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inform Nr. 5 Dezember 2009 - Physio Austria

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9. Wenn die Nutation des Steißbeinspitzchens<br />

nach dorsal durch günstige gebärpositionen<br />

und ein physiologisches Atemverhalten<br />

möglich ist, vergrößert sich der<br />

Abstand zwischen Symphyse und Steißbein<br />

innerhalb der Beckenausgangsebene.<br />

Das sichert einerseits Beckenboden und<br />

Damm eine größere Elastizität und andererseits<br />

dem Kind mehr Platz, wenn es aus<br />

der Mutter herausgeboren wird.<br />

10. Durch das Mitschieben der gebärenden<br />

wird der Beckenboden langsamer und<br />

kontinuierlicher gedehnt. Das ist schonender<br />

für alle Beckenbodenstrukturen und<br />

führt in geburtskliniken, in denen nicht<br />

routinemäßig eine Episiotomie erfolgt,<br />

zu weniger Dammschnitten und weniger<br />

traumatischen Verletzungen.<br />

11. Für den kindlichen Kopf bedeutet das<br />

Mitschieben, dass dieser geringer komprimiert<br />

wird. Dadurch ist die Sauerstoffversorgung<br />

für das Kind besser. gebärende<br />

in vertikalen Stellungen weisen weniger<br />

pathologische cTg-Muster auf, als Frauen<br />

in horizontaler Stellung.<br />

12. Durch den in vertikalen gebärstellungen<br />

verminderten Druck auf die Aorta und<br />

die Vena cava inferior werden das mütterliche<br />

herzminuten- und herzschlagvolumen<br />

verbessert und dadurch auch eine<br />

bessere Uterusdurchblutung erreicht. Das<br />

größere Blutangebot an das Kind und eine<br />

höhere Sauerstoffsättigung des kindlichen<br />

Bluts begünstigen das „fetal outcome“.<br />

13. Wenn die gebärende im eigenen<br />

Atem- und Wehenrhythmus mitschieben<br />

kann, sind Mutter und Kind weniger<br />

erschöpft. Die Kinder von gebärenden,<br />

welche nach eigenem Bedürfnis mit<br />

geöffneter glottis und ohne forciertes<br />

luftanhalten mitschieben, haben bessere<br />

arterielle und venöse Nabelschnur-ph-<br />

Werte und einen besseren APgAR-Score.<br />

14. Der Einfluss der aufrechten gebärhaltung<br />

hat eine günstige Auswirkung auf die<br />

geburtsdauer.<br />

15. Die gebärenden können in vertikaler<br />

Körperhaltung den Schmerz besser verarbeiten<br />

und fühlen sich dem geburtsgeschehen<br />

weniger ausgeliefert. Die emotionale<br />

Mutter-Kind-Bindung wird durch das Beobachten<br />

des geburtsgeschehens und den<br />

sofortigen Kontakt mit dem Kind gefördert.<br />

16. gebärende, welche geschoben<br />

haben, benötigen weniger oder gar keine<br />

Schmerzmittel.<br />

Schieben wird von den Frauen als<br />

gebären aus eigener Kraft empfunden.<br />

Das gesamterleben „ihrer“ geburtsarbeit<br />

Schwerpunktthema Natürliches und schonendes Gebärverhalten<br />

beurteilen Frauen, die geschoben haben,<br />

deutlich positiver als Frauen, die – mit<br />

allen „hilfsanleitungen“ – pressen mussten<br />

und nach der geburt häufig meinen,<br />

versagt zu haben.<br />

Wird jedoch trotz der zum Pressen gegebenen<br />

hilfsanleitungen die Frau dann zum<br />

Schieben aufgefordert, kann dies nicht<br />

gelingen. hier wurde dann lediglich das<br />

Wort „Pressen“ durch das Wort „Schieben“<br />

ersetzt!<br />

Vermittlung von Schieben und<br />

Atemverhalten im Geburtsvorbereitungskurs<br />

Im Bewusstsein der meisten Schwangeren,<br />

vor allem der Erstgebärenden, ist<br />

verankert, dass es eine Presstechnik zu<br />

erlernen gilt. Wenn den Schwangeren<br />

über Verhaltensmuster ihre körperlichen<br />

Voraussetzungen zum gebärenkönnen<br />

erfahrbar gemacht werden, d.h. wenn<br />

ihr ursprünglich vorhandener „schlummernder<br />

gebärcode“ geweckt und ihnen<br />

wiedergegeben wird, dann fordern sie<br />

