MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...
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meist mobile – Endgeräte) als unmittelbares Ziel <strong>der</strong> Gefahrenabwehrmaßnahme. Die zweite<br />
Fallgruppe erlaubt die Verkehrsdatenabfrage zur Aufklärung einer Straftat mit einer<br />
Mindeststrafe von 6 Monaten und mit – ausdrücklicher – Zustimmung des Inhabers <strong>der</strong><br />
technischen Einrichtung (Ziff. 2). Dies zielt in <strong>der</strong> Praxis vor allem auf Bedrohungssituationen<br />
und ist mithin für Straftaten gedacht, bei denen die Maßnahmen von <strong>der</strong><br />
Opferseite her eingesetzt werden wie im klassischen Fall <strong>der</strong> Fangschaltung.<br />
Die dritte und für die Ermittlungspraxis wichtigste Einsatzmöglichkeit bezieht sich auf die<br />
Aufklärung einer vorsätzlich begangenen Straftat, für die eine Mindeststrafe von einem Jahr<br />
droht (Ziff. 3). Insoweit stellt das Gesetz eine allgemeine Ermächtigung zur Verfügung; sie<br />
steht aber unter dem Vorbehalt einer abstrakten Mindesttatschwere, die <strong>der</strong>jenigen bei <strong>der</strong><br />
Inhaltüberwachung 415 entspricht. 416 Damit fallen zahlreiche Deliktsgruppen aus dem Bereich<br />
<strong>der</strong> IuK-Kriminalität aus dem Anwendunsgbereich heraus (siehe dazu gleich unter Pkt.<br />
4.3.2.). Die Maßnahme muss darauf abzielen, Verkehrsdaten des Beschuldigten zu ermitteln,<br />
ist aber nicht, wie unter Ziff. 1, auf dessen Sphäre beschränkt. Formal ist die Ermächtigung,<br />
was den möglichen Adressatenkreis betrifft, mithin weiter als die deutsche Regelung in<br />
§ 100a Abs. 3 StPO.<br />
Die vierte Variante wurde mit <strong>der</strong> 2011er Än<strong>der</strong>ung in die öStPO aufgenommen (Ziff. 4). Sie<br />
ermöglicht den Zugriff, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen zu erwarten ist, dass dadurch<br />
<strong>der</strong> Aufenthalt eines flüchtigen o<strong>der</strong> abwesenden Beschuldigten, <strong>der</strong> einer vorsätzlich<br />
begangenen, mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung dringend<br />
verdächtig ist, ermittelt werden kann.<br />
Die Zugriffsmöglichkeiten <strong>der</strong> Ziff. 1 bis 4 beziehen sich auf Verkehrsdaten, mit Ausnahme<br />
<strong>der</strong> Ziff. 1 können in diesen Fällen künftig auch Vorratsdaten abgefragt werden. 417<br />
Weitere Voraussetzungen sind in Fällen <strong>der</strong> Ziff. 1 dringen<strong>der</strong> Tatverdacht sowie die<br />
Annahme, dass sich die Daten auf Nachrichten beschränken, von denen anzunehmen ist, dass<br />
sie zur Zeit <strong>der</strong> Freiheitsentziehung tatsächlich vom Beschuldigten übermittelt, empfangen<br />
o<strong>der</strong> gesendet werden. In den übrigen Varianten muss lediglich zu erwarten sein, dass durch<br />
die Maßnahme die Aufklärung <strong>der</strong> Straftat geför<strong>der</strong>t werden kann. Im Falle <strong>der</strong> Ziff. 3, die<br />
auch den Datenzugriff außerhalb <strong>der</strong> Sphäre des Beschuldigten erlaubt, verlangt das Gesetz<br />
ferner, dass aufgrund bestimmter Tasachen angenommen werden kann, dass durch den<br />
Zugriff Daten des Beschuldigten ermittelt werden können.<br />
____________<br />
415 § 135 Abs. 3 öStPO; dazu unten Pkt. 4.3.1.2.<br />
416 Österreich folgt dem Höchststrafensystem; an<strong>der</strong>s als im deutschen Recht konstituiert die einjährige Mindeststrafe<br />
daher nicht die Verbrechensgrenze (vgl. § 17 öStGB). Faktisch fallen die Tatbestände mit einer solchen<br />
Mindeststrafandrohung aber meist doch in den Verbrechensbereich.<br />
417 § 135 Abs. 2a öStPO-neu.