haus ohne grenzen - Robert Kropf
haus ohne grenzen - Robert Kropf
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Die Villa. Die Tür zur Zukunft von<br />
Stephanie Eselböck und Eduard<br />
Tscheppe öffnet sich in Oggau im<br />
Burgenland. Die beiden kauften das<br />
Wimmer-Gut, in den 50er-Jahren<br />
eines der angesehensten Weingüter<br />
des Burgenlandes<br />
056 H.O.M.e.<br />
<strong>haus</strong> <strong>ohne</strong><br />
<strong>grenzen</strong><br />
gut Oggau. stephanie eselböck und<br />
eduard Tscheppe gründen eine<br />
Großfamilie – und bauen ein unverwechselbares<br />
Weingut im Burgenland auf<br />
TexT robert kropf FoTos katharina gossow
Landleben. Der große Innenhof des<br />
Bürger<strong>haus</strong>es mitten in Oggau dient<br />
vorerst noch als Ruhe- und Grünzone.<br />
Insgesamt umfasst das Areal<br />
rund 250 qm Wohnfläche und rund<br />
1500 qm Keller und Lager<br />
wOHnenBurGenland<br />
H.O.M.e.<br />
057
Stilmix. Die Diele ist der emotionale<br />
Mittelpunkt des Hauses. Hier werden<br />
junge Weine verkostet, Gäste empfangen.<br />
Ein alter, grüner Kachelofen<br />
sorgt für die nötige Wärme. Rechts an<br />
der Wand ein Hrdlicka, ein Geschenk<br />
von Walter und Eveline Eselböck<br />
058 H.O.M.e.<br />
Lichtblick. Die hohen Räume und das<br />
viele Licht beeindruckten vor allem Eduard<br />
Tscheppe, der sich als Steirer anfangs an<br />
die kleinen, dunklen Kellergassenhäuser<br />
des Burgenlands gewöhnen musste<br />
Klare Linie. Beide wollten an der<br />
Substanz des Hauses nicht viel<br />
verändern, die Patina pflegen. Der<br />
Fliesenboden etwa blieb völlig unverändert,<br />
er stammt vom Beginn des<br />
vorigen Jahrhunderts
Alte Struktur. Als bei der Renovierung die<br />
Wände freigelegt wurden, kamen alte farbige<br />
Wandstrukturen zum Vorschein, die die beiden<br />
neuen Eigentümer so beließen und als<br />
Raumgestaltung einsetzten<br />
wOHnenBurGenland<br />
H.O.M.e.<br />
059
wOHnenBurGenland<br />
zukunftspläne. Rund 20 Jahre ruhte das<br />
Bürger<strong>haus</strong> vor sich hin, bevor es die beiden<br />
Jungunternehmer entdeckten. Vorerst baut das<br />
Paar den Weinbaubetrieb wieder auf, ein späteres<br />
Gastronomieprojekt oder Gästezimmer schließen<br />
sie nicht aus<br />
060 H.O.M.e.<br />
„Für uns ist es ein<br />
Lebensprojekt<br />
– mit vielen<br />
Verzweigungen“<br />
E<br />
s begann in der Oststeiermark:<br />
Da bekanntlich nicht nur die Not,<br />
sondern auch die Liebe erfinderisch<br />
macht, bezogen Stephanie<br />
Eselböck und Eduard Tscheppe ihre erste<br />
gemeinsame „Wohnung“ im Hotel zur Sonne<br />
in Hartberg. Das kam so: Stephanie führte die<br />
Greißlerei im „Taubenkobel“ im burgenländischen<br />
Schützen, Eduard arbeitete am Familienweingut<br />
im südsteirischen Leutschach.<br />
Eine lange Distanz für eine junge Liebe – also<br />
setzten sich die beiden mehrmals in der<br />
Woche nach Dienstschluss ins Auto und<br />
fuhren nach Hartberg in ihr „Love-Hotel“.<br />
Drei Jahre später. Die hochfrequenten Treffen<br />
blieben nicht <strong>ohne</strong> Ergebnis. Erstens sind<br />
die beiden verheiratet. Zweitens haben sie<br />
zwei süße Kinder, Magdalena (18 Monate)<br />
und August (sechs Monate). Und drittens<br />
hat das Paar nach anfangs diffusen Gastroideen<br />
ein großes Bürger<strong>haus</strong> in Oggau am<br />
Neusiedlersee gekauft. Dort bauen die zwei<br />
nun ihren eigenen Weinbaubetrieb auf.<br />
„Es waren die beiden alten Baum-Weinpressen,<br />
durch die wir uns in das Haus verliebt<br />
haben“, erinnert sich Stephanie. „Es kam für<br />
uns nie infrage, ein neues Haus zu bauen,<br />
das Gebäude, das wir suchten, sollte unverwechselbar,<br />
nicht austauschbar sein.“ Eine<br />
Philosophie, die auch für ihre Weine gelten<br />
soll. Mehr dazu später.<br />
Das Bürger<strong>haus</strong> gehörte der Familie Wimmer,<br />
in den 50er-Jahren eine der angesehensten<br />
Winzerfamilien im Burgenland. Das<br />
Weingut geht an seinen ältesten Stellen zumindest<br />
auf das 17. Jahrhundert zurück. „Die<br />
hohen Räume, das viele Licht, hier kann man<br />
richtig durchatmen“, so Tscheppe, der sich<br />
als Steirer erst an die burgenländischen Straßenhäuser<br />
gewöhnen musste. Größe ist ein<br />
