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ZAHNÄRZ TEBLATT

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nebst der erhellenden Einleitung durch den Vorstand des<br />

GKV-Spitzenverbandes ist nachzulesen unter:<br />

http://wcms.uzi.uni-halle.de/download.php?down=26900&<br />

elem=2623461<br />

Ethische Betrachtungen zum Thema aus Sicht des Vorstands<br />

des „Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte“,<br />

standen auch in dem Vortrag von Prof. Dr. Wulf Dietrich,<br />

„Die Freiheit zu Bestechung und Vorteil bedeutet gleichzeitig<br />

die Freiheit von Ethik“, im Vordergrund. Für ihn steht das<br />

gesellschaftliche Gesamtinteresse über demjenigen des<br />

ärztlichen Berufsstandes, in dem das Bewusstsein für<br />

Korruption extrem niedrig ausgeprägt sei. Sein Anliegen ist<br />

der Vorrang der Verhinderung gegenüber der Bestrafung<br />

von Korruption. Im Focus seien vor allem die Patienten zu<br />

sehen, und daher benötige man hinsichtlich der Korruption<br />

auch schärfere Normen in der Industrie. Dietrich prangerte<br />

Verflechtungen mit der gewinnorientierten Industrie an.<br />

Exemplarisch nannte er Anwendungsbeobachtungen im<br />

Rahmen unwissenschaftlicher Studien. Es gebe einen<br />

schleichenden Prozess, bei dem es gelte, das Bewusstsein<br />

der Ärzte sowie das Berufsrecht zu schärfen. Der Kliniker<br />

schimmerte durch, als er die Entkommerzialisierung des<br />

Gesundheitssystems und in diesem Zusammenhang das<br />

gänzlichen Verbotes von IGeL-Leistungen forderte. Nicht<br />

„jeder Handschlag“ sei als ärztliche Leistung zu vergüten –<br />

für ihn sei nur der Jahresabschluss von Belang. Die Einflussnahmen<br />

der Industrie bei Kongressen durch Sponsoring<br />

von aufwendigen Reisen und Bewirtungen sollten massiv<br />

eingeschränkt werden.<br />

MEZIS (Mein Essen zahl´ ich selbst) nennt sich die „Initiative<br />

unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte“, deren Vorstand Thomas<br />

Lindner anschließend über „Geschenke, die Freundschaften<br />

festigen“ mit ähnlichem Tenor referierte. Er beschrieb ein<br />

Beziehungsgeflecht zwischen Industrie und niedergelassenem<br />

Arzt unterhalb der strafrechtlichen Ebene. Lindner<br />

beklagte und belegte die Erkenntnis, nach denen Ärzte-<br />

Muster zukünftiges Verordnungsverhalten prägen würden.<br />

Wer Arzneimittel-Muster verwende, sei sogar bereit, vom<br />

eigenen Standard abzuweichen, machten Studien deutlich,<br />

wobei der Mehrwert neuer und regelhaft teurerer Medikamente<br />

in Frage zu stellen sei. Anhand zahlreicher erhellender<br />

Zitate aus Lehrbüchern für Pharma-Berater schloss<br />

Thomas Lindner seinen Vortrag.<br />

Vom Anfangsverdacht zur Anklageerhebung<br />

Über dieses zunächst spannend klingende Thema referierten<br />

die Staatsanwältin Katrin Arnold und der Wirtschaftsreferent<br />

der Staatsanwaltschaft Halle, Carsten Müller. Sie referierten<br />

über Rechtsgrundlagen und die Verfahrensbearbeitung<br />

sowie über Begriffsbestimmungen wie „Anfangsverdacht“<br />

und „hinreichender Tatverdacht“. Angesichts papierloser<br />

Abrechnungsdaten müsse man bei der Vorbereitung einer<br />

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v.l.n.r.: Christian Neubarth, Mitglied des Vorstandes der KZVN,<br />

Dr. Dagmar Frieling, Assistentin des Justitiars / Fehlverhaltensbekämpfung<br />

der KZVN und Dr. Jochen Schmidt, Vorsitzender der<br />

Vertreterversammlung der KZV Sachsen-Anhalt.<br />

Anklageerhebung heute auf elektronische Massendaten<br />

zurückgreifen, die durch manuelle Auswertung nicht mehr<br />

zu bewältigen seien. Die Staatsanwältin und der Wirtschaftsreferent<br />

berichteten anhand eines konkreten Falles detailliert<br />

über die von ihnen eingesetzte Datenanalyse-Software<br />

zur zielgerichteten Auswertung und Zuordnung der Massendaten.<br />

Die Falldarstellung war dann für Datenverliebte<br />

sicherlich auch spannend.<br />

Daneben gab es aber auch einige Kernbotschaften für die<br />

Verfahrensbearbeitung: Vor strafprozessualen Zwangsmaßnahmen<br />

müsse der angezeigte Sachverhalt gründlich<br />

geprüft werden. Datenmaterial von Dritten dürfe nicht<br />

ungeprüft übernommen werden. Prüfungen seien kassenübergreifend,<br />

bei Praxisgemeinschaften auch arztübergreifend<br />

vorzunehmen. Eine kassenübergreifende Prüfung sei<br />

aber nur bei den K(Z)Ven und Abrechnungsstellen möglich.<br />

Die Staatsanwaltschaft solle nach Ansicht der Referenten<br />

einerseits möglichst frühzeitig eingebunden werden, andererseits<br />

sollten auch zum Schutz des Betroffenen nicht<br />

vorzeitig Hausdurchsuchungen vorgenommen werden. Und<br />

da war die Erkenntnis zu hören, dass eine Offenlegung der<br />

Leistungserbringung für den Patienten sinnlos sei, sofern<br />

die Abrechnung über Dritte erfolge.<br />

Insgesamt gab die Fachtagung punktuelle Einblicke in die<br />

zum Teil sanften Übergänge von der kleinen Aufmerksamkeit<br />

bis hin zur Korruption und zum Betrug in allen Bereichen<br />

des Gesundheitswesens, das wiederum ein Bestandteil<br />

der Gesamtwirtschaft ist. Dass es wichtig ist, einerseits das<br />

Bewusstsein der Beteiligten in diesem Zusammenhang zu<br />

schärfen und andererseits ethische Grundsätze in Erinnerung<br />

zu bringen, wurde insbesondere durch den Vortrag von<br />

Prof. Dr. Bussmann herausgearbeitet, der an die Beteiligten<br />

appellierte, die Diskussion zu enttabuisieren und mehr<br />

Offenheit zu zeigen.<br />

Was die Tagung bei der Themenwahl vermissen ließ, war<br />

der erkennbare Wille zur konstruktiven Auseinandersetzung<br />

der Partner im Gesundheitswesen, denen – trotz unterschiedlicher<br />

Ausgangslagen – die Bekämpfung aller Spielarten der<br />

Korruption und des Betruges ein gemeinsames Anliegen<br />

sein muss.<br />

Über die Referenten können Sie mehr lesen unter:<br />

https://www.kkh.de/index.cfm?pageid=4426 — loe

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