MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...
MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...
MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
224<br />
gerte Anzeigeerstattung zu verzeichnen ist. Dies sind beispielsweise Fälle des Phishings und<br />
des Internetbetrugs, aber auch <strong>der</strong> sog. Enkeltrick.<br />
25. Die Erreichbarkeit von Verkehrsdaten hängt damit maßgeblich von dem Speicherverhalten<br />
und <strong>der</strong> Auskunftsbereitschaft <strong>der</strong> jeweiligen TK-Unternehmen ab. Manche Experten<br />
haben die Vermutung geäußert, dass sich Täter, die ein gewisses Verständnis für Fragen <strong>der</strong><br />
Telekommunikationstechnik haben, die unterschiedlichen Speicherpraktiken zu Nutze machen<br />
und sich systematisch unverletzlich machen könnten. Die Aufklärungswahrscheinlichkeit<br />
kann damit nicht nur zufallsabhängig sein – nämlich von <strong>der</strong> Frage, bei welchem Telekommunikationsanbieter<br />
und unter welchem Gebührenmodell ein Verdächtiger seine<br />
Kommunikation abwickelt –, son<strong>der</strong>n auch anfällig für Manipulation durch die potenziellen<br />
Zielpersonen selbst.<br />
26. Keinen adäquaten Ersatz gibt es nach Ansicht <strong>der</strong> Befragten für löschungsbedingt verloren<br />
gegangene retrograde Daten. Dies betrifft vor allem Ermittlungen in den in Teil F unter<br />
Pkt. 1.2.3.1. im einzelnen aufgezählten Deliktsbereichen und Gefahrensituationen.<br />
27. Fehlende Verkehrsdaten sind darüber hinaus überall dort nicht ersetzbar, wo ihnen über<br />
die ermittlungstechnische Funktion hinaus für den weiteren Verfahrensgang auch Beweisfunktion<br />
zukommt und an<strong>der</strong>e Beweismittel nicht zur Verfügung stehen.<br />
28. Speziell bei Ermittlungen mit Bezug auf das Internet kumulieren mehrere Aspekte: die<br />
beson<strong>der</strong>s kurzen Speicherfristen bei IP-Adressen, unterschiedliche Rechtsauffassungen zwischen<br />
Ermittlern und Anbietern über den Rechtscharakter und die erfor<strong>der</strong>lichen Voraussetzungen<br />
für die Zusammenführung von IP-Adresse und Bestandsdatum, sowie technische Lücken<br />
betreffend die Konfigurierung von Ports an Hotspots (Stichwort: IP-Sharing). Durch<br />
diese Umstände wird die Ermittlungsarbeit im Bereich <strong>der</strong> IuK-Kriminalität spürbar erschwert.<br />
Sinnbildlich hierfür steht das Zitat eines <strong>der</strong> Experten aus Baden-Württemberg, <strong>der</strong><br />
die aktuelle Situation im Internet sehr plastisch mit Straßenverkehr ohne Kfz-Kennzeichen<br />
verglich. Die Interviews deuten übereinstimmend darauf hin, dass hier <strong>der</strong>zeit die wohl gravierendste<br />
Schutzlücke zu finden ist.<br />
29. Den unter Pkt. 22. aufgeführten Problemen begegnet die Praxis <strong>der</strong>zeit auf unterschiedliche<br />
Weise. Zum Teil – etwa im Bereich Internetkriminalität, wo Verkehrsdaten mitunter <strong>der</strong><br />
einzige Ansatzpunkt sein können (z.B. Zuordnung von IP-Adressen o<strong>der</strong> Enkeltrick) – wird<br />
häufig von vornherein von einer Abfrage abgesehen, wenn die mutmaßliche Speicherfrist<br />
bereits abgelaufen ist. In an<strong>der</strong>en Behörden wird in dem Bewusstsein um den drohenden Datenverlust<br />
schnellstmöglich bzw. sofort ein Beschluss erwirkt. Damit werden unter Umständen<br />
mehr Abfragen getätigt als in früheren Jahren, als entsprechende Maßnahmen nicht eilig<br />
waren und erst nach vorangegangener Ermittlungsarbeit und sorgfältiger(er) Auswahl von<br />
Verdächtigen veranlasst wurden. Der vormals je nach Fallkonstellation recht späte Einsatz<br />
<strong>der</strong> Maßnahme war auch in den Daten <strong>der</strong> <strong>MPI</strong>-Studie 2008 erkennbar.