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Inzucht und Exogamie

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die Frage: Warum wird die Heirat mit einem Verwandten der Ehe mit einem<br />

Fremden vorgezogen? Die Antwort Hämiltons (s.o.) liegt also nahe: weil die Verwandtschaft<br />

ein Identifizierungs- oder Solidaritätsverstärker ist.<br />

Nicht die <strong>Inzucht</strong> selbst, sondern die Auswahl bestimmter Formen der <strong>Inzucht</strong><br />

<strong>und</strong> die Präferenz für diese Formen sowie der Sinn ihrer Institutionalisierung erscheint<br />

also problematisch.<br />

Inzestverbot <strong>und</strong> <strong>Exogamie</strong>regeln schließen ja gr<strong>und</strong>sätzlich den Personenkreis<br />

von der Objektwahl aus, dessen Identifizierung (Freud) die Gruppensolidarität<br />

verstärkt, so daß der Schluß nahe liegt, daß eben eine bestimmte Orientierung der<br />

Identifizierungsbereitschaft durch jene Form der kinship selection gefördert wird,<br />

welche hier als organisierte <strong>Inzucht</strong> verwandtschaftlicher Korporativgruppen<br />

(unilineare Deszendenzgruppen) angesprochen wird.<br />

Die Institutionalisierung der <strong>Inzucht</strong> erscheint in der menschlichen Gesellschaft<br />

entweder in Korrelation mit den unilinearen Abstammungssystemen (verwandtschaftlichen<br />

Korporativgruppen) oder mit den Systemen der "symmetrischen-"<br />

wie der "asymmetrischen Allianz" (den politischen Bündnissysteme dieser Korporativgruppen),<br />

weil nur diese die sog. einfachen <strong>Exogamie</strong>regeln praktizieren,<br />

während <strong>Inzucht</strong> bei den anderen sozialen Systemen nur auf statistische oder andere<br />

arbiträre Gründe zurückzuführen ist, die entweder historischer, demographischer<br />

oder humanökologischer Natur sind, was auch der Vergleich der Lokalexogamie<br />

der hin <strong>und</strong> wieder auch ultraprimitiv genannten Wildbeutervölker, welche<br />

die freie Gattenwahl praktizieren, mit der freien Gattenwahl in den funktional<br />

differenzierten, neuzeitlichen Industrie- <strong>und</strong> Informationsgesellschaften deutlich<br />

zeigt.<br />

Während Gesellschaften des einen Typs durch ihre kleine Bevölkerungszahl der<br />

<strong>Inzucht</strong>option rein statistisch eine hohe Wahrscheinlichkeit einräumen müssen,<br />

Berechnung der <strong>Inzucht</strong>srate kleinerer Populationen:<br />

Bei einer Populationsgröße N= Nm+Nf ist das harmonische Mittel der Geschlechter<br />

Nm <strong>und</strong> Nf = 1/[½(1/Nm+1/Nf)]<br />

approximativ 1/Ne= ¼Nm+ ¼Nf<br />

approximativ Ne=4NmNf/Nm+Nf .<br />

Die <strong>Inzucht</strong>srate ist dann: ΔF= ⅛Nm+⅛Nf.<br />

müssen neben dem Zufall bei den Gesellschaften des anderen Typs verschiedene<br />

andere Faktoren hinzukommen, damit <strong>Inzucht</strong> überhaupt in nennenswertem Umfang<br />

in Erscheinung treten kann.<br />

Während die Bevölkerungszahl der niederen Jäger <strong>und</strong> Sammler trotz Lokalexogamie<br />

<strong>und</strong> freier Gattenwahl ihren Mitgliedern nur eine statistisch eng begrenzte<br />

Anzahl von Alternativen der Partnerwahl anbietet (sie ist fast genau, d.h.<br />

bis 90% aller Ehen, auf den latenten Stamm (Kreis potentieller Heiratspartner)<br />

beschränkt, der den einzelnen Lokalgruppen auf der Gr<strong>und</strong>lage einer Normen-<br />

(Brauch-) <strong>und</strong> Sprachgemeinschaft als politischem Allianzpotential, als Raum

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