Vitus» auf CD mit ZKO Neues «Outfit» - Jecklin & Co. AG
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<strong>ZKO</strong>: Muhai Tang im Gespräch<br />
Die Internationale<br />
Sprache der Musik<br />
Nach Peking, Lissabon, Brisbane, Antwerpen<br />
und Helsinki findet der chinesische<br />
Dirigent Muhai Tang jetzt ein<br />
künstlerisches Zuhause an der Limmat.<br />
Mark Schulze Steinen sprach <strong>mit</strong> dem<br />
neuen Chefdirigenten und Künstlerischen<br />
Leiter des <strong>ZKO</strong>.<br />
Muhai Tangs Stimme klingt müde, als<br />
ich ihn in Antwerpen anrufe und ihn um<br />
ein Interview bitte: Der international renommierte<br />
Dirigent, der ab dieser Spielzeit<br />
die Geschicke des <strong>ZKO</strong> als Künstlerischer<br />
Leiter in seine Hand nimmt, ist erst<br />
vor wenigen Stunden von einer Konzertreise<br />
durch Kanada, Australien und China<br />
zurückgekehrt.<br />
Aber trotz Schlafmangel und Jetlag erklärt<br />
sich Muhai Tang sofort bereit, mir<br />
Rede und Antwort zu stehen. Und schon<br />
nach wenigen Sätze blüht die Stimme am<br />
anderen Ende der Leitung bereits hörbar<br />
<strong>auf</strong>: Die Begeisterung für die Musik und<br />
die Freude <strong>auf</strong> neue künstlerische Herausforderungen<br />
scheinen Muhai Tangs<br />
Müdigkeit <strong>mit</strong> einem Schlag zu vertreiben.<br />
Bereitwillig gewährt mir der neue<br />
Chefdirigent des <strong>ZKO</strong> einen Einblick in<br />
die Pläne für seine erste Zürcher Konzertsaison,<br />
erläutert die Hintergründe seiner<br />
Programmgestaltung und spricht schon<br />
bald über Unterschiede und Gemeinsamkeiten<br />
zwischen der asiatischen und<br />
europäischen Musik vergangener Jahrhunderte.<br />
Mit beiden ist Muhai Tang seit<br />
Kindesalter vertraut, und es besteht jetzt<br />
kein Zweifel daran, dass er sich in seiner<br />
neuen Position beim <strong>ZKO</strong> auch als<br />
Ver<strong>mit</strong>tler zwischen den Kulturen versteht.<br />
Um zunächst aber auch etwas über<br />
den Menschen Muhai Tang und seine<br />
künstlerische Entwicklung in Erfahrung<br />
zu bringen, muss ich den Enthusiasmus<br />
meines Gesprächspartners geradezu<br />
zügeln.<br />
Prominente Förderer<br />
Geboren wurde Muhai Tang 1949 in<br />
Shanghai, einer Stadt, die <strong>auf</strong>grund ihrer<br />
bewegten historischen Entwicklung seit<br />
langem ein kultureller Schmelztiegel ist.<br />
Westliche Musik gehört seit der Gründung<br />
des Shanghai Symphony Orchestra<br />
im Jahr 1879 zum festen Erscheinungsbild<br />
der asiatischen Metropole. «Die Mu-<br />
siker dieses Orchesters waren anfänglich<br />
alle Europäer», erläutert Muhai Tang,<br />
«aber das hat sich natürlich längst geändert.»<br />
Als Sohn eines Filmregisseurs wuchs<br />
Muhai Tang in einem künstlerisch vielseitig<br />
interessierten Elternhaus <strong>auf</strong>, entschied<br />
sich aber schon früh für die Musik<br />
und studierte am Konservatorium seiner<br />
Heimatstadt Dirigieren. 1979 kam er<br />
dann nach München, um sein Meisterklassendiplom<br />
in den Fächern Komposition<br />
und Dirigieren abzulegen – übrigens<br />
<strong>mit</strong> einem Stipendium, das der jetzige<br />
Papst Benedikt XVI. vergeben hatte. In<br />
der bayerischen Hauptstadt lösten die<br />
Dirigate eines Sawallisch, Kleiber oder<br />
Celibidache – so erinnert sich Muhai<br />
Tang heute – bei ihm «einen wahren Kulturschock»<br />
aus und beeinflussten seine<br />
künstlerische Entwicklung nachhaltig.<br />
Sein wichtigster Förderer war jedoch<br />
Herbert von Karajan, der Muhai Tang<br />
1983 einlud, ein Konzert der Berliner Philharmoniker<br />
zu leiten. Der Erfolg dieses<br />
Berliner Debüts war der Startschuss für<br />
die internationale Karriere von Muhai<br />
Tang, der nach Stationen als Chefdirigent<br />
von Orchestern in China, Portugal, Australien<br />
und Belgien zuletzt GMD der<br />
Finnischen Nationaloper war und bei<br />
zahlreichen namhaften Klangkörpern<br />
der ganzen Welt gastiert hat.<br />
Schon früher in Zürich<br />
Nachdem er am Beginn seiner Karriere<br />
