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Ärztliche Leichenschau

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Sind auf der einen Seite nichtnatürliche Todesfälle<br />

in der amtlichen Statistik deutlich unterrepräsentiert,<br />

wird andererseits sowohl von niedergelassenen als<br />

auch Notärzten von Beeinflussungsversuchen der<br />

Polizei auf Attestierung eines natürlichen Todes berichtet,<br />

obwohl keine Todesursache erkennbar ist<br />

und damit die Todesart zumindest als nicht geklärt<br />

qualifiziert werden müsste. So berichten bei einer<br />

anonymen Befragung zufällig ausgewählter Ärzte<br />

aus dem Bereich der Ärztekammer Westfalen-Lippe<br />

41 Prozent der niedergelassenen Ärzte und 47 Prozent<br />

der Notärzte von derartigen Beeinflussungsversuchen<br />

(24). Hintergrund dieser Beeinflussungsversuche<br />

ist, dass Ermittlungsbehörden den Begriff des<br />

nichtnatürlichen Todes teleologisch verengt auffassen<br />

als Tod, bei dem das Vorliegen eines Fremdverschuldens<br />

infrage kommt. Bei Attestierung eines natürlichen<br />

Todes entfällt der Ermittlungsbedarf. Indizien<br />

mit Hinweischarakter auf einen nichtnatürlichen<br />

Tod können sich aus Anamnese und Befunden ergeben:<br />

zum Beispiel plötzlicher Tod ohne bekannte<br />

Vorerkrankung, auf den ersten Blick „prima facie“<br />

erkennbare Unfälle und Suizide, Abschiedsbrief etc.<br />

Befunde mit Hinweischarakter auf einen nichtnatürlichen<br />

Tod sind Stauungsblutungen, auffällige Farbe<br />

der Totenflecke, Tablettenreste im Mundbereich,<br />

Verletzungszeichen.<br />

Untaugliche Kriterien für Hinweise auf einen natürlichen<br />

Tod sind das Alter, insbesondere wenn keine lebensbedrohlichen<br />

Vorerkrankungen bekannt sind, und<br />

fehlende sichtbare Traumen.<br />

Bei Todesfällen im Krankenhaus, insbesondere<br />

wenn der Patient hinreichend lange in ärztlicher Behandlung<br />

stand, sollte die Fehlerquote ebenfalls relativ<br />

gering sein; Problembereiche sind hier verkannte Kausalzusammenhänge<br />

zu am Anfang der zum Tode führenden<br />

Kausalkette stehenden Traumen und Todesfälle<br />

im Zusammenhang mit ärztlichen Maßnahmen. Aus<br />

dem stationären Bereich werden zudem gelegentlichprimär<br />

nicht erkannte Tötungsserien durch Ärzte oder<br />

Pflegepersonal berichtet.<br />

Die Gefahr von Fehlern und Täuschungsmöglich -<br />

keiten sind sicher am größten bei Durchführung der <strong>Leichenschau</strong><br />

durch niedergelassene Ärzte in der Wohnung;<br />

typische Fehler in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit sind:<br />

● Unerfahrenheit<br />

● Sorglosigkeit<br />

● unsorgfältige Durchführung der <strong>Leichenschau</strong><br />

● Rücksichtnahme auf Angehörige.<br />

Todesart nicht geklärt<br />

Die Todesart ist nicht geklärt, wenn die Todesursache<br />

durch die <strong>Leichenschau</strong> auch unter Berücksichtigung<br />

der Anamnese nicht erkennbar ist.<br />

GRAFIK 2<br />

Anteil der nichtnatürlichen Todesursachen an den Sterbefällen 2007 in Deutschland<br />

(Quelle: Statistisches Bundesamt [20])<br />

Hinzu kommen gegebenenfalls jedoch auch ungünstige<br />

äußere Bedingungen, schlechte Beleuchtung sowie<br />

schlichte Überforderung, ohne dass flexible Lösungsmöglichkeiten<br />

mit Herbeiziehung eines qualifizierten<br />

<strong>Leichenschau</strong>ers gegeben wären. Gerade niedergelassene<br />

Ärzte können sich hier in einer Interessenkollision<br />

befinden, da sie als behandelnde Ärzte auch der Angehörigen<br />

des Verstorbenen bei Attestierung eines nichtgeklärten<br />

Todes Ermittlungen auslösen mit der Gefahr,<br />

die Angehörigen als Patienten zu verlieren. Gegenüber<br />

dem niedergelassenen Arzt befindet sich der Kliniker in<br />

einer geschützten Position (Tod im ärztlich dominierten<br />

Umfeld des Krankenhauses statt im privaten Umfeld).<br />

Problemfelder<br />

In der Klinik immer wieder auftretende Problemfelder sind:<br />

● Todesfälle im Zusammenhang mit ärztlichen<br />

Maßnahmen sowie<br />

● Todesfälle nach Sturzverletzungen oder sonstigen<br />

Gewalteinwirkungen, bei denen der Kausalzusammenhang<br />

zu einer äußeren Gewalteinwirkung<br />

Hinweise auf einen nichtnatürlichen Tod geben<br />

Stauungsblutungen<br />

Farbe der Totenflecke<br />

Tablettenreste im Mundbereich<br />

Verletzungszeichen<br />

MEDIZIN<br />

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 107 | Heft 33 | 20. August 2010 583

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