MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...
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tematisch ausgeleuchtet. Jedoch ergeben sich einzelne Hinweise darauf, dass bei manchmal<br />
zehntausenden Tatverdächtigen <strong>der</strong> Ermittlungsertrag nicht immer überzeugend ausfällt.<br />
So führte die nach <strong>der</strong> Operation „Landslide“ in den USA ausgelöste Aktion „Genesis“ in <strong>der</strong><br />
Schweiz bei 1550 Verdächtigen bei knapp 1100 Hausdurchsuchungen und <strong>der</strong> Beschlagnahme<br />
von 2000 Computern sowie etwa 35000 Datenträgern zu etwas mehr als 400 Verurteilungen,<br />
die überwiegend auf Geldstrafen lauteten 185 . Die ebenfalls an „Landslide“ anschließende<br />
Aktion „Ore“ wird in England mittlerweile eher kritisch gesehen, da offensichtlich auf <strong>der</strong><br />
Grundlage von aus den USA gelieferten Informationen zu mutmaßlichen Kunden kin<strong>der</strong>pornographischer,<br />
kommerzieller Webseiten identifizierte Personen heute eher als Opfer von<br />
Kreditkartenbetrügern eingestuft werden. Diese Überlappung zwischen Kreditkartenbetrug<br />
und dem Abfragen von Kin<strong>der</strong>pornografie hat in <strong>der</strong> an Landslide anschließenden Strafverfolgung<br />
in den USA wohl bereits dazu geführt, dass sich aus etwa 35.000 Personenhinweisen<br />
nur etwa 100 Anklagen (wegen Besitzes von Kin<strong>der</strong>pornografie) ergaben. 186<br />
Für Deutschland lassen sich aus den weiter oben berichteten vorläufigen Befunden <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>sachsen-Studie<br />
ebenfalls keine Hinweise dafür ableiten, dass Großoperationen für die effiziente<br />
Verfolgung von Kin<strong>der</strong>pornografie signifikante Bedeutung hätten. Die sich in<br />
Deutschland an „Landslide“ anschließende Aktion wurde durch den Hinweis begleitet, dass<br />
sich hier neue Dimensionen <strong>der</strong> kommerziellen Verbreitung von Kin<strong>der</strong>pornografie ergeben<br />
würden. Das Unternehmen Landslide hat zwar Millionenumsätze (ca. 5,5 Millionen US-$)<br />
gemacht (über einen kurzen Zeitraum), allerdings auch und wohl vor allem mit durchschnittlicher<br />
Pornografie und musste im Übrigen nach heutigem Wissensstand deshalb schließen,<br />
weil es Opfer systematischen und organisierten Betrugs wurde 187 . In <strong>der</strong> Operation „Pecunia“<br />
wurden in Deutschland immerhin Wohnungen von mehr als 1.400 Personen durchsucht und<br />
jeweils Computer beschlagnahmt (dazu etwa 47.000 Datenträger und 25.000 Videos). Diese<br />
Personen wurden verdächtigt, sich gegen Bezahlung Zugang zu kin<strong>der</strong>pornografischen Internetseiten<br />
(über Landslide) verschafft zu haben 188 . Die Daten, die die Strafverfolgungsstatistik<br />
zu Verurteilungen wegen Besitz und Verbreitung zur Verfügung stellt (2002 477 und 2003<br />
753 Verurteilungen, davon (2003) etwa 84% Geldstrafen, hieraus etwa drei Viertel bis zu 90<br />
Tagessätzen) lassen jedenfalls dann, wenn die Verteilungen zur Entstehung von Verfahren<br />
aus <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>sachsenstudie herangezogen werden, keinen signifikanten Beitrag zu den Verurteilungszahlen<br />
erkennen.<br />
____________<br />
185 www.ejpd.admin.ch/content/ejpd/de/home/dokumentation [Juni 2011].<br />
186 Duncan Campbell: Operation Ore exposed, 1. Juli 2005: www.pcpro.co.uk [Juni 2011].<br />
187 Entsprechende Informationen sind auch über Wikileaks verbreitet worden; mirror.wikileaks.info/<br />
wiki/An_insight_into_child_porn/index.html [Juni 2011].<br />
188 Pressemitteilungen des BKA, 2002.abrufbar unter www.bka.de [Juni2011].