Faktum im neuen Tscheppe-Eselböck-Haus:<br />
Die Fünf (samt Hund Douro) bew<strong>ohne</strong>n 250<br />
Quadratmeter, der Weinkeller misst 800, die<br />
Lagerhalle 700 Quadratmeter, „das ist für<br />
burgenländische Verhältnisse wirklich groß“,<br />
meint Stephanie. In größeren Dimensionen ist<br />
auch die Zukunftsplanung der beiden angedacht:<br />
„Wir sehen das als Lebensprojekt, mit<br />
vielen Verzweigungen“, sagt Tscheppe. „Jetzt<br />
bauen wir den Weinbaubetrieb auf. Ob wir<br />
später ein Restaurant eröffnen, Gästezimmer<br />
bauen, Schweine im Stall züchten oder einen<br />
Kulturtreffpunkt machen, bleibt offen. Beruhigend<br />
ist, dass wir hier nicht an Grenzen<br />
stoßen. Zumindest, was die Fläche betrifft.“<br />
Die herrschaftliche Tradition des Bürger<strong>haus</strong>es<br />
sieht man nicht nur am Hof, sondern<br />
auch an der Arbeitsmethode der beiden –
sowohl beim Um- als auch beim Weinbau:<br />
Den Wein lassen sie in den Kellergewölben<br />
<strong>ohne</strong> Einsatz von moderner Technik oder<br />
Hilfsstoffen reifen. Die dazugehörigen zehn<br />
Hektar Weingärten werden biodynamisch<br />
bewirtschaftet.<br />
Auch beim Haus mussten sie nicht viel verändern.<br />
Die Wände wurden freigelegt, dabei<br />
kamen alte Wandstrukturen zum Vorschein,<br />
die so belassen wurden. „Alle Bodenfliesen<br />
sind Originale aus dem Haus, auch die<br />
Schiffböden.“ Letztere wurden geschliffen<br />
und blieben unversiegelt.<br />
Als sie in das Haus einzogen, fanden die<br />
beiden viele alte Stücke: Fotografien aus<br />
der Zeit der vorigen Jahrhundertwende,<br />
Ahnenfotos, Alt-Weine, vergilbte Etiketten.<br />
Den ehemaligen Bew<strong>ohne</strong>rn des Guts<strong>haus</strong>es<br />
haben die beiden in ihrer Weinedition<br />
ein Denkmal gesetzt. Ihre Weine sind der<br />
Ahnengalerie des Weinguts entliehen, es<br />
sind Vornamen von Akteuren früherer<br />
Winzergenerationen. So steht der Wein<br />
„Mechthild“ stellvertretend für Mechthild<br />
Wimmer, die Vorbesitzerin des Hauses.<br />
Allerdings finden sich auch viele Stücke<br />
der Eselböck’schen Fam--ilienhistorie in<br />
„der Villa“, wie sie in Oggau genannt wird:<br />
01 02<br />
die Wiege etwa, in der schon Vater Walter<br />
Eselböck gelegen hat. Sie stammt aus der<br />
„Eselmühle“. „Das war das Haus des Großvaters<br />
in St. Margarethen“, erläutert Stephanie.<br />
Er war Juwelier in Wien, heiratete die damalige<br />
Miss Austria und zog mit ihr aufs Land,<br />
um Esel und Schweine zu züchten. „Viele<br />
sagten, er war ein Spinner, dabei hat er sich<br />
nur seinen Traum erfüllt“, so die Enkelin.<br />
Was die Einrichtung betrifft, halten sie sich<br />
an den Spruch: „Es hilft, wenn man Künstler<br />
als Freunde hat. So wie es hilft, wenn man<br />
im Alter Ärzte als Freunde hat“, scherzt<br />
Stephanie. Künstlerfreund Gerhard Hartwig<br />
schenkte ihnen ein abstraktes Weinbild, das<br />
jetzt im Wohnzimmer hängt. Ein Prachensky<br />
ziert die Küche und ein Rudi Hold<strong>haus</strong> das<br />
Wohnzimmer – Geschenke der Künstler zur<br />
Hochzeit. Der Philippe-Starck-Hocker war<br />
Eduards Geschenk zum ersten Hochzeitstag.<br />
Das Endergebnis sind ein Haus und ein<br />
Wein, die man mit denselben Maßstäben<br />
messen kann: Beide dürfen Ecken und<br />
Kanten haben, denen man sich mit Bedacht<br />
nähern muss, um sie zu verstehen. Oder wie<br />
es Stephanie sagt: „Das Haus wie auch der<br />
Wein haben Charakter. Mit ihnen muss man<br />
sich auseinandersetzen wie mit Menschen,<br />
die man näher kennenlernen möchte.“<br />
wOHnenBurGenland<br />
XXXXXxxxxx<br />
01 erste großfamilie. Theodora, Winifried,<br />
Atanasius, Timotheus, Emmeran, Joschuari und<br />
Wiltrude (von links nach rechts). Nicht im Bild: Die<br />
„Großeltern“ Bertholdi und Mechthild<br />
02 zweite großfamilie. Stefanie Eselböck<br />
(28), Sohn August (sechs Monate), Magdalena (18<br />
Monate), Eduard Tscheppe (32) und Haushüter<br />
Douro (2,5 Jahre)<br />
gut Oggau<br />
Wer Lust bekommen hat, kann Familie<br />
Eselböck und dem Gut bei entsprechender<br />
Voranmeldung einen Besuch abstatten und<br />
die vielen guten Weine verkosten.<br />
Hauptstraße 31<br />
7063 Oggau<br />
Tel.: 0664/2069298<br />
www.gutoggau.com<br />
H.O.M.e.<br />
063