AP Recht - KoLaWiss

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05.04.2013 Aufrufe

KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 126 von 163 C. Ergebnis Hinsichtlich der aus datenschutzrechtlichen Gründen erforderlichen Einwilligung des Proban- den ist zunächst zu beachten, dass diese der Schriftform entsprechen muss. Aus diesem Grund empfiehlt es sich für den Fall, dass die Einwilligung beschädigt oder gar zerstört wird, vom Probanden gleich mehrere Einwilligungen unterschreiben zu lassen. Die Anfertigung von Ko- pien genügt hingegen nicht, da es diesen an der erforderlichen Schriftform mangeln würde. Auch wenn das Gesetz Ausnahmefälle vorsieht, in denen die Einwilligung auch formlos mög- lich ist, sollte aus Gründen der Rechtssicherheit stets eine schriftliche Einwilligung eingeholt werden, da die Beurteilung, wann die Schriftform entbehrlich ist, im Einzelfall mitunter schwierig sein kann. Darüber hinaus ist der Proband darauf aufmerksam zu machen, dass er in die Verwertung seiner Daten einwilligt. Dies kann dadurch erreicht werden, dass die Einwilli- gung visuell hervorgehoben oder im Dokument explizit darauf hingewiesen wird. Der Pro- band muss ferner vor Abgabe ausdrücklich darüber informiert werden, welche seiner Daten auf welche Art verarbeitet oder genutzt werden sollen. Insbesondere ist er darauf hinzuwei- sen, dass seine Daten, wenn auch anonymisiert oder pseudonymisiert, anderen Fremdfor- schern zugänglich gemacht werden. Hinsichtlich des Inhalts der Erklärung muss diese eben- falls genau spezifizieren, hinsichtlich welcher Daten der Proband seine Einwilligung erteilt und auf welche Arten die Daten genutzt werden dürfen. Dabei ist in den vorliegenden Fällen zu berücksichtigen, dass es sich zumeist um besondere Arten personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG handeln wird, so dass sich die Einwilligung gerade auch aus- drücklich auf diese beziehen muss. Letztlich muss die Einwilligung des Probanden auf dessen freier Entscheidung beruhen. Sofern eine rechtsgültige Einwilligung des Probanden vorliegt, kann diese auch separat beim Prüfarzt oder dem Sponsor gelagert werden. Sofern eine wirk- same datenschutzrechtliche Einwilligung des Probanden vorliegt, ist darin gleichzeitig eine zumindest konkludent erteilte Entbindung des Arztes von seiner ärztlichen Schweigepflicht zu sehen. Die Entbindung von der Schweigepflicht entspricht dabei konsequenterweise in ihrer Reichweite dem Umfang, in welchem der Proband auch der datenschutzrechtlich relevanten Nutzung seiner Daten eingewilligt hat. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 127 von 163 Frage 10: Welche Folgen hat ein Zurückziehen der rechtsgültigen Einverständniserklärung eines Probanden auf elektronische Langzeitarchivierung der medizinischen Forschungsda- ten? A. Rechtliche Möglichkeit des Zurückziehens der Einverständniserklärung Der Proband der ursprünglich eine rechtsgültige Einwilligung abgegeben hat, ist an diese nicht endgültig gebunden, sondern kann sie noch nachträglich widerrufen. Dieses Widerrufs- recht kann auch nicht durch einen Verzicht ausgeschlossen werden. Der Betroffene muss sich im Rahmen seiner Einwilligung auch nicht den Widerruf vorbehalten. Hinsichtlich der Folgen des Widerrufs ist danach zu differenzieren, ob dieser vor oder nach der Datenerhebung erfolgt. B. Widerruf vor Datenerhebung Widerruft der Proband seine Einwilligung noch bevor die ersten Untersuchungen oder Tests durchgeführt worden sind, in deren Zusammenhang Daten des Probanden erhoben werden, so steht der Langzeitarchivierungsverbund so da, als hätte er die Einwilligung niemals erhalten. Das heißt, dass die Daten des Probanden gem. § 4 Abs. 1 NDSG bzw. § 4 BDSG gar nicht erst gespeichert werden dürfen. C. Widerruf nach Datenerhebung Sofern die Verarbeitung von personenbezogenen Daten des Probanden allerdings bereits be- gonnen hat, gilt sein Widerrufsrecht unter Umständen nicht unbegrenzt. Vielmehr scheidet die Möglichkeit eines Widerrufes dann aus, wenn die Daten bereits anonymisiert worden sind. Sofern nämlich eine vollständige Anonymisierung vorgenommen wurde, fehlt es bereits am Personenbezug der (anonymisierten) Daten, so dass in diesen Fällen das Recht auf informa- tionelle Selbstbestimmung nicht mehr betroffen ist 298 . Da gerade im Rahmen von medizini- schen Forschungsvorhaben eine Anonymisierung nicht immer möglich ist, sondern die Daten oftmals pseudonymisiert werden, sind Fälle denkbar, in denen der Personenbezug trotzdem weiterhin besteht, da die Zuordnung der Daten zu dem Betroffenen ohne einen verhältnismä- ßig hohen Aufwand möglich ist 299 . Widerruft ein Proband seine Einwilligung in einem sol- chen Fall wirksam, stellt sich die Frage, welche Auswirkungen dies für die bereits erfolgten und künftigen Datennutzungen hat. Ein solcher Widerruf würde dabei -anders als zum Bei- 298 Roßnagel/Scholz, MMR 2000, 721, 723. 299 Roßnagel/Scholz, MMR 2000, 721, 725 f. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

