MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...
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noch werde sie insbeson<strong>der</strong>e bei schwereren Straftaten nun vermehrt beantragt. Als konkrete<br />
Beispiele werden Serienstraftaten und Staatsschutzdelikte genannt.<br />
Als beson<strong>der</strong>e Variante kommt dabei bei einigen Dienststellen offenbar auch die Auslandskopfüberwachung<br />
zum Einsatz. 317 Diese setzt konzeptionell beim B-Teilnehmer an und könnte<br />
damit, zumindest in bestimmten Ermittlungskonstellationen mit Auslandsbezug, u.a. die<br />
<strong>der</strong>zeit problematische Zielwahlsuche ersetzen. Allerdings erscheinen die Nutzenbewertung<br />
und <strong>der</strong> Umfang <strong>der</strong> Nutzung sehr unterschiedlich. Einerseits äußerten mehrere Gesprächspartner<br />
Zweifel an dem Nutzen, insbeson<strong>der</strong>e in Massenverfahren und den meisten präventiv<br />
relevanten Gefahrenlagen. Eine weitere Einschränkung ergebe sich aus dem erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Auslandsbezug. Eine Ausnahmestellung hinsichtlich <strong>der</strong> Anwendungsdichte nimmt offenbar<br />
Baden-Württemberg ein. Dort habe die Zahl <strong>der</strong> AKÜ-Maßnahmen um etwa 900 % zugenommen.<br />
Teilnehmer aus an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n wissen dagegen eher von vereinzelten Anwendungen<br />
zu berichten. Ein praktisches Hin<strong>der</strong>nis seien schließlich Kapazitätsprobleme bei<br />
den Anbietern. Einige Gesprächspartner berichten von Wartezeiten von bis zu einem halben<br />
Jahr. Ein großer Anbieter führe nicht einmal eine Warteliste, son<strong>der</strong>n vergebe freie Kapazitäten<br />
jeweils neu nach dem 'first come'-Prinzip.<br />
Mehrheitlich und mit Nachdruck weisen die Ermittler freilich auf den Mehraufwand hin, den<br />
eine ('ersatzweise') TKÜ im Vergleich mit <strong>der</strong> Verkehrsdatenabfrage mit sich bringe. Denn es<br />
müssten zwingend stets auch die Inhalte ausgewertet werden. Eine Falldokumentation ohne<br />
entsprechende Protokolle könne spätestens in <strong>der</strong> Hauptverhandlung nicht bestehen. Dieser<br />
Auswertungsdruck bringe, kombiniert mit <strong>der</strong> zusätzlichen Problematik des Kernbereichsschutzes,<br />
einen erheblichen zusätzlichen Personalaufwand mit sich.<br />
Eine weitere Alternative könnte eine § 100g-Maßnahme auf <strong>der</strong> Basis einer Ausleitung an die<br />
Behörde sein. Auch in dieser Konstellation, wie sie das Gesetz in § 100g Abs. 3 StPO ausdrücklich<br />
vorsieht, könnte die Datenerhebung in Eigenregie <strong>der</strong> Behörden erfolgen. In mindestens<br />
einer Dienststelle wird diese Möglichkeit salopp "Mini-TKÜ" genannt. Die entsprechende<br />
Technik sei <strong>der</strong>zeit aber nur bei einem großen TK-Anbieter implementiert.<br />
Einschränkend wird ferner darauf hingewiesen, dass eine solche Möglichkeit überhaupt nur<br />
in Bezug auf Festnetzanschlüsse realisierbar sei. Mangels Filtermöglichkeit hinsichtlich<br />
SMS-Nachrichten übertrage das Signal beim Mobilfunk zumindest potenziell stets Inhaltsdaten,<br />
sodass eine solche Maßnahme dann – wie alle Echtzeitabfragen im Mobilfunkbereich<br />
(vgl. oben Pkt. 1.2.3.2.) – wie<strong>der</strong>um nur auf <strong>der</strong> Grundlage eines § 100a-Beschlusses durchgeführt<br />
werden könne.<br />
Speziell auf den Einsatz in Echtzeit ist schließlich <strong>der</strong> IMSI-Catcher angelegt. Er kann daher<br />
grundsätzlich auch im präventiven Bereich nützlich sein. Allerdings beschränkten sich die<br />
Einsatzmöglichkeiten schon wegen des hohen personellen und finanziellen Aufwandes auf<br />
wenige Einzelfälle. Ein IMSI-Catcher koste mehr als eine Million Euro und binde drei Perso-<br />
____________<br />
317 Vgl. §§ 3 u. 4 TKÜV. Ausführlicher zur Auslandskopfüberwachung Kilchling 2006.