1 Das chinesische Weisheitsbuch Tao-te ching - und die Facette ...
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des TTC, <strong>die</strong> er mit Kommentaren 1957 nochmals un<strong>te</strong>r dem Ti<strong>te</strong>l „Laotse, Unvergängliche<br />
Weisheit“ in Umlauf brach<strong>te</strong>. Hier erfährt der Schlüsselbegriff, nämlich das <strong>Tao</strong> (aus <strong>Tao</strong>-<strong>te</strong><br />
<strong>ching</strong>), eine besondere In<strong>te</strong>rpretation. <strong>Das</strong> Wort bedeu<strong>te</strong>t, laut A. Eckardt, das ewige,<br />
ursprüngliche <strong>und</strong> absolu<strong>te</strong> Sein, das Sein an sich, das ein Äquivalent für unseren<br />
Got<strong>te</strong>sbegriff sei. <strong>Das</strong> Wort Te bedeu<strong>te</strong> entsprechend „<strong>die</strong> Segnung, das Wirken <strong>Tao</strong>s“. Für<br />
<strong>die</strong>sen Autor ist ein Wel<strong>te</strong>ntwurf ohne <strong>die</strong> zentrale Position des jüdisch-christlichen Got<strong>te</strong>s<br />
nicht vors<strong>te</strong>llbar, <strong>und</strong> so wird <strong>die</strong>se Idee in den <strong>chinesische</strong>n Text hineingelegt. Wie weit<br />
<strong>die</strong>ser Weg führen kann, ist etwa an Eckardt´s Dars<strong>te</strong>llung von Abschnitt 14 (<strong>Tao</strong>-<strong>te</strong> <strong>ching</strong>) zu<br />
sehen. Ich zitiere aus seiner Übersetzung:<br />
„Du suchst es <strong>und</strong> siehst es nicht,<br />
sein Name ist Yi (Ruhe);<br />
du horchst <strong>und</strong> hörst es nicht,<br />
sein Name ist Hi (Feinheit);<br />
du greifst es <strong>und</strong> fasst es nicht,<br />
sein Name ist Wei (Verborgenheit);<br />
<strong>die</strong>se drei (Namen = Yi-Hi-Wei)<br />
kann man nicht erforschen,<br />
sie durchdringen einander<br />
<strong>und</strong> bilden eine Einheit“.<br />
A.Eckardt glaubt <strong>die</strong> Möglichkeit zu sehen, daß <strong>die</strong> drei Silben Yi-Hi-Wei den Namen<br />
Jehova umschreiben, denn 538 habe der Perserkönig Kyros den nach Babylon deportier<strong>te</strong>n<br />
Juden <strong>die</strong> Rückkehr erlaubt, <strong>und</strong> Teile von ihnen „mögen nach Kaschmir, Baktrien <strong>und</strong> in<br />
zentralasiatische Gebie<strong>te</strong> ausgewandert sein..." Laotse hat nun, sagt Eckardt, "sein <strong>Tao</strong>-<strong>te</strong> king<br />
im Wes<strong>te</strong>n Chinas an der damaligen Grenze, wohl nahe der persisch-turkestanischen Grenze<br />
geschrieben, kann mit Juden zusammengetroffen sein <strong>und</strong> seine monotheistische Weltanschauung<br />
vertieft haben“.<br />
Dies ist eine phantasievolle Ex<strong>te</strong>nsion der wenigen Aussagen, <strong>die</strong> von der <strong>chinesische</strong>n<br />
Tradition zur Ents<strong>te</strong>hung der „Schrift in etwa über 5000 Wor<strong>te</strong>n“ gemacht wird – wie in<br />
China das TTC genannt wird, bevor es Ho-shang kung (2. Jh. V.Chr.) in 81 Abschnit<strong>te</strong> <strong>te</strong>il<strong>te</strong>,<br />
<strong>und</strong> Wang Pi, gut fünfh<strong>und</strong>ert Jahre spä<strong>te</strong>r, den fast pathetischen Ti<strong>te</strong>l <strong>Tao</strong>-<strong>te</strong> <strong>ching</strong> als fes<strong>te</strong>n<br />
Bestand<strong>te</strong>il des Repertoires elitärer Bildung etablier<strong>te</strong>. Der Autor, Lao-tzu oder auch Li Erh,<br />
soll als Beam<strong>te</strong>r dem Chou-König Yu ge<strong>die</strong>nt haben, als <strong>die</strong> Standards der Chou-Herrschaft<br />
verfielen. Da der Rat des Beam<strong>te</strong>n Li Erh nicht gehört wurde, der Herrscher „nicht gut“ war,<br />
verließ Lao-tzu China über einen Paß, wo der Astronom <strong>und</strong> Zöllner Yin Hsi ihn nötig<strong>te</strong>, sein<br />
Buch in fünftausend Wor<strong>te</strong>n zu schreiben <strong>und</strong> es ihm zu überlassen. Lao-tzu war vorbildhaft<br />
für den <strong>chinesische</strong>n Beam<strong>te</strong>n des spä<strong>te</strong>ren Kaiserreichs, indem er einer gu<strong>te</strong>n Herrschaft<br />
loyal <strong>die</strong>n<strong>te</strong>, sich einer schlech<strong>te</strong>n aber verweiger<strong>te</strong>. Lao-tzu <strong>und</strong> sein Buch sind daher mit<br />
einer offiziellen Kultur der Rechtschaffenheit <strong>und</strong> der Rechtlichkeit im al<strong>te</strong>n China intim<br />
verb<strong>und</strong>en.<br />
Ähnliche In<strong>te</strong>rpretationen wie bei A. Eckardt lassen sich bei anderen Autoren erkennen,<br />
ohne daß wir eine wissenschaftliche F<strong>und</strong>ierung aufzeigen könn<strong>te</strong>n. Solche Auslegungen<br />
können gelegentlich das Bestreben bezeugen, in China, dem bew<strong>und</strong>er<strong>te</strong>n antiken Kulturland,<br />
<strong>die</strong> Botschaft des einen Got<strong>te</strong>s, wenn auch verborgen, so doch als präsent zu erkennen. In<br />
<strong>die</strong>sem Fall, wie auch bei manch´ anderen In<strong>te</strong>rpretationen, verwirklicht sich das Streben nach<br />
einer ex<strong>te</strong>rnen Bestätigung für eigene in<strong>te</strong>llektuelle Positionen, <strong>die</strong> mit einer direk<strong>te</strong>n<br />
Kenntnis <strong>und</strong> einem Verständnis <strong>chinesische</strong>r Kultur wenig zu tun haben. <strong>Das</strong> TTC hat daher,<br />
in Gestalt einer umfangreichen In<strong>te</strong>rpretationsli<strong>te</strong>ratur einen sehr weit gefächer<strong>te</strong>n Einfluß.<br />
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