AP Recht - KoLaWiss
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KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 108 von 163 1. Vervielfältigung gem. § 16 UrhG Sofern der Fremdforscher Dritten die Daten zukommen lässt, wird er im Regelfall eine Kopie der jeweiligen Datei erstellen und diese an den Dritten senden. Dieses Kopieren der Datei bzw. ihre Speicherung auf einem anderen Datenträger würde dabei eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG darstellen 235 . Gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UrhG hat jedoch der Urheber das ausschließliche Recht der Vervielfältigung. Die Universität wird sich dabei das Nutzungsrecht der Vervielfältigung zumindest als einfaches Nutzungsrecht eingeräumt haben lassen, um die Datei archivieren zu können. Die Universität wird dem Dritten das Recht der Vervielfältigung in der Regel jedoch nicht einräumen. Demzufolge würde der Fremdforscher eine Urheber- rechtsverletzung begehen, sofern er die Datei einem Dritten zukommen ließe und sie zu die- sem Zweck kopieren bzw. auf einem anderen Datenträger speichern würde 236 . 2. Verbreitung gem. § 17 UrhG Des Weiteren könnte von der Weitergabe an einen Dritten das Verbreitungsrecht gem. § 17 Abs. 1 UrhG betroffen sein. Das Verbreitungsrecht ist nach § 17 Abs.1 das Recht, das Origi- nal oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen. Gem. § 15 Abs. 1 Nr.2 UrhG steht auch das Verbreitungsrecht ausschließlich dem Urheber zu. a) Angebot an die Öffentlichkeit Zunächst könnte die Weitergabe der Daten ein Angebot an die Öffentlichkeit gem. § 17 Abs. 1 Alt. 1 UrhG darstellen. Dabei kommt es nicht auf die Anzahl der Personen an. Vielmehr kann ein Angebot an die Öffentlichkeit bereits dann vorliegen, wenn es sich an eine einzige Person richtet, sofern der Anbieter zu dieser keine persönliche Beziehung hat 237 . Damit schei- den Angebote an Freunde, Bekannte oder Angestellte aus 238 . Sofern der Dritte die Daten also lediglich an Kollegen weitergibt, wird keine Verbreitung im Sinne des § 17 Abs. 1 UrhG vor- liegen. Anders wird es jedoch wohl sein, wenn der Dritte die Daten an Forscher weitergibt, mit denen er nicht zusammenarbeitet. In diesem Fall wird also regelmäßig ein Angebot an die Öffentlichkeit und damit eine Verbreitung im Sinne des § 17 Abs. 1 UrhG vorliegen. 235 BGH, GRUR 1999, 325, 327; OLG Frankfurt a.M. CR 1997, 275, 276; KG GRUR 2002, 252, 253; OLG München MMR 1998, 365, 367; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, § 16 Rn. 6, 11; Loewenheim in Loewenheim, § 20 Rn. 4, 11; Kroitzsch in Möhring/Niccolini, § 16 Rn. 4; Siehe auch bereits oben Frage 3/4 S. 51 sowie die Nachweise in Fn. 82. 236 Zu den rechtlichen Konsequenzen siehe unten S. 115. 237 Heerma in Wandtke/Bullinger, § 17 Rn. 10; Loewenheim in Schricker, § 17 Rn. 11; so bereits zur Rechtslage vor 2003; BGH GRUR 1982, 102, 103; NJW 1991, 1234, 1235; OLG Köln GRUR 1992, 312, 313; KG GRUR 2000, 49; siehe auch BT-Drucks. 15/38 S. 17. 238 KG GRUR 1983, 174, 175 –Videoraubkasseten; Loewenheim in Schricker, § 17 Rn. 10. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist
KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 109 von 163 b) Inverkehrbringen Sofern kein Angebot an die Öffentlichkeit vorliegt, kann die Weitergabe ein Inverkehrbringen im Sinne des § 17 Abs. 1 Alt. 2 darstellen. Dies ist jede Handlung, durch die Werkstücke aus der internen Betriebssphäre der Öffentlichkeit zugeführt werden 239 . Dabei genügt die Über- lassung eines einzelnen Exemplars 240 , sofern die Überlassung gegenüber der Öffentlichkeit erfolgt 241 . 3. Öffentliche Zugänglichmachung gem. § 19 UrhG Durch die Weitergabe der Daten an Dritte kann darüber hinaus auch das Recht der öffentli- chen Zugänglichmachung gem. § 19a UrhG betroffen sein. Darunter versteht man gem. § 19a UrhG das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. Dabei wäre das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung beispiels- weise dann tangiert, wenn der Fremdforscher die von der Universität erlangten Daten auf ei- ner Homepage zum Abruf bereithielte 242 . Damit könnte das Recht der öffentlichen Zugäng- lichmachung ebenfalls durch die Weitergabe an Dritte betroffen sein. 4. Schranken Der Fremdforscher wäre allerdings zur Vornahme der urheberrechtlich relevanten Handlun- gen berechtigt, wenn im Einzelfall eine urheber- oder leistungsrechtliche Schranke greifen würde. Dabei sind für die Fälle, in denen die einzelnen Daten für sich einen urheber- oder leistungsrechtlichen Schutz genießen, jedoch keine Schranken ersichtlich. Insbesondere schei- tert die Schranke des § 52a Abs. 1 daran, dass dieser sich nur auf die öffentliche Zugänglich- machung „…veröffentlichter kleiner Teile eines Werkes…“ bezieht und nicht auf das Werk insgesamt 243 . Ferner wäre eine Vervielfältigung der Datei durch den Fremdforscher, um sie einem Dritten zukommen zu lassen, nicht durch § 53 Abs. 2 Nr. 1 gerechtfertigt, verlangt die- ser doch die Vervielfältigung „…zum eigenen wissenschaftlichen Gebrauch…“. Gleiches gilt für die leistungsrechtliche Schranke nach § 87c Abs. 1 Nr. 2 UrhG, sofern die Datei für sich genommen eine Datenbank im Sinne des § 87a UrhG darstellt 244 . 