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RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

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schreibt, ob er weiß, wenn er anfängt, welchen Satz er zuletzt schreiben<br />

wird! Aber dafür ist auch jedes Stilgefühl für Formulierungen<br />

dem Menschen verlorengegangen. Unsere Prosa ist auf die Pointierung<br />

eingestellt, nicht auf das Stilgefühl. Wenn also die Prosa wiederum<br />

als der Ausgangspunkt des Urteils von dem Laien genommen<br />

wird, so bedeutet das von vornherein, die Einwände, welche gegen<br />

den Stilisten gemacht werden, werden ohne Stilgefühl gemacht, bewußt<br />

sogar ohne Stilgefühl gemacht. Wie häufig kann man es heute<br />

erleben, daß die unglaublichsten Empfindungen in der Art sich äußern.<br />

Ich habe es wiederholt erlebt, daß zum Beispiel eine schöne Birne, die<br />

schön anzuschauen ist, da war, und unter Umständen gebildete Menschen<br />

einem sagten: So schön wie von Wachs!<br />

Ja, meine lieben Freunde, dieser einzige Ausspruch zeigt das absolute<br />

Fehlen nicht nur des Stilgefühles, sondern jeder Möglichkeit,<br />

an das Stilgefühl heranzukommen, denn wer Stilgefühl hat, weiß<br />

natürlich, daß die Wachsbirne nur dadurch schön sein kann, daß sie<br />

der realen Birne ähnlich sieht, und nicht das Umgekehrte der Fall ist.<br />

Und so vergleicht jeder dasjenige, was heute in Versen gesprochen<br />

wird, mit dem, was in der Prosa ausgedrückt wird. In unserer Prosa<br />

muß man heute sehr häufig unter Schmerzen stillos werden, sonst<br />

müßte man sich eben seine eigne Prosa schaffen.<br />

Das sind die Dinge, die ganz tüchtig heute berücksichtigt werden<br />

müssen. Die Prosa ist zur Mitteilung da, und es wird sich darum handeln,<br />

nun einzusehen, wie Mitteilung sein kann, indem dasjenige, was<br />

in der Prosa dazu neigt, aus allem Stil herauszukommen, bewußt zum<br />

Stil zurückgeführt wird.<br />

Was muß eintreten, wenn mitgeteilt wird? Unsere Prosa ist ja deshalb<br />

stillos geworden, weil sie nur Mitteilung sein will. Das war aber<br />

überhaupt schon von Anfang an die Tendenz, als Prosa noch natürlich<br />

entstanden ist. Sie strebte immer aus der Kunst heraus; sie ist Kopfkultur,<br />

das heißt kunstlose Kultur. Was muß also die Mitteilung anstreben,<br />

wenn sie Mitteilung sein will, aber dennoch künstlerisch auftreten<br />

will? Sie muß, da sie Mitteilung sein will, und zum Kopf alles<br />

das gehört, wodurch man Mitteilung machen kann, die Sinne, der<br />

Verstand, in der Form des Kopfes sich aussprechen, aber immerfort

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