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Ärztliche Leichenschau

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tion der Todesart als nicht geklärt. Bei alten Menschen<br />

ist immer zu fragen, ob Anamnese, Schweregrad der<br />

diagnostizierten Erkrankung, das Hier und Jetzt des<br />

Todeseintritts erklären. Fehler und Gefahren bei der<br />

ärztlichen <strong>Leichenschau</strong> sind in Kasten 5 zusammengefasst.<br />

Kann die Todesursache durch die <strong>Leichenschau</strong><br />

nicht geklärt werden, sollte sich eine Obduktion anschließen,<br />

wie es heute noch in vielen europäischen<br />

Nachbarländern üblich ist. Die Obduktionsquote liegt<br />

jedoch heute in Deutschland bei unter 5 Prozent aller<br />

Toten, wobei insbesondere die klinischen Obduktionen<br />

in den letzten Jahren stark rückläufig sind, während<br />

die gerichtlichen Obduktionen mit 2 Prozent der Toten<br />

relativ stabil bleiben (im Vergleich Obduktionsquoten<br />

von 20 bis 30 Prozent in England und Wales, Schweden<br />

und Finnland) (25, e5). Diese im Interesse einer<br />

validen Todesursachenstatistik und eines geplanten<br />

Nationalen Mortalitätsregisters notwendigen Obduktionen<br />

müssten allerdings adäquat und kostendeckend<br />

vergütet werden, dies ist derzeit leider nicht der Fall.<br />

Eine umfangreiche Checkliste zur Durchführung der<br />

<strong>Leichenschau</strong> findet sich unter: www.aerzteblatt.de/v4/<br />

archiv/artikel.asp?src=suche&p=%C4rztliche+Leichen<br />

schau&id=39572 sowie (e6)<br />

Interessenkonflikt<br />

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des<br />

International Committee of Medical Journal Editors besteht.<br />

Manuskriptdaten<br />

eingereicht: 25. 3. 2010, revidierte Fassung angenommen: 1. 6. 2010<br />

LITERATUR<br />

1. Madea B: Die ärztliche <strong>Leichenschau</strong>. Rechtsgrundlagen – Praktische<br />

Durchführung – Problemlösungen. 2 nd edition. Berlin Heidelberg New<br />

York: Springer 2006.<br />

2. Madea B, Dettmeyer R: <strong>Ärztliche</strong> <strong>Leichenschau</strong> und Todesbescheinigung.<br />

Dtsch Arztebl 2003; 100(48): A 3161–79.<br />

3. Gross R, Löffler M: Prinzipien der Medizin. Eine Übersicht ihrer Grundlagen<br />

und Methoden. Berlin Heidelberg New York: Springer 1998.<br />

4. Madea B: Strukturelle Probleme bei der <strong>Leichenschau</strong>. Rechtsmedizin<br />

2009; 19: 399–406.<br />

5. Madea B, Dammeyer Wiehe de Gomez B, Dettmeyer R: Zur Reliabilität<br />

von <strong>Leichenschau</strong>diagnosen bei fraglich iatrogenen Todesfällen. Kriminalistik<br />

2007; 12: 767–73.<br />

6. Berzlanovic A, Keil W, Waldhoer T, Sim E, Fasching P, Fazeny-Dörner B:<br />

Do centenarians die healthy? An autopsy study. J Gerontol 2005; 60:<br />

862–5.<br />

7. Schelhase T, Weber S: Die Todesursachenstatistik in Deutschland. Probleme<br />

und Perspektiven. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung<br />

Gesundheitsschutz 2007; 50: 969–76.<br />

Tod in Zusammenhang mit<br />

ärztlichen Maßnahmen<br />

Bei diesen Todesfällen sollte die Todesart immer als<br />

nicht geklärt qualifiziert werden, um durch ein behördliches<br />

Todesursachenermittlungsverfahren<br />

Grundleiden und Todesursache objektiv abzuklären.<br />

KASTEN 5<br />

Fehler und Gefahren bei der ärztlichen<br />

<strong>Leichenschau</strong>* 1<br />

8. Modelmog D, Goertchen R: Der Stellenwert von Obduktionsergebnissen.<br />

Dtsch Arztebl 1992; 89(42): A 3434.<br />

9. Bundesärztekammer: Stellungnahme zur Autopsie. Langfassung 2005.<br />

10. Shojania KG, Burton EC, McDonald KM, Goldman L: Changes in rates of<br />

autopsy. Detected diagnostic errors over time. A systematic review.<br />

JAMA 2003; 289: 2849–56.<br />

11. Shojania K, Burton E, McDonald K, et al.: The autopsy as an outcome<br />

and performance measure. Evidence report/technology assessment<br />

number 58 (prepared by the University of California at San Francisco-<br />

Standford, Evidence-based practice centre under contract no.<br />

290–97–0013) AHRQ Publication for health care research and quality,<br />

October 2002.<br />

12. Kirch W: Fehldiagnosen und Diagnosefehler in der Inneren Medizin. In:<br />

Madea B, Schwonzen M, Winter UJ, Radermacher D (eds.): Innere Medizin<br />

und Recht. Konfrontation – Kommunikation – Kooperation. Berlin,<br />

Wien: Blackwell 1996; 65–71.<br />

Totenschein bei alten Menschen<br />

Bei alten Menschen ist immer zu fragen, ob<br />

Anamnese und der Schweregrad der diagnostizierten<br />

Erkrankung das Hier und Jetzt des Todeseintritts<br />

erklären.<br />

MEDIZIN<br />

Cave<br />

● keine Todesfeststellung ohne sichere Todeszeichen<br />

● sorgfältige Untersuchung des unbekleideten Leichnams<br />

● Krankheitsgeschichte des Patienten rekapitulieren<br />

– welche Diagnose lag vor?<br />

– wie war die Abfolge der zum Tode führenden Ereignisse?<br />

– lassen sich Art und Umstände des Todeseintritts mit den gesicherten<br />

Diagnosen erklären?<br />

– wie sicher sind Diagnosen zu Grundleiden und Todesursache?<br />

● Stand am Anfang der zum Tode führenden Kausalkette ein äußeres Ereignis?<br />

Dann nichtnatürlicher Tod!<br />

● bei Todesfällen im Zusammenhang mit ärztlichen Maßnahmen – Todesart<br />

ungeklärt beziehungsweise nichtnatürlich<br />

● ist die Todesursache auch durch Befragung vorbehandelnder Ärzte nicht zu<br />

ermitteln, bleibt sie unklar; gleichzeitig Todesart ungeklärt<br />

● keinen Beeinflussungsversuchen nachgeben<br />

Fehler<br />

● funktionelle Endzustände als Todesursache angegeben, ohne sie auf ein<br />

Grundleiden zurückzuführen<br />

● falsche Sequenz von der letztendlichen Todesursache zum Grundleiden<br />

● Zeitintervalle fehlen<br />

● Kausalzusammenhang zu einem am Anfang der zum Tode führenden Kausalkette<br />

stehenden äußeren Ereignis (zum Beispiel Trauma) übersehen<br />

* 1 modifiziert nach (1)<br />

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 107 | Heft 33 | 20. August 2010 585

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