AP Recht - KoLaWiss
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KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 124 von 163 den wesentlichen Informationen, sollte die Belehrung den konkreten Zweck der Verarbeitung benennen, den Namen und die Anschrift des Verantwortlichen oder dessen Vertretungsbe- rechtigten für die Datenverarbeitung enthalten, über geplante Übermittlungen der Daten an Dritte informieren und darüber hinaus erkennen lassen, welche Daten, in welcher Art und über welchen Zeitraum gespeichert werden sollen. Des Weiteren ist der Proband über die Konsequenzen, die eine Verweigerung, der Einwilligung für den Betroffenen nach sich zieht sowie über alle sonstigen für die Beurteilung des Datenverarbeitungsvorgangs erforderlichen Informationen zu belehren 289 . Der Proband ist dabei vor Beginn der Datenerhebung zu infor- mieren 290 , so dass im Rahmen des medizinischen Forschungsvorhabens die Einwilligungen und die damit verbundenen Information der Probanden vor Beginn der Versuchsreihe einge- holt bzw. vorgenommen werden sollten. b) Ausreichende Bestimmtheit der Einwilligung Die Einwilligung des Probanden muss demzufolge so formuliert sein, dass man ihr entnehmen kann, unter welchen Bedingungen und welche Daten nach Vorstellung des Probanden verar- beitet werden dürfen. Dabei gilt, dass die Erklärung umso umfangreicher sein muss, je komp- lexer die Datenverarbeitung ist 291 . Speziell im Rahmen der vorliegend relevanten Fallkonstel- lationen von medizinischen Forschungsvorhaben ist außerdem zu beachten, dass es sich dabei zumeist um personenbezogene Angaben über die Gesundheit des Probanden handeln wird, so dass gem. § 4 Abs.2 S. 2 NDSG auf diese Daten ausdrücklich hingewiesen werden muss. c) Freie Entscheidung des Probanden Schließlich muss die Einwilligung des Probanden gem. § 4 Abs. 3 NDSG und § 4 Abs. 1 S. 1 BDSG auf seiner freien Entscheidung beruhen und ist unwirksam, wenn sie durch Androhung rechtswidriger Nachteile bewirkt wurde 292 . Die Forschungsstelle darf jedoch von der Einwil- ligung abhängig machen, ob sie die betreffende Person als Probanden annimmt oder nicht, sofern der Proband im Einzelfall dadurch nicht in eine Zwangssituation gedrängt wird 293 . Da die Probanden aber grundsätzlich freiwillig an dem Forschungsvorhaben teilnehmen, wird 289 OLG Hamm, NJW-RR 1986, 927, 931; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1988, 302, 304; Holznagel/Sonntag in Roßnagel, 4.8 Rn. 45; Simitis in Simitis, § 4a Rn. 72. 290 Holznagel/Sonntag in Roßnagel, 4.8 Rn. 48; Gola/Schomerus, § 4a Rn. 11; Simitis in Simitis, § 4a Rn. 70. 291 Holznagel/Sonntag in Roßnagel, 4.8 Rn. 49. 292 BVerfG NJW 1992, 1875 f; Gola/Schomerus, § 4a Rn.6; Holznagel/Sonntag in Roßnagel, 4.8 Rn. 54; Simitis in Simitis, § 4a Rn. 62. 293 Vgl. Holznagel/Sonntag in Roßnagel, 4.8 Rn. 54; Simitis in Simitis, § 4a Rn. 62. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist
KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 125 von 163 regelmäßig eine freiwillige Einwilligung des Probanden vorliegen 294 . Dennoch ist im Einzel- fall darauf zu achten, dass die Probanden nicht unter Druck gesetzt und zur Abgabe der Ein- willigung gedrängt werden, da es dann an der notwendigen Freiwilligkeit fehlen würde. 6. Zwischenergebnis zu B.I. Somit bleibt festzuhalten, dass es hinsichtlich der rechtlichen Anforderungen an eine Einwil- ligung des Betroffenen keinen Unterschied macht, ob das BDSG oder das NDSG einschlägig ist, da beide Gesetze die gleichen Anforderungen an die rechtliche Wirksamkeit einer Einwil- ligung stellen. II. Entbindung des Arztes von seiner Schweigepflicht Sofern der Proband in die Nutzung seiner Daten eingewilligt hat, stellt sich weiter die Frage, ob er dadurch den Arzt, der die Untersuchungen im Rahmen des Forschungsvorhabens durch- geführt hat, von der zivilrechtlich begründeten ärztlichen Schweigepflicht entbunden hat oder ob es dazu einer weiteren Einwilligung bedarf. