MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...
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188<br />
„kriminellen“ Kontakte, Beziehungen zwischen Tatverdächtigen, Einordnung Tatverdächtiger<br />
in Zeit und Raum sowie die Feststellung von Bankkonten und Hinweise auf Geldwäscheaktivitäten.<br />
Eine zweite Fallgruppe betrifft Tötungsdelikte (sowie generell Todesfälle), für die<br />
die Analyse von Kommunikationsdaten <strong>der</strong> Toten Erkenntnisse zu Bewegungen und Kontakten<br />
vor dem Todeseintritt liefern kann. Für Opfer von Sexualdelikten wird die Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Beweislage in Fällen genannt, in denen <strong>der</strong> Täter vorgibt, vorherigen Kontakt zum Opfer<br />
gehabt zu haben. In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass gerade Opfer<br />
von Sexualstraftaten erfahrungsgemäß – und dies wird durch die Opferforschung gestützt –<br />
nicht sofort Anzeige erstatten, son<strong>der</strong>n mitunter erst nach mehreren Monaten. Schließlich<br />
werden <strong>der</strong> Schutz von Kin<strong>der</strong>n in „Online-Umgebungen” und die präventiven und repressiven<br />
Strategien des „Child Exploitation and Online Protection Centre” 364 als herausragende<br />
Anwendungsfel<strong>der</strong> <strong>der</strong> Nutzung von Telekommunikationsverkehrsdaten betont 365 . Die Identifizierung<br />
von Nutzern von Prepaid-Simkarten wird ebenfalls als Grund für eine langfristige<br />
Speicherung von Verkehrsdaten herangezogen.<br />
Systematische empirische Untersuchungen zur Nutzung gespeicherter Verkehrsdaten liegen<br />
über die allgemeine Statistik hinaus nicht vor 366 . Im Übrigen sind die bisherigen Angaben zu<br />
den Straftaten, die Anlass zur Abfrage von Verkehrsdaten gaben, allgemein gehalten. Hinsichtlich<br />
<strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong> Speicherungsdauer, die in England (bei <strong>der</strong> Interesse verschiedener<br />
Sicherheitsbehörden an einer sehr viel weiter gehenden Speicherungsdauer 367 ) auf 12<br />
Monate festgelegt wurde, werden unterschiedliche Stellungnahmen abgegeben 368 . Jedenfalls<br />
ist nach <strong>der</strong>zeitigen Schätzungen lediglich ein kleiner Teil <strong>der</strong> Abfragen auf Zeiträume, die<br />
über 2 Monate zurückreichen, bezogen 369 .<br />
In <strong>der</strong> Schweiz wurde durch das Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und<br />
Fernmeldeverkehrs 2000 eine Speicherungspflicht mit einer Dauer von 6 Monaten eingeführt.<br />
Art. 23 des im Mai 2010 eingebrachten Vorentwurfs zu einem Bundesgesetz betreffend die<br />
Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) sieht nunmehr neben <strong>der</strong> Ausdehnung<br />
<strong>der</strong> Speicherungspflichten auf Internetzugangsdaten auch eine Erweiterung <strong>der</strong> Speiche-<br />
____________<br />
364 www.ceop.gov.uk/ [Juni 2011]; vgl. auch Child Exploitation and Online Protection Centre: Annual<br />
Review 2009-2010. London 2010<br />
365 Explanatory Memorandum to the Data Retention (EC Directive) Regulations 2009. London 2009, No. 859,<br />
S. 2.<br />
366 Zusammenfassend Walker, C.: Data retention in the UK: Pragmatic and proportionate, or a step too far?<br />
computer law & security review 25(2009), S. 325-334.<br />
367 Gaspar, R.: a.a.O., 2000, Nr. 6.1.1.<br />
368 Home Office: A Consultation Paper – Transposition of Directive 2006/24/EC. London 2008, S. 10, wo<br />
von <strong>der</strong> Notwenigkeit einer mindestens zwölfmonatigen Speicherung ausgegangen wird, sowie die kritische<br />
Stellungnahme von Walker, C.: a.a.O., 2009, S. 331 f.<br />
369 Milford, P.: The retention of communications data: a view from industry. PLC IP& IT, 19. 11. 2008,<br />
www.ld.practicallaw.com/5-384-0822 [Juli 2010], geht von weniger als 2% aus.