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MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...

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ger, aber gleichwohl deutlich (siehe dazu auch unten Pkt. 1.5.). Gerade bei diesen Straftaten<br />

sei <strong>der</strong> Zugriff auf retrograde Verkehrsdaten die einzige Möglichkeit, verantwortliche Personen<br />

zu identifizieren. Ein Experte aus Baden-Württemberg beschrieb die aktuelle Situation<br />

im Internet mit einem bildlichen Vergleich: „Straßenverkehr ohne Kfz.-Kennzeichen". Gerade<br />

in diesem Bereich habe das Urteil das BVerfG einen rapiden Einschnitt in die polizeiliche<br />

Tätigkeit gebracht.<br />

Einige Gesprächspartner äußerten Unverständnis vor allem für die sofortige und übergangslose<br />

Löschungsanordnung, die so nicht erwartet worden sei. Dies verweist auch auf eine ganz<br />

persönliche empfundene Betroffenheitskomponente, die bei einigen Gesprächspartnern deutlich<br />

spürbar war. Verwiesen wurde dann auf gefühlte Auswirkungen, weil die kriminalistische<br />

Arbeit erheblich erschwert werde. Einer <strong>der</strong> Befragten verglich die Konsequenzen für<br />

die Ermittlungsarbeit mit dem Herausoperieren des Rückgrads. Ein an<strong>der</strong>er berichtete von<br />

„großem Frust“ bei <strong>der</strong> Polizei, die zugleich mit enttäuschten Reaktionen bei Opfern konfrontiert<br />

werde, wenn Verfahren bereits am Anfang wie<strong>der</strong> eingestellt werden müssten.<br />

Diese Situation tritt nach vielen Einzelbeschreibungen weitgehend übereinstimmend überall<br />

dort zutage, wo die IP-Adresse vormals den ersten Ermittlungsansatz geliefert habe und wo<br />

aktuell kein erfolgversprechen<strong>der</strong> Ermittlungsansatz mehr verfügbar sei. Dies betreffe auch<br />

niedrigschwelligere Straftaten wie den E-Bay-Betrug. In solchen Fällen reiche die Speicherfrist<br />

von vier bis sieben Tagen, die einige TK-Unternehmen implementiert hätten, nicht aus.<br />

Auch in Fällen des Computerbetruges bemerke das Opfer regelmäßig erst mit Verzögerung,<br />

dass sein Konto leer geräumt wurde. Zu dem Zeitpunkt, zu dem bei <strong>der</strong> Polizei Anzeige erstattet<br />

werde und <strong>der</strong> Vorgang den zuständigen Sachbearbeiter erreiche, seien sieben Tage<br />

regelmäßig verstrichen. Ein Gesprächspartner führt aus, er habe seit dem 2.3.2010 genau einen<br />

Fall bearbeitet, in dem die Sieben-Tage-Frist ausreichend gewesen sein.<br />

Zahlreiche Praktiker führen ergänzend aus, dass die aktuelle Situation auch nicht mit <strong>der</strong> Zeit<br />

vor Einführung <strong>der</strong> <strong>Vorratsdatenspeicherung</strong> vergleichbar sei. Dies sei nicht nur Folge des<br />

verän<strong>der</strong>ten Speicher- und Auskunftsverhaltens <strong>der</strong> Provi<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n auch die Konsequenz<br />

<strong>der</strong> zwischenzeitlich fortgeschrittenen technischen Entwicklung. Eine Neuerung mit weitreichenden<br />

Konsequenzen, die <strong>der</strong> Gesetzgeber bis dato nicht erkannt habe, sei das IP-Sharing<br />

über die Portnummer. Große Provi<strong>der</strong> wie z.B. Vodafone, die über UMTS o<strong>der</strong> Nachfolgeprotokolle<br />

Zugänge zum Internet anbieten, lösten ihre IP-Adressen auf und nutzen dazu die<br />

Port- Nummern 308 . Diese seien bis heute im TKG nicht genannt und daher nicht speicherungsrelevant.<br />

Die Situation werde ferner dadurch verschärft, dass sich die Zugangstechnik<br />

und die Tarif- und Abrechnungspraxis deutlich verän<strong>der</strong>t hätten. „Früher sind die Leute über<br />

das Modem ins Internet gegangen, dabei sind Kosten entstanden und die entsprechenden<br />

Daten wurden zur Kostenerhebung i.d.R. etwa drei Monate gespeichert. Heute hat je<strong>der</strong>mann<br />

____________<br />

308 Siehe für weitere Einzelheiten zu dieser Problematik unten Pkt. 1.2.4.

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