239 EuGH GRUR 2008, 604; BGH GRUR 1991, 316, 317 – Einzelangebot; OLG Hamburg GRUR 1972, 375, 376 – Polydor II; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, § 17 Rn. 12; Loewenheim in Schricker, § 17 Rn. 12. in Schricker, §17 Rn. 12. 241 Loewenheim in Schricker, § 17 Rn. 13; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, § 17 Rn. 13. 242 Vgl. Dreyer in Dreyer/Schulze, § 19a Rn. 8; v. Ungern-Sternberg in Schricker, § 19a Rn. 1. 243 Loewenheim in Schricker, § 52a Rn. 6; Dreyer in Dreyer/Schulze, § 52a Rn. 25. 244 Siehe dazu Frage 1 Seite 38. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist
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1. Vervielfältigung gem. § 16 UrhG<br />
Sofern der Fremdforscher Dritten die Daten zukommen lässt, wird er im Regelfall eine Kopie<br />
der jeweiligen Datei erstellen und diese an den Dritten senden. Dieses Kopieren der Datei<br />
bzw. ihre Speicherung auf einem anderen Datenträger würde dabei eine Vervielfältigung im<br />
Sinne des § 16 UrhG darstellen 235 . Gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UrhG hat jedoch der Urheber das<br />
ausschließliche <strong>Recht</strong> der Vervielfältigung. Die Universität wird sich dabei das Nutzungsrecht<br />
der Vervielfältigung zumindest als einfaches Nutzungsrecht eingeräumt haben lassen, um die<br />
Datei archivieren zu können. Die Universität wird dem Dritten das <strong>Recht</strong> der Vervielfältigung<br />
in der Regel jedoch nicht einräumen. Demzufolge würde der Fremdforscher eine Urheber-<br />
rechtsverletzung begehen, sofern er die Datei einem Dritten zukommen ließe und sie zu die-<br />
sem Zweck kopieren bzw. auf einem anderen Datenträger speichern würde 236 .<br />
2. Verbreitung gem. § 17 UrhG<br />
Des Weiteren könnte von der Weitergabe an einen Dritten das Verbreitungsrecht gem. § 17<br />
Abs. 1 UrhG betroffen sein. Das Verbreitungsrecht ist nach § 17 Abs.1 das <strong>Recht</strong>, das Origi-<br />
nal oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu<br />
bringen. Gem. § 15 Abs. 1 Nr.2 UrhG steht auch das Verbreitungsrecht ausschließlich dem<br />
Urheber zu.<br />
a) Angebot an die Öffentlichkeit<br />
Zunächst könnte die Weitergabe der Daten ein Angebot an die Öffentlichkeit gem. § 17 Abs.<br />
1 Alt. 1 UrhG darstellen. Dabei kommt es nicht auf die Anzahl der Personen an. Vielmehr<br />
kann ein Angebot an die Öffentlichkeit bereits dann vorliegen, wenn es sich an eine einzige<br />
Person richtet, sofern der Anbieter zu dieser keine persönliche Beziehung hat 237 . Damit schei-<br />
den Angebote an Freunde, Bekannte oder Angestellte aus 238 . Sofern der Dritte die Daten also<br />
lediglich an Kollegen weitergibt, wird keine Verbreitung im Sinne des § 17 Abs. 1 UrhG vor-<br />
liegen. Anders wird es jedoch wohl sein, wenn der Dritte die Daten an Forscher weitergibt,<br />
mit denen er nicht zusammenarbeitet. In diesem Fall wird also regelmäßig ein Angebot an die<br />
Öffentlichkeit und damit eine Verbreitung im Sinne des § 17 Abs. 1 UrhG vorliegen.<br />
235<br />
BGH, GRUR 1999, 325, 327; OLG Frankfurt a.M. CR 1997, 275, 276; KG GRUR 2002, 252, 253; OLG<br />
München MMR 1998, 365, 367; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, § 16 Rn. 6, 11; Loewenheim<br />
in Loewenheim, § 20 Rn. 4, 11; Kroitzsch in Möhring/Niccolini, § 16 Rn. 4; Siehe auch bereits oben Frage 3/4 S.<br />
51 sowie die Nachweise in Fn. 82.<br />
236<br />
Zu den rechtlichen Konsequenzen siehe unten S. 115.<br />
237<br />
Heerma in Wandtke/Bullinger, § 17 Rn. 10; Loewenheim in Schricker, § 17 Rn. 11; so bereits zur <strong>Recht</strong>slage<br />
vor 2003; BGH GRUR 1982, 102, 103; NJW 1991, 1234, 1235; OLG Köln GRUR 1992, 312, 313; KG GRUR<br />
2000, 49; siehe auch BT-Drucks. 15/38 S. 17.<br />
238<br />
KG GRUR 1983, 174, 175 –Videoraubkasseten; Loewenheim in Schricker, § 17 Rn. 10.<br />
Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist