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Budgetierung für alle – die Bürgerversicherung Umfragen zur Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens bei Mitgliedern der GKV bestätigen regelmäßig, dass sie mehrheitlich sehr zufrieden sind, aber auch befürchten, dass es in Zukunft zu weiteren Einschränkungen von Leistungen kommen könnte. Befragungen unter Ärzten sind differenzierter, weil sie entscheidend vom „Status“ geprägt sind. Angestellte Krankenhausärzte, niedergelassene Fachärzte oder Hausärzte haben zwar viele gemeinsame Probleme: Stress, Bürokratie, gedeckelte Honorare und Zeitmangel für die Patienten, bewerten aber ihre finanziellen Probleme aus völlig unterschiedlichen Blickwinkeln. Angestellte Ärzte halten die PKV nicht für so wichtig, so das Ergebnis einer Umfrage unter 500 Ärzten. Hingegen halten 90% von 2100 befragten niedergelassenen Ärzten sie für wichtig. Sie benötigen für ihre wirtschaftliche Existenz neben den budgetierten Honoraren der GKV auch die Einnahmen von Privatpatienten. Bei den Zahnärzten bestehen ähnliche Probleme. Durchschnittliche Investitionen von 350 - 400 Tausend Euro für eine Niederlassung müssen in einem überschaubaren Zeitraum bewältigt werden können. Hinzu kommen nicht planbare, staatlich erlassene Vorschriften, die gerade in den letzten Jahren Investitionen in fünfstelliger Höhe erfordert haben. Daran beteiligt sich keine Krankenkasse, das muss aus dem Betriebsergebnis finanziert werden. Kenner des komplizierten Gesundheitssystems fragen sich, ob sich die Teilnehmer von Befragungen überhaupt intensiv mit den vagen Vorstellungen der Parteien beschäftigt haben. Sie sympathisieren offenbar mit der Gerechtigkeitsdiskussion, die zurzeit allgegenwärtig ist. Offensichtlich wird nicht wahrgenommen, dass unser Gesundheitssystem nur unter Budgetierung funktioniert. Eine erweiterte Zwangsmitgliedschaft für alle Bürger, die zu zusätzlichen Beitragseinnahmen von den derzeit privat Versicherten führte, wäre kein Reformschritt. Strukturelle Probleme können damit nicht gelöst werden. Es würde vielmehr genau das begünstigen, was die Protagonisten der Gerechtigkeitsdiskussion vorgeben, nicht zu wollen: eine Zwei-Klassen-Medizin. Wer es sich leisten kann, kauft sich eben eine Zusatzversicherung, so lautet die schlichte Antwort der Befürworter auf die Frage nach der Zukunft der PKV. Mit dieser Diskussion streuen nicht nur Politiker, sondern auch die Medien den Bürgern Sand in die Augen, weil sie darüber nichts schreiben. Offensichtlich reicht der Mehrheit der Bevölkerung die Botschaft, dass die private Krankenversicherung abgeschafft wird. So hoffen jedenfalls die Befürworter der Bürgerversicherung für die kommenden Bundestagswahlen. Natürlich hat die PKV Probleme mit steigenden Leistungsausgaben und in deren Folge steigenden Beiträgen und kämpft natürlich auch mit den Folgen der demographischen Entwicklung. Sie hat aber auch keine gedeckelten Leistungen wie die GKV. Sie hat – auch unbestritten – die Fortschritte neuer Behandlungsmethoden gefördert und damit die GKV indirekt gezwungen, sich – auch im Interesse ihrer Mitglieder – über eine Aufnahme dieser Leistungen in ihren eigenen Leistungskatalog Gedanken zu machen. Dieser Konkurrenzdruck wäre mit einer Abschaffung der PKV verschwunden. Natürlich haben die privaten Versicherer viel zu lange gewartet, um ihre Probleme von Demographie und Leistungsinanspruchnahme zu lösen. Ihre Abschaffung verlagerte diese Probleme stattdessen zusätzlich in die GKV. Darüber können auch die anfangs erwarteten höheren Beitragseinnahmen nicht hinweg täuschen. Aber damit wären Budgets für alle Bürger verbindlich eingeführt, und auch Beitragserhöhungen würde es in Zukunft weiterhin geben. Die steigenden Leistungsausgaben unserer alternden Gesellschaft holen uns nicht erst ein, sie sind schon da und werden nur geschickt wegdiskutiert und durch Honorarbegrenzungen bei den Ärzten und Zahnärzten kontrolliert und finanziert. Stattdessen wird ein neues Feindbild, die PKV, aufgebaut, um davon abzulenken. Wäre eine Bürgerversicherung die Königslösung, wir hätten sie längst! — Dr. Jobst-W. Carl Vorsitzender des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen M Ä R Z 2 0 1 3 | N Z B | E D I T O R I A L Foto: NZB-Archiv 1 E D I T O R I A L
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