MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...
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aufzustellen: einerseits solle nach <strong>der</strong> Qualität einer Straftat gefragt werden, an<strong>der</strong>erseits nach<br />
den Ermittlungsmöglichkeiten in dem jeweiligen Phänomenbereich unabhängig von <strong>der</strong><br />
Schwere <strong>der</strong> einzelnen Tat. Auf dieses Weise könnte für den ersten Bereich ein Katalog geschaffen<br />
werden, <strong>der</strong> all diejenigen Straftaten erfasst, die so schwer wiegen, dass sie einen<br />
Rückgriff auf die gespeicherten Daten rechtfertigen. Gleichwohl wäre im Rahmen <strong>der</strong> zweiten<br />
Kategorie ein Zugriff auf die gespeicherten Daten auch dann möglich, wenn die Schwelle<br />
zur Katalogtat zwar nicht eröffnet ist, die Straftat ohne diesen Zugriff aber nicht verhin<strong>der</strong>t<br />
o<strong>der</strong> verfolgt werden kann.<br />
Ein an<strong>der</strong>er Vorschlag stellt auf die Schwere <strong>der</strong> verursachten Rechtsgutverletzung ab. Danach<br />
könnte <strong>der</strong> Zugriff auf die gespeicherten Daten in all denjenigen Fällen eröffnet werden,<br />
in denen die Schädigung des Opfers eine bestimmte Schwelle überschreitet. Dabei könnten<br />
einerseits Schädigungen körperlicher o<strong>der</strong> psychischer Art, an<strong>der</strong>erseits aber auch Schäden<br />
materieller Art berücksichtigt werden. Dieser Ansatz würde es ermöglichen, den volkswirtschaftlichen<br />
Schaden eines Kriminalitätsbereiches zu berücksichtigen.<br />
Weit überwiegend wird weiter gefor<strong>der</strong>t, dass die Formulierung des § 100g Abs. 1 Nr. 2<br />
StPO neben einem Katalog bestehend bleibt. An<strong>der</strong>nfalls würden die Ermittlungen im gesamten<br />
Bereich <strong>der</strong> Computerkriminalität, in dem die Schwelle des § 100a StPO regelmäßig nicht<br />
überschritten wird, weitgehend ins Leere laufen o<strong>der</strong> ganz unmöglich werden. Dasselbe würde<br />
für Beleidigungs- und Stalking-Fälle gelten, auch wenn sie im Einzelfall schwerwiegende<br />
Folgen hätten.<br />
Von manchen Ermittlern wird die Einführung eines Kataloges generell abgelehnt und für<br />
wenig sinnvoll erachtet. „Je spezieller man versucht, ein Gesetz auszugestalten, desto<br />
schwieriger wird dessen Umsetzung“, warnt ein Gesprächspartner. Zudem gebe es nur sehr<br />
wenige Delikte, für die die <strong>Vorratsdatenspeicherung</strong> in Einzelfällen nicht von Bedeutung sein<br />
könnte. Einzelne Straftatbestände von <strong>der</strong> Verkehrsdatenabfrage auszuschließen könne im<br />
Einzelfall schwerwiegende Folgen haben. Zudem müsse eine neue Regelung <strong>der</strong> <strong>Vorratsdatenspeicherung</strong><br />
möglichst technikneutral sein. In <strong>der</strong> Regel sei es dem Gesetzgeber nicht<br />
möglich, schnell genug auf technische Neuerungen zu reagieren und die Gesetze dem technischen<br />
Fortschritt umgehend anzupassen. Die technischen Rahmenbedingungen könnten innerhalb<br />
kürzester Zeit so weit voranschreiten, dass Normen schon kurze Zeit nach ihrem Erlass<br />
nicht mehr aktuell sind. Daher sei nur eine möglichst generelle, technikneutrale<br />
Formulierung zielführend.<br />
Im Hinblick auf mögliche Straftatenkataloge wird als weitere Alternative eine Differenzierung<br />
nach bestimmten Abfragearten angeregt. So könne beispielsweise für die Zielwahlsuche<br />
ein eigener Katalog geschaffen werden. Angesichts des eng begrenzten Personenkreises, <strong>der</strong><br />
von einer Zielwahlsuche betroffen ist, sei diese Maßnahme deutlich weniger eingriffsintensiv<br />
als an<strong>der</strong>e Formen <strong>der</strong> Verkehrsdatenabfrage. Dann könnten in diesen speziellen Katalog<br />
auch niedrigschwelligere Delikte wie beispielsweise <strong>der</strong> Enkeltrick o<strong>der</strong> Stalking aufgenommen<br />
werden, ohne dass die Maßnahme unverhältnismäßig erscheine.