keine Presstechnik. Diese Frauen wollen<br />

ihr Kind aus sich herausschieben. Diese<br />

Frauen streben dann auch keine Wunsch-<br />

Sektio an, sie wollen gebären erleben!<br />

Das „verschüttete“ Wissen um „ihr“<br />

gebärverhalten wiederzufinden, ist eine<br />

dringliche Aufgabe der geburtsvorbereitung.<br />

Im geburtsvorbereitungskurs wird<br />

erfahren, was dem Becken und Beckenboden<br />

beim Schieben und andererseits beim<br />

Pressen geschieht.<br />

Ausgangsstellung: Seitlage, Beine gebeugt,<br />

Kissen zwischen beide Knie.<br />

Die Seitlage wird anfangs für das Umsetzen<br />

der Begriffe „herausschieben“<br />

– „heraus pressen“ gewählt, weil in dieser<br />

für Extensions- und Flexionsbewegungen<br />

der Wirbelsäule leichtesten (hubfreien)<br />

Ausgangsstellung der Unterschied<br />

zwischen Schieben und Pressen am<br />

deutlichsten erfahrbar ist.<br />

Die Körperabschnitte sind zunächst zum<br />

Türmchen“ eingeordnet. „Türmchen“ bedeutet,<br />

dass die Körperabschnitte Becken<br />

– Brustkorb – Schultergürtel – Kopf wie<br />

„Klötzchen zu einem Türmchen“ übereinander<br />

aufgebaut werden.<br />

Wahrnehmungsübung<br />

Erstes Vorüben des Schiebens in dieser<br />

geburtsvorbereitung erfolgt im Anschluss<br />

an das Wahrnehmen der eigenen Körperräume<br />

als „innere Tastarbeit“ aus der<br />

lösungstherapie nach Schaarschuch/<br />

haase. In entspannter Seitlage werden<br />

Mundraum, Bauchraum und Beckenhöhle<br />

zuerst in der Vorstellung „ausgeblickt/<br />

entdeckt“, dann mit einer Tasthand<br />

gedanklich „ausgetastet“ und mit einem<br />

FoTo: PRIVAT<br />

Angela Heller, PT<br />

Seit 1958 <strong>Physio</strong>therapeutin<br />

lehrtherapeutin mit Schwerpunkt gynäkologie<br />

und geburtshilfe; Referentin für<br />

interdisziplinäre Fortbildungen im Bereich<br />

Uro-, Prokto-, gynäkologie und geburtshilfe;<br />

Entwicklung der geburtsvorbereitungsmethode<br />

Menne-heller; Autorin zahlreicher<br />

Fachbücher und -publikationen; Dozentin<br />

in Deutschland und Südkorea<br />

Fantasielicht anschließend „ausgeleuchtet“.<br />

Besonders lange und intensiv sollte<br />

im Beckenraum (Beckenhöhle) als „ort<br />

des geschehens“ verweilt werden.<br />

Sind die Schwangeren mit ihrer Aufmerksamkeit<br />

und Wachheit in „ihrem“<br />

Beckenraum – wir sagen „Korridor- oder<br />

Durchgangsraum für das Kind, ehe es<br />

geboren wird“ – bietet die Kursleiterin<br />

den Schwangeren zum Vergleich zwei<br />

Denkmuster an:<br />

1. Denkmuster:<br />

„Wenn es soweit ist, schiebe ich mein<br />

Kind durch mich hindurch und dann aus<br />

mir heraus.“<br />

Das Umsetzen dieses Denkmusters ist:<br />

Die gebärstellung des Beckens (Beugung<br />

der lWS) wird mühelos gefunden.<br />

Die Schwangere meldet: Es ist wie eine<br />

„Rutsche“ für mein Kind, „es öffnet mich“<br />

innerlich. gebären ist „ein sich Öffnen!“<br />

Voraussetzung für das Umsetzen dieses<br />

Denkmusters ist eine frei bewegliche<br />

Wirbelsäule, insbesondere lendenwirbelsäule.<br />

Die glottisöffnung wurde über die<br />

„innere Tastarbeit“ und das Entdecken des<br />

Mundraums vorbereitet, z.B. lösen von<br />

Kiefergelenksverspannungen durch Kau-,<br />

Schmatzbewegungen, Tönen und gähnen.<br />

Vor dem 2. Angebot wird das Becken<br />

(lendenwirbelsäule) wieder im Körper-<br />

„Türmchen“ eingeordnet.<br />

2. Denkmuster:<br />

Ich soll pressen, „fest mitpressen“, oder<br />

„ich soll pressen, wie bei erschwertem<br />

Stuhlgang“.<br />

Beim Umsetzen dieses Denkmusters<br />

erfolgt ein intrathorakaler und intra-<br />

<strong>Physio</strong> <strong>Austria</strong> <strong>inform</strong> <strong>Dezember</strong> <strong>2009</strong> 6

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