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MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...

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157<br />

Erfahrungen und Trends in <strong>der</strong> jeweiligen Dienststelle bzw. dem jeweiligen Arbeitsbereich<br />

berichtet.<br />

Bezogen auf Verkehrsdatenabfragen wird die Häufigkeit von Negativauskünften generell als<br />

hoch eingeschätzt. Das gelte insbeson<strong>der</strong>e für den Bereich <strong>der</strong> IuK-Kriminalität. Explizite<br />

Schätzungen über die aktuelle Häufigkeit von Negativauskünften schwanken zwischen etwa<br />

50 Prozent bezogen auf Kin<strong>der</strong>pornographie (z.B. Rheinland-Pfalz) und ca. 60 % (z.B. Baden-Württemberg)<br />

bzw. mehr als 90 % (z.B. Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein) bezogen<br />

auf IP-Abfragen im Allgemeinen. Ein Experte aus Nordrhein-Westfalen führte hierzu ergänzend<br />

aus, es sei im Bereich <strong>der</strong> Internet-Straftaten <strong>der</strong>zeit fast sinnlos, überhaupt noch Anzeigen<br />

aufzunehmen. Die Ermittler aus Baden-Württemberg haben die Entwicklung <strong>der</strong> Negativauskünfte<br />

über einen längeren Zeitraum beobachtet: nach ihren Angaben lag <strong>der</strong> Anteil<br />

2007 bei 13,7 %, 2008 bei 25,3 %, 2009 bei 9,8 % 320 und 2010 bislang bei 59,3 %. Anfragen<br />

seien hier in Einzelfällen selbst dann nicht beauskunftet worden, wenn <strong>der</strong> Verdächtige zum<br />

Zeitpunkt <strong>der</strong> Kontaktaufnahme zum Provi<strong>der</strong> noch online war.<br />

Die Konsequenzen, die aus dieser Entwicklung in <strong>der</strong> Ermittlungsarbeit gezogen werden,<br />

sind augenscheinlich sehr unterschiedlich. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Verkehrsdatenabfrage<br />

als auch bei <strong>der</strong> Telekommunikationsüberwachung.<br />

Was zunächst die Abfragen gem. § 100g StPO betrifft, so gibt es auf <strong>der</strong> einen Seite Län<strong>der</strong><br />

bzw. Dienststellen, die einen Rückgang <strong>der</strong> Abfragen verzeichnen. Dort wird in mutmaßlich<br />

erfolglosen Fällen, in denen die Löschung <strong>der</strong> Daten wahrscheinlich erscheint, von vornherein<br />

darauf verzichtet, einen Beschluss zu erwirken. In den Wochen unmittelbar nach dem<br />

Urteil vom 2.3.2010 scheint dies im Übrigen eine verbreitete, auch aus Enttäuschung und<br />

Unsicherheit gespeiste Haltung gewesen zu sein. Inzwischen hat sich die Situation insoweit<br />

wie<strong>der</strong> normalisiert. Zahlreiche Interviewpartner berichten sogar von einer dezidiert entgegengesetzten<br />

Strategie. In ihren Dienststellen gehe die generelle Marschrichtung jetzt dahin,<br />

in allen Fällen, in denen Verkehrsdaten potenziell relevant sein könnten, als erste Maßnahme<br />

sofort eine Abfrage zu beantragen, um eventuellen Datenverluste weitestmöglich vorzubeugen.<br />

Handlungsleitend ist hier <strong>der</strong> Zeitdruck, <strong>der</strong> durch die teilweise sehr kurzen Speicherfristen<br />

eingetreten sei. Dieser Zeitdruck bestehe vor allem im IP-Bereich, aber auch bei Funkzellenabfragen.<br />

Hier könne man nur dann realistisch eine positive Auskunft erwarten, wenn <strong>der</strong><br />

Beschluss nach spätestens 3 Tagen beim TK-Anbieter vorliege. Die Zeit für Tatortaufklärung<br />

und die Vorprüfung, ob die Abfrage eventuell auf bestimmte wenige Funkzellen<br />

beschränkbar wäre, stehe schlichtweg nicht mehr zur Verfügung. Notfalls müsse, auch in<br />

polizeirechtlichen Gefahrensituationen, ein Eilbeschluss erwirkt werden. Einige Gesprächspartner<br />

äußern sich freilich skeptisch, ob eine vermehrte Antragstellung nach § 100g StPO<br />

tatsächlich handlebar sei. Im Hinblick auf Massenverfahren, etwa im IuK-Bereich, sei eine<br />

____________<br />

320 Der einmalige Rückgang wurde nachvollziehbar mit <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>situation bei den Straftaten gem. § 100g<br />

Abs. 1 Nr. 2 StPO während <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> einstweiligen Anordnung erklärt.

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