bereits mehrfach Gelegenheit hatte, in<br />
der Schweiz zu dirigieren, freut sich Muhai<br />
Tang, dass ihn das <strong>ZKO</strong> jetzt dauerhaft<br />
nach Zürich berufen hat. «Es ist<br />
wunderbar, in einer so schönen landschaftlichen<br />
Umgebung leben und arbeiten<br />
zu dürfen», schwärmt er und fügt<br />
schmunzelnd hinzu: «…noch dazu in<br />
einem so <strong>auf</strong>geräumten und gut organisierten<br />
Land! Das bietet einfach die besten<br />
Voraussetzungen für erstklassige<br />
künstlerische Arbeit.»<br />
Die Leitung eines Kammerorchesters zu<br />
übernehmen, stellt für Muhai Tang, der<br />
pro Saison 30 Konzerte des <strong>ZKO</strong> dirigieren<br />
wird, eine spannende Herausforderung<br />
dar – ist der Austausch <strong>mit</strong> den Musikern<br />
doch viel intensiver als bei grossen<br />
Sinfonieorchestern. «Letzten Endes sind<br />
die Regeln für hochkarätiges Musizieren<br />
aber immer dieselben», räumt Muhai<br />
Tang ein, «egal, ob man <strong>mit</strong> 35 oder 70<br />
Musikern zusammenarbeitet.» Dass er<br />
sich als Chefdirigent und Künstlerischer<br />
Leiter des <strong>ZKO</strong> nebenbei auch ein neues<br />
Repertoire erarbeiten muss, sieht Muhai<br />
Tang als «<strong>auf</strong>regenden» Nebeneffekt seiner<br />
neuen Position.<br />
Attraktiver Spielplan<br />
Für seine erste Saison beim <strong>ZKO</strong> hat Muhai<br />
Tang einen Spielplan zusammengestellt,<br />
welcher der ganzen stilistischen<br />
Bandbreite des Orchesters gerecht wird:<br />
Rund um sechs der späten «Londoner»<br />
Sinfonien Haydns, die neben sämtlichen<br />
Klavierkonzerten Beethovens und der<br />
Musik des 250-jährigen Geburtstagskindes<br />
Mozart einen programmatischen<br />
Schwerpunkt der Spielzeit bilden, gruppieren<br />
sich Werke aus Barock, Romantik<br />
und Moderne. «Haydn ist eine zentrale<br />
Figur der europäischen Musik», erklärt<br />
Muhai Tang: «Er hat Impulse seiner Vorgänger<br />
<strong>auf</strong>gegriffen und nahezu alle<br />
nach ihm lebenden Komponisten in irgendeiner<br />
Weise beeinflusst.» Solche Verbindungslinien<br />
in der Programmgestaltung<br />
des <strong>ZKO</strong> <strong>auf</strong>zuzeigen, ist Muhai<br />
Tang ein wichtiges Anliegen.<br />
Ost und West – Alt und Neu<br />
Natürlich hat Muhai Tang auch Kompositionen<br />
aus seiner Heimat im Reisegepäck.<br />
Im Januar 2007 wird ein Konzert des<br />
<strong>ZKO</strong> die Musik Haydns <strong>mit</strong> Werken chinesischer<br />
Komponisten kontrastieren.<br />
Und gegen Ende der Saison steht eine<br />
kleine Veranstaltungsreihe <strong>auf</strong> dem Programm,<br />
die Muhai Tang stolz als «Minifestival»<br />
bezeichnet: Neben einer konzertanten<br />
Aufführung von Haydns Oper<br />
«L’isola disabitata» kann man – und das<br />
erstmals in der Schweiz! – eine traditionelle<br />
chinesische Kunqu-Oper erleben.<br />
«Als ich in den 70er Jahren am Zürcher<br />
Opernhaus Aufführungen des legendären<br />
Monteverdi-Zyklus’ erleben durfte,<br />
wurde mir schlagartig bewusst, wie viele<br />
Gemeinsamkeiten es zwischen dem europäischen<br />
und asiatischen Musiktheater<br />
gibt», erklärt Muhai Tang, der hofft,<br />
dass die älteste Form der chinesischen<br />
Oper bei den Zürchern <strong>auf</strong> ähnliche Begeisterung<br />
stösst wie seinerzeit<br />
Monteverdi bei ihm. Doch auch die Förderung<br />
junger Schweizer Komponisten<br />
liegt dem Dirigenten am Herzen.<br />
Zusammen <strong>mit</strong> dem <strong>ZKO</strong> hat er vier<br />
Kompositions<strong>auf</strong>träge vergeben, die <strong>auf</strong><br />
Vivaldis Dauerbrenner «Le quattro stagioni»<br />
Bezug nehmen.<br />
Als wir unser Gespräch beenden und ich<br />
ihm alles Gute für seine erste Zürcher Saison<br />
wünsche, merke ich, wie erschöpft<br />
Muhai Tang ist. Dass er voller Tatendrang<br />
steckt und nach ein paar Stunden Schlaf<br />
schon wieder neue <strong>auf</strong>regende Pläne<br />
schmieden wird, steht aber ausser Frage.<br />
Mark Schulze Steinen<br />
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