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass ein Vor- rang der datenschutzrechtlichen Regelungen vor der ärztlichen Schweigepflicht nicht besteht, sondern diese vielmehr parallel nebeneinander stehen 295 . Der Arzt darf die Daten seiner Pa- tienten preisgeben, sofern sich der Proband damit einverstanden erklärt. Dabei kann der Pro- band nicht nur über das „Ob“ sondern auch das „Wie“ der Weitergabe seiner Daten entschei- den 296 . Fraglich ist, ob in der Einwilligung nach § 4 Abs. 1 BDSG bzw. § 4 Abs. 1 NDSG gleichzeitig eine Entbindung des Arztes von seiner Schweigepflicht zu sehen ist. Im Gegen- satz zur Einwilligung im Rahmen des Datenschutzrechtes muss die Aufhebung der Schwei- gepflicht nicht ausdrücklich erfolgen und bedarf außerdem keiner bestimmten Form. Eine konkludente Einwilligung oder schlüssiges Verhalten können damit genügen 297 . Damit stellen sich an die Aufhebung der ärztlichen Schweigepflicht deutlich geringere Anforderungen als im Rahmen des NDSG und des BDSG. Damit ist davon auszugehen, dass der Proband den Arzt, der die Untersuchung bzw. das Forschungsvorhaben leitet, konkludent durch Einwilli- gung in die Nutzung seiner personenbezogenen Daten von dessen Schweigepflicht entbindet. Dabei reicht diese Entbindung so weit, wie auch die Einwilligung in die datenschutzrechtlich relevante Nutzung der Daten erfolgt ist. 294 Etwas anderes könnte jedoch gelten, wenn es sich beispielsweise um Forschungsreihen zur Entwicklung eines Medikamentes gegen eine unheilbare Krankheit handelt und sich die Teilnahme für den Probanden quasi als „letzte Chance“ darstellt, geheilt zu werden bzw. sein Leiden zu mindern. 295 Schirmer in Roßnagel, 7.12 Rn. 26. 296 Schirmer in Roßnagel, 7.12 Rn. 41. 297 Schirmer in Roßnagel, 7.12 Rn. 42. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist
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regelmäßig eine freiwillige Einwilligung des Probanden vorliegen 294 . Dennoch ist im Einzel-<br />
fall darauf zu achten, dass die Probanden nicht unter Druck gesetzt und zur Abgabe der Ein-<br />
willigung gedrängt werden, da es dann an der notwendigen Freiwilligkeit fehlen würde.<br />
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Somit bleibt festzuhalten, dass es hinsichtlich der rechtlichen Anforderungen an eine Einwil-<br />
ligung des Betroffenen keinen Unterschied macht, ob das BDSG oder das NDSG einschlägig<br />
ist, da beide Gesetze die gleichen Anforderungen an die rechtliche Wirksamkeit einer Einwil-<br />
ligung stellen.<br />
II. Entbindung des Arztes von seiner Schweigepflicht<br />
Sofern der Proband in die Nutzung seiner Daten eingewilligt hat, stellt sich weiter die Frage,<br />
ob er dadurch den Arzt, der die Untersuchungen im Rahmen des Forschungsvorhabens durch-<br />
geführt hat, von der zivilrechtlich begründeten ärztlichen Schweigepflicht entbunden hat oder<br />
ob es dazu einer weiteren Einwilligung bedarf. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass ein Vor-<br />
rang der datenschutzrechtlichen Regelungen vor der ärztlichen Schweigepflicht nicht besteht,<br />
sondern diese vielmehr parallel nebeneinander stehen 295 . Der Arzt darf die Daten seiner Pa-<br />
tienten preisgeben, sofern sich der Proband damit einverstanden erklärt. Dabei kann der Pro-<br />
band nicht nur über das „Ob“ sondern auch das „Wie“ der Weitergabe seiner Daten entschei-<br />
den 296 . Fraglich ist, ob in der Einwilligung nach § 4 Abs. 1 BDSG bzw. § 4 Abs. 1 NDSG<br />
gleichzeitig eine Entbindung des Arztes von seiner Schweigepflicht zu sehen ist. Im Gegen-<br />
satz zur Einwilligung im Rahmen des Datenschutzrechtes muss die Aufhebung der Schwei-<br />
gepflicht nicht ausdrücklich erfolgen und bedarf außerdem keiner bestimmten Form. Eine<br />
konkludente Einwilligung oder schlüssiges Verhalten können damit genügen 297 . Damit stellen<br />
sich an die Aufhebung der ärztlichen Schweigepflicht deutlich geringere Anforderungen als<br />
im Rahmen des NDSG und des BDSG. Damit ist davon auszugehen, dass der Proband den<br />
Arzt, der die Untersuchung bzw. das Forschungsvorhaben leitet, konkludent durch Einwilli-<br />
gung in die Nutzung seiner personenbezogenen Daten von dessen Schweigepflicht entbindet.<br />
Dabei reicht diese Entbindung so weit, wie auch die Einwilligung in die datenschutzrechtlich<br />
relevante Nutzung der Daten erfolgt ist.<br />
294 Etwas anderes könnte jedoch gelten, wenn es sich beispielsweise um Forschungsreihen zur Entwicklung eines<br />
Medikamentes gegen eine unheilbare Krankheit handelt und sich die Teilnahme für den Probanden quasi als<br />
„letzte Chance“ darstellt, geheilt zu werden bzw. sein Leiden zu mindern.<br />
295 Schirmer in Roßnagel, 7.12 Rn. 26.<br />
296 Schirmer in Roßnagel, 7.12 Rn. 41.<br />
297 Schirmer in Roßnagel, 7.12 Rn. 42.<br />
Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist