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MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...

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173<br />

Die Frage, ob die faktische Eilbedürftigkeit <strong>der</strong> Verkehrsdatenabfrage im Hinblick auf die<br />

kurze Speicherfrist von ca. drei bis sieben Tagen Auswirkungen auf die Antragspraxis <strong>der</strong><br />

Ermittlungsstellen einerseits und die Anordnungspraxis <strong>der</strong> Gerichte an<strong>der</strong>erseits hatte, wird<br />

von allen befragten Richtern übereinstimmend verneint. Zwar sei bei Anträgen ein erhöhter<br />

Zeitdruck festzustellen („man muss sich heute mit den Beschlüssen wirklich beeilen“). Inhaltlich<br />

würden die eingehenden Anträge aber auch heute „jedes Mal auf Herz und Nieren geprüft.<br />

Nachlässigkeiten lassen wir nicht zu“, betonte ein Gesprächspartner; „abgenickt wird<br />

nichts“, drückt es ein an<strong>der</strong>er aus. Sofern eine Verkehrsdatenabfrage nach § 100g StPO beantragt<br />

wird, würden an die Begründung dieselben Anfor<strong>der</strong>ungen gestellt werden, wie es auch<br />

vor dem Wegfall <strong>der</strong> <strong>Vorratsdatenspeicherung</strong> <strong>der</strong> Fall war. Die Qualität <strong>der</strong> Anträge habe<br />

sich aufgrund <strong>der</strong> faktischen Eilbedürftigkeit nicht verän<strong>der</strong>t.<br />

Ob die beantragten bzw. die übermittelten Daten auch tatsächlich rechtmäßig im Sinne von<br />

§ 96 TKG gespeichert waren, wird von den Gerichten nicht überprüft. Die befragten Richter<br />

weisen darauf hin, dass ihnen eine dahingehende Prüfung nicht möglich sei, da die Erfor<strong>der</strong>lichkeit<br />

<strong>der</strong> Speicherung ebenso wie die Speicherdauer von den betriebsinternen Abläufen <strong>der</strong><br />

Telekommunikationsanbieter abhängig sei. Insoweit werde allgemein von einer rechtmäßigen<br />

Speicherpraxis <strong>der</strong> Telekommunikationsunternehmen ausgegangen.<br />

3.2.1. Alte Vorratsdaten<br />

Hinsichtlich des Umgangs mit Daten, die nach <strong>der</strong> alten Rechtslage vor dem 2.3.2010 nach<br />

§ 113a TKG rechtmäßig gespeichert wurden, war zunächst eine gewisse Unsicherheit festzustellen.<br />

Keiner <strong>der</strong> befragten Richter hatte bislang einen Fall bearbeitet, in dem diese Frage<br />

hätte entschieden werden müssen. Spontan neigten einige von ihnen aber, an<strong>der</strong>s als die<br />

Staatsanwälte 322 und an<strong>der</strong>s als <strong>der</strong> BGH 323 , einhellig <strong>der</strong> Auffassung zu, die eine Verwertbarkeit<br />

<strong>der</strong>artiger Daten verneint hatte und von einem Beweisverwertungsverbot ausgegangen<br />

war. Das hat sich inzwischen geän<strong>der</strong>t.<br />

3.3. Mögliche Substitute für die Verkehrsdatenabfrage<br />

Auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> gegenwärtigen Rechtslage sehen die befragten Richter keine ausreichenden<br />

Substitute für die <strong>Vorratsdatenspeicherung</strong>. Im Rahmen von § 100 TKG würden<br />

zwar viele Daten immerhin für ca. sieben Tage gespeichert, das sei jedoch in vielen Fällen<br />

nicht ausreichend. Auf <strong>der</strong> Grundlage des § 96 TKG würden nur die abrechnungsrelevanten<br />

Daten gespeichert. Im Rahmen <strong>der</strong> tatrichterlichen Perspektive seien jedoch häufig darüber<br />

hinausgehende Daten erfor<strong>der</strong>lich, um eine bestimmte Beweisführung hieb- und stichfest<br />

begründen zu können. § 100a StPO sei als mögliches Substitut nur im Hinblick auf zukünftig<br />

stattfindende Kommunikationsvorgänge hilfreich. Retrograde Daten können mit <strong>der</strong> Telekommunikationsüberwachung<br />

nicht erfasst werden. Darüber hinaus stelle eine Maßnahme<br />

____________<br />

322 Siehe dazu oben Pkt. 2.2.1.<br />

323 Siehe dazu oben Fn. 82

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