AP Recht - KoLaWiss

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KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 102 von 163 den einzelnen Fremdforschern in Betracht. Daneben besteht die Möglichkeit, dass einzelne Daten bzw. Datenpakete einem urheber- oder leistungsrechtlichen Schutz nach den Vorschrif- ten des UrhG unterliegen 219 . V. Weitergabeverbot aufgrund vertraglicher Vereinbarung Im Rahmen eines Lizenzvertrages könnte der LZA-Verbund mit den Fremdforschern eine Verschwiegenheitsklausel vereinbaren, die diesen die Weitergabe der erlangten Daten unter- sagt. Zur effizienten Durchsetzung dieser Verschwiegenheitsklausel sollte ferner eine Ver- tragsstrafe für den Fall vorgesehen werden, dass der Fremdforscher die Daten trotzdem wei- tergibt 220 . Wie oben bereits im Rahmen der technischen Schutzmechanismen festgestellt, müsste der Langzeitarchivierungsverbund den Abruf der Daten nicht Jedermann gestatten, sondern könn- te den Abruf der Daten auf diejenigen Fremdforscher beschränken, die einem entsprechenden Lizenzvertag zugestimmt und damit vom LZA-Verbund die entsprechenden Zugangsdaten zur Verfügung gestellt bekommen hätten. Im Rahmen eines solchen Lizenzvertrages könnte die Universität dem Fremdforscher zum einen das Recht einräumen, die Daten abzurufen und im Rahmen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit zu verwenden. Ob der Abruf dabei unentgeltlich erfolgen soll oder ob eine entsprechende Nutzungsgebühr beim Abruf der Daten fällig wird, muss im Rahmen der vorhergehenden Planungen überlegt werden. Zum anderen könnte man den Fremdforscher durch Einfügen einer Verschwiegenheitsklausel dazu verpflichten, die Forschungsdaten nicht bzw. nur innerhalb seines Forschungsprojektes weiterzugeben. Derar- tige Klauseln sind vor allem im Rahmen von sog. „Know-how-Verträgen“, aber auch For- schungs- und Entwicklungsverträgen üblich 221 . Darüber hinaus müssten für den Fall, dass der Fremdforscher die Verschwiegenheitsklausel verletzt, entsprechende Konsequenzen in der vertraglichen Vereinbarung geregelt sein. Diese müssten dabei eine abschreckende Wirkung auf den Vertragspartner haben, so dass der Fremdforscher vor einem Verstoß gegen die Vereinbarung zurückschrecken würde. Dies könnte durch Vereinbarung einer durch den Fremdforscher im Falle des Verstoßes zu zahlen- den Vertragsstrafe bewirkt werden. Dadurch würde zum einen erreicht, dass der Fremdfor- scher zur Einhaltung der Verschwiegenheitsverpflichtung angehalten wird und erleichtert zum 219 Dazu siehe oben Frage 1 S. 27 ff. 220 Vgl. Möffert in Schütze/Weipert (Hrsg.), Münchener Vertragshandbuch, Bd. 3 Wirtschaftsrecht II, 6. Aufl. 2009, IV. 2 Anm. 18. 221 Vgl. Möffert in Schütze/Weipert , IV. 1. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

KoLaWiss-Gutachten AP 4: Recht Seite 103 von 163 anderen dem LZA-Verbund bei Zuwiderhandlung des Fremdforschers die Schadloshaltung 222 . Im Fall einer Vertragsverletzung stünden dem LZA-Verbund unter Umständen zwar auch unabhängig von einer solchen Klausel gem. § 280 I BGB Schadensersatzansprüche gegen den Fremdforscher zu. Allerdings müsste er aufgrund der Beweislastverteilung im Zivilprozess den ihm entstandenen Schaden nachweisen 223 , der allerdings teilweise nur schwer zu beziffern ist. Mitunter kann es sogar gänzlich an einem materiellen Schaden fehlen. Bei Vereinbarung einer Vertragsstrafe müsste der LZA-Verbund hingegen lediglich nachweisen, dass der Fremdforscher die Daten unbefugt weitergegeben hat. Ferner empfiehlt sich die Verwendung einer Freistellungsklausel, kraft derer der Forscher verpflichtet ist, Ansprüche Dritter gegen den LZA-Verbund abzuwehren und diesen gegebenenfalls freizustellen, die aufgrund einer unbefugten Weitergabe durch den Fremdforscher geltend gemacht werden 224 . Vor Verwen- dung einer solchen Verschwiegenheitsklausel in Verbindung mit einer Vertragsstrafe ist je- doch zu prüfen, ob diese einer gerichtlichen Überprüfung standhalten würden. Dabei stehen vor allem die §§ 305 ff. BGB im Mittelpunkt. 1. Zulässigkeit nach den §§ 305 ff. BGB Zu prüfen ist, ob derartige Klauseln nach den §§ 305 ff. BGB zulässig wären. Da es sich bei den in Frage stehenden Klauseln um Vertragsbedingungen handelt, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert werden und die den jeweiligen Fremdforschern vom LZA-Verbund gestellt werden, handelt es sich gem. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB um AGB, so dass der Schutzbe- reich der § 305 ff. BGB grundsätzlich eröffnet ist 225 . c) Überraschende Klausel nach § 305c BGB Zunächst könnte es sich dabei um eine überraschende Klausel im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB handeln. Danach würde die Vereinbarung eines Weitergabeverbotes und einer Vertrags- strafe bei Zuwiderhandlung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil des Vertrages werden, wenn sie nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Er- scheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich ist, dass der Vertragspartner, hier also der Fremdforscher oder eine fremde Forschungseinrichtung, mit ihr nicht zu rechnen bräuchte. Eine ungewöhnliche Klausel ist dabei dann anzunehmen, wenn mit ihr nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen ist, da sie nach den gesamten Umständen und dem äuße- 222 BGH NJW 1983, 385, 387; Medicus in Schwab/Wegen/Weinreich, Vor §§ 339 bis 345 Rn. 1. 223 Musielak in Musielak, ZPO. 6. Aufl. 2008, Einl. Rn. 37. 224 BGH NJW 2002, 2382; Brinkmann in Schwab/Wegen/Weinreich, § 157 Rn. 42; zu einem Entwurf für eine entsprechende Klausel siehe unten S. 119. 225 Vgl. Grüneberg in Palandt, § 305 Rn. 8 ff; J. Becker in Bamberger/Roth, § 305 Rn. 16 ff.; K.P. Berger in Prütting/Wegen/Weinreich, § 305 Rn. 5 ff. Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

<strong>KoLaWiss</strong>-Gutachten <strong>AP</strong> 4: <strong>Recht</strong> Seite 103 von 163<br />

anderen dem LZA-Verbund bei Zuwiderhandlung des Fremdforschers die Schadloshaltung 222 .<br />

Im Fall einer Vertragsverletzung stünden dem LZA-Verbund unter Umständen zwar auch<br />

unabhängig von einer solchen Klausel gem. § 280 I BGB Schadensersatzansprüche gegen den<br />

Fremdforscher zu. Allerdings müsste er aufgrund der Beweislastverteilung im Zivilprozess<br />

den ihm entstandenen Schaden nachweisen 223 , der allerdings teilweise nur schwer zu beziffern<br />

ist. Mitunter kann es sogar gänzlich an einem materiellen Schaden fehlen. Bei Vereinbarung<br />

einer Vertragsstrafe müsste der LZA-Verbund hingegen lediglich nachweisen, dass der<br />

Fremdforscher die Daten unbefugt weitergegeben hat. Ferner empfiehlt sich die Verwendung<br />

einer Freistellungsklausel, kraft derer der Forscher verpflichtet ist, Ansprüche Dritter gegen<br />

den LZA-Verbund abzuwehren und diesen gegebenenfalls freizustellen, die aufgrund einer<br />

unbefugten Weitergabe durch den Fremdforscher geltend gemacht werden 224 . Vor Verwen-<br />

dung einer solchen Verschwiegenheitsklausel in Verbindung mit einer Vertragsstrafe ist je-<br />

doch zu prüfen, ob diese einer gerichtlichen Überprüfung standhalten würden. Dabei stehen<br />

vor allem die §§ 305 ff. BGB im Mittelpunkt.<br />

1. Zulässigkeit nach den §§ 305 ff. BGB<br />

Zu prüfen ist, ob derartige Klauseln nach den §§ 305 ff. BGB zulässig wären. Da es sich bei<br />

den in Frage stehenden Klauseln um Vertragsbedingungen handelt, die für eine Vielzahl von<br />

Verträgen vorformuliert werden und die den jeweiligen Fremdforschern vom LZA-Verbund<br />

gestellt werden, handelt es sich gem. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB um AGB, so dass der Schutzbe-<br />

reich der § 305 ff. BGB grundsätzlich eröffnet ist 225 .<br />

c) Überraschende Klausel nach § 305c BGB<br />

Zunächst könnte es sich dabei um eine überraschende Klausel im Sinne des § 305c Abs. 1<br />

BGB handeln. Danach würde die Vereinbarung eines Weitergabeverbotes und einer Vertrags-<br />

strafe bei Zuwiderhandlung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil<br />

des Vertrages werden, wenn sie nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Er-<br />

scheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich ist, dass der Vertragspartner, hier also der<br />

Fremdforscher oder eine fremde Forschungseinrichtung, mit ihr nicht zu rechnen bräuchte.<br />

Eine ungewöhnliche Klausel ist dabei dann anzunehmen, wenn mit ihr nach den Umständen<br />

vernünftigerweise nicht zu rechnen ist, da sie nach den gesamten Umständen und dem äuße-<br />

222<br />

BGH NJW 1983, 385, 387; Medicus in Schwab/Wegen/Weinreich, Vor §§ 339 bis 345 Rn. 1.<br />

223<br />

Musielak in Musielak, ZPO. 6. Aufl. 2008, Einl. Rn. 37.<br />

224<br />

BGH NJW 2002, 2382; Brinkmann in Schwab/Wegen/Weinreich, § 157 Rn. 42; zu einem Entwurf für eine<br />

entsprechende Klausel siehe unten S. 119.<br />

225<br />

Vgl. Grüneberg in Palandt, § 305 Rn. 8 ff; J. Becker in Bamberger/Roth, § 305 Rn. 16 ff.; K.P. Berger in<br />

Prütting/Wegen/Weinreich, § 305 Rn. 5 ff.<br />

Prof. Dr. Gerald Spindler/Dipl.-Jur. Tobias Hillegeist

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