MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...
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tion of Data) Bill 2009), das die Speicherung von Telefonverkehrsdaten auf 2 Jahre und die<br />
von Internetverbindungen auf 1 Jahr festsetzt 16 , hat das Oberste Gericht am 5. Mai 2010 eine<br />
Vorlage zum Europäischen Gerichtshof zugelassen 17 , die voraussichtlich im Laufe des Jahres<br />
2012 zu einer erneuten Überprüfung <strong>der</strong> Richtlinie führen wird, dieses Mal unter inhaltlichen<br />
Gesichtspunkten, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Vereinbarkeit mit <strong>der</strong> EU-Grundrechtecharta. Die Vorlage<br />
zielt auf die Aufhebung des Gesetzes u.a. wegen Verstoßes <strong>der</strong> EU-Richtlinie 2006/24/EG<br />
gegen Art. 7, 8, 11 und 41 <strong>der</strong> Grundrechtecharta, gegen den Grundsatz <strong>der</strong> Verhältismäßigkeit<br />
(Art. 5 EUV) sowie gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (Art. 8).<br />
Die bisherigen Entscheidungen europäischer Verfassungs- und Obergerichte lassen bei<br />
grundsätzlich vergleichbarem Zugang über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung unterschiedliche<br />
Bewertungen <strong>der</strong> Vorratsspeicherung erkennen 18 . Während das bulgarische Oberste<br />
Verwaltungsgericht eine klare gesetzliche Regelung <strong>der</strong> Voraussetzungen für die Nutzung<br />
gespeicherter Daten angemahnt hat und im Übrigen davon ausgeht, dass eine <strong>Vorratsdatenspeicherung</strong><br />
grundsätzlich verhältnismäßig ist, geht das rumänische Verfassungsgericht von<br />
einer ebenso grundsätzlichen Nichtvereinbarkeit <strong>der</strong> <strong>Vorratsdatenspeicherung</strong> mit <strong>der</strong> rumänischen<br />
Verfassung sowie Art. 8 aus. Auch das tschechische Verfassungsgericht hat entsprechende<br />
Bedenken geäußert. Das Bundesverfassungsgericht weist demgegenüber darauf hin,<br />
dass eine <strong>Vorratsdatenspeicherung</strong> von Telekommunikationsdaten zwar grundsätzlich noch<br />
verfassungskonform ist, gleichzeitig aber das Äußerste an <strong>Vorratsdatenspeicherung</strong> für Zwecke<br />
<strong>der</strong> Strafverfolgung und Gefahrenabwehr repräsentiert. 19 Zusätzlich wird in einer<br />
Abschichtung von im regulären Betrieb von Telekommunikationsunternehmen anfallenden<br />
Verkehrsdaten und <strong>der</strong>en Abfrage unterschieden von systematisch gespeicherten Verkehrsdaten<br />
und ihrer Nutzung. In <strong>der</strong> Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird hiermit ein<br />
grundsätzlicher Wandel angesprochen, <strong>der</strong> beispielsweise auch im australischen Blunn-<br />
Bericht 20 Erwähnung findet. Es geht hier um die Bewegung weg von einer punktuellen<br />
Überwachung <strong>der</strong> Kommunikation, über Telefon, Briefwechsel o<strong>der</strong> direkten Austausch, hin<br />
zum Zugang zu gespeicherten Daten <strong>der</strong> Kommunikation und hin zum Aufbau von Informationssystemen,<br />
die über Kommunikation Auskunft geben.<br />
____________<br />
16 Kritisch hierzu Irish Council for Civil Liberties: Submission on the Communications (Retention of Data)<br />
Bill 2009, as initiated November 2009, Dublin 2009, insbeson<strong>der</strong>e aus <strong>der</strong> Perspektive von Art. 8 <strong>der</strong> EMRK<br />
sowie <strong>der</strong> Entscheidung des EGMR S. und Marper v. UK, Application nos. 30562/04 und 30566/04, 4. Dezember<br />
2008.<br />
17 Digital Rights Ireland Ltd. vs. Minister for Communications and Others, [2010] IEHC 221.<br />
18 Vgl. hierzu auch de Vries, K., Bellanova, R., De Hert, P.: Proportionality Overrides Unlimited<br />
Surveillance. The German Constitutional Court Judgment on Data Retention. European Center for Policy Studies,<br />
Brüssel 2010.<br />
19 Hierzu ausführlicher Roßnagel, A.: Die „Überwachungs-Gesamtrechnung” – Das BVerfG und die <strong>Vorratsdatenspeicherung</strong>,<br />
NJW 2010, S. 1238ff., Schramm, S., Wegener, C.: Neue Anfor<strong>der</strong>ungen an eine anlasslose<br />
Speicherung von Vorratsdaten – Umsetzungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts,<br />
MMR 2011, S. 9ff.<br />
20 Blunn, A.S.: Report of the Review of the Regulation of Access to Communications. Commonwealth of<br />
Australia 2005, S. 14ff.