MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...
MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...
MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
165<br />
Vergleichbar erscheint die Situation ferner bei den Organisationsdelikten, mit denen die Bundesanwaltschaft<br />
vorrangig konfrontiert ist. So werde bspw. die Gründung einer terroristischen<br />
Vereinigung meist nur durch – konspirative – Kommunikation verwirklicht.<br />
Insgesamt wird die Situation <strong>der</strong>zeit als diffus und unbefriedigend bezeichnet. Unterschiedliche<br />
Speicherfristen, Zeitdruck und unsichere Erfolgsaussichten haben in <strong>der</strong> Kumulation<br />
einen negativen Einfluss auf die Ermittlungsarbeit. Diese Unübersichtlichkeit, in welcher<br />
Ermittlungserfolge von Zufälligkeiten abhängig geworden seien, hätte ein Ausmaß an<br />
Rechtsunsicherheit mit sich gebracht, die einer <strong>der</strong> befragten Staatsanwälte auch als Gerechtigkeitslücke<br />
bezeichnet hat.<br />
2.2. Bedeutung <strong>der</strong> Verkehrsdaten und ihre Erreichbarkeit nach <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen<br />
Rechtslage<br />
Nach übereinstimmen<strong>der</strong> Einschätzung <strong>der</strong> meisten Gesprächspartner haben die Einschnitte<br />
Rückwirkungen auf alle ermittlungstaktischen Zielsetzungen einer Verkehrsdatenabfrage.<br />
Genannt werden insbeson<strong>der</strong>e die Identifizierung von Personen und Strukturen – bspw. Ermittlung<br />
und Identifizierung von weiteren, bislang unbekannten Mittätern o<strong>der</strong> sonstigen Beteiligten,<br />
insbeson<strong>der</strong>e auch Hintermännern –, die Rekonstruktion von Bewegungsabläufen,<br />
die Zuordnung einzelner scheinbar isolierter Tatkomplexe, die Vorbereitung und Auswahl<br />
an<strong>der</strong>er Ermittlungsmaßnahmen (insbeson<strong>der</strong>e auch solcher nach § 100a StPO), die Rekonstruktion<br />
von Bewegungsabläufen, die Überprüfung des Wahrheitsgehaltes von Alibis und<br />
an<strong>der</strong>en Aussagen, sowie <strong>der</strong> Vorhalt in Vernehmungen, etc.<br />
Als Konsequenz aus den Verän<strong>der</strong>ungen sehen sich die Staatsanwälte nun vor die Aufgabe<br />
gestellt, eingehen<strong>der</strong> zu prüfen, wann die Maßnahme zulässig und erfolgversprechend ist und<br />
wann nicht. Gleichzeitig sei aufgrund <strong>der</strong> kurzen Speichefristen größere Eile geboten. Der<br />
daraus folgende sehr große Zeitdruck erzwinge schnelles Handeln und führe zu Ungenauigkeiten<br />
und <strong>der</strong> Notwendigkeit, bei <strong>der</strong> Prüfung <strong>der</strong> Anregungen und <strong>der</strong> Begründung <strong>der</strong> Anträge<br />
großzügiger zu sein. Zahlreiche Staatanwälte weisen darauf hin, dass eine erschöpfend<br />
tiefe Begründung und rechtliche Absicherung <strong>der</strong> Maßnahmen unter solchen Rahmenbedingungen<br />
nur bedingt möglich sei; auch die Gerichte könnten in Eilfällen maximal eine summarische<br />
Prüfung vornehmen. Trotz des Zeitdruckes sei man natürlich weiterhin darauf bedacht,<br />
die Qualität <strong>der</strong> Begründungen zu halten. Dennoch sehe eine unter Zeitdruck verfasste Eilanordnung<br />
eben an<strong>der</strong>s aus als ein in Ruhe verfasster Beschluss. Noch nicht konkret belegbar,<br />
aber denkbar erscheint ferner, dass die Eilbedürftigkeit bzw. <strong>der</strong> zugrunde liegende drohende<br />
Datenverlust als Faktum selbst Eingang in den Begründungskontext findet, um die Erfor<strong>der</strong>lichkeit<br />
i.S.v. § 100g Abs. 1 S. 1 o<strong>der</strong> 2 StPO zu begründen.<br />
Spürbar wird dieser Zeitdruck offenbar auch bei <strong>der</strong> Bundesanwaltschaft. Der befragte Bundesanwalt<br />
beschreibt, dass die Anfor<strong>der</strong>ungen, die die Ermittlungsrichter beim BGH im Hinblick<br />
auf die rechtlichen Erörterungen erwarteten, stetig höher geschraubt würden. Während<br />
noch vor wenigen Jahren bei Anträgen gem. §§ 100a o<strong>der</strong> 100g StPO eine