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RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

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DRITTER VORTRAG<br />

Dornach, 7. September 1924<br />

Die Sprache als gestalteter Gestus<br />

Wenn wir festhalten an der Erkenntnis, daß das Sprachliche ausgegangen<br />

ist von dem primitiven, aber deshalb durchaus nicht untergeordnet<br />

Künstlerischen, daß in der Sprache von Anfang an etwas gelebt<br />

hat vom Musikalischen sowohl wie vom Plastischen, daß in der Sprache<br />

im Grunde genommen Gedanken- und Gefühlsleben drinnen war,<br />

dann müssen wir, um zum Verständnisse der heutigen Sprachgestaltung<br />

zu kommen, zunächst uns fragen: Wie sprechen wir heute, und<br />

woran mißt zunächst derjenige, welcher der gestalteten, der künstlerisch<br />

geformten Sprache gegenübersteht, woran mißt er als Publikum ?<br />

Er hat zunächst aus dem Leben heraus heute keinen rechten Maßstab,<br />

wie überhaupt die Maßstäbe für das Künstlerische aus dem Leben<br />

heraus fehlen. Wie zahlreich sind heute die Menschen, die überhaupt<br />

nicht wissen, was ein Gedicht ist, die aber ihre größte Freude haben<br />

an Gedichten. Sie nehmen Gedichte als Prosa, betrachten sie ihrem<br />

Inhalte nach, haben gar kein Verständnis für ihre künstlerische Durchgestaltung,<br />

und dabei fällt aus dem ganzen Gedichte all das Künstlerische<br />

heraus.<br />

Daher muß schon in einer gewissen Weise von dem ausgegangen<br />

werden, was heute im Grunde genommen doch von dem Laien - und<br />

der Laie ist ja derjenige, der zunächst die Kunst hinnimmt - gewußt,<br />

empfunden und erlebt werden kann in bezug auf die Sprachgestaltung.<br />

Und das ist heute dennoch - gerade in einem so vorgerückten Stadium<br />

der Zivilisationsentwickelung ist es heute dennoch die Prosa. Und<br />

nach den nicht einmal künstlerisch empfundenen, sondern konventionell<br />

hingenommenen Voraussetzungen der Prosa, oder sagen wir<br />

auch vom Leben gebildeten Voraussetzungen der Prosa, wird auch<br />

das Künstlerische der Sprachgestaltung im Grunde heute beurteilt.<br />

Denken Sie nur, wie viele Menschen heute einfach Anstoß daran<br />

nehmen, wenn irgend jemand, genötigt durch das Künstlerische, einen

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