inform Nr. 5 Dezember 2009 - Physio Austria
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4. Bei der „herkömmlichen“ Art der Pressanleitung<br />
(d.h. mit den „hilfsanleitungen“<br />
Rückenlage – Beine- und Kopfhochnehmen<br />
– tief luft holen – luft anhalten –<br />
mit aller Kraft pressen) halten gebärende<br />
oft bis zu 15 Sekunden die luft an. Das<br />
bedeutet die gefahr eines kindlichen<br />
Sauerstoffmangels (hypoxie). Die Mutter<br />
wird kraftlos und ist erschöpft.<br />
5. Das cTg zeigt DIP I (frühe Dezelerationen).<br />
Je forcierter und prolongierter das<br />
Pressen weiter geschieht, umso mehr verstärkt<br />
sich der Sauerstoffmangel im Blut<br />
des Kindes. Bei einer Verschlechterung<br />
des kindlichen Zustands, der sich in DIP II<br />
(späte Dezelerationen) darstellt, muss die<br />
geburt je nach höhenstand des kindlichen<br />
Kopfes entweder vaginal-operativ (Zangen-<br />
oder Vakuumextraktion), durch den Kristellergriff<br />
oder durch Sektio beendet werden.<br />
Die pathologischen cTg-Veränderungen<br />
konnten in vielen Studien gezeigt werden.<br />
Schwerpunktthema Natürliches und schonendes Gebärverhalten<br />
Schieben<br />
versus Pressen<br />
6. Die Belastung des herz-Kreislauf-Systems<br />
der Mutter beim Pressdruckmanöver<br />
ist erheblich: Außer dem Blutdruckabfall<br />
kann es im gesicht zu Einblutungen ins<br />
gewebe (Petechien) und auch zur Zyanose<br />
kommen. Ein hyposphagma, d.h. eine<br />
flächenhafte, lackartige scharf begrenzte<br />
subkonjunktivale Blutung im Auge, kommt<br />
bei intensiven Pressdruckmanövern<br />
immer wieder vor.<br />
Vorteile des Schiebens<br />
Für das Mitschieben, gleich in welchen<br />
Ausgangsstellungen, sind alle für die<br />
Presstechnik in Rückenlage eingesetzten<br />
„hilfsanleitungen“ nicht erfolgreich. Das<br />
ist für jedermann bei der Darmentleerung<br />
in gewohnter Sitzposition nachvollziehbar.<br />
Das paradoxe kostosternale Einatmen<br />
und luftanhalten verbietet sich dabei von<br />
selbst.<br />
In unterschiedlichen Studien wird gefordert,<br />
den Frauen das Umsetzen ihres<br />
spontanen Schiebe-(Press-)-Drangs ohne<br />
Atemdiktat zurück zu geben. Vor allem<br />
müsse das diktierte luftanhalten unterbleiben!<br />
Die gebärende soll dem Drang<br />
zum Mitarbeiten spontan nachgeben, ihre<br />
eigenen Fähigkeiten, Instinkte und Kräfte<br />
bei der geburt einsetzen.<br />
Die Vorteile für Mutter und Kind beim<br />
Schieben mit dem angepassten Atemverhalten<br />
in vertikalen und halbvertikalen<br />
gebärpositionen sind:<br />
1. Die gebärende ist sensomotorisch<br />
„wach“. Sie behält den Überblick über<br />
das geschehen und ist dadurch körperlich<br />
und psychisch entspannter.<br />
2. Sie kann ihre Spontanmotorik beim<br />
Schieben nach ihrem eigenen Bedürfnis<br />
einsetzen, weil die vertikale Körperstellung<br />
den Muskeltonus positiv beeinflusst.<br />
3. Ihren Körpereinsatz beim Schieben<br />
unterstützt sie spontan selbst durch funktionsrichtiges<br />
aktives Anhängen oder/<br />
und Abstützen, auch durch bewussten<br />
Bodenkontakt der Füße, der sich beim<br />
herausgebären als Fußdruckaktivität zum<br />
Boden verstärkt.<br />
4. Beim Mitschieben verkürzt und begradigt<br />
sich für das Kind der geburtsweg<br />
von der gebärmutter bis zum Scheidenausgang.<br />
5. Die gebärende arbeitet, wenn sie<br />
mitschiebt, effektiv, weil sie unter Ausnutzung<br />
der Schwerkraft die ihr Kind nach<br />
außen schiebenden inneren geburtskräfte<br />
unterstützt.<br />
6. Auch die Bauchpresse als „austreibende<br />
Schubkraft“ wird beim Schieben von<br />
der gebärenden effektiv durch Betonung<br />
der Expiration (durch den Mund, der weit<br />
geöffnet sein kann) umgesetzt.<br />
7. Die gebärende setzt ohne Atemanleitung<br />
ihren Spontanatem, abhängig von<br />
ihrer gebärhaltung, richtig ein, welcher<br />
in vertikalen gebärstellungen nie als tiefe<br />
Einatmung nach kostosternal erfolgt. Sie<br />
atmet beim Schieben selbstreguliert aus.<br />
8. Beim Mitschieben kann nach kostoabdominaler<br />
Einatmung („zum Kind atmen“)<br />
die glottis geöffnet bleiben. Bei dieser<br />
Einatemrichtung ist das Zusammenspiel<br />
von Zwerchfell und Beckenboden erhalten.<br />
Dadurch behält der Beckenboden<br />
beim Ein- und Ausatmen seine elastische<br />
Kraft zwischen seinem Bereitschafts- und<br />
Öffnungstonus. »<br />
<strong>Physio</strong> <strong>Austria</strong> <strong>inform</strong> <strong>Dezember</strong> <strong>2009</strong> 5