten stellt dabei<br />

gem. § 3 Abs. 4 S. 1 BDSG eine Verarbeitung dar. Des Weiteren ist auch geplant, die archi-<br />

vierten Daten für Fremdforscher zugänglich zu machen, was gem. § 3 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 b)<br />

BDSG eine Übermittlung darstellt. Der LZA bedarf zur Archivierung personenbezogener Da-<br />

ten demnach entweder der Einwilligung des Betroffenen oder des Vorliegens einer Erlaubnis-<br />

norm.<br />

1. Einwilligung des Betroffenen<br />

Aus Gründen der <strong>Recht</strong>ssicherheit ist nach Möglichkeit stets die Einwilligung des Betroffenen<br />

einzuholen, da andernfalls die Gefahr besteht, dass eine Norm, die die jeweilige Verarbeitung<br />

oder Nutzung der Daten im konkreten Fall vermeintlich erlaubt, im Endeffekt doch nicht<br />

greift. Darüber hinaus können sich auch Beweisschwierigkeiten ergeben, die durch die vorhe-<br />

rige Einwilligung des Betroffenen weitestgehend vermieden werden 306 . Sofern eine Einwilli-<br />

gung eingeholt worden ist, stellt sich die Frage, inwieweit diese den Langzeitarchivierungs-<br />

verbund zur Speicherung der Daten berechtigt. In diesem Zusammenhang stellt § 4 Abs. 1<br />

BDSG klar, dass die Verarbeitung der Daten nur zulässig ist, „…soweit…“ der Betroffene<br />

eingewilligt hat, weshalb eine pauschale Einwilligungserklärung im Rahmen des BDSG nicht<br />

genügt 307 . Sofern eine Einwilligung vorliegt, bestimmt sich die Reichweite der erlaubten da-<br />

tenschutzrechtlich relevanten Maßnahmen also nach dem Inhalt der Einwilligung.<br />

2. Zulässigkeit der Archivierung aufgrund einer Erlaubnisnorm des BDSG<br />

Auch wenn eine Einwilligung aus datenschutzrechtlicher Sicht für datenverarbeitende Stelle<br />

aus den oben genannten Fällen am vorteilhaftesten ist, kann es im Einzelfall auf das Vorliegen<br />

305<br />

Zu den datenschutzrechtlichen Anforderungen für die Universität aufgrund des NDSG siehe unten B S. 138.<br />

306<br />

Siehe dazu bereits Frage 9 124 III.<br />

307<br />

BGHZ 95, 362, 367 f.; 116, 268, 273; OLG Schleswig, NJW-RR 1998, 54, 56; OLG Frankfurt RDV 1998,<br />

174, 175, ; OLG Celle, NJW 1980, 347, 348; LG Halle CR 1998, 85, 86; siehe auch die entsprechende Kommentierung<br />

zu den Voraussetzungen einer rechtswirksamen Einwilligung im Rahmen des BDSG: Gola/Schomerus,<br />

BDSG, § 4a Rn. 11; Holznagel/Sonntag in Roßnagel, 4.8 Rn. 53;siehe Frage 9 S. 129.<br />

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