<strong>KoLaWiss</strong>-Gutachten <strong>AP</strong> 4: <strong>Recht</strong> Seite 126 von 163<br />

C. Ergebnis<br />

Hinsichtlich der aus datenschutzrechtlichen Gründen erforderlichen Einwilligung des Proban-<br />

den ist zunächst zu beachten, dass diese der Schriftform entsprechen muss. Aus diesem Grund<br />

empfiehlt es sich für den Fall, dass die Einwilligung beschädigt oder gar zerstört wird, vom<br />

Probanden gleich mehrere Einwilligungen unterschreiben zu lassen. Die Anfertigung von Ko-<br />

pien genügt hingegen nicht, da es diesen an der erforderlichen Schriftform mangeln würde.<br />

Auch wenn das Gesetz Ausnahmefälle vorsieht, in denen die Einwilligung auch formlos mög-<br />

lich ist, sollte aus Gründen der <strong>Recht</strong>ssicherheit stets eine schriftliche Einwilligung eingeholt<br />

werden, da die Beurteilung, wann die Schriftform entbehrlich ist, im Einzelfall mitunter<br />

schwierig sein kann. Darüber hinaus ist der Proband darauf aufmerksam zu machen, dass er in<br />

die Verwertung seiner Daten einwilligt. Dies kann dadurch erreicht werden, dass die Einwilli-<br />

gung visuell hervorgehoben oder im Dokument explizit darauf hingewiesen wird. Der Pro-<br />

band muss ferner vor Abgabe ausdrücklich darüber informiert werden, welche seiner Daten<br />

auf welche Art verarbeitet oder genutzt werden sollen. Insbesondere ist er darauf hinzuwei-<br />

sen, dass seine Daten, wenn auch anonymisiert oder pseudonymisiert, anderen Fremdfor-<br />

schern zugänglich gemacht werden. Hinsichtlich des Inhalts der Erklärung muss diese eben-<br />

falls genau spezifizieren, hinsichtlich welcher Daten der Proband seine Einwilligung erteilt<br />

und auf welche Arten die Daten genutzt werden dürfen. Dabei ist in den vorliegenden Fällen<br />

zu berücksichtigen, dass es sich zumeist um besondere Arten personenbezogener Daten im<br />

Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG handeln wird, so dass sich die Einwilligung gerade auch aus-<br />

drücklich auf diese beziehen muss. Letztlich muss die Einwilligung des Probanden auf dessen<br />

freier Entscheidung beruhen. Sofern eine rechtsgültige Einwilligung des Probanden vorliegt,<br />

kann diese auch separat beim Prüfarzt oder dem Sponsor gelagert werden. Sofern eine wirk-<br />

same datenschutzrechtliche Einwilligung des Probanden vorliegt, ist darin gleichzeitig eine<br />

zumindest konkludent erteilte Entbindung des Arztes von seiner ärztlichen Schweigepflicht zu<br />

sehen. Die Entbindung von der Schweigepflicht entspricht dabei konsequenterweise in ihrer<br />

Reichweite dem Umfang, in welchem der Proband auch der datenschutzrechtlich relevanten<br />

Nutzung seiner Daten eingewilligt hat.<br />

Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

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