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Inzucht und Exogamie

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stämme (Bruder-Schwester-Paarung) von teilweise über 150 Generationen gezüchtet,<br />

die sich in ihrer "Vitalität" nicht von einander unterscheiden lassen <strong>und</strong><br />

Stämme mit weitgehend übereinstimmenden Erbmerkmalen darstellen. Ähnlich<br />

deutlich sind die Aussagen der Herdbücher der Shorthorns, Longhorns, Herfords,<br />

Aberdeens, der Shetland Ponies, Angora Ziegen oder Kladruber Pferde, usw.<br />

Wenn auch in der Tierzucht die <strong>Inzucht</strong> eine Methode zielgerichteter Merkmalsauswahl<br />

darstellt, so erscheinen die somatischen Konsquenzen <strong>und</strong> ihre seelischen<br />

Begleiterscheinungen unter den politischen Bedingungen verwandtschaftsrechtlich<br />

konzipierter Körperschaften nachträglich auch als eine Methode<br />

der Fixierung bestimmter Erbmerkmale, die im Verlaufe zunehmender Manifestation<br />

(gehäuftes Auftreten) auch die Bedeutung morphologischer Signale (Körperform)<br />

mit identifizierender, d.h. sozial <strong>und</strong> politisch differenzierender Funktion<br />

erlangen. Der morphologische Habitus der Individuen in der Gruppe gleicht sich<br />

zunehmend an, d.h. die Gruppe selbst gewinnt an morphologischer Individualität<br />

<strong>und</strong> unterscheidet sich damit deutlich gegenüber anderen Gruppen.<br />

Chopras Erläuterungen der mathematischen Kalküle <strong>und</strong> der genetischen erscheinungen,<br />

die sie abbilden, konfligiert mit der immer wieder vorgetragenen<br />

Behauptung inzuchtverursachter Erbschäden, die den selektiven Faktor der<br />

Zuchtwahl ignoriert, der die <strong>Inzucht</strong>praxis jeweils motiviert. Auch der Ethnologe<br />

Thurnwald begegnete diesem Einwand mit dem Hinweis auf die Ges<strong>und</strong>heit der<br />

Banaro, deren <strong>Inzucht</strong>system er ausführlich beschrieben hatte: "Krankheit, Lebensschwäche,<br />

Kinderarmut kann man indes weder im allgemeinen noch bei den<br />

Banaro im besonderen feststellen. Sie machen ges<strong>und</strong>heitlich keinen<br />

schlechteren Eindruck als ihre Nachbarn." 70 An die oben bereits erwähnten<br />

Studien über europäische <strong>und</strong> arabische Bevölkerungen mit ähnlichem Ergebnis<br />

soll hier deshalb auch nur noch einmal erinnert werden.<br />

Sanghvi, dem wir neben Dronamraju <strong>und</strong> Meera Khan die soziologisch aufschlußreichen<br />

Untersuchungen über das Verhältnis von Heiratsregeln <strong>und</strong> <strong>Inzucht</strong>skoeffizienten<br />

einer größeren Population aus Südindien verdanken, weist<br />

zum Verhältnis von <strong>Inzucht</strong> <strong>und</strong> Morbidität auf die gleichen Konsequenzen hin<br />

wie Chopra: "If inbreeding continues over a period of generations with a constant<br />

intensity (say, F), the incidence of this trait (aa) and the frequency (q*) of<br />

the lethal gene (a) will continue to diminish... If the gene was maintained by<br />

advantage of the heterozygote, it will ultimately be lost." 71 Mit den Ergebnissen<br />

seiner Erhebung in Andhra Pradesh zeigt er, daß dort diverse letale Gene in einer<br />

Population, die über zwei Jahrtausende hindurch <strong>Inzucht</strong> praktiziert hat, ausselektiert<br />

worden sein müssen <strong>und</strong> unterstreicht damit, daß man regionale Erhebungen,<br />

die sich nur auf kurze Zeitabschnitte beziehen, eben nicht umstandslos<br />

verallgemeinern kann. Die Autoren, die sich auf amerikanische, französische <strong>und</strong><br />

japanische Untersuchungen 72 berufen, welche die Annahme inzuchtverursachter<br />

Erbschäden nahelegen, haben in der Regel entweder ihren Beobachtungszeitraum<br />

70 R.Thurnwald, Die Gemeinde der Banaro, Stuttgart 1921, S.209<br />

71 L.D.Sanghvi, Inbreeding in India, Eug. Quart. 13,4, 1966, S.298<br />

72 siehe z.B.: E.J.Shull, J.V.Neel, The Effect of Inbreeding on Japanese Children, New York, 1965

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