MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...
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Abschließend wiesen einige <strong>der</strong> Praktiker auch auf mögliche Fernwirkungen bei an<strong>der</strong>en<br />
Maßnahmen hin. Das Fehlen von Verkehrsdaten könne erhebliche mittelbare Auswirkungen<br />
haben. Informationen, die aus Verkehrsdaten generiert werden, können neben den schon<br />
mehrfach erwähnten Hauptzwecken (Identifikation, Standortermittlung, Tatzeitbestimmung)<br />
vielfältigen Ermittlungszwecken dienen, bspw. als Standortdaten für die Durchführung von<br />
Observationen, zur Alibiüberprüfung, als Anhaltspunkt zur Überprüfung des Wahrheitsgehalts<br />
von Aussagen, als Vorhalt in Vernehmungen o<strong>der</strong> als Anhaltspunkt zur Ermittlung des<br />
modus operandi bei bestimmten Straftaten (z.B. das Erkennen des Einsatzes von Zweit-, Begleit-,<br />
Vorabfahrzeugen). Im präventiven Einsatzbereich sei es durch das Fehlen von IP-<br />
Daten bspw. unmöglich geworden, bei <strong>der</strong> Ermittlung von Botnetzen die infizierten Computer<br />
zu identifizieren und <strong>der</strong>en Besitzer vor den Trojanern zu warnen.<br />
Das Fehlen von Verkehrsdateninformationen könne ferner zur Durchführung eingriffsintensiverer<br />
Maßnahmen zwingen, um das gleiche Ziel zu erreichen. So müssten manchmal zu einem<br />
früheren Zeitpunkt, als es ermittlungstaktisch eigentlich wünschenswert wäre, offene<br />
Maßnahmen ergriffen werden, was insbeson<strong>der</strong>e im Bereich <strong>der</strong> Schwerstkriminalität den<br />
Ermittlungserfolg in Gänze gefährden könne. In dem aktuell bearbeiteten Fall eines Gesprächspartners<br />
könne eine geplante Durchsuchung nicht stattfinden, weil sie die noch unentdeckten<br />
Tatteilnehmer warnen würde. Der ermittlungstaktische Vorteil, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Heimlichkeit<br />
<strong>der</strong> Verkehrsdatenabfrage verbunden sei, komme in <strong>der</strong> aktuellen Diskussion oft zu<br />
kurz. Die Heimlichkeit könne im Übrigen auch eine Schutzfunktion haben. So werde <strong>der</strong><br />
Tatverdacht gegen eine Person, <strong>der</strong>en Alibi auf <strong>der</strong> Grundlage von Funkzellendaten später<br />
bestätigt wird, niemals nach außen erkennbar. Ohne Verkehrsdaten werde hingegen regelmäßig<br />
eine offene Alibiüberprüfung bei Dritten erfor<strong>der</strong>lich sein, was ein sehr viel schwerwiegen<strong>der</strong>er<br />
Eingriff in die Privatsphäre sein könne; denn so erlangten gegebenenfalls Arbeitgeber<br />
und an<strong>der</strong>e Personen erst Kenntnis von einem Verdacht, was mutmaßlich nicht im<br />
Interesse des Betroffenen sein werde.<br />
1.6. Erwartungen an den Gesetzgeber<br />
Die abschließende Frage nach den Erwartungen <strong>der</strong> Ermittler an den Gesetzgeber ergibt Einigkeit<br />
darüber, dass eine Neuregelung <strong>der</strong> <strong>Vorratsdatenspeicherung</strong> möglichst zügig erfolgen<br />
solle. Diese müsse sich inhaltlich an den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts orientieren.<br />
1.6.1. Speicherungsumfang<br />
Als problematisch wird die gegenwärtige Ausrichtung <strong>der</strong> Speicherung an <strong>der</strong> Abrechnungsrelevanz<br />
gesehen. Die Neuregelung müsse daher die zunehmende Bedeutung von Flatrates<br />
berücksichtigen, die dazu führe, dass die Telekommunikationsanbieter Verkehrsdaten nur<br />
noch in sehr eingeschränktem Umfang zu Abrechnungszwecken benötigen und nach § 96<br />
TKG speichern. Die Entwicklung gehe weg von <strong>der</strong> Speicherung einzelner Verbindungen.