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MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...

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2.3.2.1. Telemediennutzungsdaten<br />

37<br />

Während im internationalen Bereich meist ausschließlich von „traffic data“ gesprochen wird<br />

und damit alle im Zusammenhang mit Telekommunikation im weitesten Sinne anfallenden<br />

Begleitumstände gemeint sind, differenziert das deutsche Recht zwischen Verkehrsdaten auf<br />

<strong>der</strong> einen und Nutzungsdaten auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite. Verkehrsdaten sind nach § 3 Nr. 30 TKG<br />

Daten, die bei <strong>der</strong> Erbringung eines „Telekommunikationsdienstes“ anfallen. Telekommunikationsdienste<br />

sind nach § 3 Nr. 24 TKG die in <strong>der</strong> Regel gegen Entgelt erbrachten Dienste,<br />

die „ganz o<strong>der</strong> überwiegend in <strong>der</strong> Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze<br />

bestehen.“ Nutzungsdaten fallen hingegen bei <strong>der</strong> „Inanspruchnahme von Telemedien“ an,<br />

§ 15 TMG. Der Begriff <strong>der</strong> Telemediendienste wird nicht näher definiert, lediglich § 1 Abs. 1<br />

TMG erstreckt den Anwendungsbereich des Gesetzes auf Telemedien, d.h. „alle elektronischen<br />

Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste<br />

[…], die ganz in <strong>der</strong> Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen,<br />

telekommunikationsgestützte Dienste […] o<strong>der</strong> Rundfunk […] sind.“ Aufgrund <strong>der</strong><br />

Überschneidungen zwischen TKG und TMG besteht gerade für viele Internetdienste Rechtsunsicherheit,<br />

ob sie als Telekommunikations-, als Telemediendienst o<strong>der</strong> sogar als beides<br />

gleichzeitig einzustufen sind. 83 Ohne auf diese Fragen an dieser Stelle im Einzelnen näher<br />

einzugehen, lässt sich verallgemeinernd sagen, dass Telekommunikationsdienste im Grundsatz<br />

eher den Transport von Informationen betreffen, während Telemediendienste eher die<br />

inhaltlichen Komponenten berühren. 84<br />

Ein Problem besteht in <strong>der</strong> Frage, ob – und wenn ja, wie – Ermittlungsbehörden auf Telemediennutzungsdaten<br />

zugreifen können. Während in § 113a TKG zumindest einige Telemediennutzungsdaten<br />

aufgeführt waren (z.B. E-Mail-Adressen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Zeitpunkt des Zugriffs auf<br />

ein E-Mail-Postfach), gibt es für an<strong>der</strong>e Telemediennutzungsdaten, z.B. Abrufe von Webseiten<br />

o<strong>der</strong> Zeitpunkte von Anmeldungen in sozialen Netzwerken, keine korrespondierende<br />

Norm. § 15 Abs. 4 S. 3 TMG stellt lediglich die datenschutzrechtliche Erlaubnisnorm dar,<br />

gewährt selbst jedoch keinen Zugriff auf die Daten. 85 Schwierigkeiten gibt es mit <strong>der</strong> Kehrseite<br />

zu dieser Erlaubnisnorm, nämlich <strong>der</strong> strafprozessualen Zugriffsnorm. Nach einer bislang<br />

vertretenen Auffassung gibt es gegenwärtig keine Möglichkeit, diese Daten anzufor<strong>der</strong>n,<br />

da § 100g StPO ausdrücklich Verkehrsdaten (nicht aber Nutzungsdaten) in Bezug nimmt und<br />

hierfür im Klammerzusatz ausschließlich auf die §§ 96, 113a TKG verweist. 86 Bei an<strong>der</strong>en<br />

Vorschriften, insb. den §§ 94 ff. StPO, wurde zum Teil angezweifelt, ob durch sie Eingriffe<br />

in das Fernmeldegeheimnis bewirkt werden können. 87 Aufgrund einer neueren Entscheidung<br />

des Bundesverfassungsgerichts stellt sich jedoch die Frage, ob diese Auffassung auch zukünf-<br />

____________<br />

83 Vgl. hierzu näher Brunst, Anonymität im Internet, S. 379 ff. m.w.N.<br />

84 Zum technisch (weitgehend) korrespondierenden ISO/OSI-Schichtenmodell vgl. Brunst, Anonymität im<br />

Internet, S. 48 ff.<br />

85 Vgl. Gercke/Brunst, Praxishandbuch Internetstrafrecht, Rn. 771.<br />

86 Vgl. Gercke/Brunst, Praxishandbuch Internetstrafrecht, Rn. 712 ff. m.w.N.<br />

87 Vgl. zu diesem Problemkomplex Gercke/Brunst, Praxishandbuch Internetstrafrecht, S. 712 f. m.w.N.

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